
Von Roberto de Mattei*
Der Amtsverzicht von Benedikt XVI. wird als eines der katastrophalsten Ereignisse unseres Jahrhunderts in Erinnerung bleiben, da er nicht nur die Tür zu einem verheerenden Pontifikat, sondern vor allem zu einer Situation wachsenden Chaos in der Kirche geöffnet hat. Siebeneinhalb Jahre nach dem unglücklichen 11. Februar 2013 neigen sich das Leben von Benedikt XVI. und das Pontifikat von Papst Franziskus unaufhaltsam ihrem Ende zu. Wir wissen nicht, welches der beiden Ereignisse dem anderen vorausgehen wird, aber in beiden Fällen besteht die Gefahr, daß der „Rauch des Satans“ den mystischen Leib Christi umhüllt, wie es in der Geschichte möglicherweise nie geschehen ist.
Das Pontifikat von Bergoglio ist an sein Ende gelangt, wenn auch nicht unter chronologischen Gesichtspunkten, so jedoch unter dem Gesichtspunkt seiner revolutionären Wirkung. Die Amazonassynode schlug fehl und das nachsynodale Schreiben Querida Amazonia vom vergangenen 2. Februar war der Grabstein zahlreicher Hoffnungen der progressiven Welt, insbesondere im deutschen Sprachraum. Das Coronavirus oder Covid-19 hat den ehrgeizigen päpstlichen Projekten für 2020 ein Ende bereitet und uns das historische Bild eines einsamen und besiegten Papstes vermittelt, der in die Leere eines gespenstischen Petersplatzes eingetaucht ist. Andererseits erlaubt es die göttliche Vorsehung, die immer alle menschlichen Angelegenheiten regelt, daß Benedikt XVI. die Verwüstung miterleben muß, die auf seine Abdankung folgte. Aber das Schlimmste kommt wahrscheinlich noch.
Es war logisch vorhersehbar, daß durch die Koexistenz von „zwei Päpsten“ im Vatikan ein Teil der konservativen Welt, angewidert von Franziskus, seinen Blick auf Benedikt richten und ihn im Gegensatz zum „falschen Propheten“ als „wahren Papst“ betrachten würde. Obwohl diese Konservativen von den Irrtümern von Papst Franziskus überzeugt sind, wollten sie dem Weg der Correctio filialis an Papst Franziskus vom 11. August 2016 nicht folgen. Der wahre Grund für ihre Zurückhaltung liegt wahrscheinlich in der Tatsache, daß die Correctio herausstreicht, wie die Wurzeln der bergoglianischen Abweichungen auf die Pontifikate von Benedikt XVI. und Johannes Paul II. und davor auf das Zweite Vatikanische Konzil zurückgehen. Für viele Konservative läßt die Hermeneutik der Kontinuität von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. jedoch keine Brüche zu, und da das Bergoglio-Pontifikat die Ablehnung dieser Hermeneutik zu repräsentieren scheint, besteht die einzige Lösung des Problems darin, Franziskus aus dem Horizont zu streichen.
Benedikt selbst, der den Titel des emeritierten Papstes beansprucht, sich weiterhin weiß kleidet und den apostolischen Segen erteilt, setzte Gesten, die diese mühselige Arbeit zu ermutigen scheinen, den neuen Papst durch den alten zu ersetzen. Das Hauptargument ist jedoch die Unterscheidung zwischen Munus und Ministerium, mit der Benedikt eine Art mystisches Pontifikat für sich bewahren zu wollen scheint, aber die Ausübung der Regierung Franziskus überläßt. Der Ursprung dieser These geht auf eine Rede von Msgr. Georg Gänswein vom 20. Mai 2016 an der Päpstlichen Universität Gregoriana zurück, in der er erklärte, Papst Benedikt habe sein Amt nicht aufgegeben, sondern diesem eine neue kollegiale Dimension gegeben, indem er es zu einem quasi geteilten Dienst machte („als einem quasi gemeinsamen Dienst“). Es nützte nichts, daß Msgr. Georg Gänswein in einer Erklärung gegenüber LifeSiteNews am 14. Februar 2019 die Gültigkeit des Rücktritts von Benedikt XVI. vom Petrusamt bekräftigte und erklärte:
„Es gibt nur einen rechtmäßig gewählten Papst, und das ist Franziskus.“
Die Idee einer möglichen Neudefinition des petrinischen Munus war in die Welt gesetzt. Und angesichts des Einwandes, das Papsttum sei eins und unteilbar und könne keine Aufspaltungen tolerieren, antworten die erwähnten Konservativen, daß genau diese Tatsache die Ungültigkeit des Rücktritts von Benedikt XVI. beweise. Benedikts Absicht war es, so sagen sie, das Pontifikat zu bewahren, indem er annimmt, daß das Amt zweigeteilt werden könne. Das aber sei ein substantieller Irrtum, da die monarchische und einheitliche Natur des Papsttums göttlichen Rechts ist. Der Verzicht von Benedikt XVI. wäre daher ungültig.
Wäre bewiesen, daß Benedikt XVI. wirklich die Absicht hatte, das Pontifikat zu teilen und damit die Verfassung der Kirche zu ändern, wäre er der Häresie verfallen. Und da dieses häretische Verständnis des Papsttums dann natürlich seiner Wahl vorausgegangen wäre, müßte auch die Wahl von Benedikt aus demselben Grund für ungültig gehalten werden, aus dem sein Rücktritt für ungültig gehalten wird. Er wäre dann in keinem Fall Papst. Dies sind jedoch abstrakte Diskurse, weil nur Gott die Absichten beurteilt, während sich das kanonische Recht darauf beschränkt, das äußere Verhalten der Getauften zu bewerten. In einem berühmten Grundsatz des Römischen Rechts, an den sowohl Kardinal Walter Brandmüller als auch Kardinal Raymond Burke erinnert haben, heißt es: De internis non iudicat praetor, ein Richter beurteilt keine inneren Dinge. Andererseits besagt Canon 1526,1 des neuen Kodex des Kirchenrechts: Onus probandi incumbit ei qui asserit (Die Beweislast liegt bei demjenigen, der etwas behauptet). Es gibt einen Unterschied zwischen Indiz und Beweis. Das Indiz deutet auf die Möglichkeit einer Tatsache hin, der Beweis schafft Gewißheit. Agatha Christies Regel, daß drei Indizien ein Beweis sind, gilt für die Literatur, nicht aber für die staatlichen oder kirchlichen Gerichte.
Zudem: Wenn Benedikt XVI. der rechtmäßige Papst ist, was würde dann passieren, wenn er eines Tages sterben oder Papst Franziskus vor ihm sterben würde? Da viele der derzeitigen Kardinäle von Papst Franziskus kreiert wurden und keiner der Papst-Wähler ihn als einen Gegenpapst betrachtet, wäre die apostolische Sukzession unterbrochen, was die Sichtbarkeit der Kirche beeinträchtigen würde. Das Paradox ist, daß die juristische Sophistik bemüht wird, um die Ungültigkeit von Benedikts Rücktritt zu beweisen, dann aber außerkanonische Lösungen zum Einsatz gelangen sollten, um das Problem der Nachfolge von Benedikt oder Franziskus zu lösen. Die These des franziskanischen Visionärs Jean de Roquetaillade (Johannes von Rupescissa: 1310–1365), wonach am Ende der Zeit ein „Engelspapst“ an der Spitze einer unsichtbaren Kirche erscheinen würde, ist ein Mythos, der von vielen Pseudopropheten verbreitet, aber von der Kirche nie anerkannt wurde. Ist das der Weg, den ein Teil der konservativen Welt einschlagen will? Da erscheint es doch logischer, anzunehmen, daß die Kardinäle, die sich im Konklave versammeln, um nach dem Tod oder dem Amtsverzicht von Papst Franziskus einen neuen Papst zu wählen, vom Heiligen Geist unterstützt werden. Es stimmt zwar, daß die Kardinäle den göttlichen Einfluß ablehnen könnten, indem sie einen schlechteren Papst als Franziskus wählen. Ebenso wahr ist aber, daß die Vorsehung unerwartete Überraschungen bereiten könnte, wie dies bei der Wahl von Pius X. oder anderen großen Päpsten in der Geschichte der Fall war.
Was wir brauchen, ist ein heiliger Papst und vor allem ein nächster Papst. Unter dem Titel The Next Pope. The Leading Cardinal Candidates (Der nächste Papst. Die führenden Kandidaten unter den Kardinälen) wurde soeben von Sophia Institute Press ein ausgezeichnetes Buch des englischen Journalisten Edward Pentin veröffentlicht. Das Hauptverdienst dieser über 700 Seiten umfassenden Arbeit besteht darin, uns ins Erinnerung zu rufen, daß es einen „nächsten Papst“ geben wird, und uns durch die Profile von 19 „Papabili“ alle Informationen anzubieten, die für den Eintritt in die Nach-Franziskus-Ära erforderlich sind.
Wir müssen uns davon überzeugen, daß die Hermeneutik der Kontinuität gescheitert ist, weil wir uns in einer Krise befinden, in der wir uns an den Fakten und nicht an ihren Interpretationen messen müssen. Peter Kwasniewski merkte dazu richtig an:
„Die Unannehmbarkeit dieses Ansatzes zeigt sich unter anderem in dem minimalen Erfolg, den Konservative dabei hatten, die verheerenden ‚Reformen‘, Tendenzen, Gewohnheiten und die im Gefolge und im Namen des letzten Konzils mit päpstlicher Zustimmung und Duldung errichteten Institutionen rückgängig zu machen.“
Papst Franziskus hat die Hermeneutik der „Diskontinuität“ nie theoretisiert, sondern wollte das Zweite Vaticanum in der Praxis verwirklichen, und die einzige erfolgreiche Antwort auf diese Praxis liegt in der konkreten Realität theologischer, liturgischer, kanonischer und moralischer Tatsachen und nicht in einer sterilen hermeneutischen Debatte. In dieser Hinsicht wird das eigentliche Problem nicht die Kontinuität oder Diskontinuität des nächsten Papstes mit Papst Franziskus sein, sondern seine Beziehung zum historischen Knoten, dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Einige Konservative wollen Papst Franziskus im Namen der Hermeneutik der Kontinuität durch kanonische Formfehler zu Fall bringen. Aber wenn es möglich ist, einen Papst seiner Diskontinuität mit seinem Vorgänger zu beschuldigen, warum nicht auch die Möglichkeit der Diskontinuität eines Konzils mit den vorherigen zugeben? In diesem Zusammenhang sollten die jüngsten Stellungnahmen von Erzbischof Carlo Maria Viganò und von Weihbischof Athanasius Schneider zum Zweiten Vatikanum gewürdigt werden, die den Mut hatten, sich einer theologischen und kulturellen Debatte zu stellen, die nicht vermieden werden kann. Diese Arbeit der historischen und theologischen Revision des Zweiten Vatikanischen Konzils ist notwendig, um die Schatten zu zerstreuen, die sich am Ende des Pontifikats verdichten, aber auch, um eine Spaltung zu vermeiden, die die guten Katholiken vor die Entscheidung stellen könnte, zwischen einem schlechten, aber legitimen Papst und einem guten oder „mystischen“, aber illegitimen Gegenpapst entscheiden zu müssen.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017 und Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte, 2. erw. Ausgabe, Bobingen2011.
- Bücher von Prof. Roberto de Mattei in deutscher Übersetzung und die Bücher von Martin Mosebach können Sie bei unserer Partnerbuchhandlung beziehen.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
Reine Spekulationen meinerseits!
Der Blitzeinschlag in St. Peter brachte in mir den Gedanken zum Tragen: „Ich, der Herr, habe Euch den Besten gegeben. Ihr habt ihn fertig gemacht!“
Wäre Benedikt XVII. als Regierender heute noch am Leben?
Der Hl. Geist hat ihn in der Überzeugung bestärkt, daß sein Rücktritt richtig ist.
Mit seinem Rücktritt oder Tod als Regierender Papst geht das Amt an den Nachfolger über, [den wir jetzt haben].
Weil wir den Nichtregierenden noch haben, ist Franziskus mit seinen Vorhaben gescheitert. Benedikt ist bestätigt.
Wenn Franziskus stirbt, wird ein neuer Papst gewählt. Der „Gefangene des Vatikan“ spielt dabei keine Rolle.
Die Bischöfe Ungarns unterrichten Ihre Schäfchen bereits darin, warum die Wahl von Franziskus nicht gültig war.
Sehr geehrter Herr de Mattei, Sie sehen die mystische Dimension, vermischen Sie dann aber mit weltlichem Denken, ohne es wieder zusammen zu führen.
Damit helfen Sie nicht wirklich.
Mitunter mag man gerne unter der tiefen Angst vor der eigenen Erkenntnis leiden. Auch mir ergeht es da nicht anders als Roberto de Mattei – ein herzliches Vergelt‘s Gott für diese erneut hoch interessanten Ausführungen! – und man ist geneigt, angesichts immer neue Schandtaten kirchlicher Würdenträger mit einem „Wie können die das nur tun? Das kann doch nicht deren Ernst sein!“ den Blick abzuwenden. Ich wüßte nicht, woran man das baldige Ende des momentanen Pontifikats erkennen könnte. Mag also sein, daß dem hoch verehrten Roberto de Mattei bezüglich der Beurteilung Benedikt XVI., i.e. dessen Pontifikats samt dessen Früchte, gewissermaßen der Weichzeichner durchgegangen ist. Katharsis jedoch schenkt sich am Ende immer all jenen, die auch der bitteren Wahrheit ins Gesicht blicken.
Joseph Ratzinger, wie auch dessen kürzlich verstorbener Bruder Georg (RIP), waren schon in früher Jugend dem Modernismus angehangen, und zeit deren Leben hatte sich daran nie etwas geändert gehabt. Behauptete Georg Ratzinger, die „doch sehr starre Liturgie der Messe mußte aufgelockert werden…“,
Der Münchner Dogmatik-Professor Michael Schmaus hatte Ratzinger durchfallen lassen – völlig zurecht! Ein angehender Kleriker, der bestreitet, die Offenbarung sei „unveränderlich“, sondern allen Ernstes behauptet, sie sei „geschichtlich und dynamisch“, freilich, ohne auch nur den geringsten Beleg für so viel hanebüchenen Unsinn vorzulegen, der hat am Katheter katholischer Institutionen ganz einfach nichts verloren. Wer so abirrt wie Ratzinger, der dürfte auch ohne viel Federlesens Martin Luthers sinngemäß identischer Einlassung von einer „ecclesia semper reformanda“ das Wort reden. Wieso auch nicht?
Die biblische Offenbarung ist unveränderlich, denn Jesus Christus hat Sich seit Seiner Himmelfahrt nicht verändert: Er ist – er ist nach wie vor A und Ω, und Er ist es bis zu Seiner zweiten Parusie. Der Mensch hat weder die Macht, an Seinen Worten etwas zu verändern, noch hätte er das Recht, es auch nur versuchen oder zu behaupten. Da könnte ja am Ende wirklich jeder kommen – auch ein Ratzinger.
Ein wahres Aperçu aus dem zweiten Video erlaube ich mir hier zu zitieren; es ist einfach zu gut:
> Schmaus erklärte: „Der Ratzinger versteht es, die Dinge in blumige Formulierungen einzubinden, aber wo ist der Kern der Sache?“ Für Ratzingers Freund und Mentor Alfred Läpple steht Ratzinger „für eine Theologie des Gefühls“. Und: „Er scheut klare Definitionen.“ Am Schluss stelle sich, so Läpple bei Ratzinger, die Frage: „Was hat er eigentlich gesagt.“
Zeitgenössisch mag‘s ungemein schwer sein, katholisch Kurs zu halten. Das wichtigste ist und bleibt jedoch, sich den heiligen Glauben zu bewahren – unverändert, unverkürzt, unversehrt und rein. Niemand, auch kein Papst darf da etwas hinzufügen, noch etwas davon wegnehmen. Tut er dies dennoch, wie sämtliche Päpste nach dem II. Vatikanischen Konzils, dann hat er das Recht auf meinen Gehorsam verloren: Ich kann ja schließlich nicht unserem Herrgott Jesus Christus und Seiner unveränderlichen Frohbotschaft anhangen, sowie simultan und synchron dem Zweiten Vatikanum – Glaubensfreiheit und Ökumenismus – und dessen irdischen Epigonen und Adepten. Wer behauptet, das sei dennoch möglich, postuliert die Existenz eines echten Paradoxons. George Orwell läßt grüßen.
Ratzinger hat zeit seines Lebens die katholische Tradition verbissen bekämpft; wäre S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre noch unter uns, so könnte er davon ganze Opern singen. Jeder, der Benedikt seit dem Pontifikat Franziskus‘ vermißt und in die vielen faulen Früchte, die beide getragen haben und immer noch tragen, etwas hinein geheimnist, was dort nicht drin ist, belügt sich am Ende selber.
Zum Kreuztragen gehört offenbar auch der Schmerz über die innerkirchlichen Verwüstungen. Nach allen Regeln der Logik, sowie gemessen an der Offenbarung, bestehen zwei Optionen: Entweder Unser Herrgott Jesus Christus schickt doch wieder Viri Probati, die das Schifflein Petri wieder auf den einzig richtigen Kurs zurück manövrieren, oder das Ende aller Zeitlichkeit ist nicht mehr fern. Es ist nicht an uns, die Zukunft zu kennen, wohl aber ergeht an uns der Imperativ, im täglichen Gebet den reinen Glauben zu bewahren. So sei es, und Gott steh‘ uns bei, und die Heilige Maria Muttergottes bitte für uns.
In Cristo per Mariam. +
Carlosmiguel
So weit richtig, aber es ist gewiß nicht falsch, wenn man sich an das erinnert, was S. E. Marcel Lefebrve zu den konziliaren Päpsten gesagt hat: Sie haben ein Doppelgesicht, alle!
Papst Benedikt hat seine Theologie immer weiter dem Modernismus geöffnet, dieser Vorgang ging bis zum berüchtigten Werk „Einführung in das Christentum, danach aber – da zeigt sich das andere Gesicht, des empfindlichen Priesters – 1968 angesichts der Umstände die Universität Tübingen verlassen, um 1969 an die Universität Regensburg zu wechseln. Dort wurde er in der Abgeschiedenheit der Stadt mit dem Werk von Jacques Monod vertraut und wandelte sich von da ab zum Progressisten, zu jener Art von Theologen, die scheinbar konservativ sind (in diesem Falles wurde er es tatsächlich!), aber das direkte Eingreifen der Übernatur in die Geschichte zumindest für die Zeitgeschichte, nicht aber für die Kirche selbst, ablehnen. Die Geschichte ist kein Gottesbeweis, wohl aber der Richtigkeit des Katholischen Dogmas., das Teil der Natur, nicht aber der Übernatur ist. Die Lehre hat sich bedingt durch die historischen Verläufe so logischerweise ergeben. Daher auch die konsequente Modernisierung des Logos-Begriffs bis zu seinem zweiten Hauptwerk „Theologische Prinzipienlehre“, das er schon als Präfekt der Glaubenskongregation veröffentlichte.
Man könnte dieses noch weiter ausführen, aber weitere Beweise der Doppelgesichtigkeit sind die Widersprüche zwischen „Dominus Jesus“ und dem positiven Gutachten zur Frage der Gültigkeit der „Anaphora von Mari und Addai“ ohne den Einsetzungsbericht (2001), der Widerspruch zwischen „Ecclesia Dei“ und der Predigt in Santiago de Chile (1988), der Enzyklika „Fides et Ratio“ und die „Agendi Ratio“ zur Lehrüberprüfung, schließlich der Widerspruch zwischen „Summorum Pontificum“ und „Spe Salvi“ aus dem Jahr 2007. Die Liste läßt sich noch fortsetzen, Ratzinger wechselte immer zwischen dem scheinbar traditionstreuen Priester und dem kühn fortschreitenden Theologen. Das setzte sich zum Teil bis in sein Pontifikat durch – siehe Regensburg.
Irgendwann bricht jedes doppelgesichtige Kartenhaus zusammen, Johannes XXIII. starb sehr schnell, Paul VI. wurde halb wahnsinnig und verstarb auch recht schnell, zu Johannes Paul I. kann man nur wenig sagen, aber bei Johannes Paul II. wurde dieses so stark, daß er nicht bemerkte, daß ein schweres Leiden ihm zur Bekehrung auferlegt worden ist, eine Bekehrung die nie stattfand, bei Benedikt XVI. fand diese Doppelgesichtigkeit seinen vorläufigen Höhenpunkt, indem er von Amt zurücktritt, weiter aber Papst bleibt, wo schon der warnende Schlag von oben kam, und schließlich Franziskus, der keine Doppelgesichtigkeit mehr hat, sondern eine Vielzahl von Masken, die er jeweils aufsetzt. Nur haben auch dieses die Gläubigen durchschaut!
Genauso ist es, vielen Dank für Ihre Gedanken.
Bei aller Symphatie für Joseph Ratzinger, muss man leider festellen, das er zeitlebens ein beinharter Modernist geblieben ist.
Das Motu Proprio über die alte Messe war schön, aber nicht wirklich nötig.
Kein Papst kann einem Priester befehlen den NOM zu feiern, bzw. die alte Messe verbieten.
Denn der NOM wurde, dank des hl.Geistes, niemals promulgiert.
Ratzinger hat halt treu in der Dialektik beide „Exreme“ zugelassen.
Klassisch liberal.
Man darf bei alledem nicht ausser Acht lassen, dass man dachte und noch immer denkt, dass gerade das Festhalten an Lehre und Tradition die Menschen der Kirche entfremden würde. Zu sehr schien der Zeit das Geheimnis Gottes in kausale Worte abgefasst worden zu sein. Leute wie Ratzinger, welche die Kirche zweifellos liebten und lieben, versuchten redlich dem Auszug der Menschen aus der Kirche eine Sprache gegenüberzustellen, die sich mit dem modernen Denken adaptieren liesse.
Der Glaube an Übernatürliches und Wunder schien und scheint erschüttert, so dass man eine Sprache finden wollte, welche an diesem Punkt ansezt, und den Glauben daher auch wissenschaftlich plausibel und haltbar machen wollte, angesichts einer Wissenschaft die den Wahrheitsanspruch nunmehr mitdefinierte.