(Brasilia) Die katholischen Bischöfe Brasilien suchen die offene Konfrontation mit Staatspräsident Jair Bolsonaro. Das größte Land Lateinamerikas zählt 277 Bistümer. 152 Bischöfe haben eine „Charta an das Volk Gottes“ gegen das Staatsoberhaupt unterzeichnet, das zugleich Regierungschef ist. Das Dokument wurde von einigen Bischöfen verfaßt, könnte aber ebensogut vom linksradikalen Forum von São Paulo stammen, das 1990 von der sozialistischen Arbeiterpartei Brasiliens (PT) und der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) ins Leben gerufen wurde. Es spiegelt die beispiellose Tragödie wider, die das größte katholische Land der Welt durchleidet.
Die katholische Hierarchie Brasiliens ist von Anhängern der marxistischen Befreiungstheologie geprägt. Diese geistige Herkunft wird seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks durch neue Begriffe und Selbstbezeichnungen zwar verschleiert, klingt in Dokumenten wie dem nun vorgelegten aber deutlich durch. Die 152 Bischöfe, die es unterzeichnet haben, offenbaren sich durch die darin enthaltene befreiungstheologische Phraseologie. Der Begriff Befreiungstheologie selbst diente seit seiner Prägung vor 50 Jahren der Tarnung, um den im kirchlichen Kontext inakzeptablen Begriff Marxismus und dessen Ableitungen zu vermeiden.
Die linksgerichtete Folha de S. Paulo setzte gestern das Dokument der Bischöfe auf die Titelseite. Diese Tageszeitung nimmt in Brasilien gegen Staatspräsident Jair Bolsonaro die Stelle ein, die von der New York Times in den USA gegen Präsident Donald Trump ausgeübt wird: Sie steht an der Spitze der Medien, die sich im Krieg gegen das eigene Staatsoberhaupt befinden.
Jair Bolsonaro, der im Dezember 2018 so überraschend zum Staatspräsidenten gewählt wurde wie Donald Trump im November 2016, wird von den Bischöfen vorgeworfen, seine Regierungspolitik stütze sich auf eine „Wirtschaft, die tötet“. Damit wurde von den Bischöfen eine Aussage von Papst Franziskus aus dessen Apostolischem Schreiben Evangelii gaudium vom November 2013 aufgegriffen. Sie berufen sich auf Franziskus, was ohne Zweifel zutreffend ist. Ein Angriff dieser Härte kann nur mit dem Wissen und Einverständnis des Kirchenoberhaupts erfolgt sein.
Brasilien steht durch die Amazonassynode seit mehreren Jahren in der päpstlichen Agenda weit oben. Die „Kirche mit amazonischen Wurzeln“ ist Santa Marta zu wichtig, als daß eine Frontalattacke gegen die legitime Regierung von Teilen des Episkopats im Alleingang erfolgen könnte. Dafür bürgt Kardinal Claudio Hummes, der emeritierte Erzbischof von Sao Paulo, ein persönlicher Freund von Franziskus. Hummes ist auch die zentrale Figur der Amazonassynode und der neuen „Kirche mit amazonischen Wurzeln“. Ende Juni wurde er zum Vorsitzenden einer ominösen neugeschaffenen Kirchlichen Amazonaskonferenz bestimmt, die ein neues „demokratisches“ Modell der ortskirchlichen Kirchenleitung als Ersatz für die heutige Bischofskonferenz sein soll. Hummes verfügt zudem über enge Kontakte zum Folha de S. Paulo und zur brasilianischen Arbeiterpartei, die in Brasilien die Rolle innehat, die von der Demokratischen Partei in den USA eingenommen wird. Vor allem aber ist Hummes auch der Erstunterzeichner der „Charta an das Volk Gottes“.
Der Kardinal gilt seit 2013 als Statthalter des Papstes in Brasilien.
Für die römische Rückendeckung spricht zudem, daß der episkopale Angriff gegen Bolsonaro ursprünglich am 22. Juli veröffentlicht werden sollte. Der Ständige Rat der Brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB) stoppte dies jedoch im letzten Moment, um den Text noch einmal zu überarbeiten. Auch einige Unterschriften kamen noch hinzu.
Brasilianische Abwege der Kirche
In den 277 Bistümern des 212 Millionen Einwohner zählenden Landes wirken 310 Bischöfe im aktiven Dienst, zu denen noch einmal 169 emeritierte Bischöfe dazugezählt werden. Von jedem dritten Bischof wurde das Dokument gegen das Staatsoberhaupt unterzeichnet. Die „Charta al pueblo de Dios“ (Charta an das Volk Gottes) spricht davon, daß Brasilien „einen der schwierigsten Momente seiner Geschichte“ durchmache und einen „perfekten Sturm“ erlebe.
Auch diese Rhetorik des Superlativs, ja des Absoluten, erinnert an die Situation in den USA, wo die politische Linke die Niederlage von 2016 ebensowenig verwinden konnte. Anlaß für die Präsidentenkritik in Brasilien ist das Coronavirus, das auf „beispiellose Weise die Gesundheit“ bedrohe und mit einem „Wirtschaftskollaps“ verbunden sei. Dadurch würden Spannungen „die Grundfesten der Republik erschüttern, die zum größten Teil von Staatspräsident [Jair Bolsonaro] hervorgerufen“ worden seien. Die brasilianische Gesellschaft befinde sich in einer „tiefen Krise von Politik und Staatsführung“.
Die Bischöfe behaupten, „leidenschaftslos“ und „eindeutig“ eine „Unfähigkeit und fehlende Eignung der Bundesregierung“ festgestellt zu haben, um „diese Krise bewältigen zu können“. Ihrem Dokument wird man viel attestieren können, Nüchternheit allerdings wohl kaum. Sie werfen der Regierung vor, die sich dem Gates-WHO-Diktat nicht blindlings fügte, „systematisch unwissenschaftlich“ zu argumentieren und zu handeln.
Paradoxe Züge nimmt das episkopale Schreiben an, wenn Staatspräsident Bolsonaro, einem bekennenden Christen, zum Vorwurf gemacht wird, das Coronavirus als „Strafe Gottes“ zu sehen. Der politische Konflikt in Brasilien, den das Schreiben widerspiegelt, hat eine Entsprechung auf religiöser Ebene, die hier eine Rolle spielt. Die bereits nach Kriegsende einsetzende Linkswende im brasilianischen Episkopat, die seit den 60er Jahren massive Züge annahm, provozierte eine gigantische Abwanderung von Katholiken zu protestantischen Freikirchen. Millionen von brasilianischen Katholiken wurden durch eine marxistisch eingefärbte Kirchenführung, die in einem permanenten Kampf gegen Überlieferung und Volksfrömmigkeit steht, aus der Kirche vertrieben und heimatlos gemacht. Protestantische Freikirchen, die im Bereich der Sozialethik und der Moral verkünden, was die Kirche einst auch in Brasilien lehrte, fingen sie auf und wurden zu den Nutznießern dieser historisch beispiellosen Vertreibung. Staatspräsident Bolsonaro selbst ist Katholik, seine Frau Angehörige einer Freikirche.
Was auch immer Bolsonaro macht, die Bischöfe zeigen ihm die kalte Schulter. Er weihte das Land Maria, doch die Bischöfe murrten und blieben fern. Er setzt sich für das Lebensrecht ungeborener Kinder ein, doch die Bischöfe sagen, er solle mehr für die Armen tun. Keine Probleme hatten dieselben Bischöfe und Papst Franziskus mit der früheren Linksregierung, obwohl diese 2010 und 2016 die Abtreibung legalisieren wollten. Jair Bolsonaro gewann die Wahlen auch deshalb, weil er sich entschieden gegen diese Bestrebungen aussprach.
Befreiungstheologische Linkswende bleibt unhinterfragt
Das neue Schreiben der 152 Bischöfe zeigt, daß ein beträchtlicher Teil des Episkopats nicht willens scheint, die eigene Position und deren Auswirkungen kritisch zu hinterfragen. Vielmehr zeigt sich das Gegenteil: Die befreiungstheologisch inspirierten Bischöfe fühlen sich mit Franziskus auf dem Stuhl Petri stärker und selbstsicherer denn je. Sie ziehen zahlreiche Register und betätigen sich sogar als Unglücksauguren, wenn sie „Mangel und Hungersnot“ prophezeien, die in den „nächsten Monaten“ über Brasilien hereinbrechen werden. Gleichzeitig bezichtigen sie die Staatsführung „politischer Konspirationen“, die allein dem Zweck des „Machterhalts“ dienen würden.
Der Regierungsdiskurs, so die Bischöfe, „gründe nicht auf ethischen und moralischen Grundsätzen und noch weniger halte er einem Vergleich mit der Tradition und der Soziallehre der Kirche stand“.
Anstatt „das Leben der Armen zu verbessern“, seien die Reformen der Regierung „wie Trampeltiere, die das Leben des Volkes noch verschlimmern“. Das Land brauche Reformen, „aber nicht jene, die umgesetzt wurden“.
Die Härte des Dokuments ist damit noch nicht ausgeschöpft. Die 152 Bischöfe werfen der Regierung vor, daß sie „nicht die menschliche Person und das Allgemeinwohl in den Mittelpunkt stellt, sondern die rücksichtslose Verteidigung der Interessen einer Wirtschaft, die tötet, weil sie ausschließlich auf den Markt und auf einen Gewinn um jeden Preis ausgerichtet ist“.
Die Regierung betreibe eine „brutale Diskontinuität“. Gegenüber wem oder was, sagen die Bischöfe nicht explizit, doch kann gemäß Kontext nur die linke Vorgängerregierung der Arbeiterpartei gemeint sein.
Staatspräsident Bolsonaro und seiner Regierung wird ebenso zum Vorwurf gemacht, die Religion zu „gebrauchen“ und „die Gefühle und die Überzeugungen zu manipulieren“, um in der Kirche „Spannungen“ zu erzeugen. Es gebe, so die Bischöfe in ihrer Charta, eine gefährliche Verbindung zwischen „fundamentalistischen religiösen Gruppen und der autoritären Machterhaltung“.
Auch diese Anspielung ist nicht neu, sondern wurde von Papst Franziskus vorgegeben, als er im Sommer 2018, kurz vor den Präsidentschaftswahlen, mehrfach unterstellte, daß Brasilien eine „Diktatur“ drohe, sollte die linke Arbeiterpartei die Wahlen verlieren und von der Macht verdrängt werden. Der wegen Korruption vor Gericht stehende ehemalige linke Staatspräsident Lula da Silva sagte im vergangenen Januar: „Papst Franziskus denkt wie wir“
Zu einer ähnlichen Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Landes und zu einem vergleichbaren Versuch, Einfluß auf einen Wahlausgang zu nehmen, war es 2016 auch in den USA gekommen, als Franziskus Donald Trump attackierte und ihm absprach ein Christ zu sein und zugleich den am weitesten links stehenden Präsidentsschaftsbewerber der Demokratischen Partei, Bernie Sanders, in den Vatikan einlud und in Santa Marta einquartierte, um ihm dann „zufällig“ auf dem Weg zum Frühstück zu begegnen.
Die brasilianischen Bischöfe schließen ihre „Charta“ mit der Mahnung, daß „wir alle, Personen und Institutionen, für unsere Handlungen und Unterlassungen in diesem ernsten und schwierigen Moment gerichtet werden“. Ein zutreffendes Wort, dessen Kontext allerdings in Brasilien polemische Zweifel auslöste, ob die Bischöfe damit wirklich das persönliche Gericht vor Gott meinen oder vielmehr ein „Volkstribunal“, wie es sie seit der Französischen Revolution gibt, besonders in sozialistischen Staaten seit 1917.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: CNBB (Screenshot)
Dieser Artikel gibt die Situation in Brasilien faktisch richtig wider. Bolsonaro als traditionsbewusster Katholik ist noch härteren Anfeindungen ausgesetzt als Trump in den USA. Brasilien betrachte ich als eine Art Brennglas, denn insgesamt ist die Katholische Kirche im Würgegriff des Marxismus. Auch in D kenne ich inzwischen viele Katholiken, die verzweifelt sind und Alternativen suchen. Einige sind tatsächlich evangelikal geworden, aber die bessere Alternative ist die Suche nach Anschluss an eine traditionelle Gemeinde, die von Pro Missa Tridentina betreut wird. Glücklich schätzen kann sich auch, wer in der Nähe eines Standorts von FSSPX wohnt.
Was Franziskus und die gesamte „Amtskirche“ hier tut, ist eín Verbrechen.
Sie gehörten alle sofort excommuniziert.
Fatima,
Maria sagte wenn … wird Russland seine Irrtümer über die ganze Welt verbreiten, auch in Brasilien und in der Kirche.
Jair Bolsanaro ist kein Katholik
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