Ein neuer schmerzlicher Fall: Die Entscheidung von Don Pompei

Gibt es eine Alternative zur katholischen apostolischen römischen Kirche?


Don Leonardo Pompei, ein wegen seines intensiven Apostolats in den sozialen Medien bekannter Priester, erklärte, nicht mehr in der Gemeinschaft mit dem Papst und den Bischöfen zu stehen.
Don Leonardo Pompei, ein wegen seines intensiven Apostolats in den sozialen Medien bekannter Priester, erklärte, nicht mehr in der Gemeinschaft mit dem Papst und den Bischöfen zu stehen.

Von Rober­to de Mattei*

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Nach den „Fäl­len“ von Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò1, Don Ales­san­dro Minu­tel­la2 und Pater Gior­gio Farè3 erreicht uns nun ein nicht weni­ger schwer­wie­gen­der und schmerz­li­cher Fall: der von Don Leo­nar­do Pom­pei, einem Prie­ster, der sich bis­lang durch sei­ne Ortho­do­xie und mora­li­sche Hal­tung aus­ge­zeich­net hat.

Am 29. August 2025 teil­te Don Pom­pei, Pfar­rer von S. Maria Ass­un­ta in Cie­lo in Ser­mo­ne­ta, in einem Schrei­ben an den Bischof von Lati­na, Mon­si­gno­re Maria­no Cro­cia­ta, sei­nem kirch­li­chen Vor­ge­setz­ten, mit, daß er sich nicht län­ger in Gemein­schaft mit dem Diö­ze­san­bi­schof und der kirch­li­chen Hier­ar­chie befinde.

Am Mor­gen des 4. Sep­tem­ber 2025 benach­rich­tig­te Mon­si­gno­re Cro­cia­ta den Prie­ster über ein Dekret, das sei­ne Sus­pen­die­rung „von allen Hand­lun­gen der Ordo­ge­walt, von allen Hand­lun­gen der Regie­rungs­ge­walt und von der Aus­übung aller Rech­te oder Funk­tio­nen im Zusam­men­hang mit sei­nem Amt“ vor­sieht. „Jede Hand­lung der Regie­rung, die vom genann­ten Prie­ster vor­ge­nom­men wer­den soll­te, ist als ungül­tig zu betrach­ten. Dem ehrw. Don Leo­nar­do Pom­pei wird die Dis­pen­sa­ti­on von der Pflicht zum Tra­gen des geist­li­chen Gewan­des gewährt, und es wird ihm unter­sagt, sich öffent­lich als Prie­ster zu präsentieren.“

Laut einer Erklä­rung des Bis­tums kam es zu die­ser Ent­schei­dung auf­grund der Ver­let­zung des straf­recht­li­chen Gebots, das Mon­si­gno­re Cro­cia­ta Don Pom­pei am 2. Sep­tem­ber erteilt hat­te. „Es wur­de ihm befoh­len und auf­er­legt, unter Andro­hung der Sus­pen­die­rung, kein Tref­fen oder kei­ne Ver­samm­lung mit den Gläu­bi­gen der Pfar­rei S. Maria Ass­un­ta in Cie­lo in Ser­mo­ne­ta ein­zu­be­ru­fen und jede Art von Akti­vi­tät in sozia­len Medi­en aus­zu­set­zen.“ Statt­des­sen ver­stieß Don Pom­pei am Abend des 3. Sep­tem­ber „gegen das ihm auf­er­leg­te Gebot“, indem er ein Online-Tref­fen ein­be­rief, das für jeden zugäng­lich war, der sich über Inter­net ein­wäh­len konn­te, und es live auf der Social-Media-Platt­form You­Tube über­trug. „Mit die­sem Ver­hal­ten hat der ehrw. Don Leo­nar­do Pom­pei ‚in posi­ti­ver und öffent­li­cher Form‘ gegen die Ver­pflich­tung zum Gehor­sam gegen­über sei­nem Ordi­na­ri­us ver­sto­ßen, sodaß der näch­ste Schritt die Sus­pen­die­rung vom prie­ster­li­chen Amt war“, so die Erklä­rung des Bis­tums Latina.

Don Pom­pei hat die­se Dar­stel­lung der Ereig­nis­se nicht bestrit­ten und auch die kano­ni­sche Recht­mä­ßig­keit des Dekrets nicht ange­foch­ten. Am 4. Sep­tem­ber 2025 ver­öf­fent­lich­te er ein Video auf You­Tube, in dem er sei­ne „leid­vol­le, aber unver­meid­li­che Ent­schei­dung“ detail­liert dar­leg­te. In einem dar­auf fol­gen­den Video am näch­sten Tag, in dem er „Erläu­te­run­gen“ gab, bezeich­ne­te er sich mit ruhi­gem Gemüt als „Schis­ma­ti­ker“. Dies ist ein erster Punkt, den es zu beto­nen gilt. Man spielt nicht mit Wor­ten. Don Pom­pei hat sich als Schis­ma­ti­ker bezeich­net, weil er gemäß dem kano­ni­schen Recht, dem Rechts­sy­stem der Kir­che, weiß, daß er es ist. Jesus Chri­stus hat näm­lich nicht nur eine geist­li­che Bot­schaft ver­kün­det, son­dern eine hier­ar­chi­sche Gesell­schaft ins Leben geru­fen, der er in den Apo­steln, mit Petrus als dem Haupt (vgl. Mt 16, 18–19; Joh 21, 15–17), die Auto­ri­tät gab, die Gläu­bi­gen zu leh­ren, zu lei­ten und zu heiligen.

Für die Kir­chen­vä­ter ist das Schis­ma eine der schwer­wie­gend­sten Sün­den, oft als eben­so schlimm oder schlim­mer als die Häre­sie ange­se­hen, weil es die Auto­ri­tät der Kir­che leug­net und die Ein­heit des Lei­bes Chri­sti zer­reißt. Das Urteil von Augu­sti­nus ist ein­deu­tig: „Nihil gra­vi­us est quam schis­ma“ (Enar­ra­tio­nes in Psal­mos, 30, 2,7); das Schis­ma ist schwe­rer als der blo­ße dok­tri­nel­le Irr­tum, weil der, der im Schis­ma lebt, die brü­der­li­che Lie­be und somit das Heil ver­liert, selbst wenn er die wah­re Leh­re bewahrt (De Bap­tis­mo, 1,1). Wäh­rend die Häre­ti­ker eine per­ver­se Leh­re ver­tre­ten, tren­nen sich die Schis­ma­ti­ker von der brü­der­li­chen Lie­be; „dar­um sagen sie ver­geb­lich, Chri­sten zu sein, obwohl sie das glei­che über Gott glau­ben wie wir“ (Con­tra Faustum, 20,3).

Don Pom­pei erklärt, daß er nicht län­ger in der Lage sei, sein Amt in der heu­ti­gen Kir­che aus­zu­üben, und daß er beschlos­sen habe, die Kir­che zu ver­las­sen, um die „Kir­che von jeher“ zu wäh­len, nach­dem er in die­sem Jahr die „Welt der Tra­di­ti­on“ ken­nen­ge­lernt habe. Doch eini­ge Fra­gen drän­gen sich auf.

Don Pom­pei, gebo­ren 1971, wur­de 2004 zum Prie­ster geweiht. Hat er erst jetzt, 2025, die Exi­stenz einer „Welt der Tra­di­ti­on“ ent­deckt, die es schon seit über fünf­zig Jah­ren gibt? Pro­fes­sor Pli­nio Cor­rêa de Oli­vei­ra sprach bereits am 15. Janu­ar 1976 in einer Eröff­nungs­re­de zur XXVI. Anti­kom­mu­ni­sti­schen Schu­lungs­wo­che, eini­ge Mona­te vor dem media­len Aus­bruch des soge­nann­ten „Lefeb­v­re-Fal­les“, klar von der Exi­stenz zwei­er gro­ßer Strö­mun­gen inner­halb der katho­li­schen Kir­che: der pro­gres­si­ven und der tra­di­tio­na­li­sti­schen. „Die Auf­fas­sun­gen die­ser Strö­mun­gen sind dia­me­tral ent­ge­gen­ge­setzt, in völ­li­ger Kon­fron­ta­ti­on. Es ist nicht mög­lich, daß bei­de gleich­zei­tig rich­tig sind, weil zwei gegen­sätz­li­che Posi­tio­nen nicht gleich­zei­tig wahr sein kön­nen. (…) Der gro­ße Kampf der Gegen­wart ist nicht nur – und ich füge hin­zu, nicht haupt­säch­lich – der Kampf der Katho­li­ken gegen die Kom­mu­ni­sten oder gegen die Nicht­ka­tho­li­ken. Das gro­ße Zen­trum des zeit­ge­nös­si­schen Kamp­fes – der gewal­ti­ge Kampf zwi­schen Wahr­heit und Irr­tum, zwi­schen Gut und Böse, der über­all geführt wird – fin­det im Innern der Hei­li­gen Katho­li­schen Kir­che statt: der Kampf zwi­schen Tra­di­tio­na­li­sten und Progressisten.“

Pro­fes­sor de Oli­vei­ra war bis zu sei­nem Tod 1995 ein Ver­tre­ter der tra­di­tio­na­li­sti­schen und gegen­re­vo­lu­tio­nä­ren Sache, aber er trat nie­mals aus der Kir­che aus, noch wur­de er von ihr mit Sank­tio­nen belegt. Auch Mon­si­gno­re Lefeb­v­re, der 1988 exkom­mu­ni­ziert wur­de, weil er vier Bischö­fe weih­te, erklär­te die Exkom­mu­ni­ka­ti­on für „null und ohne Wert“, weil der Kodex des kano­ni­schen Rechts kei­ne Stra­fe für die­je­ni­gen vor­sieht, die im Zustand der Not han­deln (can. 1323 und 1324), stell­te jedoch nie­mals die Legi­ti­mi­tät der kirch­li­chen Auto­ri­tät infra­ge, die sie aus­ge­spro­chen hat­te und die sie 2009 aufhob.

Don Pom­pei erklärt, daß er die Neue Mes­se und das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil ableh­ne, die er jedoch 20 Jah­re lang akzep­tier­te. War­um hat er sie akzep­tiert? Um der Auto­ri­tät der Kir­che zu gehor­chen, wenn auch mit gro­ßer inne­rer Qual, wie er in sei­nen Vide­os erklär­te. Und heu­te, um das abzu­leh­nen, was er gestern akzep­tiert hat­te, stellt er die Auto­ri­tät der Kir­che infra­ge. Der Feh­ler von Don Pom­pei, der vie­len derer, die zum Sedis­va­kan­tis­mus abdrif­ten, gemein ist, ist eine miß­ver­stan­de­ne Auf­fas­sung von der kirch­li­chen Auto­ri­tät. Zunächst akzep­tiert man von der Auto­ri­tät der Kir­che auch das, dem man hät­te wider­ste­hen kön­nen; dann, aus der Annah­me her­aus, daß die Auto­ri­tät immer recht hat, lehnt man nicht nur den Befehl ab, der unge­recht erscheint, son­dern auch die Auto­ri­tät selbst, die ihn erlas­sen hat. In Wirk­lich­keit kann eine Auto­ri­tät unge­rech­te Sank­tio­nen gegen einen Prie­ster ver­hän­gen (Sus­pen­die­rung a divi­nis, Exkom­mu­ni­ka­ti­on, Rück­ver­set­zung in den Lai­en­stand), aber der unge­rech­te Befehl macht die Auto­ri­tät der Kir­che nicht ungül­tig. Bischö­fe sind nicht unfehl­bar in der Lei­tung der Kir­che, aber die Exi­stenz einer hier­ar­chi­schen Kir­che ist eine Wahr­heit, die 1870 vom Ersten Vati­ka­ni­schen Kon­zil als unfehl­bar ver­kün­det wur­de (DS 3064) und 1943 von Papst Pius XII. in der Enzy­kli­ka Mysti­ci cor­po­ris (DS 3808; 3827) bekräf­tigt wurde.

Der Auto­ri­tät kann man manch­mal auch öffent­lich wider­ste­hen, wie es 2017 mit der „Cor­rec­tio filia­lis“ an Papst Fran­zis­kus geschah, aber man darf nicht auf Punk­te unge­hor­sam sein, die die katho­li­sche Glau­bens- und Sit­ten­leh­re nicht direkt betref­fen. Bei­spiels­wei­se kann ein Prie­ster sich wei­gern, die Kom­mu­ni­on auf der Hand zu spen­den, da er dies als unge­bühr­lich gegen­über Gott ansieht, aber er kann sich nicht wei­gern, dem Befehl des Bischofs zu fol­gen, eine Blog-Akti­vi­tät aus­zu­set­zen, da die­ser Akt an sich kei­nen reli­giö­sen oder mora­li­schen Grund­satz ver­letzt. Der Bischof hat den gött­li­chen Auf­trag, das gemein­sa­me Wohl sei­ner Her­de zu wah­ren, und er kann bei der Aus­übung die­ses Rechts Feh­ler machen, aber der Prie­ster hat die Pflicht, den Anord­nun­gen des Bischofs zu gehor­chen, bei dem er inkar­di­niert ist, es sei denn, es han­delt sich um einen Befehl, der ein Natur- oder Got­tes­ge­setz verletzt.

Don Pom­pei erklärt, daß er die hier­ar­chi­sche Gemein­schaft mit der heu­ti­gen katho­li­schen Kir­che ableh­ne, um sich einer „alter­na­ti­ven“ Kir­che anzu­schlie­ßen. Aber wohin wird er gelan­gen? Gibt es eine „Kir­che von jeher“, die eine Alter­na­ti­ve zur katho­li­schen apo­sto­li­schen römi­schen Kir­che dar­stellt, die heu­te in Leo XIV. den legi­ti­men Nach­fol­ger Petri hat?

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017, und Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil. Eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, 2. erw. Aus­ga­be, Bobin­gen 2011.
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Übersetzung/​Fußnoten: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana


1 Sie­he: Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò wur­de exkom­mu­ni­ziert.

2 Sie­he: Prie­ster wird wegen Kri­tik an Papst Fran­zis­kus „exkom­mu­ni­ziert“.

3 Sie­he: Der „ver­hin­der­te Stuhl“ von Bene­dikt XVI. – ein Nar­ra­tiv ohne Bewei­se (Teil 1).

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