![Hilft die Note der Glaubenskongregation zur Zulassung des mRNA-Impfstoffs von Pfizer/BioNtech oder läßt sie zu viele Fragen unbeantwortet und soll primär nur die Politik der Regierungen absegnen? Hilft die Note der Glaubenskongregation zur Zulassung des mRNA-Impfstoffs von Pfizer/BioNtech oder läßt sie zu viele Fragen unbeantwortet und soll primär nur die Politik der Regierungen absegnen?](https://katholisches.info/tawato/uploads/2020/12/Pfizer-Biontech-Impfstoff-moralisch-akzeptabel-oder-inakzeptabel-1030x438.jpg)
(Rom) In der katholischen Kirche erklingen kurz vor Weihnachten ungewöhnliche Mißtöne. Während Bischöfe betonen, daß es moralisch inakzeptabel sei, einen Impfstoff einzusetzen, dessen Herstellung unter Einsatz abgetriebener Kinder zustande kam, beeilen sich andere Bischöfe und der Vatikan den Regierungen zur Seite zu springen und zu betonen, daß das kein Problem sei, da der Impfstoff einer höheren Sache, der Gesundheit, diene.
Im vergangenen Oktober sagte Weihbischof Athanasius Schneider, daß eine Impfpflicht mit einem Wirkstoff, der aus abgetriebenen Kindern hergestellt wird, der „Anfang der Apokalypse“ wäre.
Bereits im Mai hatte eine Gruppe von Kardinälen und Bischöfen, darunter die Kardinäle Gerhard Müller, Jānis Pujats und Joseph Zen, Erzbischof Viganò, die Weihbischöfe Andreas Laun und Athanasius Schneider, vor einem Impfstoff gewarnt, der unter Einsatz abgetriebener Kinder entwickelt würde. Wörtlich schrieben sie im Aufruf Veritas liberabit vos:
„Es ist für Katholiken moralisch inakzeptabel, sich mit Impfstoffen behandeln zu lassen, zu deren Herstellung Material von abgetriebenen Föten verwendet wird.“
Bischof Joseph Strickland von Tyler in Texas, einer der profiliertesten Bischöfe der USA, twitterte Ende November, daß die inzwischen in den USA zugelassenen Corona-Impfstoffe „nicht moralisch hergestellt“ wurden. Auch Bischof Joseph Brennan von Fresno in Kalifornien erklärte in einem Video, mit dem er sich an seine Diözese wandte, daß er keine Empfehlung zur Verwendung von Impfstoffen geben könne, die mit „anstößigem Material“ entstanden sind.
Gegenchor
Die Bischöfe von England und Wales bildeten frühzeitig einen Gegenchor zu diesen kritischen Stimmen. In England hatte das britisch-schwedische Pharmaunternehmen AstraZeneca in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford als erster Impfstoffentwickler bekanntgegeben, bei der Herstellung des neuen Impfstoffes Zellinien abgetriebener Kinder zu verwenden, und damit die bis heute anhaltende Diskussion ausgelöst. Die englische Bischofskonferenz erklärte bereits im August, daß es kein Problem darstelle, daß der Impfstoff unter Verwendung abgetriebener Kinder zustande komme. Die englischen Bischöfe gingen noch weiter und behaupteten eine „moralische Verpflichtung“ der Katholiken, sich impfen zu lassen. „Das ist besonders wichtig bei der Entdeckung eines Impfstoffs gegen Covid-19“, so die Bischöfe von England und Wales.
Katholisches.info schrieb am 11. August:
„Wozu sind Bischöfe noch fähig, wenn sie bereit sind, für die Interessen dieses Corona-Impfstoffs – und des dahinterstehenden Unternehmens – sich auf eine solche Weise zu exponieren?“
Seit die Zulassung von Impfstoffen in verschiedenen Ländern aktuell wurde, häuft sich diese Begleitmusik zum Zulassungsverfahren. Die Päpstliche Akademie für das Leben, die von Papst Johannes Paul II. geschaffene Institution zur Verteidigung der ungeborenen Kinder, ließ kurz vor dem Zulassungsentscheid zum Pfizer-BioNtech-Impfstoff BNT162b2 in Großbritannien wissen, daß die Bioethiker daran „nichts moralisch Unzulässiges“ gefunden hätten.
Pünktlich zur gestern erfolgten Zulassung des Pfizer-BioNtech-Impfstoffs in der EU meldete sich die Glaubenskongregation mit einer ausführlichen „Note über die Moralität der Verwendung einiger Anti-Covid-19-Impfstoffe“ zu Wort. Unterzeichnet ist die Stellungnahme von Kardinalpräfekt Luis Ladaria Ferrer SJ.
Die Note der Glaubenskongregation
Bei der Kongregation waren in den vergangenen Monaten mehrere Anfragen und Bitten um Stellungnahme eingegangen, die sich alle auf die Verwendung von Gewebe und Zellinien abgetriebener Kinder zur Herstellung der Impfstoffe bezogen. Die Kongregation begründete ihre Stellungnahme auch wegen der teils „widersprüchlichen Erklärungen“, die von Bischöfen, katholischen Organisationen und Experten in den vergangenen Monaten dazu abgegeben wurden.
Sie verweist auf ihre Instruktion Dignitatis personae von 2008 und eine Note der Päpstlichen Akademie für das Leben von 2017. Die Akademie verweist darin auf den Umstand, daß die Tötung der Kinder, deren Zellinien verwendet werden, bereits so lange zurückliege, daß kein moralisch problematischer Zusammenhang mehr bestehe. Es müsse nämlich ein direkter Zusammenhang zwischen der Abtreibung und der Impfstoffherstellung ausgeschlossen sein. Sie bekräftigte zwar auch den „allgemeinen Einsatz“, den es geben müsse, daß zur Impfstoffherstellung kein „Material“ aus „Abtreibungsherkunft“ zum Einsatz komme, betonte aber zugleich, daß der Schutz der Gesundheit durch einen Impfstoff ein höheres Gut darstelle.
In diesem Sinne erklärte gestern auch die Glaubenskongregation, daß es zwar besser und wünschenswert wäre, wenn Impfstoffe „ethisch unanstößig“ hergestellt würden, daß es aber „moralisch akzeptabel“ sei, „Anti-Covid-19-Impfstoffe zu verwenden, für deren Erforschung und Herstellung Zellinien aus abgetriebenen Föten benutzt wurden“.
Der durch den Impfstoff gebotene Schutz stelle ein moralisch höheres Gut dar, selbst dann, wenn er moralisch anstößig zustande kam. Die Glaubenskongregation betont, daß die Bedrohung durch das SARS-CoV-2-Virus auch moralische Bedenken aufheben würde, die sonst gegeben wären.
Zugleich stellt die Glaubenskongregation klar, daß sich daraus in keiner Weise eine Legitimierung der Abtreibung ergebe. Zur Achterbahnfahrt wird die Note, wenn die Kongregation unter Punkt 4 betont:
„Tatsächlich bedeutet und darf die rechtmäßige Verwendung dieser Impfstoffe in keiner Weise eine moralische Zustimmung zur Verwendung von Zelllinien implizieren, die von abgetriebenen Föten stammen.“
Das verlangt nach einer Zusammenfassung: Die Kongregation sagt, es dürfe also „in keiner Weise eine moralische Zustimmung zur Verwendung von Zellinien abgetriebener Kinder zur Herstellung von Impfstoffen geben“, aber wenn dies dennoch geschieht, ist es „moralisch akzeptabel“, sprich unbedenklich, den Impfstoff zu verwenden.
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Wenig Aussicht auf Erfolg dürfte nach solchen Prämissen die gleich darauf in der Note der Kongregation folgende Aufforderung an Pharmaunternehmen und staatliche Gesundheitsbehörden haben, nur ethisch vertretbare Impfstoffe zu produzieren und zuzulassen, „die weder für Angehörige der Gesundheitsberufe noch für die geimpften Personen Gewissensprobleme verursachen“.
Diese Gewissensprobleme sind keineswegs alle ausgeräumt, wie die Stellungnahmen einiger Bischöfe zeigen. Auch viele Katholiken nehmen den fließenden Wechsel zwischen „moralisch inakzeptablem“, aber doch „moralisch akzeptablem“ Impfstoff so locker wie die römischen Stellungnahmen zur Absegnung der anlaufenden Impfwelle.
Keine Impfpflicht
Anders als die Bischöfe von England und Wales in ihrer Erklärung von August lehnt die Glaubenskongregation eine Impfpflicht, sprich Impfzwang, ab. Die Impfung müsse freiwillig sein, so das römische Dikasterium.
Zugleich werden von der Kongregation alle mit einem moralischen Imperativ belegt, dafür Sorge zu tragen, daß der Impfstoff gleichermaßen den armen Ländern der Welt zugänglich gemacht werde. Auch diese einseitige Fixierung der Glaubenskongregation für eine weltweite Durchimpfung erstaunt.
Offizielle Meinung der Kirche ist demnach eine Unbedenklichkeit von Impfstoffen, die unter Verwendung von Gewebe abgetriebener Kinder hergestellt wurden. Diesem Vorrang der Gesundheit um jeden Preis stemmen sich einzelne Bischöfe entgegen und betonen, daß es in diesem Kontext keine Kasuistik geben könne, sondern vielmehr die Anstrengungen der Erforschung und Entwicklung moralisch vertretbarer Gegenmittel gelten müßten.
Diese Anstrengungen gibt es in der Tat, doch spielen sie in der Note der Glaubenskongregation keine erkennbare Rolle. Diese dient explizit der moralischen Rechtfertigung der Impfstoffzulassung des Impfstoffes der Pharmaunternehmen Pfizer und BioNtech in Großbritannien, den USA, der EU und inzwischen noch einigen anderen Ländern, darunter der Schweiz, die den Wettlauf mit der Zeit gewonnen haben. Sie dient konkret vor allem als kirchliches Unbedenklichkeitsattest für die anlaufenden Impfkampagnen.
Mehr noch erstaunt, daß die Glaubenskongregation mit keinem Wort darauf eingeht, daß es sich bei dem Pfizer/BioNtech- wie auch dem Moderna-Impfstoff um eine völlig neue Generation von Impfstoffen, sogenannten mRNA-Impfstoffen, also genetische Impfstoffe, handelt, die eine Immunreaktion im Körper auslösen.
Einseitige Fixierung auf mRNA-Impfstoff
Am 2. Dezember wurde erstmals in der Geschichte von einem Staat ein solcher mRNA-Impfstoff zugelassen, konkret von Großbritannien der Corona-Impfstoff BNT162b2 von Pfizer/BioNtech. Am 11. Dezember erfolgte die Zulassung in den USA, am 19. Dezember in der Schweiz und am 21. Dezember in der EU. In allen Fällen handelt es sich um eine „Notfallzulassung“, weil der Impfstoff nicht unter Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungsverfahren entwickelt wurde. Diese Ausnahmen, samt Ausnahmen von den Ausnahmen, mit denen die Zulassung gepflastert ist, erstaunt um so mehr, da es sich um eine neue Generation von Impfstoffen handelt, zu denen jegliche Erfahrungswerte fehlen, die aber – so die implizite Absicht – möglichst weltweit allen Menschen gespritzt werden sollen. Da verwundert es doch, daß die Glaubenskongregation zwar darauf bedacht war, pünktlich zur „Notfallzulassung“ in der EU ihren Segen zu erteilen, aber mit keinem Wort auf diese Umstände eingeht.
Erwähnt sei auch, daß in den USA am 18. Dezember auch dem Moderna-Impfstoff mRNA-1273 die „Notfallzulassung“ erteilt wurde. Eine Entscheidung dazu steht in der EU und der Schweiz noch aus, dürfte aber demnächst folgen. Welcher „Notfall“ ist aber tatsächlich gegeben, um so schwerwiegende Ausnahmen zu bewilligen und ganze Länder und Völker Impfstoffen auszuliefern, deren Zulassungsverfahren verkürzt wurden und deren Auswirkungen, da eine völlig neue Generation von Impfstoffen, nicht bekannt sind.
Völlig unter den Tisch fallen, absichtlich oder nicht, in der öffentlichen Diskussion, in den Regierungsentscheidungen und für die Glaubenskongregation Bemühungen um die Entwicklung und Herstellung eines Anti-Covid-19-Medikaments. Sehr gute Erfolge scheint das Medikament COR-101 von CORAT Therapeutics zu erzielen, das im Zusammenhang mit der Technischen Universität Braunschweig entwickelt wird. Stattdessen gibt es seit März, als Bill Gates die Impfung als einzigen „Ausweg“ verkündete, eine einseitige Fixierung auf einen Impfstoff. Gates kann in der ganzen Angelegenheit nicht unerwähnt bleiben, zu stark ist sein Einfluß in der ganzen Sache und zu sehr verläuft alles nach den von ihm genannten Vorgaben.
Und das Coronavirus dient zum Vorwand, eine völlig neue Generation von Impfstoffen im Eilverfahren durchzuboxen, die unter anderen Bedingungen so nie akzeptiert worden wären. Schlimmer noch: Regierungen üben Druck auf die Bürger aus, sich impfen zu lassen. Der Tatbestand der Nötigung scheint manchmal nicht mehr weit.
Die Glaubenskongregation verwirft zwar eine Impfpflicht, postuliert aber einen moralischen Druck zur Impfung, der im genannten Gesamtzusammenhang erstaunlich undifferenziert wirkt.
Das Jahr 2020 endet für sehr viele belastet und belastend und das neue Jahr deutet sich nicht anders an. Zu viele Fragen bleiben unbeantwortet. Auch die Note der Glaubenskongregation trägt nicht wirklich zur Klärung bei, da sie wichtige Fragen gar nicht behandelt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons