(Rom) Enzo Bianchi, der „falsche Prophet”, Prior eines kirchenrechtlich nicht existierenden „Mönchsklosters“ von Bose, wurde aus seiner Gründung entfernt, die er vor 55 Jahren ins Leben gerufen hatte. Der päpstliche Kommissar geht um, dieses Mal allerdings in unerwarteten Gefilden. Was ist los in Bose?
Enzo Bianchi gehört zum Kreis der prominentesten und einflußreichsten Progressisten, dessen Ansichten sich in Wirklichkeit mehr auf Modernisten reimen. Wegen seiner „abweichenden Aussagen“, mit denen er sich laufend von der kirchlichen Lehre und Ordnung distanzierte, wurde er zum Medienliebling, erreichte dadurch breite Öffentlichkeitswirksamkeit und konnte diese jahrzehntelang bewahren. Mitte der 60er Jahre gründete er in Bose im Geist des nachkonziliaren „Aufbruchs“, der in Wirklichkeit ein radikaler Bruch mit der kirchlichen Tradition war, eine „ökumenische, monastische Gemeinschaft“, deren „Prior“ er wurde. Für den Zeitgeist ist er so etwas wie ein moderner Augur.
„Die atheistischen Mönche“
Während Papst Benedikt XVI. bewußt auf Distanz zum „Prior von Bose“ blieb, erlebte Bianchi unter Papst Franziskus seinen persönlichen „zweiten Frühling“. Allerdings hatte dieser nichts von dem herbeigeredeten, aber nie gesehenen „Frühling“ für die Kirche, dem „neuen Pfingsten“, an sich.
Obwohl Bianchi kaum einen Fettnapf ausließ, in den man aus kirchlich orthodoxer Sicht treten konnte, und das ganz bewußt tat, berief ihn Papst Franziskus im Juli 2014 als Consultor des Päpstlichen Rats für die Förderung der Einheit der Christen an die Römische Kurie. Eines der zahlreichen Signale, daß nun ganz andere Kreise in höchsten Gnaden stehen.
Das eigenwillige „Bianchi-Lehramt“ trieb zahlreiche Blüten. Die Liste ist lang. Einige aus der Zeit des derzeitigen Pontifikats sollen genannt werden:
- „Christus hat nichts über Homosexualität gesagt, also soll auch die Kirche schweigen“;
- „Maria ist kein geeignetes Vorbild zur Förderung der Frau in der Kirche“;
- „Die natürliche Familie existiert nicht“;
- „Die Kirche hat sich zu entschuldigen für ihre bisherige Lehre zu Ehe und Familie“;
- Fatima ist „ein Schwindel“;
- das „Elfte Gebot“ lautet: „Liebe die Erde wie dich selbst“.
Kurz nach seiner Ernennung zum Consultor stießen Bianchi und Alberto Melloni, der Leiter der progressiven Schule von Bologna, ein geheimes Ökumene-Projekt an. Bianchi war von 1978 bis 2000 Vorsitzender der Trägerorganisation der Schule von Bologna, deren Mitglied er auf Lebenszeit ist. Zur Schule von Bologna gehören die Kardinäle Tagle und Zuppi und der Erzbischof von Palermo, der im Meßornat mit dem Fahrrad durch den Altarraum fährt. In dem Ökumene-Projekt entwarfen er und Melloni ein Modell für die „Kirche der Zukunft“, das im Namen der Ökumene nichts weniger als die Auflösung des Papsttums vorsieht.
Der vor kurzem verstorbene, ehemalige Dekan der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Lateranuniversität, Msgr. Antonio Livi, nannte Bianchi deshalb einen „falschen Propheten“, vor denen in der Heiligen Schrift gewarnt werde. Was der „Prior von Bose“, als der Bianchi bekannt wurde, vertrete, sei „lediglich nominell ein christlicher, in Wirklichkeit aber ein atheistischer Humanismus“, so Livi.
2014 beanstandete die Theologin und Ministerialbeamtin Maria Guarini:
„Die Schriften und Reden Enzo Bianchis wirken seit vielen Jahren zersetzend, nicht zuletzt weil fast alle der Meinung sind, daß es sich bei Bose um einen jungen Orden handelt. In Wirklichkeit wurde die Gemeinschaft nie kanonisch errichtet, weil sie keine dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt. Wenn sich Bianchi dennoch ‚Prior‘ nennt, im Mönchsgewand auftritt, und von ‚monastischer Gemeinschaft‘, ‚Kloster‘ und ‚Mönchen‘ die Rede ist, diese Gemeinschaft sich aber nicht an die Gesetze der Kirche hält, dann liegt zumindest ein gewisser Etikettenschwindel vor.“
Er und seine „monastische Kommunität“, die kirchenrechtlich nicht existiert, jedenfalls nicht so, wie man sie behandelt, vertreten eine progressiv-adogmatische Richtung in der Kirche, die ein horizontales, anthropozentrisches Christentum vertritt. Der einzige Weg zum Heil „ist für Bianchi eine demagogische Suche nach Frieden und eine illusorische universale Freundschaft und laizistische Solidarität“, so die Historikerin Cristina Siccardi.
Msgr. Livi sprach von den „atheistischen Mönchen“ von Bose.
Dennoch ging 2016 in Rom das Gerücht um, Papst Franziskus wolle Enzo Bianchi zum Kardinal erheben. Dazu kam es nicht und vier Jahre später „frißt die Revolution ihre Kinder“, so die traditionsverbundene Internetseite Messa in Latino. Sie erinnert an eine weitere „Aktion“ des „Priors von Bose“, der vor einigen Jahren mit dem Impetus der Verfolgung die Aufhebung eines kleinen Klosters betrieb, weil dessen Mönche (richtige Mönche) ihn seiner Meinung nach in einem Buch „negativ“ erwähnt hätten. „Zum Glück hielt der zuständige Bischof dem Druck stand“, so Messa in Latino.
„Verwirrung und Unruhe in Bose“
Nun scheint es ausgerechnet in Bose, einem internationalen progressiven Vorzeigeprojekt, drunter und drüber zu gehen. In einer gestern veröffentlichten Presseerklärung der Gemeinschaft heißt es:
„Da jedoch ab der Bekanntgabe des Dekrets die angekündigte Ablehnung der Maßnahmen durch einige Empfänger zu einer weiteren Verwirrung und Unruhe geführt hat, wird es als notwendig erachtet, zu präzisieren, daß die oben genannten Maßnahmen Br. Enzo Bianchi, Br. Goffredo Boselli, Br. Lino Breda und Sr. Antonella Casiraghi betreffen, die sich von der Klostergemeinschaft von Bose trennen, alle derzeitig darin bekleideten Positionen verlieren und an einen anderen Ort ziehen müssen.“
Seit heute vormittag sind Teile der Internetseite der Gemeinschaft nicht mehr erreichbar.
Hintergrund ist ein Konflikt zwischen Bianchi und dem Anfang 2017 von ihm eingesetzten Nachfolger Luciano Manicardi, der seither die Gemeinschaft mit ihren fünf Niederlassungen, darunter auch in Assisi, leitet. Das Zusammenleben zwischen dem alten und dem neuen Prior gestaltete sich zunehmend konfliktreicher. Manicardi „bemühte sich seine Autorität ohne Interferenzen“ seines Vorgängers ausüben zu können, so der Avvenire, die Tageszeitung der Italienischen Bischofskonferenz, gestern. Die Persönlichkeit Bianchis habe das allerdings unmöglich gemacht.
„Die gespannte und problematische Situation“ führte dazu, daß Papst Franziskus 2019 eine Apostolische Visitation anordnete. Dabei ist unklarer denn je, welchen kirchenrechtlichen Status die Gemeinschaft einnimmt. 2000 erkannte sie der Bischof von Biella vorläufig und 2010 dauerhaft an, allerdings nur als Private Vereinigung von Gläubigen, was mehr oder weniger die unterste Stufe der in der Kirche vorgesehenen Zusammenschlüsse darstellt und reinen Laiencharakter hat. Deshalb gibt es Zweifel, ob Bose überhaupt die Voraussetzungen für eine Apostolische Visitation erfüllt. Doch so wie die Kommunität selbst seit ihrer Gründung in einem kanonischen Graubereich existiert, so scheint sich ihr gegenüber auch Rom in diesem Bereich zu bewegen.
Die Kommunität, die Santa Marta wichtig ist
Als Visitatoren entsandte Franziskus Abtpräses Guillermo León Arboleda Tamayo OSB der Kongregation von Subiaco und Montecassino, den Canossianerpater Amedeo Cencini FCC und die Äbtissin Anne-Emmanuelle Devèche OCSO der Trappistinnenabtei von Blauvac. Die Visitatoren sind deshalb gemischt, weil der „ökumenischen“ Kommunität Männer und Frauen aller Stände und aller Konfessionen angehören. Das hatte bereits 1967, kurz nach der Gründung, zu einem Konflikt mit dem damaligen Bischof von Biella geführt, der die Anwesenheit von Akatholiken in der Gemeinschaft beanstandete. Der damalige Erzbischof von Turin, Michele Kardinal Pellegrino, stellte sich jedoch schützend vor die Gemeinschaft, die ihren „Sonderweg“ fortsetzen konnte.
Äbtissin Devèche war bereits 2014 Visitatorin in Bose. Damals hatte Bianchi, noch „Prior“, um eine Visitation ersucht, um interne Konflikte zu seinen Gunsten zu entscheiden, was ihm auch gelang. Die Äbtissin und P. Michel Van Parys OSB, damals Hegumen des Basilianerklosters Grottaferrata, zuvor schon Abt der besonders ökumenisch engagierten Benediktinerabtei Chevetogne in Belgien, unterhielten beide bereits enge Kontakte zur Kommunität von Bose. Der Bericht von 2014 fiel entsprechend wohlwollend aus, allerdings wurde von den Visitatoren darauf hingewiesen, daß der autoritäre Führungsstil „transparenter und synodaler“ werden sollte.
Der Avvenire, der Gemeinschaft wohlgesinnt, schrieb gestern, daß Papst Franziskus die Apostolische Visitation wegen der „kirchlichen und ökumenischen Bedeutung der Gemeinschaft von Bose gewährt“ habe. Wegen „der Wichtigkeit“, daß die Gemeinschaft „weiter ihre anerkannte Rolle ausübt“, und wegen der Gefahr einer „Schwächung“ oder gar ihrer „Auslöschung“, die zu verhindern sei, sei es der Wunsch des Papstes, eine Hilfe zu bieten, um „schwerwiegendes Unbehagen und Mißverständnisse zu überwinden“. Keine Frage, die Gemeinschaft von Bose ist Santa Marta kostbar und teuer.
Die Visitation fand vom 6. Dezember 2019 bis zum 6. Januar 2020 statt. Anschließend legten die Visitatoren dem Heiligen Stuhl ihren Bericht vor. „Nach langer und aufmerksamer Prüfung und Gebet“ erließ Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am vergangenen 13. Mai ein von Franziskus genehmigtes Dekret, das vor wenigen Tagen allen Betroffenen durch P. Cencini zugestellt wurde. Daß das Dekret aus dem Staatssekretariat kommt, bestätigt noch einmal, daß die Kommunität anders behandelt wird, als es ihr gemäß Kirchenrecht zukommt, weil sie dem Heiligen Stuhl besonders wichtig ist. Eine private Vereinigung von Gläubigen untersteht dem Dikasterium für Laien, Familie und Leben (bis 2016 dem Päpstlichen Rat für die Laien).
Der Canossianer Cencini wurde mit allen Vollmachten zum Päpstlichen Delegaten ad nutum Sanctae Sedis ernannt. Er wird dieses Amt also ohne zeitliche Beschränkung solange ausüben, wie der Heilige Stuhl es wünscht. Er übernimmt damit die faktische Leitung der Gemeinschaft, ohne formal im Gewand eines wenig geliebten Kommissars aufzutreten. Den gleichen Weg war Papst Franziskus bereits gegenüber dem Malteserorden gegangen.
Begleitet wurde Cencini bei der Übergabe des römischen Dekrets von Kurienerzbischof José Rodriguez Carballo OFM, Sekretär der römischen Ordenskongregation, und von Msgr. Marco Arnolfo, Erzbischof von Vercelli.
Die Folge war, daß die oben genannte Personengruppe um Enzo Bianchi sich weigerte, die vom Heiligen Stuhl erlassenen Maßnahmen anzuerkennen. Das führte zu „einer weiteren Verwirrung und Unruhe“. Enzo Bianchi, Goffredo Boselli, Lino Breda und Antonella Casiraghi „müssen sich von der monastischen Kommunität von Bose trennen und sich an einen anderen Ort begeben“. Zugleich verlieren sie alle Positionen, die sie bisher in der Gemeinschaft innehatten.
In einem gemeinsamen Schreiben von Kardinalstaatssekretär Parolin und dem Prior der Gemeinschaft „wurde ein Weg der Zukunft und der Hoffnung für die Kommunität abgesteckt, indem die tragenden Linien eines Erneuerungsprozesses aufgezeigt“ werden.
Das Schreiben schließt mit den Worten:
„In dieser Zeit, die uns auf Pfingsten vorbereitet, erbitten wir eine erneuerte Ausgießung des Geistes in jedem Herzen, damit Er das Starre biege, das Kalte erwärmen, auf gerade Wege führe, was fehlgeleitet ist, und allen helfe, daß die Nächstenliebe sich durchsetzt und es nie an ihr mangle.“
Der Vatikanist Sandro Magister merkt dazu an:
„So bedankt sich die Gemeinschaft von Bose bei ihrem Gründer: ’starr‘, ‚kalt‘, ‚fehlgeleitet‘.“
Der Problem „Bose“ ist für Rom nicht doktrinärer Natur. Rom beanstandet nicht die Abweichungen und Distanzierungen von der Lehre. Der von Rom nun gestützte neue „Prior“ Manicardi forderte nach dem Abschluß der Familiensynode 2014, daß die katholische Kirche die Auflösung einer sakramentalen Ehe und die Möglichkeit einer Zweitehe nicht nur beim Tod eines Ehepartners, sondern auch bei „Tod der Liebe“ zulassen solle. Kurzum: Die „atheistischen Mönche“ sind für Santa Marta kein Stein des Anstoßes. Zumindest soweit bisher bekannt, bewegt sich der Konflikt auf zwischenmenschlicher Ebene und betrifft die mangelnde Unterordnungsbereitschaft des Gründers und ersten „Priors“.
Der jähe Absturz von Enzo Bianchi bestätigt, daß Papst Franziskus die Seinen stützt, länger sogar als es andere vielleicht tun würden, und auch unter Druck nicht fallenläßt, solange es nicht unumgänglich ist. Doch eines duldet Franziskus nicht: Ungehorsam gegen seine Autorität. Auch nicht von Enzo Bianchi.
Ob Bianchi damit bei Franziskus auch in Ungnade gefallen ist, muß sich erst zeigen. Immerhin war der „Prior“ noch vor kurzem als erster Laie für die Kardinalswürde im Gespräch. Bisher ließ das regierende Kirchenoberhaupt niemanden aus dem Kreis jener fallen, die seine Sympathien genießen. Wen er unter dem Druck der Öffentlichkeit aus einem Amt entfernen mußte, dem verschaffte er ein neues, notfalls ex novo.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Comunità di Bose/Vatican.va (Screenshots)
„das „Elfte Gebot“ lautet: „Liebe die Erde wie dich selbst“.
Es ist ja schön das Meister Bianchi klüger als Gott ist und uns ein 11. Gebot geschaffen hat.
Ich rate Meister Bianchi für 40 Tage in die Wüste sich zu begeben. Vielleicht kommt Satan und bietet ihn diese Welt an wenn er ihn anbetet. Er muß sich dann entscheiden was für ihn das günstigste ist.
„Maria ist kein geeignetes Vorbild zur Förderung der Frau in der Kirche“
Mir scheint das Meister Bianchi kein großer Freund der allerseligsten Jungfrau ist. Nun das beruhigt mich doch sehr denn sonst hätte ich andersherum ein ernstes Problem mit meinen gesunden Menschenverstand.
„Fatima ist „ein Schwindel“
Wenn ein falscher Prophet Fatima als ein „Schwindel“ bezeichnet, dann können alle Katholiken sich vor Christus hundertprozentig darauf verlassen das Fatima echt ist. Heilige Mutter Gottes sag deinen Sohn den besten Dank dafür das die vielen falschen Propheten in dieser Zeit die beste Orientierung für seine Wahrheit sind. Aber damit ist leider noch nicht geklärt warum ein amtierender Papst solche Kräfte empfängt. Aber ich kriege das noch raus. Wer Augen hat der sieht und wer Ohren hat der hört.
Per Mariam ad Christum,
Diese Gemeinschaft mit einem „Prior“, der forderte, daß die katholische Kirche die Auflösung einer sakramentalen Ehe und die Möglichkeit einer Zweitehe nicht nur beim Tod eines Ehepartners, sondern auch bei „Tod der Liebe“ zulassen solle, gehörte sofort aufgelöst. Allerdings ist sie gar keine katholische Gemeinschaft, genauso wenig wie das ZdK oder der BdkJ katholische Gemeinschaften sind, dennoch wird die erstere offensichtlich vom Papst und die anderen offensichtlich von den deutschen Bischöfen unterstützt.
Wer schickt Kommissare in den Vatikan und die deutsche Bischofskonferenz, es wäre dringend nötig.