„Gott kann die Sünde nicht segnen“, schreibt Msgr. Joseph Edward Strickland, Bischof von Tyler im Staat Texas (USA), in seinem fünften Hirtenbrief seit dem 22. August 2023, bzw. vier Hirtenbriefen im September, die der Vertiefung des Hirtenbriefs vom August dienen. Konkret bezieht er sich auf den Widerspruch einer von der Homo-Lobby und manchen Kirchenkreisen geforderten Segnung homosexueller Paare durch die Kirche. Das sei „kein irgendwie gearteter Diskriminierungsversuch gegen jene, die die Last tragen, vom gleichen Geschlecht angezogen zu sein“, sondern ein „Ruf zur Wahrheit“, so der Bischof. Obwohl Bischof Strickland damit nur die immerwährende Lehre der Kirche wiederholte, gefällt dieser „Ruf“ in Santa Marta gar nicht. Dort sucht man seit einigen Wochen nach einem Weg, den Bischof von Tyler möglichst schnell loszuwerden.
Bischof Strickland paßt nicht in das von Papst Franziskus gewünschte Schema eines Bischofs. Vor allem ist Strickland nicht bereit, sich in das bergoglianische Schema pressen zu lassen. Hauptärgernis für Santa Marta ist nicht nur die vom texanischen Bischof unerschrocken verteidigte Glaubenswahrheit, sondern die für einen Bischof fast beispiellose Ehrlichkeit, die Dinge beim Namen zu nennen. Anders ausgedrückt: Kritik an einem Papst gehört sich für einen Bischof nicht, lautet ein ungeschriebenes Gesetz in der Kirche.
Bischof Strickland ist jedoch anders gestrickt. Er spricht deutlich aus, wo und wie er Papst Franziskus vom Weg abkommen sieht. Ein Beispiel: Am vergangenen 7. August schrieb der Bischof Strickland auf Twitter:
„Während Veritatis splendor in Kontinuität mit Schrift und Tradition steht, stellt Amoris laetitia einen radikalen Bruch mit beiden dar. Die Katholiken müssen entscheiden, welche Option sie bevorzugen. Wählen Sie weise, ich wähle Veritatis splendor.“
Der Bischof führt den Katholiken vor Augen, daß Amoris laetitia, das umstrittene nachsynodale Schreiben von Papst Franziskus, der falsche Weg ist, daß dieser Weg abzulehnen ist, daß sich die Gläubigen gegen ihn zu entscheiden haben.
Oder am 1. August:
„Die traditionelle lateinische Messe ist im Weinstock verwurzelt, robust und trägt viele Früchte. Jeder Versuch, die traditionelle Messe von der Kirche zu trennen, ist ein Angriff auf die ungebrochene Verbindung zur Tradition die von den Aposteln empfangen wurde, und ein Angriff auf das Glaubensgut.“
Franziskus ist es, der mit Traditionis custodes einen „Angriff auf die ungebrochene Verbindung zur Tradition“, und einen „Angriff auf das Glaubensgut“ unternimmt.
In beiden Fällen übte der Bischof unzweideutige Kritik an Papst Franziskus. Ebenso deutliche Worte fand Bischof Strickland zum „synodalen Prozeß“ und der bevorstehenden Synodalitätssynode.
Zu einem Katalysator für den Bischof wurde der Umgang des Heiligen Stuhls mit der Corona-Pseudopandemie, vor allem die Haltung von Santa Marta zu den sogenannten Corona-Genpräparaten, als Papst Franziskus nicht nur die weltweit radikalste Impf-Politik betrieb, sondern als moralischer Impf-Propagandist auftrat.
Eine Stellungnahme von Msgr. Strickland habe in Santa Marta jedoch zu einem Zornesausbruch geführt, als der Bischof am vergangenen 13. Mai auf Twitter auf eine Diskussion darüber reagierte, ob Franziskus der rechtmäßig gewählte Papst sei:
„Ich glaube, daß Papst Franziskus der Papst ist, aber es ist Zeit für mich zu sagen, daß ich sein Programm, das Glaubensgut zu untergraben, ablehne. Folge Jesus nach.“
Am vergangenen 9. September fand im Vatikan ein Treffen von Franziskus mit hochrangigen Mitarbeitern statt, um über eine Absetzung von Bischof Strickland zu beraten, und wie diese bewerkstelligt werden könnte. Anwesend waren Msgr. Robert Francis Prevost OSA, seit Januar 2023 Präfekt des römischen Dikasteriums für die Bischöfe und selbst US-Amerikaner, und Msgr. Christophe Pierre, seit 2016 Apostolischer Nuntius in den USA. Mit Msgr. Pierre ersetzte Franziskus in diesem Amt Erzbischof Carlo Maria Viganò, der nach dem Papstbesuch in den USA im September 2015 in Ungnade gefallen war. Viganò wurde nicht verziehen, daß er zusammen mit einigen US-Bischöfen mit der überraschenden Audienz für Kim Davis die Homo-Agenda des Papstes durchkreuzt hatte.
Franziskus ließ in Tyler, der Diözese von Bischof Strickland, eine Apostolische Visitation durchführen. Ein deutlicher Wink mit dem Zaunpfahl, der den Bischof aber nicht verstummen ließ. Anders ausgedrückt: Die Visitation hatte einen Strafcharakter, was auch daran deutlich wurde, daß in der Diözese Befragte, wie das US-amerikanische Medium The Pillar berichtete, auch danach gefragt wurden, wer ihrer Meinung nach ein möglicher Nachfolger Stricklands sein könnte, falls dieser zurücktreten würde. So stiftet man Unfrieden.
Strickland, nicht verlegen, zog seinen ganz eigenen Vergleich: Es sei gewesen, wie wenn ein Schüler zum Direktor zitiert wird. Der Bischof reagierte aber noch auf eine andere Weise. Er verfaßte den eingangs zitierten Hirtenbrief, in dem er die Katholiken vor einer „bösartigen und falschen Botschaft“, warnt, die „in die Kirche, die Braut Christi, eingedrungen ist“.
In der Diözese hielten, ob so klarer Worte, auch einige seiner engsten Mitarbeiter den Atem an. Ist das angemessen? Ist das nicht gefährlich? Bischof Strickland wich jedoch keinen Millimeter zurück, denn er ist überzeugt davon, daß zu sagen ist, was gesagt werden muß. Mit Blick auf die bevorstehende Synode schrieb er:
„Sie werden mich nicht aufhalten. Wenn wir von der Wahrheit von Jesus Christus sprechen, gibt es keine politische Korrektheit. Die Welt kann versuchen, uns dichtzumachen, aber es wird nicht funktionieren.
Nach Abschluß der Visitation fand das erwähnte Treffen im Vatikan statt, bei dem Franziskus zum Schluß gelangte, Bischof Strickland nicht einfach abzusetzen. Das sei zu offensichtlich und könnte Widerstände verhärten. Das Ergebnis lautete: Der Bischof ist zum Rücktritt aufzufordern, zu drängen, selbst zurückzutreten. Bischof Strickland wurde über den Apostolischen Nuntius mitgeteilt, daß er nicht mehr „das Vertrauen“ des Papstes habe. Für einen Bischof ist das ein Problem, über das er ernsthaft nachdenken muß, keine Frage. Hätte ihn Franziskus ernannt, wäre es sogar ein ziemlich großes Problem. Bischof Strickland wurde jedoch von Papst Benedikt XVI. ernannt.
Wird Bischof Strickland also dem Druck aus Santa Marta weichen?
„Die künftigen Päpste werden Ihnen für Ihre Treue danken.“
Msgr. Athanasius Schneider, Weihbischof von Astana, der selbst schon ins bergoglianische Visier genommen wurde, schrieb Bischof Strickland bereits Anfang August eine Ermutigung, nicht zurückzutreten:
„Die künftigen Päpste werden Ihnen für Ihre Treue danken.“
Und weiter:
„Lieber Bischof Strickland, anders als der heilige Basilius, der sich an Papst Damasus wandte, haben Sie leider keine wirkliche Möglichkeit, an Papst Franziskus zu appellieren, Ihnen zu helfen, die heiligen Traditionen der Vergangenheit eifrig aufrechtzuerhalten. Im Gegenteil, der Heilige Stuhl stellt sie jetzt unter Beobachtung und droht Ihnen mit Einschüchterung und Entzug der bischöflichen Fürsorge für ihre Herde in Tyler, im Grunde nur aus dem einzigen Grund, weil Sie wie der heilige Basilius, der heilige Athanasius und viele andere bekennende Bischöfe im Laufe der Geschichte, die Traditionen der Väter aufrechterhalten; nur weil Sie die Wahrheit nicht zum Schweigen bringen, nur weil Sie sich nicht wie nicht wenige der Bischöfe unserer Tage verhalten – um es mit den Worten des heiligen Gregor von Nazareth zu sagen: „Sie stehen im Dienst der Zeit und der Bedürfnisse der Massen, sie überlassen ihr Boot dem Wind, der gerade weht, und wie Chamäleons verstehen sie es, ihrem Wort viele Farben zu geben“ (De vita sua. Carmina 2, 11).
Aber, lieber Bischof Strickland, Sie haben das Glück zu wissen, daß alle Päpste der Vergangenheit, alle mutigen Bekennerbischöfe der Vergangenheit, alle katholischen Märtyrer, die nach den Worten der heiligen Teresa von Avila ‚entschlossen waren, für einen einzigen Artikel des Glaubensbekenntnisses tausend Tode zu erleiden‘ (Leben der Teresa von Jesus, 25,12), Sie unterstützen und ermutigen. Darüber hinaus beten die Kleinen in der Kirche für Sie und unterstützen Sie; sie sind eine ständig wachsende, wenn auch kleine Armee von Laiengläubigen – in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt –, die von hochrangigen Klerikern, auch im Vatikan, an den Rand gedrängt wurden, deren Hauptanliegen es zu sein scheint, der Welt zu gefallen und ihre naturalistische Agenda und die Billigung der Sünde homosexueller Handlungen unter dem Deckmantel des Willkommenheißens und der Inklusion zu fördern.
Lieber Bischof Strickland, ich danke Ihnen, daß Sie sich entschieden haben, ‚dem Herrn zu dienen und nicht dem Wetter‘, wie der heilige Athanasius die Bischöfe einst ermahnte (Ep. ad Dracontium). Ich bete, daß andere Bischöfe unserer Zeit wie Sie ihre Stimme zur Verteidigung des katholischen Glaubens erheben und so vielen Katholiken, die sich oft wie Waisen verlassen fühlen, geistige Nahrung und Trost spenden.“
Durch sein Wirken, so Msgr. Schneider, trage Bischof Strickland zur Ehre des Apostolischen Stuhls bei, „die durch unsere ungünstigen Zeiten teilweise verdunkelt und befleckt wurde“.
Bischof Schneider rief indirekt die Gläubigen auf, „die Kleinen“ in der Kirche, für Bischof Strickland zu beten, denn, rechtlich gesehen, kann ein Papst einen Bischof nicht so ohne weiters absetzen, realpolitisch allerdings ist das jederzeit möglich. Es ist ein ungleicher Kampf. Franziskus hat bereits unter Beweis gestellt, daß er bei Bedarf entschlossen ist, von seiner Machtfülle schonungslos Gebrauch zu machen.
Bischof Strickland macht keine Anstalten, die ihm anvertraute Herde im Stich zu lassen. Welchen nächsten Pfeil aber wird Santa Marta gegen ihn abschießen?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: dioceseoftyler.org (Screenshots)