Der Vergötzung des Fortschritts die unerschöpfliche Fruchtbarkeit der Tradition entgegenstellen

Peter A. Kwasniewski verteidigt die liturgische Überlieferung der Römischen Kirche und stellt deren Schönheit dar


Peter Kwasniewskis neues Buch über "Eine Rückkehr zur traditionellen Liturgie der Lateinischen Kirche nach siebzig Jahren des Exils"
Peter Kwasniewskis neues Buch über "Eine Rückkehr zur traditionellen Liturgie der Lateinischen Kirche nach siebzig Jahren des Exils"

Eine Buch­be­spre­chung von Cle­mens Vic­tor Oldendorf

Anzei­ge

„Fran­zis­kus, geh hin und stell mein Haus wie­der her, das, wie Du siehst, ganz ver­fal­len ist!“1 Die­se Wor­te sind mit einer bekann­ten Bege­ben­heit im Leben des hei­li­gen Fran­zis­kus von Assi­si ver­bun­den, den der gegen­wär­ti­ge Hei­li­ge Vater bei der Wahl sei­nes Papst­na­mens bekannt­lich als Namens­ge­ber für sich in Anspruch genom­men hat. Wir wis­sen, dass sie in der Rui­ne des Kirch­leins von San Dami­a­no ver­or­tet sind und dass der Hei­li­ge sie ziem­lich am Beginn sei­nes Bekeh­rungs­we­ges von jener kreu­zes­för­mi­gen Chri­stus­i­ko­ne2 her ver­nahm, die den Besu­cher von Assi­si heu­te auf Schritt und Tritt, in allen erdenk­li­chen Grö­ßen und Qua­li­tä­ten nach­ge­bil­det, aus den Devo­tio­na­li­en­lä­den für Pil­ger anblickt und ihm als tou­ri­sti­sches Mit­bring­sel oder from­mes Andenken offe­riert wird. Das Ori­gi­nal befin­det sich heu­te in der Basi­li­ka, die der hei­li­gen Kla­ra von Assi­si geweiht ist.

Fran­zis­kus nahm den Auf­trag zunächst ganz wört­lich und beschaff­te Stei­ne, um mit eige­nen Hän­den die dem Ver­fall preis­ge­ge­be­ne Kapel­le aus­zu­bes­sern und wie­der her­zu­rich­ten. Eine wei­te­re Epi­so­de schil­dert ähn­lich den Traum des Pap­stes Inno­zenz III., der in Fran­zis­kus die Gestalt des Ordens­man­nes wie­der­erkann­te, der ihm kurz zuvor in einem Traum­ge­sicht erschie­nen war, wie er die Late­ran­ba­si­li­ka, die Bischofs­kir­che des Pap­stes, stützt und vor dem Ein­sturz bewahrt.3 Der Span­nungs­bo­gen, hier: das unschein­ba­re Kirch­lein von San Dami­a­no – dort: die Mut­ter und das Haupt aller Kir­chen der Stadt [Rom] und des Erd­krei­ses, zeigt ein­drück­lich die Spann­wei­te der Sen­dung des hei­li­gen Fran­zis­kus an, die Kir­che von Rom als Insti­tu­ti­on in der Rein­heit ihrer Anfän­ge und Stif­tung durch Chri­stus wiederherzustellen.

San Dami­a­no bei Assi­si, wo das Kreuz zum hei­li­gen Fran­zis­kus sprach

Zwei Neuerscheinungen zugunsten der überlieferten Römischen Messe ergänzen einander kurz nacheinander

Wei­ter­hin ist bekannt, wie der hei­li­ge Fran­zis­kus für sich und die Brü­der, die sich ihm anschlos­sen, den Ritus der päpst­li­chen Kurie erbat und wie sich mit der schnel­len Aus­brei­tung des neu­en Ordens die­ser Ritus über Rom hin­aus rasant ver­brei­te­te. Zugleich kam es dabei zu einer Aneig­nung des Ritus der päpst­li­chen Kurie durch die Brü­der, die wie­der­um auf die Pra­xis der Päp­ste in Rom zurück­wirk­te. Maß­geb­lich auf die­sem Wege ent­stand der­je­ni­ge Römi­sche Ritus, der Aus­gangs­punkt, Grund­la­ge und Muster des Mess­ri­tus bil­de­te, den man mit der Lit­ur­gie­re­form im Anschluss an das Kon­zil von Tri­ent asso­zi­iert. Die­sen Pro­zess hat Uwe Micha­el Lang in sei­nem bemer­kens­wer­ten Buch The Roman Mass anschau­lich auf­ge­zeigt.4 Langs Buch erschien Ende Sep­tem­ber 2022, und ich habe es in einer zwei­tei­li­gen Rezen­si­on aus­führ­lichst vor­ge­stellt.5 Weni­ge Tage spä­ter, am 4. Okto­ber 2022, ist von Peter A. Kwas­niew­ski jenes Buch erschie­nen, auf das ich heu­te auf­merk­sam machen möch­te, The Once and Future Roman Rite6. Bei­de Bücher (und Autoren) sind sehr unter­schied­lich und ergän­zen sich den­noch, oder viel­leicht gera­de des­we­gen, vor­züg­lich. Als Rezen­sent ist mir voll­kom­men bewusst, dass der exak­te Erschei­nungs­ter­min eines Wer­kes kaum jemals prä­zi­se vor­her­ge­se­hen oder gar absichts­voll geplant wer­den kann, und den­noch wirkt es auf mich wie von der Vor­se­hung gefügt, dass Kwas­niew­skis Buch am Fest des hei­li­gen Fran­zis­kus von Assi­si vom ange­se­he­nen tra­di­ti­ons­ori­en­tiert-katho­li­schen US-ame­ri­ka­ni­schen Ver­lag TAN Books auf den Buch­markt gebracht wor­den ist.

Die schon geschil­der­ten Sze­nen, wie Fran­zis­kus die Kir­che aus Ver­fall und Nie­der­gang wie­der auf­rich­tet bezie­hungs­wei­se, wie er sie davor bewahrt, ein­zu­stür­zen, las­sen sich auch lit­ur­gisch ver­ste­hen, denn die Kir­che und das Got­tes­haus sind auf Erden ja nicht nur blo­ße Rechts­ge­stalt oder Bau­werk, son­dern der pri­vi­le­gier­te Ort von Kult und Lit­ur­gie und die Gemein­schaft, in der bei­de sich voll­zie­hen. Hin­zu kommt bei Fran­zis­kus von Assi­si wie gesagt, dass er ganz bewusst für sich und die Brü­der um ihn die Aner­ken­nung durch und die Anbin­dung an den Papst und den Römi­schen Stuhl gesucht hat, um nicht mit den unüber­sicht­li­chen, nicht sel­ten unkirch­li­chen und im Bekennt­nis des Glau­bens abwe­gi­gen Ver­zwei­gun­gen der Armuts­be­we­gung sei­ner Tage ver­wech­selt oder in einen Topf gewor­fen zu werden.

Im Got­tes­dienst kommt dies zum Aus­druck, indem die Regu­la bulla­ta die Kle­ri­ker der Min­der­brü­der auf „die Ord­nung der hei­li­gen Kir­che von Rom“7 fest­legt, die Regel also, die Hono­ri­us III. am 29. Novem­ber 1223 durch eine Bul­le bestä­tigt hat, woher ihr Name rührt, der sie zugleich von einer frü­he­ren Fas­sung8, die 1221 abge­schlos­sen und nicht aner­kannt wur­de, zu unter­schei­den hilft. Frei­lich wis­sen wir auch, dass der dama­li­ge Ritus der Päp­ste bereits in sei­ner Hei­mat­diö­ze­se Assi­si üblich war, als der hei­li­ge Fran­zis­kus für sich dar­um ansuch­te9, so dass auch sehr prag­ma­ti­sche Grün­de für die­se Bit­te eine Rol­le gespielt haben werden.

In einer Zeit, in der aus­nahms­los alle Päp­ste seit 1969 nie­mals die Mes­se in ihrer gewach­se­nen und über­lie­fer­ten Römi­schen Gestalt gefei­ert haben und mehr noch, seit­dem ein Papst, der sich Fran­zis­kus nennt, die­ser über­lie­fer­ten Römi­schen Lit­ur­gie mit Tra­di­tio­nis Cus­to­des rund­weg abspricht, über­haupt noch Aus­druck des Römi­schen Ritus zu sein, gewinnt die Wahl des hei­li­gen Fran­zis­kus von Assi­si zugun­sten die­ses Ritus eine neue, aktu­el­le Trag­wei­te hin­zu, die sie ver­gleich­bar womög­lich nicht mehr gehabt hat, nach­dem sie so ein­fluss­reich für die Ver­brei­tung des histo­risch authen­ti­schen Römi­schen Ritus und so vor­be­rei­tend und prä­gend gewe­sen ist für die Aus­ge­stal­tung, die er zunächst in der Pra­xis der Päp­ste selbst10 und schließ­lich im Mis­sa­le Roma­num des Kon­zils von Tri­ent ab 1570 mit grund­sätz­lich welt­wei­ter Gel­tung ange­nom­men hat.

Ein in seiner Originalität wertvolles Geleitwort Martin Mosebachs

Mar­tin Mose­bach, auf den Kwas­niew­ski sich im Ver­lau­fe sei­ner Dar­le­gun­gen öfters und mei­stens aner­ken­nend oder zustim­mend bezieht, hat zu dem Buch ein Geleit­wort11 bei­gesteu­ert, das sich wenig über­ra­schend durch den bis­wei­len frei­en Umgang des Lite­ra­ten mit histo­ri­schen Fak­ten aus­zeich­net, etwa wenn Mose­bach die Behaup­tung auf­stellt, die zwölf roma­ni­schen Haupt­kir­chen Kölns, der Hei­mat­stadt sei­ner Mut­ter, auf deren Ein­fluss er die rhei­ni­sche Prä­gung sei­nes Katho­li­zis­mus zurück­führt, besä­ßen „sämt­lich den Rang von Kathe­dra­len“12, wäh­rend man rich­ti­ger­wei­se sagen kann, dass sie alle den archi­tek­to­ni­schen Typus einer Basi­li­ka mit­ein­an­der tei­len. Doch als Zeit­zeug­nis eines Man­nes, der in der Zeit der Indul­te durch die und in der Alten Mes­se zur Glau­bens­pra­xis zurück­ge­führt wor­den war, von der er sich in der Abbruch­stim­mung der 1968er-Bewe­gung ent­fernt und gera­de wegen der ver­meint­li­chen Reform Pauls VI. ent­frem­det hat­te, sind Mose­bachs Zei­len wirk­lich ein inhalt­li­cher Gewinn für das Buch und auf­ge­frischt von unver­kenn­bar rhei­nisch-katho­li­scher Selbst­iro­nie, wenn er von sich als von einem „Weih­was­ser­frosch“ spricht, zu dem er wohl oder übel habe wer­den müs­sen, um zu hel­fen, die über­lie­fer­te Römi­sche Lit­ur­gie in der häss­li­chen Frank­fur­ter Hotel­ka­pel­le, in der die Indult­mes­se in den 1980er Jah­ren gefei­ert wor­den war, wie­der auf­le­ben zu las­sen. Weih­was­ser­frö­sche nann­te man in Köln „die ält­li­chen Jung­ge­sel­len, die sich in der Sakri­stei her­um­drück­ten“13. Die­ser Humor ist nütz­lich in einer Lage, in der die über­lie­fer­te Lit­ur­gie wie­der ganz zurück­ge­drängt und in der voll­ende­ten Ver­gan­gen­heit abge­schlos­sen, selbst der Erin­ne­rung ent­ris­sen wer­den soll, denn ohne solch hei­te­ren Abstand könn­te man­cher womög­lich wirk­lich resi­gnie­ren oder in gelähm­te Nie­der­ge­schla­gen­heit ver­fal­len. Da er ver­hei­ra­tet und Fami­li­en­va­ter ist, erfüllt Kwas­niew­ski nicht ganz die Defi­ni­ti­on eines Köl­schen Weih­was­ser­fro­sches, aber den­noch stellt man erfreut und nicht nur zwi­schen den Zei­len immer wie­der Sinn für Humor fest, wie könn­te es anders sein, ange­sichts sei­ner Tat­kraft und spru­deln­den Pro­duk­ti­vi­tät, wovon The Once and Future Roman Rite nur das jüng­ste Ergeb­nis und Bei­spiel ist.

Nominalismus als Grundproblem

Sei­ner eige­nen Vor­re­de14 zu sei­nem Buch stellt Kwas­niew­ski ein Mot­to vor­an, das stark an Spr 9, 10 und stär­ker noch an Ps 110, 10 erin­nert, dabei indes ein Aus­spruch von Kon­fu­zi­us ist: „Der Anfang der Weis­heit ist es, die Din­ge bei ihrem rich­ti­gen Namen zu nen­nen“15. Der Ritus oder das Mess­buch Pauls VI. wer­den nicht römisch, indem der Mon­ti­ni-Papst sie 1969 so genannt hat, und die ech­te, gewach­se­ne und über­lie­fer­te Römi­sche Mes­se und Lit­ur­gie ins­ge­samt, hört nicht auf, Römi­scher Ritus zu sein, bloß weil ein Papst, der sich aus­ge­rech­net auch noch nach Fran­zis­kus von Assi­si benennt und sich im ober­fläch­li­chen Image mit der Beliebt­heit die­ses Hei­li­gen schmücken will, ver­fügt, der Novus Ordo Mis­sae und die nach­kon­zi­lia­ren lit­ur­gi­schen Bücher sei­en ab sofort allei­ni­ger Aus­druck des Römi­schen Ritus. Die neue lit­ur­gi­sche Ord­nung ent­hält zwar noch Spu­ren und Bruch­stücke, deren Ursprung in der Tra­di­ti­on der Römi­schen Lit­ur­gie liegt. Sie sind aber so ver­ein­zelt und künst­lich zusam­men­ge­stellt, dass sie durch ihr blo­ßes Vor­han­den­sein, dem man in der lit­ur­gi­schen Pra­xis über­dies leicht aus­wei­chen und es umge­hen kann, die­se römi­sche Tra­di­ti­on nicht fort­set­zen. Das ändert sich auch nicht durch ein auto­ri­tä­res Macht­wort des regie­ren­den Pap­stes. Ana­log gespro­chen kann Fran­zis­kus etwas, was in sei­nem Kern und Wesen nicht römisch ist, durch ein sol­ches Macht­wort nicht zum Römi­schen hin wan­deln, qua­si wie es in der eucha­ri­sti­schen Kon­se­kra­ti­on die Wand­lungs­wor­te über Brot und Wein bewirken.

Vorgeschichte und Entstehung von The Once and Future Roman Rite

Der Leser erfährt, dass der Kern­be­stand von The Once and Future Roman Rite auf Vor­trags­tä­tig­keit und Online­pu­bli­ka­tio­nen Kwas­niew­skis basiert, die im Jah­re 2019 aus der Aus­ein­an­der­set­zung des Autors mit den fünf­zig­sten Jah­res­ta­gen von Ein­füh­rung und Inkraft­tre­ten des Novus Ordo Mis­sae 1969 erwach­sen waren.16 Wer Kwas­niew­ski kennt, der weiß, dass eigent­lich alle sei­ne Buch­ver­öf­fent­li­chun­gen eine sol­che oder sehr ähn­li­che Gene­se haben. Im vor­lie­gen­den Fal­le hat er jedoch die ein­zel­nen Tex­te, die nun­mehr die Kapi­tel des neu­en Buches bil­den, gründ­lich inhalt­lich über­ar­bei­tet und ver­tieft, so dass kei­ner zu befürch­ten braucht, er ken­ne die ent­wickel­ten Gedan­ken­gän­ge und Argu­men­ta­ti­ons­li­ni­en ohne­hin schon. Außer­dem gewin­nen sie durch Auf­bau und Anord­nung im Buch eine neue, inne­re Kohä­renz und zusätz­li­che Über­zeu­gungs­kraft. Auch ist es nicht so, dass alle Kapi­tel in Vor­stu­fen oder frü­he­ren Ver­sio­nen bereits bekannt wären. So ist das 1. Kapi­tel, das über Tra­di­ti­on als ulti­ma­ti­ve Norm17 in der Lit­ur­gie han­delt, grund­le­gend im Sin­ne eines ech­ten Fun­da­ments für die wei­te­re Argu­men­ta­ti­on und wur­de eigens für das neue Buch aus­ge­ar­bei­tet, in dem die vor­ge­tra­ge­nen, prin­zi­pi­el­len Über­le­gun­gen Kwas­niew­skis zum The­ma syste­ma­ti­siert und zusam­men­hän­gend erst­mals zur Dis­kus­si­on gestellt werden.

Eine Grund­ein­sicht, zu der Kwas­niew­ski in die­sem Ein­gangs­ka­pi­tel sei­ne Leser bereits hin­lenkt, ent­fal­tet er in Erwi­de­rung auf einen häu­fig zu hören­den Ein­wand: „Erwä­gen wir die fol­gen­de Aus­sa­ge: ‚Alles, was in der Mes­se zählt, ist, dass Jesus anwe­send ist; alles ande­re ist zweit­ran­gig.‘ Oder noch lako­ni­scher: ‚Mes­se ist Mes­se.‘ Unzwei­fel­haft ist es eine wich­ti­ge Ange­le­gen­heit, dass Jesus gegen­wär­tig ist, weil wir andern­falls ledig­lich gewöhn­li­che Nah­rung äßen. Aber die Lit­ur­gie hat eine wei­ter gefass­te Ziel­set­zung, als uns ein Essen vor­zu­set­zen, und selbst die Gegen­wart Unse­res Herrn hat eine grö­ße­re Reich­wei­te und Aus­rich­tung, als uns die sakra­men­ta­le Kom­mu­ni­on zu ermög­li­chen. Die Mes­se ist der fei­er­li­che, öffent­li­che und for­mel­le Akt der Anbe­tung, Dank­sa­gung und Bit­te, den Chri­stus als Ewi­ger Hoher­prie­ster dem Vater dar­bringt und sein gesam­ter Mysti­scher Leib in Ein­heit mit ihm. Die Mes­se ist der vor­züg­lich­ste Akt, die Tugend der Got­tes­ver­eh­rung zu üben, indem wir Gott ein Opfer des Lobes dar­brin­gen, das sei­ner Herr­lich­keit wür­dig ist. In ihr bricht das Him­mel­reich irdisch in Zeit und Raum ein. Sie ist das Hoch­zeits­fest des Königs der Köni­ge. Sie ist die Wie­der­her­stel­lung des gesam­ten geschaf­fe­nen Uni­ver­sums in sei­nem Alpha und Ome­ga. Weil die Mes­se all dies ist, hat die Kir­che seit alters und alle Zei­ten hin­durch kei­ne Kosten und Mühen gescheut, die Fei­er­lich­keit ihrer lit­ur­gi­schen Riten zu stei­gern und deren Schön­heit zu ver­meh­ren. Wie Johan­nes Paul II. es rich­tig gesagt hat: ‚Wie die Frau, die Jesus in Betha­ni­en salb­te, hat die Kir­che kei­ne Angst, ver­schwen­de­risch zu sein, wenn sie die besten Mit­tel ein­setzt, um ihr anbe­ten­des Stau­nen über das uner­mess­li­che Geschenk der Eucha­ri­stie zum Aus­druck zu brin­gen.‘ Wäh­rend es also wahr sein mag, dass die ein­zig not­wen­di­gen Din­ge für eine gül­ti­ge Mes­se im Römi­schen Ritus Wei­zen­brot, Wein von Trau­ben, ein Prie­ster und die Kon­se­kra­ti­ons­wor­te sind, wür­de es eine ein­ge­schränk­te, mini­ma­li­sti­sche und spär­li­che Sicht der Din­ge ver­ra­ten, sie als hin­rei­chend zu betrach­ten. Gott zu ver­herr­li­chen und unse­re See­len zu hei­li­gen, kann nicht von der Ange­mes­sen­heit des Got­tes­dien­stes getrennt wer­den, in dem wir vor Gott hin­tre­ten.“18

Die Kapi­tel wer­den oft abge­schlos­sen von der Wie­der­ga­be histo­ri­scher Kup­fer­sti­che, die zumeist eine Sze­ne aus der tra­di­tio­nel­len Mess­lit­ur­gie zei­gen und die zusam­men einen ech­ten Schmuck für das Buch dar­stel­len19. Durch­schnitt­lich zwei oder drei prä­gnan­te Zita­te unter­schied­li­cher Per­sön­lich­kei­ten, mit­un­ter auch Bibel­ver­se, die teils in apho­ri­sti­scher Kür­ze wesent­li­che Ergeb­nis­se und Anlie­gen der Kapi­tel vor­weg­neh­men, wer­den die­sen jeweils vor­an­ge­stellt.20

Der Franziskanerorden bereitet dem römisch-tridentinischen Messritus den Weg

Eines der drei Zita­te, die die Aus­sa­ge des 1. Kapi­tels vor­weg schon ein­mal bün­deln, stammt zum Bei­spiel vom 1403 ver­stor­be­nen Zister­zi­en­ser Radulph von Rivo und lau­tet aus­zugs­wei­se: „Mit die­sen ‚pro­fa­nen Neue­run­gen in Wor­ten‘ bezie­hen wir uns auf neue Gesän­ge, neue Erzäh­lun­gen, neue Lesun­gen und Ora­tio­nen und auf der­glei­chen wei­te­re Neu­hei­ten, die nicht Teil des Got­tes­dien­stes unse­rer Vor­vä­ter gewe­sen sind […] Ohne Grund soll­ten kei­ne Neue­run­gen ein­ge­führt wer­den, denn die Ver­än­de­rung ist gefahr­voll, und ihr wird zu Recht ange­la­stet, die Tür für [wei­te­re] Neue­run­gen auf­zu­tun.“21 Wer auch schon Uwe Micha­el Langs Buch The Roman Mass gele­sen hat, der wird in Radulph den­je­ni­gen Prot­ago­ni­sten wie­der­erken­nen, der es mit Miss­bil­li­gung quit­tiert hat­te, dass Papst Niko­laus III. die neu­en lit­ur­gi­schen Bücher, ein­schließ­lich des Mess­buchs der Fran­zis­ka­ner, an der Römi­schen Kurie über­nom­men und ihre Ver­wen­dung den Kir­chen der Stadt Rom ver­pflich­tend auf­er­legt hat­te, die andern­falls ihre lit­ur­gi­schen Eigen­bräu­che und ‑obser­van­zen hät­ten bewah­ren kön­nen.22 Kwas­niew­ski führt hier also jeman­den als Kron­zeu­gen sei­ner eige­nen Über­zeu­gung an, der die Ent­wick­lungs­stu­fe, die die Über­nah­me des Römi­schen Ritus durch den damals neu­en und ziem­lich neu­ar­ti­gen Fran­zis­ka­ner­or­den bewirkt und die dann auch auf die lit­ur­gi­sche Pra­xis der Päp­ste zurück­ge­strahlt hat­te, ganz ent­schie­den kri­ti­siert. Die­ser Ein­fluss war aber aus­ge­spro­chen maß­geb­lich für jene Gestalt der Römi­schen Mes­se, die Papst Pius V. im Anschluss an das Kon­zil von Tri­ent kodi­fi­ziert hat und für deren Recht und Ver­tei­di­gung Kwas­niew­ski in The Once and Future Roman Rite der­art enga­giert und begei­sternd in die Bre­sche springt. Und er kann dies auch tun, denn wenn wir uns zurück­er­in­nern, wie Fran­zis­kus das dem Ver­fall preis­ge­ge­be­ne Kirch­lein von San Dami­a­no wie­der auf­baut, dann schil­dert Tho­mas von Cela­no die­sen Ein­satz fol­gen­der­ma­ßen: „Das erste Werk, das der seli­ge Fran­zis­kus in Angriff nimmt, nach­dem er die Befrei­ung aus der Hand sei­nes leib­li­chen Vaters erlangt hat, ist, dass er Gott ein Haus baut. Er will es nicht neu auf­bau­en, son­dern das alt­brü­chi­ge rich­tet er wie­der her, das alt­ehr­wür­di­ge bes­sert er aus. Das Fun­da­ment reißt er nicht her­aus, son­dern baut auf ihm wei­ter. […] Als er nun zu dem Ort, wo wie gesagt die Kir­che San Dami­a­no vor lan­ger Zeit erbaut wor­den war, zurück­kehr­te, stell­te er sie mit dem Bei­stand der Gna­de des Aller­höch­sten in kur­zer Zeit mit gro­ßem Eifer wie­der her.“23 Ganz ähn­lich wie die Vor­ge­hens­wei­se des hei­li­gen Fran­zis­kus beim Wie­der­auf­bau einer Kir­chen­rui­ne ist der Bei­trag, den Kwas­niew­ski mit sei­nem Buche lei­stet, und über­ein­stim­mend sind die Prin­zi­pi­en, die ihn bei der Rück­ge­win­nung des authen­tisch über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus lei­ten sowie die Grund­la­gen und Vor­aus­set­zun­gen, die er damit für eine künf­ti­ge Auf­bau­ar­beit an der tra­di­tio­nel­len Römi­schen Lit­ur­gie schafft.

Das San-Dami­a­no-Kreuz wird heu­te in einer Kapel­le der Basi­li­ka der hei­li­gen Kla­ra in Assi­si aufbewahrt

Das Traditionsprinzip in der Liturgie wird weiter herausgearbeitet

Im 2. Kapi­tel24 unter­nimmt der Autor den Ver­such, den auf Vin­zenz von Lérins im 5. Jahr­hun­dert zurück­rei­chen­den soge­nann­ten Vin­zen­ti­ni­schen Kanon des­sen, was immer, über­all und von allen, die katho­lisch und als katho­lisch aner­kannt waren, geglaubt wor­den ist, um Recht­gläu­big­keit gegen­über Glau­bens­ab­wei­chung abzu­gren­zen, auf die Lit­ur­gie der Kir­che anzu­wen­den, und zählt fol­gen­de acht Merk­ma­le auf: Gebets- und Zele­bra­ti­ons­rich­tung nach Osten; ein alt­über­lie­fer­tes, fest­ste­hen­des Eucha­ri­stie­ge­bet (oder, wenn es deren meh­re­re gibt, wie in der Ost­kir­che, genaue Vor­schrif­ten, wann wel­ches zu ver­wen­den ist); ein Offer­to­ri­um, in dem die sakri­fi­zi­el­le Fina­li­tät von Brot und Wein, also deren unwi­der­ruf­li­che Bestim­mung zur eucha­ri­sti­schen Kon­se­kra­ti­on und Dar­brin­gung als Chri­sti Leib und Blut, klar zum Aus­druck kommt; Sorg­falt und Ehr­furcht im Umgang mit den eucha­ri­sti­schen Gestal­ten durch die Prie­ster und den Kle­rus und bei ihrer Spen­dung zur Kom­mu­ni­on der Gläu­bi­gen; eine hier­ar­chisch struk­tu­rier­te Lit­ur­gie, in der zur glei­chen Zeit auf unter­schied­li­chen Ebe­nen, die die­se hier­ar­chi­sche Ord­nung des Kle­rus abbil­den, unter­schied­li­che Hand­lun­gen ver­rich­tet und Tex­te gespro­chen (oder gesun­gen) wer­den und so das Gesamt­bild der Lit­ur­gie erge­ben, in das auch die teil­neh­men­den Gläu­bi­gen ein­be­zo­gen sind; eine archi­tek­to­ni­sche Ent­spre­chung zu die­ser hier­ar­chi­schen Ord­nung der Lit­ur­gie in der Gestal­tung und Glie­de­rung von Kir­chen­bau und Sakral­raum; eine fest­ste­hen­de, über­lie­fer­te Lese­ord­nung und, mit die­ser kor­re­spon­die­rend, eine Tra­di­ti­on des lit­ur­gi­schen Gesan­ges mit einem ererb­ten Reper­toire in Melo­die- und Text­ge­stalt; eine Kir­chen­spra­che, die ent­we­der eine frü­he­re, im All­tag nicht mehr gebräuch­li­che Volks­spra­che ist oder jeden­falls in Voka­bu­lar und Satz­bau einer Sprach­ebe­ne ange­hört, die klar von der all­täg­li­chen Umgangs­spra­che abge­ho­ben ist.25 Die­se Kri­te­ri­en kon­tra­stiert er sodann in einem Ver­gleich mit der neu­en Mess­ord­nung Pauls VI.26 In einem Schau­bild illu­striert Kwas­niew­ski drei Sta­di­en authen­ti­scher Lit­ur­gie­bil­dung, wobei die erste von den aller­er­sten Anfän­gen, die im Dun­keln lie­gen, bis zum Pon­ti­fi­kat Gre­gors des Gro­ßen reicht, der 604 stirbt, gefolgt von einer Rei­fungs­pha­se lit­ur­gi­scher Gestalt bis zum 12. Jahr­hun­dert (man den­ke wie­der­um unter ande­rem an den Bei­trag der fran­zis­ka­ni­schen Bewe­gung), schließ­lich die Zeit seit der triden­ti­ni­schen Kodi­fi­zie­rung des Römi­schen Ritus bis zur Gegen­wart27, wobei gra­phisch die pro­ble­ma­ti­schen Ent­wick­lun­gen seit dem Pon­ti­fi­kat von Papst Pius XII. und nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil nicht abge­bil­det wer­den, wohl vor allem, um diplo­ma­tisch vor­nehm die blei­ben­de Nor­ma­ti­vi­tät der von Papst Pius V. gelei­ste­ten Kodi­fi­ka­ti­on anzudeuten.

Im Rah­men der wei­te­ren Gedan­ken­füh­rung lässt sich ein argu­men­ta­ti­ver Block erken­nen, der das 3. bis zum 7. Kapi­tel inklu­si­ve28 und dane­ben einen Anhang29 umspannt, der zum 4. Kapi­tel30 gehört. Zunächst weist Kwas­niew­ski im 3. Kapi­tel31 auf ein Pro­blem hin, das er Hyper­pa­pa­lis­mus nennt. Dabei fokus­siert er sich auf des­sen Zusam­men­hang mit den radi­ka­len Ver­än­de­run­gen der Lit­ur­gie unter Paul VI., die so über­haupt nur mög­lich wur­den auf­grund eines über­spann­ten Auto­ri­täts­ver­ständ­nis­ses und eines im Papst brenn­punkt­ar­tig zusam­men­lau­fen­den Zen­tra­lis­mus. Bei­des betraf vor allem das Selbst­ver­ständ­nis Pauls VI. Die­ses beruh­te frei­lich nicht aus­schließ­lich auf einer Art per­sön­li­cher Hybris oder Selbst­über­schät­zung Mon­ti­nis, son­dern war vor­be­rei­tet in einer maxi­ma­li­sti­schen Über­in­ter­pre­ta­ti­on des Ersten Vati­ka­ni­schen Kon­zils und eben­so in ersten, weit­rei­chen­den Ein­grif­fen in die Riten der Kar­wo­che und Oster­nacht durch Pius XII. Ange­bahnt war die­se Fehl­hal­tung auch nicht auf­sei­ten des Pap­stes allein, son­dern hat­te ihr Pen­dant in einer extre­men Strö­mung der Theo­lo­gie in Rom schon vor dem Ersten Vati­ca­num. Eigent­lich lehr­amt­lich durch­set­zen konn­te sich die­se Strö­mung auf dem Kon­zil von 1869/​1870 zwar nicht, aber in ihrer Ver­ein­fa­chung der Pro­ble­me sowie in der Über­hö­hung des Papst­am­tes und der Per­so­nen, die es beklei­den, war die­ser Maxi­ma­lis­mus, gepaart mit einem sehr jesui­ti­schen Gehor­sams­be­griff, prä­gend für die kate­che­ti­sche Ver­mitt­lung der Dog­men von 1870 und für die Auf­fas­sung, die eine Mehr­heit der durch­schnitt­li­chen Gläu­bi­gen vom Papst und sei­nen Kom­pe­ten­zen hat­te, wel­che die­sen Gläu­bi­gen prak­tisch unum­schränkt erschie­nen. Die­ser Umstand ist des­halb pro­ble­ma­tisch, weil es unter tra­di­tio­na­li­sti­schen und sogar bloß kon­ser­va­ti­ven Katho­li­ken an sich Sym­pa­thien dafür gibt, dem Papst eine sol­che Macht­fül­le zuzu­schrei­ben, und die Nei­gung, von ihm eine auto­ri­tä­re Amts­aus­übung zu erwar­ten und die­se zu begrü­ßen, wenn er sie an den Tag legt. In ihrer feh­len­den oder ver­wei­ger­ten Bereit­schaft zur Akzep­tanz und Annah­me der pau­li­ni­schen Lit­ur­gie­re­form spü­ren sie den Kon­flikt, der sich fort­setzt, wenn Tra­di­tio­na­li­sten nicht ein­se­hen und ein­räu­men wol­len, dass das Pro­blem, gera­de auch lit­ur­gisch, wei­ter zurück­reicht als nur bis zu Paul VI. Die­se Ein­sicht wür­de zu der Erkennt­nis füh­ren, dass die gemach­ten Vor­aus­set­zun­gen falsch sind und kei­nes­wegs für die Leh­ren und deren Anwen­dung gel­ten, wie sie auf dem Ersten Vati­ka­ni­schen Kon­zil tat­säch­lich defi­niert wor­den sind. Kwas­niew­skis Ver­such einer Kor­rek­tur ist ver­dienst­voll und dringt hof­fent­lich bei vie­len durch, wird aber wohl auch Wider­spruch her­vor­ru­fen oder (absicht­lich) miss­ver­stan­den werden.

Schon 1965 sah Paul VI. die Not­wen­dig­keit, die Lit­ur­gie­re­form, wie sie bis dahin voll­zo­gen war, zu recht­fer­ti­gen. Dar­auf geht Kwas­niew­ski im 4. Kapi­tel ein. Er bezieht sich dabei auf die Gene­ral­au­di­enz vom 17. März 1965 und unter­streicht die auf­fal­len­de Anhäu­fung von Aus­drücken und Wen­dun­gen in der Anspra­che Pauls VI., mit der die­ser selbst gera­de­zu dar­auf insi­stiert und immer wie­der dar­auf pocht, dass die Reform eine neue Ord­nung schaf­fe, eine neue Ein­stel­lung begrün­de und aus­drücke und über­haupt eine ein­zi­ge gro­ße Neue­rung sei.32 Kwas­niew­ski knüpft dar­an die wich­ti­ge Fest­stel­lung: „Man­che Katho­li­ken heut­zu­ta­ge kri­ti­sie­ren die Tra­di­tio­na­li­sten dafür, dass sie vom ‚Novus Ordo‘ spre­chen, aber hier haben wir einen Papst, der das Über­gangs­mess­buch von 1965 als eine neue Sache kenn­zeich­net, wenn­gleich es weit­aus weni­ger eine Neu­heit war, wenn man es mit dem Mis­sa­le von 1969 ver­gleicht! Ich den­ke, wir schul­den es Papst Paul VI., die­je­ni­gen Aus­drücke zu benüt­zen, die er selbst ver­wen­det hat, wenn wir über sei­ne Reform spre­chen.“33 Wei­ter­hin ana­ly­siert Kwas­niew­ski im 4. Kapi­tel die Anspra­chen, die Paul VI. in den Gene­ral­au­di­en­zen am 19.34 und 26. Novem­ber 196935 gehal­ten hat, mit einer Prä­zi­si­on und Deut­lich­keit, die die gan­ze Wucht des damals beab­sich­tig­ten Umschwungs, um nicht zu sagen des bewuss­ten und gewoll­ten Bru­ches, unwi­der­leg­lich nach­weist. Außer der voll­stän­di­gen Doku­men­ta­ti­on der genann­ten drei Anspra­chen bie­tet der schon erwähn­te Anhang zum 4. Kapi­tel wei­te­re Äuße­run­gen Pauls VI. seit 1964 bis 1975, teils eben­falls im Rah­men von Gene­ral­au­di­en­zen gemacht, teils bei ande­ren Gele­gen­hei­ten, die die Atmo­sphä­re und Ten­denz, in der die Lit­ur­gie­re­form der 1960er und 1970er Jah­re durch­ge­führt wur­de und moti­viert war, unmiss­ver­ständ­lich belegen.

Auf einer prak­ti­schen und prag­ma­ti­schen Ebe­ne wird wohl jeder, der der über­lie­fer­ten Mes­se und Lit­ur­gie gegen­über wohl­wol­lend ein­ge­stellt ist oder sie per­sön­lich schätzt und ger­ne besucht oder zele­briert, Bene­dikt XVI. für sein Motu­pro­prio vom 7. Juli 2007 Sum­morum Pon­ti­fi­cum dank­bar gewe­sen sein und das gute Vor­ha­ben dabei aner­kannt haben. Mit dem Motu­pro­prio Tra­di­tio­nis Cus­to­des vom 16. Juli 2021 soll zwar die­se viel­leicht weit­rei­chend­ste und wir­kungs­voll­ste Ver­fü­gung aus dem Pon­ti­fi­kat Bene­dikts XVI. wie­der aus­ge­löscht und unge­sche­hen gemacht wer­den, aber selbst­ver­ständ­lich war und bleibt Peter Kwas­niew­ski Bene­dikt XVI. für den Frei­raum und das Hei­mat­recht ver­bun­den, die er der tra­di­tio­nel­len Lit­ur­gie wie­der­ge­ge­ben hat­te. Den­noch war das Kon­strukt eines Römi­schen Ritus in zwei For­men ledig­lich eine Rechts­fik­ti­on, mit der Bene­dikt XVI. einer­seits eine fried­li­che Koexi­stenz ermög­li­chen, ande­rer­seits aber Paul VI. gegen den Vor­wurf immu­ni­sie­ren woll­te, mit sei­ner Lit­ur­gie­re­form eine Kom­pe­tenz­über­schrei­tung oder einen Bruch began­gen oder auch nur beab­sich­tigt zu haben. Ganz klar war hier die Absicht, Paul VI. nach­träg­lich die eige­ne, ratz­in­ge­ri­sche Kon­ti­nui­täts­auf­fas­sung zuzu­schrei­ben. Die­sem Pro­blem wen­det sich Kwas­niew­ski im 5. Kapi­tel36 zu.

Sich auf theo­re­ti­scher Ebe­ne kri­tisch mit der dama­li­gen Behaup­tung einer Zwei­ge­stal­tig­keit des Römi­schen Ritus durch Bene­dikt XVI. aus­ein­an­der­zu­set­zen, ist nicht nur vor dem Hori­zont des kla­ren Kon­tra­stes der Fak­ten ange­bracht, wie er sich im 4. Kapi­tel gezeigt hat. Es muss in die­sem Zusam­men­hang vor allem auf die offen­kun­di­gen Schwie­rig­kei­ten und Gren­zen einer Her­me­neu­tik der Reform in Kon­ti­nui­tät hin­ge­wie­sen wer­den, die mit Sum­morum Pon­ti­fi­cum – sicher­lich in aller­be­ster Inten­ti­on – auf das lit­ur­gi­sche Feld ange­wandt wer­den soll­te, doch jeden­falls im Rück­blick dort und ins­ge­samt von Anfang an zum Schei­tern ver­ur­teilt gewe­sen ist.

Kwas­niew­ski führt zur behaup­te­ten Wider­spruchs­frei­heit zwi­schen über­lie­fer­ter und neu­er Lit­ur­gie aus: „Die haupt­säch­li­che Ent­geg­nung, die wahr­schein­lich gegen­über jeg­li­chem Bruch zwi­schen dem klas­si­schen und dem moder­nen Ritus, den jemand moniert, erho­ben wird, wird in etwa wie folgt lau­ten: ‚All die Unter­schie­de, auf die Sie hin­wei­sen, sind neben­säch­lich. Solan­ge die Wand­lung geschieht, ist es das Opfer Chri­sti, das gegen­wär­tig wird, und der Rest ist doch nur Staf­fa­ge.‘ ‚Im End­ef­fekt ist die Mes­se die Mes­se‘, eine Erwi­de­rung, die auf der neu­scho­la­sti­schen Beschrän­kung der eucha­ri­sti­schen Lit­ur­gie auf einen Kon­se­kra­ti­ons­mo­ment auf­baut. Die­ser unhi­sto­ri­sche und ratio­na­li­sti­sche Reduk­tio­na­lis­mus muss zurück­ge­wie­sen wer­den, weil er die kon­sti­tu­ti­ve Rol­le der geschicht­lich arti­ku­lier­ten Tra­di­ti­on in Got­tes Selbst­of­fen­ba­rung, die an die Mensch­heit ergeht, ver­nach­läs­sigt. Dies beein­träch­tigt jede Mög­lich­keit, eigen­stän­di­ge Riten­fa­mi­li­en, die aus den apo­sto­lisch gegrün­de­ten Kir­chen her­vor­ge­gan­gen sind, wahr­zu­neh­men, wel­che ehr­wür­di­ge Tex­te, Gesän­ge, Gesten und Zere­mo­nien besit­zen, die im Rah­men unver­rin­ger­bar cha­rak­te­ri­sti­scher Tra­di­tio­nen in Theo­lo­gie, Spi­ri­tua­li­tät und Brauch wei­ter­ge­ge­ben wer­den, wel­che die Dar­brin­gung des Opfers aus­le­gen, berei­chern und umrah­men, wäh­rend sie die Gläu­bi­gen, die dar­an teil­neh­men, geist­lich beleh­ren und näh­ren.“37

Vor die­sem Hin­ter­grund stellt und beant­wor­tet Kwas­niew­ski die Fra­ge, was denn spe­zi­fisch den ech­ten Römi­schen Ritus römisch mache und nennt neun Punk­te: Erstens den Römi­schen Mess­ka­non als ein­zi­ges eucha­ri­sti­sches Hoch­ge­bet seit 1500 Jah­ren, zwei­tens die latei­ni­sche Lit­ur­gie­spra­che, drit­tens den Gre­go­ria­ni­schen Cho­ral, vier­tens die Lese­ord­nung, fünf­tens das Kalen­da­ri­um, sech­stens das Offer­to­ri­um, sieb­tens die Gebets­o­stung, ach­tens den gleich­zei­ti­gen Voll­zug unter­schied­li­cher lit­ur­gi­scher Hand­lun­gen durch ver­schie­de­ne lit­ur­gi­sche Akteu­re und Grup­pen, neun­tens schließ­lich die geson­der­te Kom­mu­ni­on des Zele­bran­ten. Zu den letz­ten drei die­ser Cha­rak­te­ri­sti­ka erläu­tert er noch, dass er sie des­we­gen nennt, weil sie sich nicht in allen über­lie­fer­ten Riten, die die Kir­che kennt, fin­den, für den tra­di­tio­nel­len Ritus Roms aber umso bezeich­nen­der sind, als sie im ver­meint­lich römi­schen Ritus Pauls VI. nicht mehr bestehen.38 Dass die­ser ent­ge­gen der Benen­nung durch Paul VI. und der ener­gisch auto­ri­tä­ren Beteue­rung von Papst Fran­zis­kus nicht der Römi­sche Ritus ist, und zwar über­haupt nicht, argu­men­tiert Kwas­niew­ski wenig spä­ter, wenn er aus­führt: „Befür­wor­ter einer ‚wech­sel­sei­ti­gen Berei­che­rung‘ oder der ‚Reform der Reform‘ könn­ten mir ent­ge­gen­hal­ten, ich zeich­ne­te ein Worst-Case-Sze­na­rio. Sicher­lich, wenn der Novus Ordo ad ori­en­tem zele­briert und dazu das Choral­pro­pri­um gesun­gen wür­de, wür­den wir dann nicht einen Ritus haben, der erkenn­bar römisch ist? Mei­ne Ant­wort dar­auf ist, dass ein sol­cher Ritus bis zu einem gewis­sen Grad das Erschei­nungs­bild des Römi­schen Ritus haben wür­de, aber aus zwei Grün­den [immer noch, Anm. C. V. O.] nicht sein inne­res Wesen [mit ihm gemein­sam, Anm. C. V. O.] hät­te. Zunächst wür­de er immer noch auf­ein­an­der­fol­gen­de lit­ur­gi­sche Voll­zü­ge sol­chen vor­zie­hen, die gleich­zei­tig erfol­gen und bei denen ver­schie­de­ne Hand­lungs­trä­ger unter­schied­li­che Hand­lungs­ebe­nen mit­ein­an­der ver­schrän­ken, immer noch wür­de ihm ein ech­tes und eigent­li­ches Offer­to­ri­um feh­len und immer noch wür­de er sowohl der neu­en Ord­nung des Kir­chen­jah­res als auch der neu­en Lese­ord­nung fol­gen. Sodann wür­de er, was wich­ti­ger ist, die­sen Anschein von Kon­ti­nui­tät ledig­lich infol­ge der Aus­wahl und Ent­schei­dung des Zele­bran­ten errei­chen. Es wäre eine gewoll­te Kon­ti­nui­tät, und sie wäre nur eine von ver­schie­de­nen mög­li­chen Umset­zun­gen [des neu­en Ritus, Anm. C. V. O.], nicht sosehr ein inner­lich ange­leg­ter, not­wen­di­ger Maß­stab des Gebets. So blie­be die lit­ur­gi­sche Hand­lung das wil­lent­li­che Pro­dukt derer, die sie gestal­ten, auch wenn die äuße­ren Ele­men­te der römi­schen Tra­di­ti­on mit ein­wand­frei­em Sinn für guten Geschmack ent­lehnt wären.“39 Er nennt sie nicht, aber unschwer zu erken­nen ist Kwas­niew­skis Beschrei­bung hier eine deut­li­che Anspie­lung auf die päpst­li­chen Zele­bra­tio­nen Bene­dikts XVI. und sol­cher Fei­ern, die sich davon inspi­rie­ren ließen.

Die­se und ande­re Fra­gen, die im 5. Kapi­tel ange­spro­chen wer­den, ver­sucht Kwas­niew­ski im 6. Kapi­tel40 unter dem Gesichts­punkt des­sen, was denn der Papst unbe­strit­ten in der Lit­ur­gie ändern kann, was ihn zu sol­chen Ände­run­gen bewe­gen und in wel­chem Aus­maß er sie vor­neh­men könn­te, zu ver­tie­fen. Die­se Fra­ge­aspek­te hät­ten streng­ge­nom­men in das vor­an­ge­gan­ge­ne Kapi­tel noch ein­be­zo­gen wer­den kön­nen oder soll­ten, wenn ihnen ein eige­nes Kapi­tel gewid­met wird, im Hin­blick etwa auf eine 2. Auf­la­ge des Buches bes­ser weit aus­führ­li­cher abge­han­delt wer­den, zumal es nament­lich in der For­mungs­pha­se des Römi­schen Ritus bis zum Pon­ti­fi­kat Gre­gors des Gro­ßen histo­risch eini­ge anschau­li­che Bei­spie­le gibt, wie punk­tu­ell, vor­sich­tig und zurück­hal­tend sol­che Maß­nah­men durch die Päp­ste getrof­fen wurden.

Sehr gut stellt unser Autor im 7. Kapi­tel41 die gegen­sätz­li­chen Kon­zep­te und Vor­stel­lun­gen dar, wor­in in der Lit­ur­gie der Kir­che jeweils Wachs­tum (oder Fort­schritt) und Nie­der­gang und Ver­fall (oder Sta­gna­ti­on) bestehen sol­len. Dar­in trifft sich The Once and Future Roman Rite sehr mit dem Vor­schlag von Uwe Micha­el Lang in des­sen Werk The Roman Mass, nicht in der gesam­ten mit­tel­al­ter­li­chen und nach­triden­ti­nisch-barocken Peri­ode über­all und aus­schließ­lich nur Zer­falls­pro­zes­se zu sehen, son­dern eben­so Blü­te und Vita­li­tät.42 Eine ein­sei­tig nega­ti­ve Sicht war lei­tend gewe­sen in der Lit­ur­gie­wis­sen­schaft und Tei­len der Lit­ur­gi­schen Bewe­gung schon weit vor dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil, ver­bun­den mit einer Idea­li­sie­rung und auch Roman­ti­sie­rung der früh­christ­li­chen Zeit, und das, obwohl wir über die got­tes­dienst­li­che Pra­xis der ersten drei Jahr­hun­der­te gar nicht viel wis­sen, weil die Ver­schrift­li­chung lit­ur­gi­scher Tex­te fehlt.43 Des­we­gen konn­ten die Lit­ur­gie­re­for­mer um Paul VI. eine vor­ka­ro­lin­gi­sche oder sogar vor­kon­stan­ti­ni­sche Lit­ur­gie zur Pro­jek­ti­ons­flä­che ihrer eige­nen Hypo­the­sen und Wunsch­vor­stel­lun­gen machen und im Novus Ordo Mis­sae zur Gel­tung brin­gen. Dazu ent­wickelt Kwas­niew­ski, maß­geb­lich ange­regt von Über­le­gun­gen John Hen­ry Kar­di­nal New­mans, über­zeu­gend eige­ne, kri­ti­sche Gedan­ken, wor­in er nach­weist, wie die Lit­ur­gie­re­form von einem – inzwi­schen über­hol­ten – pro­te­stan­ti­schen Geschichts­bild bestimmt gewe­sen ist.44

Säule und Grundfeste des Römischen Ritus: Der Römische Messkanon als feststehendes Eucharistisches Hochgebet

Mit deut­li­cher Remi­nis­zenz an 1 Tim 3, 15 cha­rak­te­ri­siert Kwas­niew­ski im 8. Kapi­tel45 die Ein­zig­keit des Canon Mis­sae als das wesent­li­che Erken­nungs­zei­chen und Allein­stel­lungs­merk­mal der Mess­lit­ur­gie des Römi­schen Ritus (sowie prak­tisch der gan­zen Latei­ni­schen Kir­che). Zusam­men mit dem 9. Kapi­tel46, das sich mit dem Myste­ri­um fidei als inte­gra­lem Bestand­teil der Kelch­for­mel beschäf­tigt und dem 10. Kapi­tel47, wel­ches die Gemein­sam­kei­ten des byzan­ti­ni­schen und triden­ti­ni­schen Ritus sowie den Ver­lust oder das Feh­len sol­cher Über­ein­stim­mung im Ritus Pauls VI. auf­zeigt, ent­hält die­ser Teil von The Once and Future Roman Rite die wohl gewich­tig­sten Aus­sa­gen des Buches über­haupt. Anders gesagt decken die­se drei Kapi­tel the­ma­tisch zwei­fels­oh­ne die bedeu­tend­sten The­men ab, die Kwas­niew­ski in sei­nem gesam­ten Buch untersucht.

Zwar ist es sicher­lich schmei­chel­haft gemeint, wenn es in einer Vor­be­mer­kung, die der Ver­le­ger dem Buch vor­aus­schickt48, heißt, beim vor­lie­gen­den Werk han­de­le sich um das „magnum opus49 Kwas­niew­skis. Aber die­se Bezeich­nung klingt immer schnell auch so, als sei von einem Autor, wenig­stens zu einem bestimm­ten The­men­kreis, über das in einem bestimm­ten Werk Gesag­te hin­aus nichts wei­ter mehr zu erwar­ten. Dies wäre ins­be­son­de­re für das 8. Kapi­tel über­aus bedau­er­lich, denn es hat sicher noch das Poten­ti­al, in sei­nen Argu­men­ten wei­ter aus­ge­baut und aus­ge­reift zu wer­den. In einem Punkt erscheint mir als Rezen­sen­ten eine Berich­ti­gung im Kanon­ver­ständ­nis Kwas­niew­skis ange­zeigt. Die­sen Aspek­ten im 8. Kapi­tel wol­len wir uns nun zuwenden.

Sehr schön erklärt Kwas­niew­ski ein­gangs des 8. Kapi­tels: „Von allen Gebe­ten, mit denen die Kir­che des Latei­ni­schen Ritus dem All­mäch­ti­gen Gott das Opfer des Lobes [hoc sacri­fi­ci­um lau­dis heißt es im Mess­ka­non als Anga­be des­sen, was Gegen­stand der Gesamt­hand­lung des Eucha­ri­stie­ge­be­tes ist, Anm. C. V. O.] dar­bringt, sticht das eine am mei­sten als ein Prüf­stein des gött­li­chen Glau­bens, als Grund­le­gung unbe­weg­li­chen Fel­sens, als Schatz der Zeit­läuf­te her­vor, der Canon Roma­nus, die ein­zi­ge Ana­pho­ra oder das allei­ni­ge Eucha­ri­stie­ge­bet der Römi­schen Kir­che […] seit den im Nebel lie­gen­den Jahr­hun­der­ten vor dem hei­li­gen Gre­gor dem Gro­ßen (+ 604) bis zum ver­häng­nis­vol­len Ende der 1960er Jah­re.“50 In der Ana­ly­se von zwölf Pas­sa­gen aus den Gebe­ten des Kanons unter­nimmt Kwas­niew­ski es, ent­spre­chend zwölf Merk­ma­le her­aus­zu­ar­bei­ten, die den römi­schen Cha­rak­ter des Kanons, sei­ne Roma­ni­tas in Stil und Aus­sa­ge und auch eine spe­zi­fisch römi­sche Theo­lo­gie des Kul­tes sowie kor­rek­ten Riten­voll­zugs und des Opfer­ge­sche­hens der Eucha­ri­stie, greif­bar wer­den las­sen.51

Wird im Kanon für Papst und Bischof gebetet?

Vor allem möch­te ich an die­ser Stel­le Kwas­niew­ski den Hin­weis geben, dass Rein­hold Meß­ner, Inns­brucker Ordi­na­ri­us für Lit­ur­gie­wis­sen­schaft und unbe­strit­ten eine Kory­phäe in der Erfor­schung des Canon Roma­nus, sich schon vor Jahr­zehn­ten mit guten Argu­men­ten dafür aus­ge­spro­chen hat, beim eröff­nen­den Te igi­tur im offe­ri­mus pro Eccle­sia tua sanc­ta catho­li­ca das pro mit als wie­der­zu­ge­ben und den Text ent­spre­chend dahin­ge­hend zu ver­ste­hen, dass die zum kon­kre­ten Mess­op­fer ver­sam­mel­te Gemein­de den Anspruch erhebt, als die hei­li­ge katho­li­sche Kir­che zu han­deln.52 Eine sol­che Sicht­wei­se lässt bes­ser erken­nen, dass im wei­te­ren Fort­gang des Kanons die Nen­nung von Papst und Bischof sowie der Gemein­schaft aller, die dem rech­ten katho­li­schen und apo­sto­li­schen Glau­ben fol­gen, zur Legi­ti­ma­ti­on des genann­ten Anspruchs erfolgt, in der eige­nen Mess­fei­er stell­ver­tre­tend die gan­ze katho­li­sche Kir­che zu repräsentieren.

Bei die­ser Erwäh­nung von Papst und Bischof han­delt es sich folg­lich nicht um ein Gebet für die Hier­ar­chen (erst recht um kein Gebet um deren Recht­gläu­big­keit), son­dern es wird als Nor­mal­fall davon aus­ge­gan­gen, dass Papst und Orts­bi­schof nicht nur hier­ar­chisch, viel­mehr zusätz­lich in ihrer eige­nen, inhalt­li­chen Über­ein­stim­mung mit dem katho­li­schen und apo­sto­li­schen Glau­ben an der Spit­ze derer ste­hen, die recht­gläu­big sind.

Die Vor­stel­lung, es han­de­le sich hier um ein Gebet für Papst und Bischof, ist frei­lich weit­ver­brei­tet, und es ist des­we­gen bedau­er­lich, wenn Kwas­niew­ski in meh­re­ren For­mu­lie­run­gen ein sol­ches Ver­ständ­nis nahe­legt.53 Gera­de, weil er im glei­chen Zusam­men­hang auch sehr rich­ti­ge und wert­vol­le Bemer­kun­gen macht, soll­te er den ange­spro­che­nen Aspekt noch ein­mal über­den­ken, denn eine Nuan­cie­rung in die von mir im Anschluss an Meß­ner vor­ge­schla­ge­ne Rich­tung wür­de die Schlüs­sig­keit von Kwas­niew­skis Gesamt­ar­gu­men­ta­ti­on in die­sem Punkt nur steigern.

Bei sei­ner Aus­le­gung des Com­mu­ni­can­tes und der Hei­li­gen­li­sten des Römi­schen Kanons (im Com­mu­ni­can­tes und dann im Nobis quo­que pec­ca­to­ri­bus) sagt Kwas­niew­ski: „Nach­dem die­sen Listen ihre end­gül­ti­ge Form durch Gre­gor den Gro­ßen gege­ben wor­den war, sind sie dicht aus­ge­ar­bei­tet in ihrer Num­e­ro­lo­gie und [paar­wei­sen, Anm. C. V. O.] Zusam­men­stel­lung der Hei­li­gen.“54 Die­ser Zah­len­sym­bo­lik gibt Kwas­niew­ski wenig spä­ter eine anspre­chen­de Deu­tung55, doch ist dabei auf die Tat­sa­che hin­zu­wei­sen, dass die­se Hei­li­gen­li­sten vor der end­gül­ti­gen, triden­ti­ni­schen Redak­ti­on des Kan­on­tex­tes viel­fa­che Erwei­te­run­gen kann­ten56 und sogar bis ins 14. Jahr­hun­dert57 den jewei­li­gen Tages­hei­li­gen berück­sich­ti­gen konn­ten. Dadurch rela­ti­vie­ren sich mathe­ma­tisch-mysti­sche Zah­len­spie­le im römi­schen Norm­text des Kanons zumin­dest, und es zeigt, dass eine vom Papst ver­füg­te Inter­po­la­ti­on des hei­li­gen Joseph die Inte­gri­tät des Canon Roma­nus nicht zwangs­läu­fig ille­gi­tim auf­bricht, zumal die Nen­nung des hei­li­gen Joseph unmit­tel­bar nach der glor­rei­chen, immer­wäh­ren­den Jung­frau und Got­tes­ge­bä­re­rin Maria58 als deren Bräu­ti­gam immer­hin das in der über­lie­fer­ten Text­ge­stalt schon bestehen­de Kom­po­si­ti­ons­ge­setz der jeweils paar­wei­sen Grup­pie­rung von Hei­li­gen anwendet.

Ein Klima der prinzipiellen Veränderbarkeit von Liturgie

Pro­ble­ma­tisch ist die­se Ergän­zung 1962 den­noch, denn sie ent­sprang der damals schon vor­herr­schen­den Men­ta­li­tät der prin­zi­pi­el­len Mach­bar­keit der Lit­ur­gie durch den Papst, selbst in einem Kern­be­reich wie dem Römi­schen Kanon.59 Die­se Men­ta­li­tät stei­ger­te sich der­ma­ßen, dass Paul VI. im Novus Ordo Mis­sae mein­te, selbst den genau­en Wort­laut und Umfang der Kon­se­kra­ti­ons­for­meln über Brot und Wein neu­be­stim­men zu müs­sen und zu kön­nen.60

Hät­te ein Inter­es­se bestan­den, in den alter­na­tiv zum Kanon hin­zu­kom­men­den wei­te­ren Eucha­ri­sti­schen Hoch­ge­be­ten tat­säch­lich so etwas wie deren römi­schen Cha­rak­ter zu bewah­ren, hät­te man unschwer zumin­dest die For­mu­lie­rung des ererb­ten Römi­schen Kanons in die­se neu­en Hoch­ge­be­te über­neh­men kön­nen. Statt­des­sen wur­de die Neu­fas­sung sogar im Ersten Hoch­ge­bet ver­bind­lich, so dass man schon allein des­we­gen genau­ge­nom­men nicht mehr sagen kann, das Erste Hoch­ge­bet sei mit dem bis­he­ri­gen Canon Mis­sae iden­tisch. Da hilft es auch nichts, wenn „natür­lich auf tho­mi­sti­schen Grund­la­gen kei­ne die­ser Ände­run­gen [am Wort­laut und Radi­us der Kon­se­kra­ti­ons­wor­te, Anm., C. V. O.] die Erfor­der­nis­se der sakra­men­ta­len Gül­tig­keit beein­träch­tigt“, denn „die­se über­flüs­si­gen Modi­fi­ka­tio­nen spre­chen für eine gan­ze Men­ta­li­tät.“61 Außer­dem spre­chen sie für eine zutiefst neu­scho­la­sti­sche Fixie­rung auf einen Kon­se­kra­ti­ons­mo­ment und die Wand­lungs­wor­te, so als bräuch­te es nur die­se als einen Kern, um den her­um jeden­falls der Papst – oder von die­sem auto­ri­siert – man nach Belie­ben Hoch­ge­be­te stricken könn­te. Das Pro­blem eines Mini­ma­lis­mus, der gebannt auf den klein­sten gemein­sa­men Nen­ner an Gül­tig­keits­er­for­der­nis­sen starrt, wird von Kwas­niew­ski immer wie­der ange­spro­chen, und auch die­se Buch­be­spre­chung wird auf das Phä­no­men noch­mals ein­ge­hen, das Kwas­niew­ski tref­fend Reduk­tio­na­lis­mus62 nennt. Der Ein­set­zungs­be­richt hat frei­lich in der Lit­ur­gie­tra­di­ti­on und Eucha­ri­stie­theo­lo­gie Roms eine eigen­stän­di­ge Stel­lung und Funk­ti­on: Nicht ein ver­gan­ge­nes Ereig­nis wird leb­haft in Erin­ne­rung geru­fen, um zu begrün­den, wes­halb man die eucha­ri­sti­sche Lit­ur­gie fei­ert, wie es eher in den stark aus­ge­schmück­ten Ein­set­zungs­be­rich­ten der grie­chi­schen Ana­pho­ren der Fall ist, son­dern das signi­fi­kan­te histo­ri­sche Ereig­nis wird fort­wäh­rend gegen­wär­tig und wirk­sam gemacht. So wird das, was die Kir­che in der Eucha­ri­stie tut, iden­tisch mit dem, was Chri­stus ein­ge­setzt und am Kreu­ze voll­bracht hat. Die Hand­lung der Kir­che wird zur Heils­tat Chri­sti.63

Ein Exkurs als Ergänzung und als Anregung für Kwasniewski

Man wird nicht erwar­ten kön­nen und noch weni­ger ver­lan­gen, dass Kwas­niew­ski im, dem Römi­schen Kanon spe­zi­ell gewid­me­ten, 8. Kapi­tel jedes Wort und jeden Bei­strich des Kan­on­tex­tes durch­leuch­tet und deu­ten müss­te, aber scha­de ist, dass er aus dem Unde et memo­res ledig­lich die Wen­dung offe­ri­mus prae­cla­rae maie­sta­ti tuae64 ent­nimmt. Unmit­tel­bar fol­gend auf die Wand­lungs­wor­te über den Kelch, sieht Kwas­niew­ski dar­in einen Wider­hall der For­mu­lie­rung hunc prae­cla­rem cali­cem unmit­tel­bar zuvor, womit gesagt wer­de: „Was in die­sem Kelch sein wird, ist eins mit dem Einen, zu dem es empor­ge­ho­ben wird, und es ist Sei­ner wür­dig. Das hei­li­ge Opfer der Mes­se über­win­det die Distanz zwi­schen Schöp­fer und Schöp­fung, wäh­rend zugleich ein­fühl­sam der unend­li­che Abgrund bekräf­tigt wird, den allein Chri­stus über­brücken kann.“65 Ähn­lich wie die von Kwas­niew­ski beob­ach­te­te Ent­spre­chung fällt auf, dass der Ter­mi­nus hostia zur Bezeich­nung des im Kanon dar­ge­brach­ten Opfers erst­mals im Unde et memo­res auf­tritt66, wäh­rend bis dahin immer nur von sacri­fi­ci­um (auch im Plu­ral67) und von obla­tio die Rede gewe­sen ist. Ein Indiz für die spe­zi­fi­sche Effek­ti­vi­tät, die im Römi­schen Kanon und sei­nem Ver­ständ­nis von Kult und Ritus dem Ein­set­zungs­be­richt zuge­schrie­ben wird. Wohl­ge­merkt, ohne auf iso­lier­te oder gar aus dem Kon­text extra­hier­te Wand­lungs­wor­te fixiert zu sein.

Dane­ben wäre es aber wich­tig gewe­sen, wenn Kwas­niew­ski die ana­mne­ti­sche Struk­tur des Unde et memo­res mit Nen­nung von Pas­si­on, Auf­er­ste­hung und Him­mel­fahrt Jesu Chri­sti beach­tet und ange­mes­sen behan­delt hät­te. Der Bogen umspannt, unter Ein­be­zug des Com­mu­ni­can­tes mit der pro­mi­nen­ten Erwäh­nung Mari­ens als glor­rei­cher, immer­wäh­rend jung­fräu­li­cher Got­tes­ge­bä­re­rin und wenig spä­ter mit dem Sup­pli­ces, ja das Heils­werk Jesu Chri­sti in sei­ner Gesamtheit.

Der hei­li­ge Fran­zis­kus vor dem Kreuz in San Dami­a­no bei Assi­si (Giot­to, zwi­schen 1297 und 1299, Ober­kir­che des hei­li­gen Fran­zis­kus in Assisi)

Das Kreuz von San Damiano als ausgesprochenes Altarkreuz

Damit kom­me ich wie ange­kün­digt auf die Iko­no­gra­phie des San-Dami­a­no-Kreu­zes zurück. Man muss vor Augen haben, dass es in der Kir­che, in der es zu Fran­zis­kus von Assi­si sprach und die er auf die­ses Geheiß hin wie­der auf­bau­te, als Altar­kreuz gedient hat. Und in die­ser Funk­ti­on ist es bemer­kens­wert, dass es gleich­sam als bild­li­che Umset­zung der im Unde et memo­res aus­ge­spro­che­nen Wahr­heit betrach­tet wer­den kann: Der Quer­bal­ken des Kreu­zes ist bei nähe­rem Hin­se­hen als lee­rer Sar­ko­phag gestal­tet68, steht für die Auf­er­ste­hung, und über dem Titu­lus sieht man Engel, die den Auf­er­stan­de­nen bei sei­ner Him­mel­fahrt69 emp­fan­gen. Maria trägt einen vio­let­ten Rock, damit ver­sinn­bil­det als Lade des Neu­en Bun­des, wie die Bun­des­la­de im Tem­pel durch einen vio­let­ten Vor­hang den Blicken ent­zo­gen war70 (Com­mu­ni­can­tes). Das Motiv (sowohl the­ma­tisch als auch bild­lich) der Him­mel­fahrt impli­ziert die Ver­schrän­kung und Ver­bin­dung von himm­li­schem und irdi­schem Altar und damit die Koin­zi­denz vom Opfer hie­nie­den mit der himm­li­schen Lit­ur­gie, für die zusätz­lich die über allem her­ab­kom­men­de Hand Got­tes71 steht – in con­spec­tu divin­ae maie­sta­tis tuae (Sup­pli­ces).

Das Bild­pro­gramm des San-Dami­a­no-Kreu­zes ist noch weit detail­rei­cher72 und umfas­sen­der, kann aber für die Zwecke die­ser Buch­be­spre­chung auf die gemach­ten Bemer­kun­gen beschränkt wer­den. Das betrach­te­te Tafel­kreuz steht durch die Inschrif­ten, mit denen es ver­se­hen ist, als Kult­bild (Iko­ne) in der Sphä­re der Lit­ur­gie73, in der ich es im Lich­te des Unde et memo­res knapp zu inter­pre­tie­ren ver­sucht habe – auch um anzu­deu­ten, wo mei­nes Erach­tens Kwas­niew­ski sei­ne Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Kan­on­text noch ver­voll­stän­di­gen sollte.

Die Frage einer Epiklese

Das gilt ent­spre­chend für die Aus­füh­run­gen Kwas­niew­skis hin­sicht­lich des Sup­pli­ces74, das er – bemer­kens­wer­ter­wei­se wie schon lan­ge vor ihm Valen­tin Thal­ho­fer75nicht für eine Epi­k­le­se im Römi­schen Kanon und wofür er die Argu­men­te, die für die­se sehr ver­brei­te­te Inter­pre­ta­ti­on vor­ge­bracht wer­den, nicht für über­zeu­gend hält.76

Eine for­ma­le Gemein­sam­keit, über die man bei­na­he schon ein wenig schmun­zeln könn­te, besteht dar­in, dass bei­de Autoren, Thal­ho­fer und Kwas­niew­ski, ihre Ableh­nung des Sup­pli­ces als einer römi­schen Epi­k­le­se in eine Fuß­no­te ver­le­gen und nicht wei­ter aus­füh­ren. Thal­ho­fer schrieb damals, „ein­ge­hen­de Stu­di­en“ hät­ten ihn „von [der] Unhalt­bar­keit des geist­rei­chen Versuch[s] voll­über­zeugt, in dem Sup­pli­ces te rogamus die Epi­k­le­se der römi­schen Kir­che nach­zu­wei­sen, doch lei­der“ kön­ne er in sei­nem Buch „auf die­sen inter­es­san­ten Gegen­stand nicht näher ein­ge­hen.“77 Auch spä­ter ist Thal­ho­fer publi­zi­stisch nie mehr auf die­ses The­ma zurück­ge­kom­men, um die in sei­nen ein­ge­hen­den Stu­di­en gewon­ne­nen Erkennt­nis­se zu der Fra­ge dar­zu­stel­len und sei­ne abschlä­gi­ge Hal­tung gegen­über der The­se des Sup­pli­ces als Epi­k­le­se des Römi­schen Kanons zu begrün­den. Wir wis­sen natür­lich nicht, ob Thal­ho­fer und Kwas­niew­ski auch in der Begrün­dung ihrer Ableh­nung inhalt­lich über­ein­ge­stimmt hät­ten, aber anders als Thal­ho­fer kann man Kwas­niew­ski doch noch auf­for­dern und freund­lich bit­ten, sei­ne Argu­men­te gegen ein Ver­ständ­nis des Sup­pli­ces als einer (Kommunion-)Epiklese des Römi­schen Kanons zusam­men­hän­gend vorzutragen.

Nicht in dem gera­de zitier­ten Werk Thal­ho­fers von 1870, son­dern in einer schon 1855 erschie­ne­nen Schrift, wel­che in der Rück­schau in vie­ler­lei Hin­sicht als Vor­stu­fe zu Thal­ho­fers voll­ent­wickel­ter, teil­wei­se bekannt­lich sehr ori­gi­nel­len und eigen­stän­di­gen Mess­op­fer­theo­rie ange­se­hen wer­den kann, gibt er den Hin­weis, dass das Kon­zil von Tri­ent in sei­ner Leh­re über die Prie­ster­wei­he „ganz klar sagt, daß Chri­stus sacer­do­tum mini­ste­rio den Opfer­act [in der hei­li­gen Mes­se] voll­zie­he. Man darf die­ses mini­ste­ri­um nicht auf den Voll­zug der Con­se­cra­ti­on ein­schrän­ken, so wenig, als man die­se als eigent­li­chen Opfer­act anzu­set­zen berech­tigt ist; das Triden­ti­num unter­schei­det sess. 23 cap. 178 und can. 179 nicht umsonst die pote­stas offe­ren­di von der pote­stas con­se­cran­di. Durch die Con­se­cra­ti­on wird das […] Opfer […] gegen­wär­tig, das in die Sicht­bar­keit ein­ge­tre­te­ne Opfer bedarf nun auch noch eines sicht­ba­ren Opfe­rers, und die­ser ist hie­nie­den der Prie­ster. Die­ser nimmt sofort das gegen­wär­ti­ge Opfer, und tritt damit vor Got­tes Ange­sicht, süh­nend, dan­kend u. s. w. […] Es fällt Nie­man­dem ein, deß­halb , weil zuletzt Chri­stus allein Sün­den ver­gibt, zu läug­nen, daß der Prie­ster in Wahr­heit Sün­den ver­ge­be; eben­so soll­te man fest­hal­ten, daß, obgleich Chri­stus wie Opfer so auch […] [der eigent­li­che Opfer­prie­ster, Anm. C. V. O.] ist, doch der [geweih­te, Anm. C. V. O.] Prie­ster [auf Erden, Anm. C. V. O.] das Opfer der Eucha­ri­stie dar­brin­ge und voll­zie­he. Wir wis­sen wohl, daß die Mehr­zahl der Theo­lo­gen den Opfer­act des Prie­sters in die Con­se­cra­ti­on setzt […]; allein dieß kann […] kein Beweg­grund seyn, gegen den kla­ren Wort­laut des Triden­ti­num den Opfer­act des Prie­sters mit dem Acte der Con­se­cra­ti­on zu con­fund­iren. Aller­dings kön­nen wir nicht präcise sagen, in wel­chen ein­zel­nen Moment der hl. Mes­se die­ser Opfer­act des Prie­sters fal­le, in wel­chen Wor­ten des Kanon er sich voll­zie­he; […] der Prie­ster ist eben wäh­rend des gan­zen heil. Actes [als, Anm. C. V. O.] Reprä­sen­tant Chri­sti opfernd thä­tig.“80

Die in die­sem Zitat ange­deu­te­te Argu­men­ta­ti­on Thal­ho­fers könn­te gege­be­nen­falls von Kwas­niew­ski blen­dend her­an­ge­zo­gen und ent­fal­tet wer­den, um den denk­ba­ren Ein­wand, sei­ne Kri­tik am Reduk­tio­na­lis­mus wider­spre­che letzt­lich einer klas­si­schen, (neo-)scholastischen Sakra­men­ten­theo­lo­gie oder der tra­di­tio­nel­len Leh­re vom Mess­op­fer und Wei­he­prie­ster­tum, unter Ver­weis auf das Triden­ti­num selbst zu widerlegen.

Ein Spezifikum des Römischen Messritus in der Kelchformel

The­ma­tisch eng ange­floch­ten an die Behand­lung des Canon Roma­nus, beschäf­tigt sich Kwas­niew­ski auf den weni­gen Sei­ten des 9. Kapi­tels81 sei­nes Buches mit der Prä­gung Myste­ri­um fidei als mit einem inte­gra­len Bestand­teil der Wor­te zur Kon­se­kra­ti­on des Wei­nes bezie­hungs­wei­se des Kel­ches im Römi­schen Kanon. Wie­der wäre wohl auch hier mög­lich gewe­sen, die­sen Aspekt in das vor­an­ge­gan­ge­ne Kapi­tel einzuarbeiten.

Es wird der Brief Cum Mart­hae cir­ca aus dem Jah­re 1202 ange­führt, in dem Inno­zenz III., jener Papst, der im Trau­me den hei­li­gen Fran­zis­kus die Late­ran­ba­si­li­ka stüt­zen sah und maß­geb­lich die Rezep­ti­on der theo­lo­gi­schen Kon­zep­ti­on der Trans­sub­stan­tia­ti­on vor­an­ge­trie­ben hat, die Wen­dung Myste­ri­um fidei inter­pre­tiert (DH 782).82 Im Novus Ordo Mis­sae wur­de sie aus dem Kelch­wort aus­ge­glie­dert und umfunk­tio­niert, indem sie nun­mehr eine Akkla­ma­ti­on des Vol­kes nach der Kon­se­kra­ti­on von Brot und Wein ein­lei­tet.83 Nicht nur waren dafür die dama­li­gen pasto­ral­lit­ur­gi­schen Vor­ur­tei­le aus­schlag­ge­bend, wie eine leben­di­ge Betei­li­gung der Gläu­bi­gen an der Lit­ur­gie aus­zu­se­hen habe, son­dern es wur­de ein­ge­wandt, inner­halb der Kelch­for­mel sei der genaue Sinn die­ser Wor­te unklar, und es bestehe dar­über selbst unter Fach­theo­lo­gen und Lit­ur­gi­kern kei­ne Einig­keit. Außer­dem sei das Myste­ri­um fidei im Ein­set­zungs­be­richt aus­schließ­lich im Römi­schen Kanon vor­han­den.84

Die Wen­dung soll­te also des­we­gen ent­fernt wer­den, weil sie eine Beson­der­heit, man könn­te auch sagen, ein Cha­rak­te­ri­sti­kum des Römi­schen Ritus dar­stellt, wäh­rend ein Zugang zur Lit­ur­gie, wie er in The Once and Future Roman Rite gewählt wird, sol­chen Allein­stel­lungs­merk­ma­len, egal, wel­chen Ritus sie betref­fen, eine beson­de­re Wert­schät­zung ent­ge­gen­bringt und sich immer für deren Berech­ti­gung und Bewah­rung ein­set­zen wür­de: „Die Wen­dung [myste­ri­um fidei, Anm. C. V. O.] erscheint in allen der älte­sten Quel­len der [römi­schen, Anm. C. V. O.] Mes­se, die wir haben, was eine gro­ße Alter­tüm­lich­keit ihres Ursprungs nahe­legt. Die kri­ti­sche Edi­ti­on des Mess­ka­nons, die Bre­pols in der Rei­he des Cor­pus Ora­ti­o­num ver­öf­fent­licht hat, zeigt kei­ner­lei Abwei­chung in der Stel­lung des myste­ri­um fidei. Der römi­sche Text wird in mehr als fünf­zig Hand­schrif­ten unter­schied­li­chen Alters und ver­schie­de­ner Pro­ve­ni­enz ange­führt, ohne jemals nen­nens­wer­te Varia­tio­nen auf­zu­wei­sen.“85

Wie­der könn­te man also argu­men­tie­ren, dass man min­de­stens die­se Beson­der­heit im Ersten Hoch­ge­bet des Mess­buchs Pauls VI. hät­te bei­be­hal­ten und in die zusätz­li­chen Hoch­ge­be­te, die ermög­licht wur­den, hät­te über­neh­men müs­sen, wenn das Mess­buch Pauls VI. ein Mis­sa­le Roma­num sein und nicht bloß so hei­ßen soll.

Was nun die angeb­li­che, inhalt­li­che Vag­heit des Myste­ri­um fidei im Kelch­wort anbe­langt, ist zunächst ein­mal zu sagen, dass nicht mehr viel übrig blie­be, wenn aus der Lit­ur­gie alle Stel­len ent­fernt wür­den, deren genau­er Sinn nicht auf Anhieb jedem ver­ständ­lich ist. Die Para­do­xie einer sol­chen Argu­men­ta­ti­on wird deut­lich, wenn man sich ein­mal vor­stellt, man wür­de mit der Hei­li­gen Schrift ent­spre­chend umgehen.

Kwas­niew­skis Fest­stel­lun­gen zum Detail des Myste­ri­um fidei kön­nen um die gene­rel­len Uwe Micha­el Langs ergänzt wer­den, dass sich in den ver­schie­de­nen Redak­ti­ons­schrit­ten, die der Kan­on­text erfah­ren hat, im Bereich des Ein­set­zungs­be­rich­tes eine beson­ders bewah­ren­de Ein­stel­lung gegen­über dem in der Tra­di­ti­on emp­fan­ge­nen Wort­laut erken­nen lässt. So ist in der Kom­po­si­ti­on des lit­ur­gi­schen Tex­tes aus unter­schied­li­chen bibli­schen Quel­len zu bemer­ken, dass deren For­mu­lie­run­gen den Wort­laut der Vetus Lati­na wider­spie­geln, statt zu dem­je­ni­gen der Vul­ga­ta über­ge­gan­gen zu sein.86

Die­je­ni­gen, die für die Strei­chung des Myste­ri­um fidei in der Wand­lungs­for­mel des Kel­ches plä­dier­ten, bezeich­ne­ten es bis­wei­len auch als „nicht biblisch“87, obwohl es doch aus 1 Tim 3, 9 stammt.88 Dass ein lit­ur­gisch geform­ter Text aus unter­schied­li­chen bibli­schen Quel­len geschöpft sein und in der Lit­ur­gie zunächst rela­tiv frei zusam­men­ge­stellt wer­den konn­te, ist für einen Text in got­tes­dienst­li­chem Gebrauch, der getreu bewahrt und über­lie­fert wird (und des­we­gen, nach­dem er ein­mal sei­ne Gestalt gefun­den, kaum noch wei­te­re Ände­run­gen erfährt) gera­de­zu zu erwar­ten.89

Man wird ihm heu­te nicht nur aus tra­di­ti­ons­treu­er Per­spek­ti­ve, son­dern auch aus Sicht der Reli­gi­ons- und Geschichts­wis­sen­schaft nicht mehr in allem bei­pflich­ten, aber um den unter Umstän­den dunk­len Sinn des Myste­ri­um fidei in der Kelch­for­mel auf­zu­hel­len, kann eine Erklä­rung des Odo Casel, Mönch der Abtei Maria Laach in der deut­schen Vul­kan­ei­fel, einen blei­ben­den Bei­trag lei­sten: „Der Fort­schritt des […] [Volks­meß­bu­ches, Anm. C. V. O.] beruht vor allem dar­auf, daß er die im Mis­sa­le vor­lie­gen­den Tex­te mög­lichst aus­schöpft, wie sie in Wirk­lich­keit sind. Das zeigt sich schon in der Über­set­zung, wenn es auch nie mög­lich sein wird, die Voll­kraft der lit­ur­gi­schen Ter­mi­ni adäquat wie­der­zu­ge­ben. Mit Recht hat der ver­dienst­vol­le Her­aus­ge­ber den lit­ur­gi­schen Ter­mi­nus ‚Myste­ri­um‘ meist unüber­setzt gelas­sen; jedoch taucht zuwei­len noch ‚Geheim­nis‘ auf, das aber den Sinn der alt­lit­ur­gi­schen Gebe­te voll­kom­men miß­deu­tet. Myste­ri­um ist ja gera­de die gött­li­che Tat, die aus der gött­li­chen Ver­bor­gen­heit sich offen­bart, und zwar nur den Gläu­bi­gen; zu jedem Myste­ri­um gehört die mani­fe­sta­tio, nur den Ungläu­bi­gen bleibt das Myste­ri­um ‚Geheim­nis‘. Auch das alte sacra­men­tum muß heu­te meist mit ‚Myste­ri­um‘ über­setzt wer­den, da Sakra­ment seit dem 16. Jahr­hun­dert einen viel enge­ren Sinn erhal­ten hat.“ 90

Da im genann­ten Lai­en­mess­buch aus­ge­rech­net im Myste­ri­um fidei das Wort Myste­ri­um mit Geheim­nis über­setzt wird, erklärt Casel etwas spä­ter: „Myste­ri­um fidei ist ‚Myste­ri­um des Glau­bens‘; zu jedem Myste­ri­um der katho­li­schen Kir­che gehört der Glau­be, weil die res sacra­men­ti zwar gegen­wär­tig ist, aber unter dem Schlei­er der Riten, der sich nur den Gläu­bi­gen lüf­tet; aber auch das nicht zur vol­len Schau, son­dern zu gläu­bi­ger Erkennt­nis. […] Myste­ri­um und Glau­ben lie­gen also in der­sel­ben Linie, in dem Zwie­licht zwi­schen Nicht­glau­ben und hel­ler Schau. Außer­dem han­delt es sich beim myste­ri­um fidei des Meß­ka­nons um hei­li­ge Hand­lung Chri­sti. All das geht durch die Über­set­zung ‚Geheim­nis des Glau­bens‘ ver­lo­ren.“91 Hat Casel damit nicht eine durch­aus brauch­ba­re Ant­wort auf die Fra­ge, wie das Myste­ri­um fidei an die­ser Stel­le lit­ur­gisch in sei­ner theo­lo­gi­schen Aus­sa­ge ver­stan­den wer­den kann, gege­ben?92

Kwas­niew­ski gibt vor dem Hori­zont der Lit­ur­gie­re­form Pauls VI. eine eben­so pas­sen­de Ant­wort: „Das Myste­ri­um unse­res Glau­bens ist innig und zutiefst mit hunc prae­c­larum cali­cem – mit die­sem erha­be­nen Kelch – ver­knüpft. Die geflü­ster­ten Wor­te myste­ri­um fidei ste­hen in der Herz­mit­te der Kon­se­kra­ti­ons­wor­te des Kel­ches. Sie dar­aus zu ent­fer­nen, ist emble­ma­tisch für das, was der Lit­ur­gie als gan­zer ange­tan wur­de, als so vie­le Riten ihres Her­zens beraubt wur­den. Auch wenn die Wor­te myste­ri­um fidei nicht not­wen­dig sind, um [den Effekt der, Anm., C. V. O.] Trans­sub­stan­tia­ti­on zu bezeich­nen und er sohin auch ohne sie bewirkt wer­den und die Mes­se ‚gül­tig‘ sein kann, bringt die Ver­drän­gung die­ser Prä­gung von ihrem von alters her behaup­te­ten Platz eine gan­ze Grund­satz­ent­schei­dung zum Aus­druck: Nichts ist hei­lig.“93

Vom Wort geheiligt

In wel­chem Kon­trast dazu ste­hen die mah­nen­den Wor­te des hei­li­gen Fran­zis­kus von Assi­si, des­sen Auf­bau­ar­beit der Kir­che wir bereits lit­ur­gisch auf­ge­fasst haben: „Lasst uns beach­ten, wir Kle­ri­ker alle, die gro­ße Sün­de und Unwis­sen­heit, die man­che an den Tag legen gegen­über dem hei­lig­sten Leib und Blut unse­res Herrn Jesus Chri­stus und sei­nem hei­lig­sten Namen und sei­nen nie­der­ge­schrie­be­nen Wor­ten [dar­un­ter sind hier lit­ur­gi­sche Hand­schrif­ten mit den Wand­lungs­wor­ten zu ver­ste­hen, in einem umfas­sen­den Sin­ne also der inte­gra­le Kan­on­text, Anm. C. V. O.], die den Leib Chri­sti hei­li­gen [lat. sanc­ti­fi­ca­re, Anm. C. V. O.]. Wir wis­sen, dass der Leib [Chri­sti, Anm. d. Hrsg.] nicht sein kann, wenn er nicht zuvor vom Wort gehei­ligt wird. Nichts haben und sehen wir näm­lich leib­lich in die­ser Welt von ihm selbst, dem Aller­höch­sten, als den Leib und das Blut, die Namen und die Wor­te, durch die wir geschaf­fen und vom Tode zum Leben erlöst sind.“94

Überlieferte Liturgie in Ost- und Westkirche

Was im 10. Kapi­tel95 folgt, ist der Blick auf eine Kir­che, die, „mit zwei Lun­gen­flü­geln atmet“, ein Bild, mit dem Johan­nes Paul II. ger­ne und wie­der­holt das Zuein­an­der von Ost- und West­kir­che umschrie­ben hat. Jetzt geht es Kwas­niew­ski dar­um, auf­zu­zei­gen, wie die über­lie­fer­ten Lit­ur­gien in Ost und West bei aller Unter­schied­lich­keit in der Men­ta­li­tät auf je eige­ne Wei­se eine Rei­he von Qua­li­tä­ten oder Merk­ma­len auf­wei­sen, man könn­te auch von Struk­tur­prin­zi­pi­en spre­chen, die – ver­ein­facht aus­ge­drückt – dem byzan­ti­ni­schen und dem triden­ti­ni­schen Ritus gemein­sam sind. Kwas­niew­ski iden­ti­fi­ziert zehn sol­cher Prin­zi­pi­en, von denen hier nur das erste genannt und mit einem Zitat ange­führt wer­den soll, das Prin­zip der Tra­di­ti­on, weil wir so einer­seits die Dyna­mik im Auf­bau des Buches deut­li­cher spü­ren, des­sen 1. Kapi­tel ja nicht ohne Grund der Nor­ma­ti­vi­tät der Tra­di­ti­on für die Lit­ur­gie gegol­ten hat. Ande­rer­seits kön­nen wir an dem fol­gen­den Zitat bereits able­sen, wor­auf Kwas­niew­ski im 10. Kapi­tel abzielt, was sozu­sa­gen die Poin­te ist: „Bei­de, die Byzan­ti­ni­sche und die tra­di­tio­nel­le Römi­sche Lit­ur­gie sind das Resul­tat einer orga­ni­schen Ent­fal­tung eines alten apo­sto­li­schen Kerns, das Jahr­hun­der­te leben­di­gen Glau­bens hin­durch wei­ter­ge­ge­ben wor­den ist; trotz der Zuschrei­bung die­ser oder jener Lit­ur­gie an bekann­te Hei­li­ge wie den hei­li­gen Johan­nes Chry­so­sto­mos, Basi­li­us oder Gre­gor ist der Ritus an sich das anony­me Werk vie­ler hei­li­ger Män­ner, von denen die mei­sten unbe­kannt sind. Kei­ne Lit­ur­gie des Ostens und kei­ne klas­si­sche im Westen ist von einem Arbeits­kreis her­vor­ge­bracht wor­den, in dem eine Avant­gar­de von Exper­ten zusam­men­tritt, die den Kon­takt zu den Leu­ten ver­lo­ren haben und gefes­selt sind von modi­schen Hypo­the­sen und Theo­rien, die längst in sich zusam­men­ge­bro­chen sind. […] Es ist nicht der Fall, dass eine Lit­ur­gie gut ist, weil die Auto­ri­tät der Kir­che sie für gut hält; eher [ver­hält es sich so, dass sie gut ist, Anm. C. V. O.] weil die Kir­che dar­um weiß, dass es eine Lit­ur­gie ist, die sie emp­fan­gen hat.96 Für sämt­li­che wei­te­ren Prin­zi­pi­en, die der Autor im 10. Kapi­tel dar­legt, weist er ent­spre­chend nach, wie die jewei­li­gen Qua­li­täts­merk­ma­le die über­lie­fer­ten Riten in Ost und West aus­ma­chen und die­se Riten gleich­sam mit­ein­an­der ver­wandt­schaft­lich ver­bin­den, wohin­ge­gen die ent­spre­chen­den Cha­rak­te­ri­sti­ka im Novus Ordo Mis­sae (als pars pro toto der gesam­ten Lit­ur­gie­re­form Pauls VI.) feh­len oder im gün­sti­ge­ren Fal­le ver­küm­mert vor­kom­men. Byzan­ti­ni­scher und triden­ti­ni­scher Ritus sind ein­an­der Brü­der; der mon­ti­nia­ni­sche Ritus steht als Fremd­ling abseits.

Die Renaissance des überlieferten Römischen Ritus ist unaufhaltsam

Mit dem 11. Kapi­tel97 beginnt das Buch aus­zu­klin­gen. Wir erin­nern uns, dass der Groß­teil des in The Once and Future Roman Rite ver­ar­bei­te­ten Mate­ri­als 2019 aus der Refle­xi­on Kwas­niew­skis über den 50. Jah­res­tag der ver­pflich­ten­den Ein­füh­rung des Novus Ordo Mis­sae her­vor­ge­gan­gen ist. In lite­ra­ri­scher Anspie­lung98 auf Geor­ge Orwells Gedächt­nis­loch in des­sen Zukunfts­ro­man 1984 ist das 11. Kapi­tel in deut­scher Spra­che in etwa mit „Dem Gedächt­nis­loch ent­rei­ßen“ beti­telt. Es geht dar­in um die Absicht der Lit­ur­gie­re­for­mer, jede Erin­ne­rung an die Lit­ur­gie vor ihrer Reform syste­ma­tisch und so gründ­lich wie mög­lich aus­zu­lö­schen. Zugleich dar­um, dass dies ein Unter­fan­gen ist, an dem auch Papst Fran­zis­kus schei­tern wird, da gera­de jun­ge Men­schen die alte Lit­ur­gie immer mehr ent­decken und schät­zen. Wer die Zeit vor der Lit­ur­gie­re­form nicht erlebt und gekannt hat, für den ist ohne­hin die über­lie­fer­te Lit­ur­gie die eigent­lich neue, der sie neu­gie­rig, vor­ur­teils­frei und unbe­fan­gen begeg­nen. So betrach­tet ist The Once and Future Roman Rite trotz sei­ner teil­wei­se sehr anspruchs­vol­len Pas­sa­gen auch für Neu­ein­stei­ger, was die klas­si­sche Römi­sche Lit­ur­gie angeht, die rich­ti­ge Lek­tü­re. Kwas­niew­ski kann sich gut in sie hin­ein­ver­set­zen, wie er es schon im 2. Kapi­tel ein­mal ange­spro­chen hat, wo er mit typisch ame­ri­ka­ni­scher Offen­heit und Fri­sche schreibt: „In mei­nem Leben als Katho­lik habe ich selbst über eine lan­ge Zeit hin­weg ver­schie­de­ne, deut­lich von­ein­an­der abge­grenz­te Ent­wick­lungs­schrit­te durch­lau­fen und so gelernt, Geduld mit denen zu haben, die nichts kapie­ren. Ich habe genau­so nichts ver­stan­den, obwohl es mich mit Freu­de erfüllt zu sehen, wie schnell heut­zu­ta­ge die jün­ge­re Gene­ra­ti­on zu Schluss­fol­ge­run­gen und Ein­sich­ten gelangt, denen ich jah­re­lang Wider­stand gelei­stet habe.“99 So kann die über­lie­fer­te Römi­sche Lit­ur­gie dem Ver­ges­sen ent­ris­sen wer­den, und einer in sich abge­schlos­se­nen Ver­gan­gen­heit ist sie schon unwi­der­ruf­lich ent­ris­sen, was auch die ver­bis­se­nen Anstren­gun­gen von Papst Fran­zis­kus und Kon­sor­ten nicht mehr rück­gän­gig machen kön­nen. Das ist viel­leicht das ein­zi­ge, was an der Lit­ur­gie­re­form Pauls VI. irrever­si­bel ist, auch wenn Papst Fran­zis­kus oder Kar­di­nal Roche es sich ganz anders wünschen.

Der authentische Römische Ritus der Zukunft

Das Kapi­tel, das für Peter A. Kwas­niew­ski wahr­schein­lich das­je­ni­ge ist, das ihm am mei­sten am Her­zen liegt, ist das 12. und letz­te100, des­sen Über­schrift den Buch­ti­tel wie­der­holt: Der ein­sti­ge und künf­ti­ge Römi­sche Ritus. Dar­in geht es ihm dar­um, sei­ne Leser dafür zu sen­si­bi­li­sie­ren, dass das Jahr 1962 für die Mes­se und gesam­te Lit­ur­gie des Römi­schen Ritus kei­nen unhin­ter­frag­ba­ren Stan­dard oder Maß­stab bil­den kann. Damals hat kei­ne idea­le Situa­ti­on bestan­den, an die man sich dau­er­haft bin­den soll­te oder muss, was Kwas­niew­ski ins­be­son­de­re an den ritu­el­len Ände­run­gen in der Kar­wo­che, die Pius XII. bereits 1955 ver­fügt hat, fest­macht.101 Das nicht so leicht von der Hand zu wei­sen­de Argu­ment ist, dass etwas, das in der Gesamt­kir­che viel­leicht maxi­mal fünf­zehn Jah­re lang in Gel­tung gewe­sen ist, heu­te und auf Dau­er schlecht die lit­ur­gi­sche Tra­di­ti­on des Römi­schen Ritus ver­kör­pern kann, wenn dem jahr­hun­der­te­lang gepfleg­te, echt tra­di­tio­nel­le Riten und Rubri­ken, vor allem aber eine leben­di­ge lit­ur­gi­sche Pra­xis ent­ge­gen­ste­hen.102

Kwas­niew­ski spricht sich kurz gesagt dafür aus, das MR1920 gegen­über dem Codex rubri­carum von 1960 und dem MR1962 grund­sätz­lich als Aus­gangs­punkt vor­zu­zie­hen, um einen authen­ti­schen Römi­schen Ritus wie­der­zu­ge­win­nen, der ganz in sei­ner eige­nen Tra­di­ti­on ver­wur­zelt, gewach­sen und her­an­ge­reift ist. In die­sem Sin­ne stellt der Autor ritu­el­le Ele­men­te dar, die auf dem Stand von 1962 schon ver­lo­ren­ge­gan­gen waren und die er wert fin­det, wie­der­her­ge­stellt zu wer­den, oder er nennt Ver­lu­ste im Römi­schen Gene­ral­ka­len­der von 1960 und regt an, Okta­ven, Vigi­li­en und Feste wie­der ein­zu­füh­ren.103 Er unter­stützt sein Argu­ment mit Bei­spie­len, die zei­gen, wie dort, wo das MR1962 ver­wen­det wird, vie­le Vor­schrif­ten des CR1960 nie rezi­piert wor­den sind.104

Im Grund­satz ist Kwas­niew­ski hier zuzu­stim­men, denn wer sich rein rechts­po­si­ti­vi­stisch ver­hält, das war ja der Grund­te­nor des gan­zen Buches, der kann streng­ge­nom­men für sein Fest­hal­ten an einer über­lie­fer­ten Lit­ur­gie para­do­xer­wei­se nicht mit der lit­ur­gi­schen Tra­di­ti­on argumentieren.

Das Missale Romanum von Papst Pius X.

Beim MR1920 han­delt es sich um das von Pius X. refor­mier­te und dann, durch den Ersten Welt­krieg ver­zö­gert, am 25. Juli 1920 von sei­nem Nach­fol­ger, Bene­dikt XV., pro­mul­gier­te, erneu­er­te triden­ti­ni­sche Mess­buch. Die Ände­run­gen waren damals nicht uner­heb­lich, wie das Buch eines Prie­sters, der im Ver­lag Fried­rich Pustet in Regens­burg tätig und Kon­sul­tor der Hei­li­gen Riten­kon­gre­ga­ti­on war, beweist, das damals erschien: Die Neue­run­gen im Mis­sa­le105. Dar­in fin­den sich auf 452 Sei­ten sage und schrei­be 617 rubri­zi­sti­sche Ände­run­gen gegen­über den Edi­tio­nes typi­cae von 1884 bezie­hungs­wei­se von 1900. Vor allem jedoch, und das möch­te ich hier zu beden­ken geben, wur­de die Reform, wie sie mit dem MR1920 vor­lag, schon damals nur als Durch­gangs­stu­fe hin zu einer end­gül­ti­gen Mis­sa­le­r­e­form betrach­tet: „Mit der neu­en Edi­tio typi­ca des Mis­sa­le ist nun die inte­ri­mi­sti­sche Reform des Mis­sa­le zum Abschluß gebracht. Die defi­ni­ti­ve Reform von Bre­vier und Mis­sa­le wird im gün­stig­sten Fall vor­aus­sicht­lich erst in drei bis vier Jahr­zehn­ten erfol­gen. Möge dann – der Wunsch dürf­te in Anbe­tracht der enor­men Höhe, wel­che die Zahl der Dekre­te der Riten­kon­gre­ga­ti­on jetzt schon erreicht hat, nicht unbe­rech­tigt sein – als wür­di­ger Abschluß die Kodi­fi­zie­rung des gesam­ten lit­ur­gi­schen Rechts das gan­ze Reform­werk krö­nen.“106 Dass Johan­nes XXIII. den CR1960 und die lit­ur­gi­schen Bücher von 1962 als die­sen defi­ni­ti­ven Abschluss der Reform betrach­te­te, brach­te er nicht zuletzt dadurch zum Aus­druck, dass er sein Motu­pro­prio Rubri­carum ins­truc­tum, mit dem er den CR1960 in Kraft setz­te, 1960 eben­falls auf den 25. Juli datier­te – genau vier­zig Jah­re, nach­dem das Mis­sa­le Roma­num a Pio X refor­ma­tum erschie­nen war.

Damit möch­te ich Kwas­niew­ski nicht wider­spre­chen oder kri­ti­sie­ren, ledig­lich anmer­ken, dass der ganz in der Tra­di­ti­on ver­an­ker­te Römi­sche Ritus der Zukunft sicher­lich auch Ele­men­te ent­hal­ten wird kön­nen, die sich im Gebrauch der lit­ur­gi­schen Bücher von 1962 bewährt haben. Dazu gehö­ren mei­nes Erach­tens kaum die neu­en Riten zur Kar­wo­che und Oster­nacht von Papst Pius XII., und die lit­ur­gi­sche Tra­di­ti­on reicht prin­zi­pi­ell wei­ter zurück, als dass sie künst­lich und ziem­lich will­kür­lich auf ein, nicht ein­mal über­wie­gend opti­ma­les, Sta­di­um des Jah­res 1962 fest­ge­legt wer­den soll­te oder gar müsste.

Im Unter­ti­tel sei­nes Buches, der ins Deut­sche am besten etwas frei­er über­setzt „Eine Rück­kehr zur tra­di­tio­nel­len Lit­ur­gie der Latei­ni­schen Kir­che nach sieb­zig Jah­ren des Exils“ lau­ten soll­te, deu­tet schon an, dass Kwas­niew­ski das Elend des Römi­schen Ritus nicht erst mit dem Pon­ti­fi­kat Pauls VI. begin­nen sieht. Ganz am Ende des 12. Kapi­tels von The Once and Future Roman Rite erläu­tert er den Unter­ti­tel: „Im Jahr 586 v. Chr. wur­den die Juden des Alten Bun­des gewalt­sam aus dem Tem­pel in Jeru­sa­lem ent­fernt, von sei­nem Opfer­kult getrennt und ins Exil geführt, wo sie nur noch Erin­ne­run­gen an ihren tra­di­tio­nel­len Got­tes­dienst hat­ten. Sieb­zig Jah­re danach, 516 v. Chr., began­nen sie, in das Land ihrer Väter zurück­zu­keh­ren. Die­je­ni­gen, die auf Esra hör­ten, ersehn­ten den wah­ren Got­tes­dienst und waren wil­lens, im alten Land von neu­em zu leben. Unse­rer Zeit wird gott­lob die glei­che Gna­de zuteil. Am Ende von sieb­zig Jah­ren lit­ur­gi­scher Gefan­gen­schaft, die cir­ca 1948 begann, als Pius XII. sei­ne ver­häng­nis­vol­le Kom­mis­si­on zur Reform der Lit­ur­gie ein­setz­te, kehrt nicht nur der usus anti­qui­or [nach den lit­ur­gi­schen Büchern von 1962, Anm. C. V. O.] in unse­re Kir­chen zurück, son­dern auch mehr und mehr des­sen authen­ti­sche­re For­men [vor den anfäng­li­chen lit­ur­gi­schen Ein­grif­fen unter Pius XII., Anm. C. V. O.]“107

Ein schon rein äußerlich schönes Buch

Wer sich mit Lit­ur­gie beschäf­tigt, der hat oder gewinnt auch einen Sinn für die äuße­re Gestalt (von der er weiß, dass sie nicht neben­säch­li­che Äußer­lich­keit ist) und Schön­heit der Lit­ur­gie. Des­we­gen ist es eine Erwäh­nung wert, dass The Once and Future Roman Rite ein gebun­de­nes Buch mit ange­neh­mem Schrift­bild ist. Die Illu­stra­tio­nen, die nach vie­len Kapi­teln ein­ge­streut sind, wur­den schon erwähnt, beson­ders her­vor­zu­he­ben ist aber noch das Titel­bild, wel­ches das wun­der­ba­re Titel­kup­fer eines 1629 in Köln erschie­ne­nen Mis­sa­le Roma­num repro­du­ziert, wobei gra­phisch anstel­le des ori­gi­na­len Titels Mis­sa­le Roma­num Ex Decre­to Sacro­sanc­ti Con­ci­lii Triden­ti­ni Resti­tu­tum etc. der Titel The Once and Future Roman Rite samt Unter­ti­tel ein­ge­setzt wur­de. In Ver­bin­dung mit der Dar­stel­lung der Ele­va­ti­on der hei­li­gen Hostie wäh­rend eines fei­er­li­chen Leviten‑, viel­leicht auch Pon­ti­fi­kal­am­tes ist die­ses Titel­bild eine Ver­hei­ßung für sich.

Letzte Bemerkungen und Ausklang

Eine spa­ni­sche Über­set­zung von The Once and Future Roman Rite ist gera­de erschie­nen, eine deut­sche Aus­ga­be, die vor­aus­sicht­lich im St. Ste­pha­ni Ver­lag mit Sitz in Met­ten her­aus­kom­men soll, ist jeden­falls ein­mal beab­sich­tigt. Wer ger­ne Eng­lisch liest, wird bis dahin die gepfleg­te Dik­ti­on des Autors im Ori­gi­nal genießen.

Abge­run­det wird das Buch durch einen poe­tisch-apho­ri­sti­schen Epi­log108, dem der Titel die­ser Bespre­chung109 ent­nom­men ist. Selbst­ver­ständ­lich ver­fügt das Buch neben dem Appen­dix zum 4. Kapi­tel über eine Aus­wahl­bi­blio­gra­phie110, geord­net nach den ver­schie­de­nen The­men­be­rei­chen, die behan­delt wur­den, und über ein aus­führ­li­ches, alpha­be­ti­sches Stich­wort­ver­zeich­nis111.

Als Fran­zis­kus von Assi­si vom San-Dami­a­no-Kreuz ange­re­det wur­de und den Auf­trag ver­nahm, das ver­fal­le­ne Kirch­lein wie­der auf­zu­bau­en, da sprach er das fol­gen­de Gebet: 

„Höch­ster, glor­rei­cher Gott, erleuch­te die Fin­ster­nis mei­nes Her­zens und schen­ke mir rech­ten Glau­ben, siche­re Hoff­nung und voll­kom­me­ne Lie­be. Gib mir Emp­fin­den und Erken­nen, damit ich dei­nen hei­li­gen und wahr­haf­ten Auf­trag erfül­le. Amen.“112

Als Leser kön­nen wir es glei­cher­ma­ßen für Peter A. Kwas­niew­ski und für uns selbst beten, denn was die­ser uns mit sei­nem Buch geschenkt hat, ist ein wesent­li­cher Bau­stein und Bei­trag zur Wie­der­her­stel­lung und zum Wie­der­auf­bau des ech­ten, über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus, und des­we­gen soll­ten wir die­ses Gebet immer wie­der auch für unse­ren Hei­li­gen Vater Papst Fran­zis­kus verrichten.

Biblio­gra­phi­sche Anga­ben und Bestellmöglichkeit:

Peter Kwas­niew­ski: The Once and Future Roman Rite: Retur­ning to the Tra­di­tio­nal Latin Lit­ur­gy After Seven­ty Years of Exi­le, Tan Books, Gasto­nia (NC) 2022, 472 Seiten

Bild: Tan Books/​Wikicommons


1 Die­ter Berg/​Leonhard Leh­mann (Hrsg.), Fran­zis­kus-Quel­len. Die Schrif­ten des hei­li­gen Fran­zis­kus, Lebens­be­schrei­bun­gen, Chro­ni­ken und Zeug­nis­se über ihn und sei­nen Orden, Keve­laer 22014 [= Zeug­nis­se des 13. und 14. Jahr­hun­derts zur Fran­zis­ka­ni­schen Bewe­gung], fort­an abge­kürzt mit FQ, S. 305 (= Tho­mas von Cela­no, 2 C, VI., 10., 1–4).

2 Eine ganz über­wie­gend sehr gelun­ge­ne Dar­stel­lung des die gan­ze Heils­ge­schich­te umgrei­fen­den Bild­pro­gram­mes die­ses früh­mit­tel­al­ter­li­chen Tafel­kreu­zes in syri­scher Tra­di­ti­on bie­tet die Schrift: Kreid­ler-Kos, M./Kuster, N., Chri­stus auf Augen­hö­he. Das Kreuz von San Dami­a­no, Keve­laer 42017, fort­an zitiert als Kreid­ler-Kos/­Ku­ster, Das Kreuz von San Damiano.

3 Vgl. FQ (wie Anm. 1), S. 310 (= Tho­mas von Cela­no, 2 C, XI., 17., 4–6).

4 Vgl. Lang, U. M., The Roman Mass. From Ear­ly Chri­sti­an Ori­g­ins to Triden­ti­ne Reform, Cam­bridge 2022, fort­an zitiert als Lang, The Roman Mass, S. 283–287.

5 Vgl. Olden­dorf, C. V., Der Römi­sche Mess­ri­tus in Ent­ste­hung und Aus­brei­tung bis zum Sta­tus von 1570 – Teil I « kath­news, auf­ge­ru­fen am 26. April 2023, dort wird der Leser auch zum zwei­ten Teil der Bespre­chung weitergeleitet.

6 Kwas­niew­ski, P. A., The Once and Future Roman Rite. Retur­ning to the Tra­di­tio­nal Lit­ur­gy after Seven­ty Years of Exi­le, Gasto­nia 2022, fort­an zitiert als Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite.

7 Vgl. FQ (wie Anm. 1), Bul­lier­te Regel, S. 94–102, hier: Kap. 3, 1, S. 96.

8 Vgl. ebd., Nicht-bul­lier­te Regel, S. 69–93.

9 Vgl. Lang, The Roman Mass (wie Anm. 4), S. 284.

10 Vgl. ebd., S. 287.

11 Vgl. Mose­bach, M., Fore­word, in: Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. xi-xvii.

12 Vgl. ebd., hier: S. xi. Dem Über­set­zer Stuart Chess­man ist dar­aus oder des­we­gen aus­drück­lich kein Vor­wurf zu machen, der den deut­schen Ori­gi­nal­wort­laut in Mose­bachs Typo­skript, das auch mir vor­liegt, sprach­lich völ­lig kor­rekt wiedergibt.

13 Vgl. ebd. S. xii.

14 Vgl. ebd., S. xix-xxvii.

15 Ebd., S. xix.

16 Vgl. ebd., a. a. O.

17 Vgl. ebd., S. 1–30.

18 Ebd., S. 11, Kur­siv­set­zung jeweils in den Originaltexten.

19 Vgl. die Quel­len­nach­wei­se für die­se Abbil­dun­gen, ebd., S. 401.

20 Woher die­se Zita­te jeweils stam­men, wird ebd., S. 399f nachgewiesen.

21 Ebd., S.32.

22 Vgl. Lang, The Roman Mass (wie Anm. 4), S. 287.

23 FQ (wie Anm. 1), S. 210 (= Tho­mas von Cela­no, 1 C, VIII., 18., 1–3).

24 Vgl. Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. 33–77.

25 Vgl. ebd., S. 40–44.

26 Vgl. ebd., S. 45–50.

27 Sie­he ebd., S. 52.

28 Vgl. ebd., S. 79–215.

29 Vgl. ebd., S. 381–397.

30 Vgl. ebd., S. 109–143.

31Vgl. ebd., S. 79–106.

32 Vgl. ebd., S. 121.

33 Ebd., a. a. O.

34 Vgl. ebd., S. 122–128.

35 Vgl. ebd., S. 128–138.

36 Vgl. ebd., S. 145–177, vgl. hier: S. 148–150.

37 Vgl. ebd., S. 150f.

38 Vgl. ebd., S. 155.

39 Ebd., S. 161f., Kur­siv­set­zun­gen wie im eng­li­schen Originaltext.

40 Vgl. ebd., S. 179–195.

41 Vgl. ebd., S. 197–215.

42 Vgl. Lang, The Roman Mass (wie Anm. 4), S. 307–342, S.364–366, S. 391f.

43 Vgl. ebd., S. 78–103.

44 Vgl. Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. 212–215.

45 Vgl. ebd., S. 217–260.

46 Vgl. ebd., S. 263–277.

47 Vgl. ebd., S. 279–311.

48 Vgl. ebd., S. ixf.

49 Ebd., S. ix.

50 Ebd., S. 217.

51 Vgl. dazu auch Olden­dorf, C. V., „Sacri­fi­ci­um lau­dis“ und „obla­tio“ als Schlüs­sel zur Struk­tur und Aus­sa­ge des Canon Mis­sae – Das Pro­blem der Kanon­her­me­neu­tik und der deut­schen Über­set­zung des Mess­ka­nons – Teil 1 « kath­news, auf­ge­ru­fen am 2. Mai 2023, dort wird der Leser auch zum zwei­ten Teil die­ser mei­ner eige­nen Beschäf­ti­gung mit dem Römi­schen Kanon weitergeleitet.

52 Vgl. Meß­ner, R., Unter­schied­li­che Kon­zep­tio­nen des Meß­op­fers in Bedeu­tung und Deu­tung der Inter­zes­sio­nen des römi­schen Canon mis­sae, in: Albert Gerhards/​Klemens Rich­ter (Hrsg.), Das Opfer. Bibli­scher Anspruch und lit­ur­gi­sche Gestalt, Frei­burg im Breis­gau 22000, S. 128–184, hier: S. 168.

53 Vgl. Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. 222–225.

54 Ebd., S. 228.

55 Vgl. ebd., S. 229.

56 Vgl. Ebner, A., Quel­len und For­schun­gen zur Geschich­te und Kunst­ge­schich­te des Mis­sa­le Roma­num im Mit­tel­al­ter, Frei­burg im Breis­gau 1896, Graz 21957 (= pho­to­me­cha­ni­scher Nach­druck der Aka­de­mi­schen Druck- und Ver­lags­an­stalt Graz), fort­an zitiert als Ebner, Quel­len und For­schun­gen, S. 406–410, vgl. dage­gen Lang, The Roman Mass (wie Anm. 4), S. 122f, dem zufol­ge das Phä­no­men sogar auf die erste Hei­li­gen­li­ste beschränkt war.

57 Vgl. Ebner, Quel­len und For­schun­gen (wie Anm. 56), S. 410, Anm. 4.

58 Hier könn­te man ein erstes Mal auf die reich­hal­ti­ge Bild­spra­che des zu Beginn schon erwähn­ten Iko­nen­kreu­zes von San Dami­a­no zurück­kom­men, was etwas spä­ter noch gesche­hen wird: vgl. Kreid­ler-Kos/­Ku­ster, Das Kreuz von San Dami­a­no (wie Anm. 2), S. 25f.

59 Vgl. Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. 258f.

60 Vgl. ebd., 253.

61 Ebd., a. a. O.

62 Ebd., S. 150–155 und passim.

63 Vgl. Lang, The Roman Mass (wie Anm. 4), S. 120.

64 Vgl. Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. 240.

65 Ebd., S. 240f.

66 Vgl. Olver, M. S. C., https://​www​.aca​de​mia​.edu/​3​5​9​8​3​4​7​5​/​H​o​c​_​e​s​t​_​s​a​c​r​i​f​i​c​i​u​m​_​l​a​u​d​i​s​_​T​h​e​_​I​n​f​l​u​e​n​c​e​_​o​f​_​H​e​b​r​e​w​s​_​o​n​_​t​h​e​_​O​r​i​g​i​n​_​S​t​r​u​c​t​u​r​e​_​a​n​d​_​T​h​e​o​l​o​g​y​_​o​f​_​t​h​e​_​R​o​m​a​n​_​C​a​n​o​n​_​M​i​s​sae, auf­ge­ru­fen am 3. Mai 2023, S. 326. Auf die­se wich­ti­ge phi­lo­so­phi­sche Dis­ser­ta­ti­on eines Geist­li­chen der Epi­skopal­kir­che in den USA, mit der die­ser 2018 pro­mo­viert wur­de, bin ich nur dank eines Hin­weis Peter A. Kwas­niew­skis auf­merk­sam gewor­den, wofür ich ihm an die­ser Stel­le noch­mals dan­ken möch­te. Lei­der ist die­se tief­schür­fen­de Pro­mo­ti­ons­schrift auch 2023 immer noch nicht als Buch verfügbar.

67 Vgl. ebd., S. 220.

68 Vgl. Kreid­ler-Kos/­Ku­ster, Das Kreuz von San Dami­a­no (wie Anm. 2), S. 47.

69 Vgl. ebd., S. 38f.

70 Vgl. ebd., S. 24f.

71 Vgl. ebd., S. 39.

72 So zeigt es etwa einen Hahn in der Dop­pel­funk­ti­on, an den Ver­rat Petri zu erin­nern und gleich­zei­tig für den Auf­er­ste­hungs­mor­gen zu ste­hen, vgl. ebd., S. 35f oder den Haupt­mann, des­sen Rech­te mit drei gestreck­ten und zwei gekrümm­ten Fin­gern den Kern sei­nes Cre­dos aus­drückt: Die drei gestreck­ten Fin­ger ste­hen für die Tri­ni­tät, die zwei gebeug­ten für die gött­li­che und mensch­li­che Natur in Jesus Chri­stus, vgl. ebd., S. 30. Man beach­te auch die inter­es­san­te Über­ein­stim­mung mit der Stel­lung der Fin­ger in der Dar­stel­lung der Hand Got­tes, die zugleich auf den zum Him­mel auf­fah­ren­den Auf­er­stan­de­nen hin­deu­tet, vgl. ebd., S. 39 und die Detail­ab­bil­dun­gen 3 und 7 im unpa­gi­nier­ten Bildteil.

73 Vgl. ebd., S. 40.

74 Vgl. Kwas­niew­ski, The One and Future Roman Rite, S. 244f.

75 Thal­ho­fer, V., Das Opfer des alten und des neu­en Bun­des mit beson­de­rer Rück­sicht auf den Hebrä­er­brief und die katho­li­sche Meß­op­fer­leh­re exege­tisch-dog­ma­tisch gewür­digt, Regens­burg 1870, fort­an zitiert als Thal­ho­fer, Opfer, S. 243, Anm. 1.

76 Vgl. Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. 231, Anm. 21.

77 Thal­ho­fer, Opfer (wie Anm. 77), a. a. O.

78 Vgl. DH 1764, wo zusätz­lich zur p. con­se­cran­di und p. offe­ren­di (in die­ser Rei­hen­fol­ge) noch eine p. mini­stran­di unter­schie­den wird, offen­sicht­lich ist damit die Voll­macht zur Ver­wal­tung und fei­er­li­chen Spen­dung der Eucha­ri­stie gemeint, vgl. die in DH 1613 genann­te admi­ni­stra­tio sacra­men­torum.

79 Vgl. DH 1771, wo nur die p. con­se­cran­di und die p. offe­ren­di, mit denen Thal­ho­fer argu­men­tiert, erscheinen.

80 Thal­ho­fer, V., Die Opfer­leh­re des Hebrä­er­brie­fes und die katho­li­sche Leh­re vom hl. Meß­op­fer. Eine dog­ma­tisch-exege­ti­sche Abhand­lung als Pro­gramm zum Schlus­se des Stu­di­en­jah­res 1845/​55, Dil[l]ingen [a. d. Donau] 1855, S. 24. Die Recht­schrei­bung Thal­ho­fers weicht 1855 noch stär­ker als in sei­nem Buch von 1870 von der uns als klas­sisch geläu­fi­gen, die bis 1996 gegol­ten hat, und von der neu­en amt­li­chen Recht­schrei­bung seit 2006 ab. Sei­ne Ortho­gra­phie wur­de jedoch jeweils gewusst unver­än­dert beibehalten.

81 Vgl. Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. 263–277.

82 Vgl. ebd., S. 264.

83 Vgl. ebd., S. 267f.

84 Vgl. ebd., S. 268.

85 Vgl. ebd., S. 266.

86 Vgl. Lang, The Roman Mass (wie Anm. 4), S. 119.

87 Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. 268.

88 Vgl. Lang, The Roman Mass, a. a. O.

89 Vgl. ebd., S. 120.

90 Casel, O., JLw 7 (1927), S. 173, Kur­siv­set­zun­gen im Text. Es han­delt sich dabei um eine Rezen­si­on Casels zum 1927 damals gera­de in 1. Auf­la­ge erschie­ne­nen Laa­cher Volks­meß­buch sei­nes jugend­li­chen Mit­bru­ders und spä­te­ren Laa­cher Abtes Urba­nus Bomm OSB. Auch bei Casel wird des­sen ori­gi­na­le Recht­schrei­bung beibehalten.

91 Ebd., a. a. O.

92 Als aller­er­stes lat.-dt. Hand­mess­buch für den über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus über­haupt folgt das Volks­mis­sa­le der Prie­ster­bru­der­schaft St. Petrus in sei­ner neue­sten Auf­la­ge erst­mals der Anre­gung Casels und gibt das Myste­ri­um fidei mit „Myste­ri­um des Glau­bens“ wie­der, Ramm, M., Volks­mis­sa­le. Das voll­stän­di­ge Römi­sche Mess­buch nach der Ord­nung von 1962, lateinisch/​deutsch, Thal­wil 42022, S. *36, rech­te Spal­te. Die ohne­hin sicher beste deut­sche Über­set­zung, die es in einem Hand­mess­buch je gege­ben hat, hat in die­ser jüng­sten Auf­la­ge des Volks­mis­sa­les auch an wei­te­ren Stel­len viel­fach noch sehr an Prä­zi­si­on und Qua­li­tät gewonnen.

93 Vgl. Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. 276. Es ist des­we­gen sehr bedau­er­lich, dass der Ver­le­ger gemeint hat, in sei­ner Vor­be­mer­kung zu The Once and Future Roman Rite ängst­lich-ver­zagt beteu­ern zu müs­sen, dass „der Novus Ordo eine gül­ti­ge Mes­se ist, in der [die Gegen­wart von, Anm. C. V. O.] Leib und Blut Chri­sti wirk­sam zustan­de kommt“ vgl. ebd., S. xii. Auch ohne die­se Mög­lich­keit zu bestrei­ten, muss man unum­wun­den sagen, dass die ange­führ­te Aus­sa­ge aus­ge­rech­net auf dem ver­kürz­ten Mini­ma­lis­mus eines Ver­ständ­nis­ses von sakra­men­ta­ler Gül­tig­keit beruht, das der Autor sein gan­zes Buch hin­durch immer wie­der so nach­voll­zieh­bar und über­zeu­gend ablehnt.

94 FQ (wie Anm. 1), S. 121f (= Fran­zis­kus von Assi­si, Kler 1–3).

95 Vgl. The Once and Future Roman Rite, S. 279–311.

96 Ebd., S. 280, Kur­siv­set­zung ent­spre­chend dem eng­li­schen Originaltext.

97 Vgl. ebd., S. 313–331.

98 Auch die Wahl des Buch­ti­tels ist für eng­li­sche Ohren eine sol­che, ist er doch an The Once and Future King ange­lehnt, den Titel eines mehr­tei­li­gen, zuerst 1958 erschie­ne­nen Romans des bri­ti­schen Schrift­stel­lers Terence Han­bu­ry White. Inhalt­li­che Par­al­le­len zur The­ma­tik sei­nes eige­nen Buches möch­te Kwas­niew­ski damit nicht her­stel­len oder behaup­ten, son­dern ledig­lich an die pho­ne­ti­sche Qua­li­tät und Grif­fig­keit des Titels im Eng­li­schen anschließen.

99 Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. 72f.

100 Vgl. ebd., S. 333–375.

101 Vgl. ebd., S. 337f.

102 Vgl. ebd., S. 368.

103 Vgl. ebd., S. 340–363.

104 Vgl. ebd., S. 363–365.

105 Brehm, F., Die Neue­run­gen im Mis­sa­le zusam­men­ge­stellt und erläu­tert, Regens­burg 1920. Auch im Fal­le die­ses Buches wird die Recht­schrei­bung wie im Ori­gi­nal übernommen.

106 Ders., ebd., S. 4.

107 Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. 374f.

108 Vgl. ebd., S. 377f.

109 Vgl. ebd., S. 378.

110 Vgl. ebd., S. 403–412.

111 Vgl. ebd., S. 413–435.

112 FQ, (wie Anm. 1), S. 13.

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