Der Papst duldet keine Kritiker – Zur Absetzung von Bischof Joseph Strickland

Gnadenlose "Barmherzigkeit"


Papst Franziskus enthob heute den ebenso pastoralen wie streitbaren Bischof von Tyler, Msgr. Joseph Strickland, seines Amtes
Ein gnadenloser Papst Franziskus enthob heute den ebenso pastoralen wie streitbaren Bischof von Tyler, Msgr. Joseph Strickland, seines Amtes

Von Giu­sep­pe Nardi

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Papst Fran­zis­kus ent­hob Msgr. Joseph Strick­land, den muti­gen Bischof der US-Diö­ze­se Tyler, sei­nes Amtes. Die Abset­zung erfolg­te ohne Anga­be von Grün­den. Damit ist ein­ge­tre­ten, was vie­le erwar­tet und befürch­tet hatten.

Bischof Strick­land gehört zu den offen­sten Kri­ti­kern des der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kats im US-ame­ri­ka­ni­schen Epi­sko­pat. Er bringt sei­ne Kri­tik begrün­det und poin­tiert, vor allem aber offen und ent­waff­nend vor, indem er sagt, was Sache ist. Das kam in Rom aller­dings nicht gut an. San­ta Mar­ta wur­de im Vor­feld über gleich meh­re­re Kanä­le über jeden Schritt von Bischof Strick­land infor­miert. Gegen ihn wur­de auch direkt inter­ve­niert. Das geschah sowohl über berg­o­glia­ni­sche Bischö­fe im US-Epi­sko­pat, die San­ta Mar­ta beson­ders nahe­ste­hen, als auch über die Apo­sto­li­sche Nun­tia­tur. In Rom selbst war es, ein­mal auf­merk­sam gemacht, ein leich­tes, die wich­tig­sten Äuße­run­gen von Msgr. Strick­land auch auf Distanz zu über­wa­chen, da der Bischof von Tyler in den sozia­len Medi­en sehr aktiv ist.

Der Bischof und sei­ne Diö­ze­se wur­den durch­leuch­tet, um das Haar in der Sup­pe zu fin­den. Spä­te­stens mit dem 13. Mai sei die Ent­schei­dung gegen Strick­land gefal­len, hieß es schon im ver­gan­ge­nen Som­mer. Damals schrieb der Bischof auf Twit­ter:

„Ich glau­be, daß Papst Fran­zis­kus der Papst ist, aber es ist Zeit für mich zu sagen, daß ich sein Pro­gramm, das Glau­bens­gut zu unter­gra­ben, ableh­ne. Fol­ge Jesus nach.“

Kurz dar­auf, im Juni, schick­te Papst Fran­zis­kus Apo­sto­li­sche Visi­ta­to­ren nach Texas. Das war spä­te­stens das Alarm­si­gnal für dro­hen­des Unge­mach. Bischof Strick­land wuß­te damit, daß er ins Visier genom­men wur­de. Er änder­te damit aber weder sei­ne Hal­tung noch die Art sei­ner Äuße­run­gen. Er unter­stütz­te, so gut es ging, glau­bens­treue Katho­li­ken auch außer­halb sei­ner Diö­ze­se, ins­be­son­de­re die Lebens­rechts­be­we­gung. Er sprang ein, wo ande­re Bischö­fe knif­fen. Vor allem aber kom­mu­ni­zier­te er die römi­schen Schrit­te gegen ihn für alle Öffent­lich­keit. In einem mehr­tei­li­gen Hir­ten­brief leg­te er die katho­li­sche Moral­leh­re dar und und wider­sprach damit der Agen­da von San­ta Mar­ta etwa im Bereich der Homo­se­xua­li­tät. Sei­ne zen­tra­le Aus­sa­ge dar­in lau­tet: „Gott kann die Sün­de nicht seg­nen“, wes­halb auch die Kir­che nichts der­glei­chen tun kann.

Eine Auf­nah­me aus frü­he­ren Zei­ten: Papst Fran­zis­kus begrüßt Bischof Joseph Strick­land in Rom

Ein ein­deu­ti­ges Signal dabei war, wen Fran­zis­kus als Visi­ta­to­ren nach Tyler schick­te. Vor allem Msgr. Gerald Fre­de­rick Kica­nas, ein Zög­ling der homo-häre­ti­schen „Chi­ca­go Schu­le“ und eme­ri­tier­ter Bischof von Tuc­son, war für sei­ne pro­gres­si­ven Sym­pa­thien für Grup­pen bekannt, die sich die Homo- und Abtrei­bungs­agen­da auf die Fah­nen geschrie­ben haben.

Bischof Strick­land war auch eine wich­ti­ge Stüt­ze für die Tra­di­ti­on, der er sich sehr nahe fühl­te und nicht nur in sei­ner Diö­ze­se, son­dern auch außer­halb för­der­te. Am 1. August schrieb Msgr. Strick­land mit kla­rer Anspie­lung auf das Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des und dar­auf fol­gen­de Aktionen:

„Jeder Ver­such, die tra­di­tio­nel­le Mes­se von der Kir­che zu tren­nen, ist ein Angriff auf die unge­bro­che­ne Ver­bin­dung zur Tra­di­ti­on, die von den Apo­steln emp­fan­gen wur­de, und ein Angriff auf das Glaubensgut.“

Strick­land selbst hat­te sich durch meh­re­re Jah­re des inten­si­ven Stu­di­ums und Gebets dem über­lie­fer­ten Ritus ange­nä­hert und erst­mals 2020 die­sen selbst zele­briert. So erklär­te er auch, daß die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X., unge­ach­tet ihres unge­klär­ten kano­ni­schen Sta­tus, kei­ne schis­ma­ti­sche Grup­pe ist. Das ver­schaff­te ihm, nach den unter Papst Fran­zis­kus ange­leg­ten Maß­stä­ben, in Rom kei­ne Sympathien.

Auch im Zusam­men­hang mit der Syn­oda­li­täts­syn­ode warn­te Bischof Strick­land klar­sich­tig vor den Gefah­ren des von Papst Fran­zis­kus ein­ge­schla­ge­nen Weges.

Katho​li​sches​.info doku­men­tier­te sowohl den Hir­ten­brief vom Spät­som­mer als auch eine Rei­he von Aus­sa­gen von Bischof Strickland.

Die auf­rech­te Hal­tung, die Strick­land bereits in den ver­gan­ge­nen Jah­ren gezeigt hat­te, zeig­te er auch im Moment sei­ner Abset­zung. Der Apo­sto­li­sche Nun­ti­us in den USA, Msgr. Chri­sto­phe Pierre, einer der Haupt­ak­teu­re zugun­sten der Ent­las­sung, hat­te Strick­land im Namen von Papst Fran­zis­kus zum Rück­tritt auf­ge­for­dert. Man woll­te die Ange­le­gen­heit „ele­gant“ regeln. Doch Bischof Strick­land wei­ger­te sich, zurück­zu­tre­ten, denn er habe sich nichts zuschul­den kom­men las­sen. So hat­te es ihm auch Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, der ehe­ma­li­ge Prä­fekt der römi­schen Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, emp­foh­len. Und so erfolg­te heu­te – denn bist du nicht wil­lig, so brauch‘ ich Gewalt – sei­ne Amtsenthebung.

Doch letzt­lich stand von Anfang an fest, daß San­ta Mar­ta einen unglei­chen Kampf gegen Bischof Strick­land führ­te. Es gab kein gemein­sa­mes Han­deln, kei­ne per­sön­li­chen Gesprä­che: Es wur­de ein­sei­tig gegen den Bischof gearbeitet.

Am Ende stand die Abset­zung, die heu­te mit­tag im Tages­bul­le­tin des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes knapp und ohne Nen­nung von Grün­den verlautbart:

„Der Hei­li­ge Vater hat S. E. Msgr. Joseph Strick­land von der pasto­ra­len Lei­tung der Diö­ze­se Tyler (USA) ent­bun­den und den Bischof von Austin, S. E. Msgr. Joe Vás­quez, zum Apo­sto­li­schen Admi­ni­stra­tor der frei gewor­de­nen Diö­ze­se ernannt.“

Bischof Strick­land wur­de vor weni­gen Tagen, am 31. Okto­ber, 65 Jah­re alt. Zum Ver­gleich: Papst Fran­zis­kus voll­endet im Dezem­ber sein 87. Lebensjahr.

Laut Kir­chen­recht kann die Abset­zung eines Bischofs durch den Papst nur unter äußerst trif­ti­gen Grün­den und unter Ein­hal­tung for­ma­ler Bestim­mun­gen erfol­gen. Soweit die Theo­rie. In Wirk­lich­keit kann der Papst ein- und abset­zen, wen er will, denn über ihm gibt es kei­ne Rechts­in­stanz. Er in Per­son ist der höch­ste Gerichts­herr der Kir­che. Wer also soll­te gegen eine Ent­schei­dung von ihm wo Beschwer­de oder Ein­spruch ein­le­gen. Es gibt kei­ne Instanz dafür. Das Kir­chen­recht hilft da eben­so wenig wei­ter wie in der immer wie­der gestell­ten Fra­ge, ob Fran­zis­kus durch sein Han­deln nicht sein Papst­tum ver­wirkt habe.

Die mei­sten Päp­ste gin­gen mit ihren Voll­mach­ten sehr zurück­hal­tend um, man den­ke an den unmit­tel­ba­ren Amts­vor­gän­ger Bene­dikt XVI. Papst Fran­zis­kus ist jedoch aus einem ganz ande­ren Holz geschnitzt. Bene­dikt XVI. wur­de von sei­nen Geg­nern in und außer­halb der Kir­che als „Pan­zer­kar­di­nal“ ver­un­glimpft, wäh­rend Fran­zis­kus beklatscht wird. Dabei regier­te der deut­sche Papst mit aus­ge­spro­chen mil­der Hand, wäh­rend unter Fran­zis­kus ein eiser­nes Regime herrscht.

Bischof Strick­land ist nicht der erste unter den eher dünn gesä­ten her­aus­ra­gen­den Bischö­fen, den Fran­zis­kus über die Klin­ge sprin­gen ließ, und er wird wohl auch nicht der letz­te sein.

Die Diö­ze­se Tyler ver­liert ihren guten Bischof, doch die gan­ze katho­li­sche Welt gewinnt einen Bischof, der nun, da noch ver­hält­nis­mä­ßig jung, gren­zen­los die Brü­der im Glau­ben stär­ken kann.

Papst Fran­zis­kus bestä­tig­te durch die Abset­zung die Kri­tik, die Bischof Strick­land am der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kat übte, wort­klar, punkt­ge­nau, eben Strick­land. Nicht zu ver­ges­sen ist eine auch eine ande­re Kri­tik, die der bri­ti­sche Histo­ri­ker Hen­ry Sire ali­as Mar­can­to­nio Colon­na mit sei­nem gleich­na­mi­gen Buch „Der Dik­ta­tor­papst“ for­mu­lier­te.

Bild: Vati​can​.va/​V​a​t​i​c​a​n​M​e​dia (Screen­shots)

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