
Sie heißen nicht „Kommissare“, sind es aber faktisch. Der berufungsstarken französischen Communauté Saint-Martin wurden von Rom zwei Apostolische Assistenten „zur Seite gestellt“. Grund dafür ist, weil die Gemeinschaft so viele Priesterberufungen hat. Für Rom offenbar ein Grund, Verdacht zu schöpfen.
Der 1976 gegründeten Priestergemeinschaft päpstlichen Rechts, die auch über eine deutsche Ausgabe ihrer Internetseite verfügt, wurde von Santa Marta eine „erzwungene Begleitung“ verordnet, wie es Nico Spuntoni von der katholischen Online-Zeitung La Nuova Bussola Quotidiana nennt.
In Europa gibt es in der Nachkonzilszeit unter den geistlichen Gemeinschaften zwei auffallende Stränge, die jeweils auf einen bedeutenden Kirchenmann zurückgehen und sich durch viele Berufungen und Wachstum auszeichnen. Ihre Entwicklung kontrastiert mit der Berufungswüste, die andere Orden und auch Diözesen erleben.
Was ist das entscheidende Unterscheidungsmerkmal dieser beiden Stränge? Beide sind traditionalistisch oder stehen der Tradition zumindest nahe. Der eine Strang geht auf den Genueser Erzbischof Giuseppe Kardinal Siri zurück (1906–1989), der andere Strang auf Erzbischof Marcel Lefebvre (1905–1991). Es ist dabei kein Zufall, daß beide faktisch Altersgenossen waren.
Beide zogen in der Nachkonzilszeit Berufungen an, junge Männer, die sie zu Priestern weihten. Beide gaben direkt oder indirekt Anstoß zur Gründung heute blühender Gemeinschaften. Was an Gemeinschaften der Tradition nicht direkt oder indirekt auf Erzbischof Lefebvre zurückgeht (Piusbruderschaft, Petrusbruderschaft, Institut du Bon Pasteur, Transalpine Redemptoristen usw.) geht auf Kardinal Siri zurück (Institut Christus König und Hohepriester sowie das Opus Mariae Matris Ecclesiae und die Communauté Saint-Martin, wobei es bei letzteren Bezugspunkte sowohl zu Erzbischof Lefebvre als auch Kardinal Siri gab).

Französische Priester wie Gilles Wach, Gründer des Instituts Christus König und Hohepriester, und Jean-François Guérin (1929–2005), Gründer der Gemeinschaft St. Martin, verließen wegen der nachkonziliaren Verwerfungen Frankreich in den 70er Jahren und suchten Asyl bei Kardinal Siri in Genua.
Wenn Santa Marta Kommissare entsendet, oder eben in diesem Fall „Assistenten“, dann richtet sich die Maßnahme in der Regel gegen eine traditionalistische oder konservative Gemeinschaft. Die Stoßrichtung ist unter Franziskus eindeutig. Im konkreten Fall sind es die vielen Berufungen der in Frankreich stark verankerten Gemeinschaft St. Martin, die Rom aufschrecken. Die Verschiebungen in den französischen Priesterseminaren und unter den dortigen Neupriestern sind eindeutig. Dabei handelt es sich um einen anhaltenden Trend. Während es auf „neutraler“ und progressiver Seite immer weniger Berufungen gibt, wächst der verhältnismäßige Anteil traditionalistischer und konservativer Neupriester am Klerus kontinuierlich.
Und so nimmt Rom nun die Gemeinschaft St. Martin unter die Lupe. Am 4. Juli wurden vom Klerusdikasterium (vormals Kleruskongregation), seit 2021 geleitet vom Südkoreaner Lazarus You Heung-sik, der 2022 von Papst Franziskus zum Kardinal kreiert wurde, zwei „Apostolische Assistenten“ für die Communauté Saint-Martin ernannt. Es handelt sich um Msgr. Matthieu Dupont, den Bischof von Laval, und um den Dogmatiker François-Marie Humann, Abt der Prämonstratenserabtei Mondaye. Sie werden die Gemeinschaft in den kommenden drei Jahren „begleiten“. Weltliche und offiziell katholische Medien wußten sogleich von „schweren Vorwürfen“ gegen die Gemeinschaft zu berichten, weshalb die „kommissarische“ Begleitung notwendig geworden sei. Ein solcher Schritt ist weder ohne die Billigung von Papst Franziskus noch ohne die Unterstützung von zumindest einem Teil des französischen Episkopats denkbar.
Die Communauté Saint-Martin war durch Jean-François Guérin gegründet und mit der Unterstützung von Kardinal Siri 1976 in Genua kanonisch errichtet worden. Kardinal Siri stellte ihr dafür das aufgelassene Kapuzinerkloster von Voltri zur Verfügung. Der Kardinal erklärte die Gründung der Gemeinschaft mit klaren Worten:
Sie erfolge „für die Ausbildung französischer Seminaristen, die das Priestertum anstreben, aber die Verwirrung einiger moderner Priesterseminare nicht akzeptieren“.
Siris Nachfolger beendete, nicht zuletzt wegen des Drucks aus Frankreich, die Unterstützung. Dafür konnte die Gemeinschaft St. Martin 1993 in ihre Heimat zurückkehren und sich in der Diözese Blois niederlassen. Damals zählte die Gemeinschaft 31 Seminaristen, heute sind es mehr als 100. Diese erste Zahl verdeutlicht die Lebendigkeit und das Wachstum der Gemeinschaft, die „eine wichtige Ausnahme in der Berufungswüste im ehemals ‚sehr katholischen‘ Frankreich darstellt“, so NBQ.

Inzwischen greifen immer mehr französische Bistümer auf die Gemeinschaft zurück, rufen sie zu sich, um ihren eigenen Berufungsrückgang auszugleichen. Die Communauté Saint-Martin umfaßt heute immerhin 185 Priester und Diakone.
In Santa Marta scheint aber nicht die allgemeine „Berufungswüste“ zu besorgen, sondern der Berufungsboom, den diese Priestergemeinschaft erlebt, die nicht altrituell ist, aber doktrinär an der Tradition anzuknüpfen versucht.
Der Verdacht, den Rom bestätigt, ist nicht neu: Wer keine Priesterberufungen will, bekommt auch keine (siehe auch: Warum gibt es volle Priesterseminare, während andere schließen?). Noch schlimmer wiegt allerdings, wenn lebendige Quellen durch die kirchliche Autorität eingeengt, bekämpft und ausgetrocknet werden. Man denke an die mit großen Schritten wachsenden Orden der Franziskaner der Immakulata, der gleich nach dem Amtsantritt von Papst Fanziskus von diesem lahmgelegt und abgewürgt wurde. Selbst jene Priester, die jahrelang mit Engelsgeduld alle Drangsal der römischen Kommissare ertrugen, kehren inzwischen dem Orden den Rücken, weil sie „keine Zukunft“ mehr in ihm sehen.
Die römische Vorgehensweise folgt einem sich wiederholenden Muster. Jemand denunziert eine Gemeinschaft in Rom, worauf man dort erklärt, handeln zu müssen – nicht aus Eigeninitiative, sondern aufgrund dieser Beschwerde. Es werden Visitatoren entsandt, deren Bericht allerdings nur bedingt eine Rolle spielt, denn die im nächsten Schritt erfolgende Entsendung von Kommissaren steht manchmal bereits fest. Die Visitation ist dann nur eine Pflichtübung, um das Prozedere einzuhalten.
Die Gemeinschaft St. Martin hatte 2022/23 Besuch von einem Apostolischen Visitator. Dafür hatte Rom Msgr. Benoît Bertrand, Bischof von Pontoise, ernannt. Anschließend hieß es, die Visitation habe das Bild des Gründers Jean-François Guérin in ein „schlechtes Licht“ gerückt. „Hört, hört“, möchte man in Anlehnung an eine einst nicht nur im britischen Unterhaus geübte Gepflogenheit ausrufen.

Der römische Vorwurf lautet auf „mißbräuchliches Klima bei der Ausübung der Autorität“. Die beiden römischen Kommissare, recte Assistenten, erklärten, es gehe darum, „Wahrheit und Klarheit in die Gründungszeit der Gemeinschaft Saint-Martin, in die Persönlichkeit des 2005 verstorbenen Gründers und in die Tatsachen zu bringen, die ihm von mehreren ehemaligen Mitgliedern der Gemeinschaft vorgeworfen werden“.
Das Drehbuch ist bekannt. Worum es tatsächlich zu gehen scheint, haben die von Rom verordneten „Begleiter“ nämlich auch angedeutet. In ihrer Erklärung sagten Bischof Dupont und Abt Humann:
daß „es auch notwendig sein wird, an der Frage der Berufungspastoral und der Annahme von Berufungen zu arbeiten, insbesondere bei den Jüngsten, um eine bessere Unterscheidung und Umsicht beim Eintritt in die Ausbildung zu gewährleisten. Es wird auch darum gehen, den Erneuerungsprozeß der Grundausbildung und der ständigen Weiterbildung im Lichte der römischen und nationalen Normen zu unterstützen“.
Aus diesen Worten spreche „die römische Intoleranz gegenüber zu vielen Berufungen in dieser Gemeinschaft mit konservativer Tendenz, die durch die Versorgung von dreißig Diözesen mit Priestern die Gefahr birgt, halb Frankreich ‚anzustecken‘“, so Nico Spuntoni.
Zu den Charismen der Gemeinschaft St. Martin gehört die rubrikentreue und feierliche Zelebration der Liturgie, die Pflege des Gregorianischen Chorals, das Tragen der Soutane… Es handelt sich nicht um eine Gemeinschaft der Tradition, aber um eine Novus-Ordo-Gemeinschaft, die sich um Traditionsnähe bemüht. Doch obwohl die Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils anerkannt werden und nach dem Missale Romanum von 1969 zelebriert wird, fielen die Argusaugen von Santa Marta auf diese Gemeinschaft, die nun die Entsendung von Zwangsbegleitern erlebt mit allen damit verbundenen Risiken, die von mehr oder weniger einschneidenden „Korrekturen“ bis zur faktischen Vernichtung reichen können. Wer weiß das schon genau.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/communautesaintmartin.org/de
Und wieder wird klar, dass Bergoglios Santa Martha Kirche nicht die Una Sancta Catholica et Apostolica Ecclesia ist. Andererseits drängt sich die Frage auf, dass der Herr beruft, und zulässt, dass die Berufungen von Bergoglio abgewürgt werden.
Ad FSSPX: Eine Blüte sieht anders aus. Die Weihen sind rückläufig, man hat in den USA zwar sehr groß gebaut und baut derzeit in Zaitzkofen, aber es gibt nicht mehr Eintritte und auch nicht mehr Weihen, in Dillwyn und Econe sogar deutlich weniger. Und Holy Cross in Australien scheint endgültig Geschichte zu sein.
Die Wahrheit ist: Priester nach dem Herzen Jesu sind unerwünscht. In Deutschland schon lange, in Rom unter Franziskus nun eben auch. Eine schöne Pleite, Heiliger Vater! Hier hat wohl jemand das Evangelium hinten und vorne nicht verstanden!
Papst Franziskus will eben, und das ist bereits seit langem bekannt, auch keine Traditionsnähe, sondern die Kirche im Geist des II. Vatikanischen Konzils und im Geist des Franziskuspontifikates.
Als Papst hat er auch das Recht und die Mittel, seine Sichtweise durchzusetzen.
Recht, Mittel, Sichtweise?
Die Wahrheit hat er nicht, sucht sie nicht einmal. Und so ist dies alles Tand.
Die nächste Gemeinschaft, die zerschlagen wird, Herr stehe den armen Priestern, Diakonen und Seminaristen bei.
Hosea 4,6: „Mein Volk kommt um, weil ihm die Erkenntnis fehlt. / Weil du die Erkenntnis verworfen hast, / darum verwerfe auch ich dich als meinen Priester. Du hast die Weisung deines Gottes vergessen; / deshalb vergesse auch ich deine Söhne.“
Hosea spricht hier von denen, die die Weisung Gottes verworfen haben. Die Söhne, die Schafe dieser Priester werden ebenfalls verworfen.
Ezechiel 34,11: „Denn so spricht Gott, der Herr: Jetzt will ich meine Schafe selber suchen und mich selber um sie kümmern.“
Auch die Priester werden im laufenden Gericht zu Schafen, die der Herr hütet.
Es ist ein Scheideweg, an dem sich die Gemeinschaft Saint-Martin befindet. Sie kann sich geschlossen für den Herrn entscheiden. Dann kann der Ursupator aus Rom ihnen nichts anhaben. Seine Änderungen an der Lehre und der Liturgie müssen von jedem gottesfürchtigen Priester verworfen werden.