Papst Franziskus: „Unmenschliche Kräfte am Werk, die das Ende der Welt beschleunigen wollen“

Die Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und dem Vatikan – und eine kryptische Aussage


Das verminte Feld der Beziehungen zwischen dem Vatikan und China: Papst Franziskus nahm am Dienstag mit einer Videobotschaft an einer diplomatisch hochbedeutsamen Tagung in Rom teil.
Das verminte Feld der Beziehungen zwischen dem Vatikan und China: Papst Franziskus nahm am Dienstag mit einer Videobotschaft an einer diplomatisch hochbedeutsamen Tagung in Rom teil.

(Rom) Am Diens­tag fand in Rom die Tagung „100 Jah­re chi­ne­si­sches Kon­zil: zwi­schen Geschich­te und Gegen­wart“ statt. Dar­an nah­men nicht nur regi­me­hö­ri­ge Kir­chen­ver­tre­ter teil. Erst­mals saß das Regime selbst am Tisch.

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Als regi­me­na­her kirch­li­cher Refe­rent ergriff Bischof Joseph Shen Bin von Schang­hai das Wort. Ver­tre­te­rin des Regimes war Zheng Xia­o­jun, Direk­to­rin des Insti­tuts für Welt­re­li­gio­nen der Chi­ne­si­schen Aka­de­mie der Sozi­al­wis­sen­schaf­ten sowie stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de und Gene­ral­se­kre­tä­rin der Chi­ne­si­schen Reli­gi­ons­ge­sell­schaft, eine Schlüs­sel­fi­gur der Reli­gi­ons­po­li­tik des kom­mu­ni­sti­schen Regimes, eine Exper­tin für den Buddhismus.

Die Ver­an­stal­tung war hoch­po­li­tisch, wäh­rend der Anlaß und das The­ma sekun­där blie­ben. Anlaß war der hun­dert­ste Jah­res­tag des Con­ci­li­um Sinen­se, des ersten und bis­her ein­zi­gen Kon­zils der katho­li­schen Kir­che Chi­nas, das von Mai bis Juni 1924 in Schang­hai statt­fand. Zum Ver­ständ­nis: Kon­zil oder Syn­ode hei­ßen alle Kir­chen­ver­samm­lun­gen der Bischö­fe. Die Kir­che unter­schei­det loka­le oder regio­na­le Kon­zi­le und als höch­ste Stu­fe die öku­me­ni­schen Kon­zi­le, also jene, die für die gesam­te Kir­che gelten.

Es waren an die­sem Tag aber weni­ger die vor­der­grün­dig gespro­che­nen Wor­te ent­schei­dend, son­dern die blo­ße Tat­sa­che, daß es erst­mals eine sol­che offi­zi­el­le chi­ne­si­sche Teil­nah­me gab, und die Bemü­hun­gen, zuvor­kom­mend einen mög­lichst har­mo­ni­schen Rah­men zu bieten.

Papst Fran­zis­kus nahm an der Tagung an der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät Urba­nia­na mit einer Video­bot­schaft teil. Er nann­te den Jah­res­tag einen „wert­vol­len Anlaß“. Die Kir­che in Chi­na habe vor hun­dert Jah­ren in Schang­hai „eine ech­te syn­oda­le Erfah­rung“ gemacht. „Der Hei­li­ge Geist brach­te sie zusam­men, ließ Har­mo­nie unter ihnen wach­sen, führ­te sie auf Wege, die sich vie­le von ihnen nicht hät­ten vor­stel­len kön­nen, und über­wand sogar Rat­lo­sig­keit und Wider­stand. So tut es der Hei­li­ge Geist, der die Kir­che leitet.“

Die Kon­zils­vä­ter die­ser chi­ne­si­schen Kir­chen­ver­samm­lung stamm­ten „aus fer­nen Län­dern“, so Fran­zis­kus in Anspie­lung dar­auf, daß es sich zur Gän­ze um euro­päi­sche Kir­chen­män­ner han­del­te, die als Mis­sio­na­re in dem fern­öst­li­chen Land wirk­ten. Vie­le von ihnen, so der Papst, sei­en noch nicht bereit gewe­sen, die Diö­ze­sen des Lan­des ein­hei­mi­schen Bischö­fen zu übergeben.

„Als sie dann auf dem Kon­zil zusam­men­ka­men, mach­ten sie alle eine ech­te syn­oda­le Rei­se und unter­zeich­ne­ten die Bestim­mun­gen, die der Kir­che, ein­schließ­lich des katho­li­schen Chi­nas, neue Wege eröff­ne­ten, um zuneh­mend ein chi­ne­si­sches Gesicht zu bekommen.“

Und wei­ter:

„Sie erkann­ten, dass dies der rich­ti­ge Schritt war, denn die Heils­ver­kün­di­gung Chri­sti kann jede mensch­li­che Gemein­schaft und jeden ein­zel­nen Men­schen nur errei­chen, wenn sie in sei­ner Mut­ter­spra­che gespro­chen wird.“

Die Chi­na-Tagung an der Urba­nia­na in Rom am 21. Mai wäh­rend der Video­bot­schaft von Papst Franziskus

Die bereits erfolgte Sinisierung der Kirche in China

Im zwei­ten Teil sei­ner Aus­füh­run­gen wür­dig­te Fran­zis­kus den dama­li­gen Apo­sto­li­schen Dele­ga­ten für Chi­na, Msgr. Cel­so Costan­ti­ni, der von Bene­dikt XV. mit dem Auf­trag nach Chi­na ent­sandt wor­den war, den Über­gang in der Kir­chen­lei­tung von euro­päi­schen Mis­si­ons­bi­schö­fen zu ein­hei­mi­schen chi­ne­si­schen Bischö­fen zu vollziehen.

„Costan­ti­ni wand­te eine wahr­haft mis­sio­na­ri­sche Sicht­wei­se auf die kon­kre­te Situa­ti­on an. Und er schätz­te die Leh­ren des Maxi­mum illud, des Apo­sto­li­schen Schrei­bens über die Mis­sio­nen, das 1919 von Papst Bene­dikt XV. ver­öf­fent­licht wor­den war. In Anleh­nung an die pro­phe­ti­sche Stoß­rich­tung die­ses Doku­ments wie­der­hol­te Costan­ti­ni ein­fach, dass die Mis­si­on der Kir­che dar­in bestehe, zu evan­ge­li­sie­ren und nicht zu kolonisieren.“

Fran­zis­kus sprach in die­sem Zusam­men­hang auch davon, daß das Kon­zil von Schang­hai „die in frü­he­ren Zei­ten vor­herr­schen­den fal­schen Ein­stel­lun­gen aus dem Weg räumte“.

Sol­che Wor­te sind vor allem für die heu­ti­ge chi­ne­si­sche Staats­füh­rung und ihren Drang nach Sini­sie­rung der Reli­gio­nen gedacht. Denn die „fal­schen Ein­stel­lun­gen“ waren in Wirk­lich­keit ein Han­deln der Kir­che im Rah­men der von ihr nicht beein­fluß­ba­ren äuße­ren Umstän­de. Die erste katho­li­sche Diö­ze­se in Chi­na war 1307 in Peking errich­tet wor­den. Ein Macht­wech­sel von der Yuan- zur Ming-Dyna­stie mach­te das Evan­ge­li­sie­rungs­werk jedoch bald wie­der zunich­te. Erst 1576 konn­te, mit der Errich­tung der Diö­ze­se Macao, wie­der dar­an ange­knüpft wer­den, nun­mehr aller­dings im Gefol­ge Por­tu­gals, das welt­weit ent­lang der See­we­ge Stütz­punk­te errich­te­te und zur Schutz­macht der Kir­che wur­de. Das bot der Kir­che einer­seits Bei­stand, ande­rer­seits war sie damit, wenn auch nur indi­rekt, in die poli­ti­schen Inter­es­sen und Ver­wick­lun­gen Por­tu­gals und sei­ner Bezie­hun­gen zu Chi­na invol­viert. Das Stig­ma, ein Anhäng­sel frem­der Mäch­te zu sein, schaff­te der Kir­che nicht weni­ge Schwie­rig­kei­ten. Ande­rer­seits war dies der ein­zi­ge mög­li­che Weg, das Evan­ge­li­um in Chi­na zu ver­kün­den, solan­ge die chi­ne­si­sche Staats­macht sich nicht selbst die­ser öffnete.

Die Situa­ti­on ent­spann­te sich, als 1857 ein Kon­kor­dat zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und Por­tu­gal, wo nun das Haus Sach­sen-Coburg-Gotha regier­te, das Ende des por­tu­gie­si­schen Patro­nats über die Kir­che in Chi­na besie­gel­te. Nun erst konn­te mit neu­em Eifer mis­sio­niert und eine kirch­li­che Hier­ar­chie errich­tet wer­den. Das änder­te nichts dar­an, daß anti­ko­lo­nia­le Kräf­te in Chi­na sich auch gegen die Kir­che wand­ten, weil man in ihr ein lan­des­frem­des Ele­ment sah, das es als Teil des euro­päi­schen Ein­flus­ses zu bekämp­fen galt. Es ging nicht um eine reli­giö­se, son­dern um eine poli­ti­sche Fra­ge. Die Kir­che kann sich sol­chen äuße­ren Ein­wir­kun­gen nicht ent­zie­hen, die sie manch­mal för­dern, manch­mal enorm behin­dern. Sie ist immer bis zu einem bestimm­ten Grad den Inter­es­sen welt­li­cher Mäch­te ausgeliefert.

Die „fal­schen Ein­stel­lun­gen“, von denen Fran­zis­kus sprach – gemeint ist, daß die Hier­ar­chie damals euro­pä­isch war – erschei­nen aller­dings als unge­recht und schei­nen mehr für die welt­li­che Macht in Peking gedacht zu sein, denn der Aus­bau der kirch­li­chen Hier­ar­chie hat­te zum Zeit­punkt des Kon­zils von Schang­hai gera­de ein­mal ein Men­schen­al­ter erreicht. In die­ser Zeit waren aus den Rei­hen der chi­ne­si­schen Gläu­bi­gen Prie­ster­be­ru­fun­gen erwach­sen und hat­te eine ent­spre­chen­de Aus­bil­dung statt­ge­fun­den. Die Kir­che voll­zog auch in Chi­na jene Etap­pen, die sich im Lau­fe ihrer lan­gen Mis­si­ons­ge­schich­te als rich­tig (nicht als „falsch“) erwie­sen hatten.

Die poli­ti­schen Umbrü­che, der Boxer-Auf­stand, das Ende des Kai­ser­tums und die Umwand­lung in eine Repu­blik, zeig­ten Papst Bene­dikt XV. an, daß die Zeit reif war, die Kir­che in Chi­na ein­hei­mi­schen Ober­hir­ten zu über­tra­gen. Die Ver­quickung mit den euro­päi­schen Kolo­ni­al­mäch­ten war in Chi­na, das sich auf der Grund­la­ge des Natio­na­lis­mus neu orga­ni­sier­te, zur Last gewor­den, wäh­rend inzwi­schen ein chi­ne­si­scher Kle­rus bereit­stand, Ver­ant­wor­tung zu übernehmen.

Kar­di­nal Luis Anto­nio Tag­le, selbst müt­ter­li­cher­seits chi­ne­si­scher Abstam­mung, mit Bischof Joseph Shen Bin von Schang­hai bei der Tagung an der Urbaniana

1928, vier Jah­re nach dem Kon­zil von Schang­hai, wur­den die ersten sechs chi­ne­si­schen Bischö­fe geweiht. 20 Jah­re spä­ter gab es in Chi­na 20 Kir­chen­pro­vin­zen und 150 Bis­tü­mer. Dann erfolg­te 1949 mit der gewalt­sa­men Macht­über­nah­me durch die Kom­mu­ni­sten der näch­ste tra­gi­sche Macht­wech­sel und die Kir­che wur­de erneut das Opfer äuße­rer Umbrü­che, die sie nicht beein­flus­sen konn­te. Die Kir­che wur­de grau­sam ver­folgt, dezi­miert und gespal­ten, indem die kom­mu­ni­sti­schen Macht­ha­ber, nach­dem sie erkannt hat­ten, die Kir­che nicht völ­lig aus­lö­schen zu kön­nen, eine regi­me­hö­ri­ge Par­al­lel­kir­che errich­te­ten. Die diplo­ma­ti­schen Bezie­hun­gen zum Hei­li­gen Stuhl wur­den abgebrochen.

Die gesam­te Aus­rich­tung der vati­ka­ni­schen Stel­lung­nah­men, nicht nur jener des Pap­stes, ziel­te dar­auf ab, die kom­mu­ni­sti­schen Macht­ha­ber davon zu über­zeu­gen, daß die Sini­sie­rung der Kir­che bereits vor hun­dert Jah­ren begon­nen wur­de. Eben­so lag die Kern­bot­schaft über der gan­zen Tagung, daß es kein Wider­spruch ist, „gute Katho­li­ken und gute Staats­bür­ger“ zu sein, oder wie Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin es sag­te: „Die Treue zum Papst ist kein Wider­spruch zur Treue zum Vaterland“.

Der Blick in die Zukunft. Welcher Zukunft?

Vor die­ser Situa­ti­on ist die römi­sche Tagung zu sehen und in die­sem Kon­text sind die Aus­sa­gen zu lesen. Es geht seit­her um die schwie­ri­ge Suche nach einem Weg für die Kir­che, in Chi­na wir­ken zu kön­nen. Die Grat­wan­de­rung ist vol­ler Fall­stricke, da die Kom­mu­ni­sti­sche Par­tei Chi­nas einen abso­lut tota­li­tä­ren Anspruch erhebt, der so weit geht, daß sie kei­ne unab­hän­gi­ge Insti­tu­ti­on neben sich dul­det, Min­der­jäh­ri­gen den Meß­be­such und Par­tei­mit­glie­dern die Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit verbietet.

Fran­zis­kus sag­te zur Ände­rung durch das Kon­zil von Schang­hai:

„Es ging nicht um einen ‚Stra­te­gie­wech­sel‘, son­dern dar­um, Wege zu beschrei­ten, die dem Wesen der Kir­che und ihrer Sen­dung eher ent­spre­chen. Ver­trau­en nur – nur! – auf die Gna­de Chri­sti selbst und auf sei­ne Anziehungskraft.“

Und wei­ter:

„Die Teil­neh­mer des ersten Con­ci­li­um Sinen­se blick­ten in die Zukunft. Und ihre Zukunft ist unse­re Gegenwart.“

Die­se Gegen­wart hat­ten sich die Kon­zils­vä­ter von Schang­hai frei­lich kaum vor­ge­stellt. Die Hoff­nung war die einer blü­hen­den Zukunft, und tat­säch­lich sprach vie­les dafür.

Fran­zis­kus sag­te dazu:

„Der Weg der Kir­che durch die Geschich­te führ­te durch unvor­her­ge­se­he­ne Wege, auch durch Zei­ten der Geduld und der Prü­fung. Der Herr hat in Chi­na den Glau­ben des Vol­kes Got­tes auf die­sem Weg bewahrt. Und der Glau­be des Vol­kes Got­tes ist der Kom­paß gewe­sen, der den Weg durch die­se Zeit, vor und nach dem Kon­zil von Schang­hai, bis heu­te gezeigt hat.“

Und schließ­lich:

„Die chi­ne­si­schen Katho­li­ken, die in Gemein­schaft mit dem Bischof von Rom leben, sind in der Gegen­wart. In dem Kon­text, in dem sie leben, bezeu­gen sie ihren Glau­ben auch durch Wer­ke der Barm­her­zig­keit und der Näch­sten­lie­be, und in ihrem Zeug­nis lei­sten sie einen ech­ten Bei­trag zur Har­mo­nie des gesell­schaft­li­chen Zusam­men­le­bens, zum Auf­bau des gemein­sa­men Hauses.“

Die­se Gemein­schaft mit Rom ver­such­ten die Kom­mu­ni­sten meh­re­re Jahr­zehn­te lang zu kap­pen. Der­zeit scheint eine Über­win­dung der Spal­tung zu gelin­gen, zumin­dest äußer­lich. Aller­dings um den Preis, daß Rom sich den Wün­schen der welt­li­chen Macht­ha­ber in Peking fügt. In Rom weiß man, von den Lau­nen der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei abhän­gig zu sein, die sich seit den spä­ten 70er Jah­ren zwar in wirt­schaft­li­chen Fra­gen öff­ne­te, aber nicht, was die tota­le Kon­trol­le über Land und Volk betrifft.

„Unmenschliche Kräfte am Werk“

Bemer­kens­wert ist eine wei­te­re, beson­ders kryp­ti­sche Aus­sa­ge von Franziskus:

„Die­je­ni­gen, die Jesus nach­fol­gen, lie­ben den Frie­den und ste­hen mit all jenen zusam­men, die sich für den Frie­den ein­set­zen, in einer Zeit, in der wir unmensch­li­che Kräf­te am Werk sehen, die das Ende der Welt beschleu­ni­gen zu wol­len scheinen.“

Der erste Teil ist zwei­fel­los als Signal an Staats- und Par­tei­chef Xi Jin­ping, auch „Kai­ser Xi“ genannt, gedacht. Es gehört zum kom­mu­ni­sti­schen Stan­dard­vo­ka­bu­lar, Reli­gi­on als „Opi­um für das Volk“ und die Kir­che als „fünf­te Kolon­ne aus­län­di­scher Mäch­te“ oder direkt als „aus­län­di­sche Macht“ zu diskreditieren.

Der zwei­te Teil der Aus­sa­ge ist aller­dings von einer bis­her nicht gekann­ten Deut­lich­keit, aber kryp­tisch zugleich. Fran­zis­kus spricht von „unmensch­li­chen Kräf­ten“, die „am Werk“ sind mit der Absicht, wie es scheint, „das Ende der Welt beschleu­ni­gen“ zu wol­len. Das klingt nach einer jener „Unglücks­pro­phe­ti­en“, denen der Vati­kan soeben mit neu­en Nor­men für das Ver­fah­ren zur Beur­tei­lung mut­maß­li­cher über­na­tür­li­cher Phä­no­me­ne den Gar­aus machen will. Aber das ist ein ande­res The­ma. Fran­zis­kus ist ein natür­li­ches Phä­no­men und sag­te die Wor­te als Ober­haupt der bei wei­tem welt­größ­ten Gemeinschaft.

Wel­che „unmensch­li­chen Kräf­te“ meint Fran­zis­kus aber? Die kom­mu­ni­sti­schen Macht­ha­ber in Chi­na jeden­falls nicht.

Etwas ver­fäng­lich wir­ken hin­ge­gen die päpst­li­chen Schlußausführungen:

„Auch wir kön­nen, wie die Kon­zils­vä­ter in Shang­hai, in die Zukunft blicken. Und die Erin­ne­rung an das Kon­zil von Schang­hai kann heu­te auch der gan­zen Kir­che neue Wege und offe­ne Pfa­de auf­zei­gen, die sie mutig beschrei­ten kann, um das Evan­ge­li­um in der Gegen­wart zu ver­kün­den und zu bezeugen.“

Die Zukunft, die damals geschaut wur­de, ist „unse­re Gegen­wart“, hat­te Fran­zis­kus weni­ge Sät­ze zuvor gesagt, was für Chi­na kon­kret die tota­li­tä­re kom­mu­ni­sti­sche Dik­ta­tur ist. In wel­che Zukunft schaut also die Kir­che in Chi­na heu­te, laut Franziskus?

Fran­zis­kus ende­te mit den Worten:

„Auch ich bestei­ge ideell den She­s­han-Hügel. Und alle zusam­men wol­len wir der Mut­ter­got­tes, der Hel­fe­rin der Chri­sten, unse­re Brü­der und Schwe­stern im Glau­ben, die in Chi­na sind, das gan­ze chi­ne­si­sche Volk und unse­re gan­ze arme Welt anver­trau­en und sie um ihre Für­spra­che bit­ten, damit der Frie­de immer und über­all sie­gen möge. Maria, Hil­fe der Chri­sten, Unse­re Lie­be Frau von She­s­han, bit­te für uns!“

Das chinesische Außenministerium 

Außen­amts­spre­cher Wang Wenbin

Gestern, am Tag nach der Tagung, wur­den dann die Bezie­hun­gen zwi­schen dem Vati­kan und der Volks­re­pu­blik Chi­na bei der täg­li­chen Pres­se­kon­fe­renz des volks­chi­ne­si­schen Außen­mi­ni­ste­ri­ums in Peking the­ma­ti­siert. Der Reu­ters-Kor­re­spon­dent frag­te: „Der Vati­kan hat erklärt, daß er ger­ne ein stän­di­ges Büro in Chi­na ein­rich­ten wür­de, was eine bedeu­ten­de Ver­bes­se­rung der diplo­ma­ti­schen Bezie­hun­gen zu Peking bedeu­ten wür­de. Wel­che Bedin­gun­gen muß der Vati­kan dafür schaf­fen? Und wird Chi­na dem Vati­kan erlau­ben, ein Büro in Peking zu eröff­nen, ohne daß eine voll­stän­di­ge diplo­ma­ti­sche Bezie­hung auf­ge­baut wird?“ Dar­auf ant­wor­tet der Spre­cher des chi­ne­si­schen Außen­mi­ni­ste­ri­ums Wang Wenbin:

„In den ver­gan­ge­nen Jah­ren haben Chi­na und der Vati­kan ihr Enga­ge­ment auf­recht­erhal­ten, einen inten­si­ven Aus­tausch über bila­te­ra­le Bezie­hun­gen und wich­ti­ge inter­na­tio­na­le The­men gepflegt und ihr Ver­ständ­nis und Ver­trau­en gestärkt. Chi­na ist bereit, mit dem Vati­kan zusam­men­zu­ar­bei­ten, um die sta­bi­len Bezie­hun­gen zu verbessern.“

Die Ant­wort ist seit meh­re­ren Jah­ren Stan­dard, was typisch für die chi­ne­si­sche Außen­po­li­tik ist, in der äußer­ste Zurück­hal­tung gilt. Des­halb sorg­te die Umar­mung Wla­di­mir Putins durch Staats- und Par­tei­chef Xi Jin­ping beim jüng­sten Besuch des rus­si­schen Staats­prä­si­den­ten in Chi­na vor weni­gen Tagen für so außer­ge­wöhn­lich gro­ßes Auf­se­hen. Für die küh­le und stren­ge chi­ne­si­sche Zurück­hal­tung in außen­po­li­ti­schen Fra­gen war die Geste mehr als spek­ta­ku­lär. Aus der Ant­wort des Außen­amts­spre­chers läßt sich nichts zu den Gerüch­ten ent­neh­men, daß dem­nächst ein erster Schritt zur Wie­der­auf­nah­me diplo­ma­ti­scher Bezie­hun­gen zwi­schen dem Vati­kan und Rom erfol­gen wird. 

Wann wird die Kir­che in Chi­na die vol­le Frei­heit erlan­gen? Das ist die ent­schei­den­de Fra­ge für die Zukunft, alles ande­re sind poli­ti­sche Macht­spie­le, denen die Kir­che meist weit­ge­hend aus­ge­lie­fert ist. Man­che befürch­ten aller­dings, daß Fran­zis­kus par­al­lel eige­ne geo­po­li­ti­sche Inter­es­sen ver­folgt, die Quel­le neu­er Drang­sa­le für die Kir­che wer­den könnten.

Chi­na hat sich bis­her als beson­ders resi­stent gegen die Evan­ge­li­sie­rung erwie­sen. Es gab in den ver­gan­ge­nen 1400 Jah­ren bereits vier viel­ver­spre­chen­de Mis­si­ons­ver­su­che, die sich alle nach dem­sel­ben Muster zer­schlu­gen. Es kam zu einem Macht­wech­sel und einer grau­sa­men Bekämp­fung der christ­li­chen Mis­si­on. Drei die­ser Ver­su­che fan­den durch Rom statt, ab dem 13., 16. und 19. Jahr­hun­dert. Den­noch ist die christ­li­che Bot­schaft seit 1400 Jah­ren in Chi­na prä­sent und die Kir­che lebt auch nach 75 Jah­ren des kom­mu­ni­sti­schen Tota­li­ta­ris­mus noch immer – und ist leben­dig, vor allem als Unter­grund­kir­che. Trotz der freund­li­chen Begeg­nung vor zwei Tagen in Rom gilt es nicht zu ver­ges­sen, daß die Kir­che in der Volks­re­pu­blik Chi­na eine ver­folg­te Kir­che ist.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
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2 Kommentare

  1. Das ist wahr „unmensch­li­che Kräf­te.…“ Der Papst soll­te noch Insti­tu­tio­nen und Men­schen nen­nen, die der­zeit Instru­men­te die­ser „Kräf­te“ sind. Eine War­nung ist drin­gend nötig.

  2. Man sieht doch, was sich getan hat. Die Chri­sten wer­den noch schlim­mer verfolgt
    und der Vati­kan schliesst Geheim­ver­trä­ge ab.
    Was nützt ein stän­di­ges Büro, wenn sich nichts ändert.
    Soll es nur zum „Schein“ sein und der Staat macht so wie so , was er will!
    War­um wird das Geheim­pa­pier so geheim gehalten?
    Wo bleibt die Wahr­heit, die man eigent­lich von Hirten
    ver­lan­gen kann.
    Ja, sie wol­len der Welt gefal­len und vergessen
    ihre Auf­ga­be, die See­len der Men­schen zu Gott
    zu führen.

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