(Rom) In der katholischen Kirche gärt es. Das Pontifikat von Franziskus sorgt für Unruhe, die anders als vom argentinischen Papst erklärt, nicht konstruktiv ist. Seit Beginn der Fastenzeit geht im Kardinalskollegium eine Denkschrift von Hand zu Hand, die mit dem Pseudonym Demos (Volk) unterzeichnet ist. Der bekannte Liturgiker Don Nicola Bux nimmt in einem Interview zur Frage des nächsten Konklaves Stellung und wen die Kirche nun dringend als nächsten Papst brauche.
Mit Ausnahme des engeren Hofstaates von Santa Marta sind sich alle Beobachter darin einig – wenn auch aus sehr unterschiedlichen Beweggründen –, daß das derzeitige Pontifikat „unter vielen oder mehreren Aspekten ein Desaster, eine Katastrophe ist“, wie es der Vatikanist Sandro Magister Mitte März formulierte. Das mit „Demos“ gezeichnete Memorandum listet dieses Desaster auf.
In modernistischen Kreisen herrscht Unduldsamkeit, weil die „Revolution Franziskus“ zu langsam erfolge. Die vielen Türen, die vom Papst aus Argentinien in schneller Folge aufgestoßen wurden, haben immer größere Erwartungen geweckt und mancherorts einen regelrechten Neuerungstaumel entfacht, wie die Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland zeigt. Sie plagt die „Urangst“, ein zweites 1978 zu erleben, als in diesen Kreisen die Legende entstand, der angebliche „Frühling“, den das Zweite Vatikanische Konzil der Kirche gebracht habe, sei durch die Wahl von Johannes Paul II. abgewürgt worden. Eine erneute „restaurative Phase“, wie in progressiven Zirkeln die Pontifikate des polnischen Papstes und seines deutschen Nachfolgers Benedikt XVI. gesehen werden, gelte es unter allen Umständen zu verhindern.
Umgekehrt haben die ständigen Tabubrüche und heterodoxen Signale von Franziskus in einigen orthodoxen Teilen der Kirche die Stimmung bis zum Siedepunkt angeheizt. Zunächst bemühte man sich das Problem auszublenden, indem Franziskus zunehmend ignoriert wurde. Seine als Provokationen empfundenen Gesten machen dies aber schwierig. Der Wunsch und die Hoffnung auf ein baldiges Ende des derzeitigen Pontifikats sind sehr groß, weshalb das Augenmerk auch auf dieser Seite längst auf die Sixtinische Kapelle gerichtet ist, wo sich zu einem noch unbekannten, aber absehbar nahen Zeitpunkt die Wähler des nächsten Papstes versammeln werden. Papst Franziskus steht mitten in seinem 86. Lebensjahr.
Die Unruhe wird dadurch noch gesteigert, daß Franziskus selbst keinen Zweifel läßt, seine Nachfolge möglichst selbst regeln zu wollen, zumindest in ihrer Ausrichtung. Er ist aber in seinen Kardinalsernennungen unberechenbar für alle Seiten, wobei orthodoxe Kirchenteile mit deutlich stärkerem Stirnerunzeln Konsistorien zur Kreierung neuer Kardinäle entgegensehen.
Edward Pentin, der Vatikanist des National Catholic Register, sprach über die aktuelle Lage mit Don Nicola Bux, dem bekannten Liturgiker und persönlichen Freund von Benedikt XVI. Ihn hätten manche gerne im Kardinalskollegium gesehen, stattdessen wurde er nach der Wahl von Franziskus von diesem als Consultor des Amtes für die liturgischen Feiern des Papstes entlassen.
Zudem deutet Don Bux dunkle Machenschaften an, die 2013 zur Wahl von Kardinal Jorge Mario Bergoglio zum amtierenden Papst geführt hätten.
Das Interview wurde von Duc in Altum veröffentlicht.
Edward Pentin: Don Nicola, woher stammt Ihrer Meinung nach das Demos-Memorandum und wie repräsentativ sind die Meinungen der Personen im Vatikan?
Don Nicola Bux: Es würde eine Untersuchung auf verschiedenen Ebenen erfordern, von den San Pietrini über die Offizialen bis hin zu den Autoritäten: Auf dieser letzten Ebene könnte das Memorandum entstanden sein. Die Unzufriedenheit ist weit verbreitet, aber es gibt natürlich auch den verborgenen Teil, der sich nicht äußert und das Ende des Pontifikats abwartet. Dem orthodoxen Patriarchen Kyrill sagte der Papst, daß wir die Sprache Jesu sprechen müssen und nicht die politische. Genau! Das scheint mir aber auch eine politische Ausdrucksweise zu sein, denn an anderer Stelle hat er gesagt, er wisse nicht, warum es das Leiden der Unschuldigen gibt, was aber heißt, nicht zu wissen, warum Christus am Kreuz gestorben ist. Für die wirklichen Kenner des Vatikans ist die Bilanz des Pontifikats von Franziskus, von der Glaubenslehre bis zur Moral, eine Absenkung des Niveaus im Vergleich zu seinen Vorgängern – von den Finanzen ganz zu schweigen. Er hat dazu beigetragen, die Säkularisierung des Westens zu verschärfen, denn der Papst hat sich auf sozialer und politischer Ebene eingemischt und eine Spiritualität ohne Identität unterstützt. Es stellt sich also die Frage: Was ist der Petrusdienst? Wir erleben einen emotionalen Papstkult, eine theologische Übertreibung, wie es sie seit Pius IX. und jetzt auch durch die Medien gibt. Die Menschen des Mittelalters haben die Rolle des Papstes von der Person, die ihn verkörpert, unterschieden, so wie die Kirche von den Kirchenmännern, das Menschliche und Irdische vom Göttlichen. Deshalb konnte Dante Päpste in die Hölle schicken. So kommt es, daß sich nicht wenige Bergoglianer der ersten Stunde vom derzeitigen Pontifikat distanziert haben, das sogar als chaotisch und despotisch gilt. Die Gemäßigten sind unruhig. Es gibt jene, die sich die Lösung vorstellen, indem sie für eine synodale Kirche eintreten, und jene, die ein Übergangspontifikat befürworten. In der Zwischenzeit nimmt an einem Tag Marx Stellung und an einem anderen Müller, an einem Tag Hollerich und zum Glück an einem anderen Pell, und damit sind wir erst bei den Kardinälen. Aber weder Ladaria noch Franziskus sagen, wer recht hat. Wenn wir dann zu den Bischöfen, Priestern und Laien kommen, ob Theologen oder nicht, werden wir eine schottische Dusche erleben. Im Vatikan weiß man um den Glaubensabfall der Katholiken in Lateinamerika, deren Anteil auf 52 Prozent gesunken ist, während der Anteil der Sekten auf über 25 Prozent gestiegen ist. Die Kirche verliert Lateinamerika in einem solchen Ausmaß, daß das Wall Street Journal am 13. Januar [in Anspielung auf die „Option für die Armen“] titelte: „Die katholische Kirche hat sich für die Armen entschieden und die Armen haben haben sich für die Pfingstler entschieden“. Ein schrecklicher Beitrag zum Prozeß der Selbstzerstörung, von dem Paul VI. sprach. Die Kirche hat sich in eine Agentur für die Lösung sozialer, wirtschaftlicher, psychologischer und sogar ökologischer Probleme verwandelt und ihren Auftrag, Seelen zu retten, aufgegeben. Auf der Amazonassynode ging es nicht um die Evangelisierung dieser Region, sondern um die Umwelt, nicht um die Förderung der persönlichen Begegnung mit dem Herrn, sondern um politische und soziale Fragen. Kurz gesagt, während die Gläubigen nach mehr Religion verlangen, verteilen die Bischöfe Sozial-Sozialismus.
Edward Pentin: Wie wahrscheinlich ist es, daß das Memorandum die Wahl des nächsten Papstes beeinflussen wird?
Don Nicola Bux: Mir scheint, daß es zu Beginn die wichtigsten Merkmale des Petrusamtes aufzeigt, die der Maßstab für die Entscheidung eines jeden Konklaves sein müssen: Der Papst wird als Seelsorger und Lehrer gesehen, nicht als Ideologe oder Politiker. Seine Beziehung zur Kirche ist also die eines Gliedes und Dieners, nicht die eines absoluten Monarchen. Es ist erstaunlich, daß die Modernisten oder Progressiven, die bis zu Benedikt XVI. antirömisch waren, angesichts der aktuellen Papolatrie, um es mit [Kardinal Carlo Maria] Martini zu sagen, jetzt schweigen. Wie jeder Christ ist auch der Papst dem geoffenbarten göttlichen Recht unterworfen, noch vor dem Naturrecht und dem Kirchenrecht, das ihn hinsichtlich der wesentlichen Lehre und der Verfassung der Kirche bindet, die nicht synodal, sondern hierarchisch ist. Das Memorandum scheint an all das zu erinnern. Unter diesen Bedingungen muß das Petrusamt dazu dienen, aufzubauen und nicht zu zerstören (vgl. 2 Kor 13,10). Das ist entscheidend, um Gesetze zu erlassen und Recht zu sprechen. Man kann nicht mit einem Motu proprio nach dem anderen weitermachen, indem Artikel des Katechismus geändert und Appelle an die [Apostolische] Signatur sinnlos gemacht werden. Es gibt von Dritten erworbene Rechte, die der Papst nicht verletzen kann, denn er ist der oberste Hüter des Rechts. Er kann weder Mißbrauch zulassen, noch kann er Mißbrauch begehen. Wie Petrus durch Paulus muß sich der Papst brüderlich zurechtweisen lassen. Andernfalls kann man ihm nicht gehorchen, denn zuerst kommt das Gewissen, das nach einem Ausspruch des heiligen John Henry Newman, der im Katechismus wiedergegeben ist, der erste „Stellvertreter Christi“ ist.
Einen Einfluß des Memorandums sehe ich in ökumenischer Hinsicht, da es den Mißbrauch der päpstlichen Autorität anprangert, der meines Erachtens bisher die antirömische Stimmung, insbesondere im Osten, gefördert hat. Die Zunahme von Bischofsabsetzungen unter diesem Pontifikat, als wäre der Papst ein islamischer Mufti, ist ein Amtsmißbrauch und hat etwas Pathologisches. Franziskus ist soweit gegangen, zu sagen: „Sie wollten mich tot sehen“, vielleicht aus Angst, daß sich das, was getan wurde, um seine Wahl zu erreichen, sich gegen ihn wiederholen könnte. Aber die Grenze der päpstlichen Autorität ist auch durch die Autorität der Bischöfe gegeben, die ebenfalls göttlichen Rechts ist: etwas, das im Auge zu behalten und in den Generalkongregationen des nächsten Konklaves zu diskutieren sein wird.
Edward Pentin: Übrigens, was sollten Ihrer Meinung nach die Prioritäten für das nächste Konklave sein?
Don Nicola Bux: Nach Meinung maßgeblicher Laien und Kirchenmänner muß das nächste Konklave einen Papst wählen, der sich seines apostolischen Auftrags, seiner Bindungen und seiner Pflicht zur Bewahrung des status generalis Ecclesiae bewußt ist. Es wird darum gehen, einen Papst zu wählen, der den katholischen Glauben fördert, um dem Rückgang von Priestern und Gläubigen im Westen Einhalt zu gebieten, der durch die Säkularisierung verursacht wird, die die Kirche durchdrungen hat (Peguy machte die Kleriker für die Entchristlichung verantwortlich), jene Säkularisierung, der zufolge die wichtigsten Werte, die die Grundlage der Gesellschaften bilden, nicht religiös sind oder, wenn doch, auf „säkulare“ oder rationale Weise begründet werden müssen. Das hat zu einer politisch korrekten, von religiösen Konnotationen befreiten Sprache geführt, zum Verlust des Sinns für Grenzen (typische Beispiele sind Abtreibung, die sogenannte Homo-Ehe, Gender, Euthanasie usw.), zum Verlust des Heiligen und zur Umwandlung des religiösen Glaubens in eine „humanitäre“ Religion, des Evangeliums in Moralismus und der Predigt in eine Kundgebung. Die Priorität des Konklaves ist daher ein katholischer Papst, da sonst der Glaubensverlust nicht nur die Folge, sondern auch die Ursache für die Säkularisierung des Christentums sein wird, das letztlich irrelevant zu werden droht. Das nächste Konklave wird klären müssen, was „pastoral“ ist: Bislang weiß das niemand, und der Ausdruck wird als Türöffner benutzt, um alles in der Kirche zu rechtfertigen. Es muß die inzwischen entwertete Mission wieder in den Mittelpunkt stellen und die Grenzen der Ökumene und des interreligiösen Dialogs klären. Selbst Modernisten und Progressive sind sich dessen bewußt. Die Säkularisierung ist mit der Evangelisierung zu bekämpfen. Der Kampf gegen den Klerikalismus darf nicht die Identität des Klerus untergraben, der eine von den Gläubigen und Ordensleuten getrennte Ordnung ist. Der nächste Papst muß in seinem Programm vor allem die Stärkung des Glaubens vorsehen, damit die christlichen Familien und die Priester- und Ordensberufe gedeihen können. Es muß eine Rückkehr zum Lehramt geben, das unfehlbar über Fragen der Familienmoral entscheidet und Bischöfe ernennt, die die apostolische Tradition akzeptieren. Das jetzt latent vorhandene Schisma wird sich dadurch wahrscheinlich abschwächen, auch wenn die „Verfolgung“ durch die säkularen Medien zunehmen wird. Es ist notwendig, die lebendigen Kräfte der Kirche mit einem Pontifikat freizusetzen, das auf eine Katholizität schaut, die die Kirchen mit frommen Gläubigen und den öffentlichen Raum mit Zeugen des Glaubens und des Lebens füllt und beweist, daß sie „funktioniert“, weil sie Bekehrungen hervorbringt. Die katholische Kirche muß einen Pontifex haben, der das sagt und tut, was moralisch, lehrmäßig und liturgisch katholisch ist. Man denke an die Newsweek-Titelseite: Is the Pope Catholic? Klingt es seltsam, daß die katholische Kirche ein Recht auf einen katholischen Papst hat? Auch die Orthodoxen wollen einen solchen, sonst werden die zentrifugalen Tendenzen unter ihnen überhandnehmen. Ein katholischer Papst ist auch nötig, um die zerrüttete protestantische Welt wieder zur Einheit zu führen und die vielen suchenden Laien zurück zum Glauben zu bringen, aber auch, um jene Juden, Muslime und Angehörige anderer Religionen zu beruhigen, die den Papst als moralische Autorität sehen, eine Autorität, die zeigt, daß die Grenze zwischen Gut und Böse nicht aufgehoben ist. Der neue Papst muß in der Lage sein, sich mit der neuen Weltordnung zu befassen, die aus dem Tod der alten hervorgeht und in der der Westen und das westliche kapitalistische System eine geringere Rolle spielen werden; er muß sich von Franziskus unterscheiden, der eine verwirrende und widersprüchliche Beziehung zwischen Ideologie und Utopie zu ihr hatte. Um der Verwirrung in der Kirche ein Ende zu setzen, muß das nächste Konklave nach Kandidaten Ausschau halten, die auf die Dubia zu Amoris laetitia antworten und Evangelii gaudium korrigieren, wo es heißt, daß das schlimmste soziale Übel die Ungleichheit ist, d. h. die schlechte Verteilung des Reichtums, und nicht die Sünde; Laudato si‘, wo der neomalthusianische Umweltschutz verherrlicht wird, der im Gegenteil die Quelle aller Probleme der vergangenen fünfzig Jahre ist; Fratelli tutti, wo der Kapitalismus für erledigt erklärt wird, ihm dann aber empfohlen wird, wie er überleben und sich mit den Zauberworten „Inklusion“ und „Nachhaltigkeit“ tarnen kann. Vor allem wird nicht gesagt, daß wir uns nicht als Brüder erkennen können, wenn wir nicht den Vater im Himmel als unseren Vater erkennen. Das hat Jesus gesagt.
Einleitung/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Duc in Altum/InfoCatolica
Es gibt doch einen amtierenden Papst seit dem 19.4.2005. Ein Pontifikat Bergoglio gibt es nicht.
Was seit Jahren passiert, ist wohl auch eine Strafe Gottes für den Glaubensabfall.
Ehe man über ein nächstes Konklave spricht, sollte man sich mit dem Nicht-Rücktritt von Papst Benedikt XVI. befassen. Denn nur die Wahrheit, wie der Herr sagt, macht frei.
„Don Nicola Bux: „Die Kirche muß einen Papst haben, der das sagt, was katholisch ist“
Die Kirche braucht jetzt ihren Herrn und Gott, die Allerseligste Jungfrau und den Erzengel Michael.
Alles andere ist nachkonziliär und nicht zielführend.
Man sollte sich keine Illusionen machen, ein Papst und seine Kirche die wieder zum wahren katholischen Glauben zurückkehrt wird von dieser Welt mit der sich das Konzil ins Bett gelegt hat mit voller Wucht angegriffen. Und dann geht es um die Dinge die in der Offenbarung beschrieben worden sind.
Per Mariam ad Christum.