Papst Franziskus fordert: „Die Kirche entmännlichen“


Papst Franziskus empfing heute die von ihm ernannte Internationale Theologenkommission.
Papst Franziskus empfing heute die von ihm ernannte Internationale Theologenkommission.

(Rom) Papst Fran­zis­kus emp­fing heu­te die Inter­na­tio­na­le Theo­lo­gen­kom­mis­si­on und tadel­te sie. Er kri­ti­sier­te, daß sie aus zu vie­len Män­nern bestehe. „Die Kir­che ist eine Frau, ent­männ­li­chen wir sie“, so der Papst.

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Die Inter­na­tio­na­le Theo­lo­gen­kom­mis­si­on wur­de 1969 von Papst Paul VI. errich­tet, nach­dem die erste Bischofs­syn­ode dies ange­regt hat­te. Sie besteht aus 28 Mit­glie­dern, die vom Papst jeweils für die Dau­er von fünf Jah­ren ernannt wer­den. Fünf Mit­glie­der der Kom­mis­si­on sind Frau­en. Das ist der Grund für die päpst­li­che Kritik.

Fran­zis­kus gab gleich zu Beginn der Begeg­nung bekannt, daß er zwar eine für ihn vor­be­rei­te­te Anspra­che habe, die­se aber ver­tei­len las­se. So kam das Kir­chen­ober­haupt gleich zur Sache:

„Ich dan­ke Ihnen für das, was Sie tun. Die Theo­lo­gie, die theo­lo­gi­sche Refle­xi­on, ist sehr wich­tig. Aber es gibt etwas, das mir an Ihnen nicht gefällt, ent­schul­di­gen Sie mei­ne Auf­rich­tig­keit. Eine, zwei, drei, vier Frau­en. Arme Frau­en! Sie sind allein! Ah, ent­schul­di­gen Sie, fünf. Hier müs­sen wir vorankommen!“

Denn, so Franziskus, 

„die Kir­che ist Frau. Und wenn wir nicht ver­ste­hen, was die Theo­lo­gie einer Frau ist, wer­den wir nie ver­ste­hen, was die Kir­che ist“.

Dar­auf schob Fran­zis­kus eine neue Sün­de hinterher:

„Eine der gro­ßen Sün­den, die wir began­gen haben, ist die ‚Ver­männ­li­chung‘ der Kir­che. Und das wird nicht durch den dienst­li­chen Weg gelöst, das ist etwas ande­res. Es wird durch den mysti­schen Weg gelöst, durch den könig­li­chen Weg. Das Den­ken von Bal­tha­sars hat mir so viel Licht gege­ben: das petri­ni­sche und das maria­ni­sche Prin­zip. Dar­über kann man dis­ku­tie­ren, aber die bei­den Prin­zi­pi­en sind da. Das maria­ni­sche ist wich­ti­ger als das petri­ni­sche, denn es gibt die Kir­che als Braut, die Kir­che als Frau, ohne sich zu vermännlichen.“

Offen­sicht­lich war selbst Fran­zis­kus klar, daß sei­ne Aus­füh­run­gen Fra­gen auf­wer­fen und rät­seln las­sen wür­den, denn er sagte:

„Sie wer­den sich fra­gen: Wohin führt die­se Rede? Nicht nur, um Ihnen zu sagen, daß Sie mehr Frau­en hier drin­nen haben soll­ten, das ist eines, son­dern um Ihnen zu hel­fen, nach­zu­den­ken. Die Kir­che als Frau, die Kir­che als Braut. Und das ist eine Auf­ga­be, um die ich Sie bit­te. Die Kir­che entmännlichen.“

Fünf spontane Anmerkungen

  • Die „Ent­männ­li­chung“ des Altar­dien­stes nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil führ­te zum gro­ßen Exodus der Bur­schen. Der Papst ver­gaß in sei­ner heu­ti­gen Anspra­che auf den männ­li­chen Part hin­zu­wei­sen, den Bräu­ti­gam, Chri­stus, das Haupt der Kir­che, im Altar­raum reprä­sen­tiert durch den Prie­ster. Das Bei­spiel der „Ent­männ­li­chung“ der Mini­stran­ten führ­te im Altar­raum zu einer ersten Ver­wir­rung der Rol­len. Man­che sehen als logi­sche Kon­se­quenz den Rück­gang der Priesterberufungen.
  • Der von Papst Fran­zis­kus, wenn auch sehr schlag­wort­ar­tig, um nicht zu sagen bra­chi­al auf­ge­grif­fe­nen Geschlech­ter­theo­rie von Bräu­ti­gam und Braut, Chri­stus und Kir­che, die von der Kir­che immer so ver­stan­den wur­de, folgt er selbst in sei­ner akzen­tu­ier­ten Homo-Agen­da aller­dings nicht, die viel­mehr in offe­nem Wider­spruch dazu steht.
  • Was aber hat es mit der „Sün­de“ auf sich, sogar einer „gro­ßen Sün­de“, die Fran­zis­kus aus­fin­dig macht? Von der Zwei­fel­haf­tig­keit der Begriffs­wahl abge­se­hen, wür­de die Behaup­tung einen bewuß­ten Akt der „Ver­männ­li­chung“ vor­aus­set­zen. Gab es die­sen? Das ist ein kir­chen­ge­schicht­li­ches The­ma, des­sen Ergrün­dung für Histo­ri­ker sicher sehr inter­es­sant ist. Ob das auch für die gegen­wär­ti­ge Lage der Kir­che gilt, sei ein­mal dahin­ge­stellt. Nun ist aber auch bekannt, daß die Frau längst den grö­ße­ren Teil „der Kir­che“, also der Gläu­bi­gen im Kir­chen­schiff, stellt. Die „Ent­männ­li­chung“ hat dort längst statt­ge­fun­den, außer in den Gemein­den der Tra­di­ti­on. Es ist bekannt, was die Femi­ni­stin­nen wol­len, die sich beson­ders zahl­reich in der abwe­gi­gen Theo­lo­gie tum­meln. War­ten aber die gläu­bi­gen Frau­en auf eine kirch­li­che Quotenregelung?
  • Und über­haupt: Wer ernennt die Inter­na­tio­na­le Theo­lo­gen­kom­mis­si­on? Der Papst. Fran­zis­kus ernann­te sowohl die Mit­glie­der des 10. als auch schon des 9. Quin­qu­en­ni­ums. Die Ernen­nung der Mit­glie­der des der­zei­ti­gen 10. Quin­qu­en­ni­ums erfolg­te 2021. Oder ist die Refle­xi­ons­auf­for­de­rung so gemeint, daß die der­zei­ti­gen Mit­glie­der dar­über nach­den­ken sol­len, wel­che Frau­en Fran­zis­kus noch in die Kom­mis­si­on beru­fen könn­te, um – ja, was genau – einer Quo­te näherzukommen?
  • Schließ­lich wäre da noch ein Wider­spruch in der kur­zen Anspra­che von Fran­zis­kus. Was ihn stört und Anlaß sei­ner Aus­sa­gen war, ist die Tat­sa­che, daß der Theo­lo­gen­kom­mis­si­on nur fünf Frau­en ange­hö­ren, anstatt der ihm viel­leicht vor­schwe­ben­den pari­tä­ti­schen Beset­zung von vier­zehn. Gleich im näch­sten Satz erklär­te er jedoch, daß die Fra­ge „nicht durch den dienst­li­chen Weg gelöst wird. Es wird durch den mysti­schen Weg gelöst, durch den könig­li­chen Weg“. Geht es nun also um eine struk­tu­rel­le Fra­ge im Sin­ne einer Quo­te oder um eine theologische?

Fran­zis­kus tat in der heu­ti­gen Begeg­nung mit den Mit­glie­dern der Inter­na­tio­na­len Theo­lo­gen­kom­mis­si­on pri­mär das, was er beson­ders ger­ne tut. Er nahm einen ihm gefäl­li­gen Stein und warf ihn ins Was­ser, wir­bel­te die­ses auf – und beob­ach­tet und freut sich. 

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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