(Rom) Seit dem 1. Mai gibt es in der Kirche zwei neue Kardinalbischöfe. Das ist die höchste der drei Klassen des Kardinalskollegiums. Die Beförderungen werden als Weichenstellung für das nächste Konklave gesehen.
Das Tagesbulletin des vatikanischen Presseamtes enthielt am 1. Mai die Meldung, daß Kardinal Beniamino Stella, der Präfekt der Kleruskongregation, von Papst Franziskus in die Klasse der Kardinalbischöfe aufgenommen wurde.
Beniamino Stella, ein ehemaliger Vatikandiplomat, war 1987 bei seiner Beförderung zum Apostolischen Nuntius zum Titularerzbischof ernannt worden. Seit 2007 ist er an der Römischen Kurie tätig. Papst Franziskus berief ihn im September 2013 zum Präfekten der Kleruskongregation und kreierte ihn im Februar 2014 zum Kardinaldiakon von Sankt Cosmas und Damian in Rom.
Das Kardinalskollegium, das bis 1983 noch Heiliges Kardinalskollegium hieß, unterteilt sich wie der Klerus in drei Klassen: in Kardinaldiakone, Kardinalpriester und Kardinalbischöfe.
Kardinaldiakone werden neuernannte Kardinäle, die an der Römischen Kurie tätig sind. Kardinalpriester hingegen sind Kardinäle, die residierende Diözesanbischöfe sind. Die Beförderung in die Erste und höchste Klasse, die der Kardinalbischöfe, ist ein besonderes Privileg, das durch den regierenden Papst gewährt wird.
Der Kreis der Kardinalbischöfe ist sehr klein. Derzeit sind 122 Kardinäle zur Teilnahme an einem Konklave berechtigt. 21 von ihnen gehören der Klasse der Kardinaldiakone, 94 der Klasse der Kardinalpriester und nur sieben der Klasse der Kardinalbischöfe an. Darin sind die beiden neuernannten bereits enthalten.
Die Turbobeförderung
Die eigentliche Überraschung des 1. Mai war die zweite Ernennung. Papst Franziskus nahm auch Kardinal Luis Antonio Tagle in den Rang eines Kardinalbischofs auf. Tagle kann auf eine Traumkarriere zurückblicken, die von drei Päpsten gefördert wurde und mit jedem neuen Papst an Schwung zulegte.
Tagle, Jahrgang 1957, wurde im Alter von 24 Jahren für das Bistum Imus auf den Philippinen zum Priester geweiht. Anschließend konnte er in Rom studieren und wurde Mitarbeiter der progressiven Schule von Bologna, an deren mehrbändigen Konzilsgeschichte er mitwirkte. 2001 ernannte ihn Johannes Paul II. zum Bischof seines Heimatbistums Imus. 2011 beförderte ihn Benedikt XVI. zum Erzbischof von Manila und Primas der Philippinen. In einer ungewöhnlichen Aktion kreierte er ihn am 24. November 2012 im Alter von 55 Jahren zum Kardinal. Die Hauruckaktion erfolgte wegen des beabsichtigten Amtsverzichts unter Zeitdruck. Daraus muß geschlossen werden, daß Benedikt XVI. oder zumindest sehr gewichtige Einflüsterer wollten, daß Tagle bereits am Konklave nach dem Rücktritt von Benedikt teilnehmen kann.
Beobachter erklärten sich die überraschenden Kreierungen, Benedikt XVI. hatte bereits im Februar 2012 neue Kardinäle kreiert, mit dessen Sympathie für Theologen, auch wenn sie anders denken als er. Die Annahme, daß die letzten Kreierungen seines Pontifikats von Einflüsterern gelenkt wurden, trifft die Sache schon eher. Gerechtfertigt wurden sie mit dem ungewöhnlichen Hinweis, daß bei den Kardinalskreierungen im Februar 2012 die Entwicklungsländer zu kurz gekommen seien. Zwei Konsistorien mit Kardinalserhebungen im selben Jahr waren in der Tat etwas Außergewöhnliches.
Kardinal Tagle bewegte sich nach dem Konklave schnell im Umfeld von Papst Franziskus. Im Januar 2015 besuchte das Kirchenoberhaupt die Philippinen. Auf dem Weg dorthin kam es nicht nur zum berüchtigten Karnickel-Sager des Papstes, sondern in Manila auch zu den unglücklichen Gesten und Bildern, als er zusammen mit Kardinal Tagle den anwesenden Menschen in Gebärdensprache mitteilte: „Ich liebe euch“.
Franziskus wurde von Kardinal Tagle jedenfalls überzeugt, denn kurz darauf ernannte er ihn zum Vorsitzenden der Caritas Internationalis, des Dachverbands aller nationalen Caritas-Organisationen. Franziskus vertraute dem Philippiner damit eine Schlüsselposition in seinem Pontifikat an. Im Mai 2019 wurde Kardinal Tagle in diesem Amt für weitere vier Jahre bestätigt.
Im Zuge der innerkirchlichen Konflikte um das umstrittene nachsynodale Schreiben Amoris laetitia trat Tagle mehrfach in Rom auf und verteidigte die päpstliche Linie. Die Schule von Bologna, der Tagle angehört, rührt seit 2016 offen die Werbetrommel für ihren einstigen Mitarbeiter als Franziskus-Nachfolger. Sie sieht in ihm den „vollkommenen Franziskus-Interpreten“. Spätestens damals begannen die großen Manöver zur Vorbereitung des nächsten Konklaves.
So folgte 2019 eine weitere überraschende Beförderung. Papst Franziskus holte Kardinal Tagle an die Römische Kurie und ernannte ihn am 8. Dezember 2019 zum Präfekten der Kongregation für die Evangelisierung der Völker. Der Kongregation unterstehen die einstigen Missionsgebiete, wie sie im 19. Jahrhundert und bis Mitte des 20. Jahrhundert bekannt waren. Deshalb wird die einstige Propaganda Fide auch „Superministerium“ genannt, weil sie gut zwei Drittel der Welt umfaßt. Es ist bekannt, daß Franziskus wenig auf die Erste Welt gibt und die Verlagerung auf die einstige Dritte Welt betreibt. Die Gründe dafür sind vielschichtig und im Ansatz keineswegs nur positiv. Ihnen liegt nicht nur die nüchterne Annahme einer sterbenden Welt zugrunde, wie es Franziskus 2014 in seiner Rede vor dem Europäischen Parlament zum Ausdruck brachte. Folgt man dem Wissenschaftstheoretiker und ehemaligen Präsidenten des Italienischen Senats Marcello Pera, einem persönlichen Freund von Benedikt XVI., schwingt bei Franziskus eine tiefsitzende Abneigung gegen den Westen mit. Pera sagte im Sommer 2017 unverblümt und drastisch von Franziskus: „Er haßt den Westen und will ihn zerstören“.
Rang 11
Keine fünf Monate später wurde Tagle nun von Franziskus in den exklusiven Kreis der Kardinalbischöfe befördert. Eine wirkliche Sensation. Andere Diözesanbischöfe, die bereits Kardinäle waren, bevor sie an die Römische Kurie berufen wurden, blieben in der Zweiten Klasse der Kardinalpriester.
Franziskus signalisiert Luis Antonio Tagle seit mehreren Jahren seine außergewöhnliche Gunst. Dieses Signal ist weniger an Tagle selbst gerichtet, sondern an den Rest der Kirche. Der Philippiner bedankt sich durch treue Gefolgschaft. Zum siebten Jahrestag der Erwählung von Franziskus erzählte Tagle, die Kardinäle hätten nach der Wahl des argentinischen Papstes „gejubelt“.
Von dem Sohn einer Chinesin und eines Philippiners stammen im Pontifikat Franziskus auch „bergoglianische“ Aussagen der Art:
„Es ist gut ab und zu verwirrt zu sein, denn wenn die Dinge immer klar sind, wäre das nicht mehr das wirkliche Leben.“
Tagle gilt nicht als einziger Papabile und potentieller Anwärter auf die Franziskus-Nachfolge aus dem päpstlichen Umfeld. Er ist aber jener unter ihnen, der von Franziskus an Gunsterweisen bevorzugt wird. Franziskus ist ein politischer Stratege, der auch die Kirche als Akteur auf dem politischen Schachbrett sieht und einsetzt. Er denkt daher um mehrere Ecken, was auch mit seiner Neigung zu tun hat, sich nicht in die Karten schauen lassen zu wollen. Folgen Beobachter den sichtbaren Zeichen, müssen sie geradezu zum Schluß gelangen, daß Tagle von Franziskus für das nächste Konklave in Stellung gebracht wird und das auch jeder wissen soll. Die Förderung ist so offensichtlich, daß manche in Rom an ein päpstliches Ablenkungsmanöver glauben. Auch das sagt etwas aus über den Zustand der Kirche nach sieben Jahren Franziskus.
Das Kardinalskollegium der Kirche umfaßt derzeit 223 Kardinäle, von denen 122 Papstwähler sind. Das Kollegium zählt 14 Kardinalbischöfe, 174 Kardinalpriester und 35 Kardinaldiakone. Das Kollegium ist streng hierarchisch gegliedert. Jeder Kardinal hat darin einen genau zugewiesenen Rang. Gemäß diesem nehmen die Purpurträger an Zeremonien und Zelebrationen teil. Durch die Beförderung steht Kardinal Tagle nun ganz weit oben und nimmt unter den 223 Kardinälen den elften Rang ein.
Der ranghöchste Kardinal ist Giovanni Battista Re, der von 2000 bis 2010 Präfekt der Bischofskongregation und für dieselbe Zeit auch Vorsitzender der Lateinamerikakommission war. Seit dem 18. Januar ist er Dekan des Kardinalskollegiums. Der rangletzte Kardinal hingegen ist Michael Louis Fitzgerald vom Missionsorden der Weißen Väter. Im Oktober 2019 kreierte Franziskus den 82-jährigen Vatikandiplomaten, der seit 2012 im Ruhestand ist, zum Kardinaldiakon.
Tagle sticht unter den Bergoglianern heraus. Er erfüllt weitgehend die gewünschten Kriterien nach geographischer Herkunft und Abstammung. Damit überrundet er Kardinal Zuppi, den Erzbischof von Bologna, um Längen. Zudem ist er wesentlich zurückhaltender als Kardinal Maradiaga, der Erzbischof von Tegucigalpa, der sich ungestüm um die Franziskus-Nachfolge bemühte und 2018 wegen seines engsten Umfeldes fast gestolpert wäre, wenn ihn Franziskus nicht gestützt hätte. Es gibt aber noch weitere Papabili (siehe Heißt Franziskus II. Ägidius?)
Vorerst gilt aber, was die italienische Tageszeitung Il Foglio am 10. Dezember 2019 feststellte. Der Aufstieg des Luis Antonio Tagle scheint „unaufhaltsam“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: AsiaNews
Päpste und Bischöfe, die vor allem als Politiker auftreten. Credo: Alle Religionen haben ihre Daseinsberechtigung.
Gemeinsam, zu wem auch immer beten. Vor weltlichen Versammlungen gar nicht mehr von Jesus Christus sprechen.
Und als „moralische Autoritäten“ vor allem das propagieren, was die weltlichen Organisationen unter Human Rights verstehen. Da wäre dann, Homoehe, völlig freie Entscheidung ob Abtreibung oder Geburt, wann auch immer. Ehen soviel man eben will, und natürlich auch ein Priestertum für alle. Alles in allem, dienstbare Geister für die Welt, und nebenbei noch ein wenig (ja nicht zuviel) Jesus Christus als Vorbild und Bruder für all diese Agenden versteht sich…