
(Peking) Zeitigt die Appeasement-Politik von Santa Marta nun doch einen ersten sichtbaren Erfolg? Es gibt Gerüchte, daß zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China die diplomatischen Beziehungen wiederaufgenommen werden könnten.
Das Pontifikat von Papst Franziskus ist gegenüber der Volksrepublik China durch eine Beschwichtigungspolitik geprägt. Dazu gehört die auffällige Zurückhaltung, selbst in Menschenrechtsfragen die Politik der kommunistischen Machthaber zu kritisieren. Dazu gehört vor allem, daß von engsten Mitarbeitern des Papstes dem chinesischen Regime Blumen gestreut wurden. Die Folge war 2018 die Unterzeichnung eines Geheimabkommens zwischen Rom und Peking über Bischofsernennungen, das heißt, offiziell ist bis heute über den Inhalt des Abkommens nichts bekannt. Jeweils im Abstand von zwei Jahren wurde die geheime Vereinbarung bisher erneuert. Im kommenden Oktober strebt Rom die nächste Verlängerung an.
Nun gibt es ernstzunehmende Gerüchte, daß die diplomatischen Beziehungen zwischen Rom und Peking wiederaufgenommen werden könnten. Diese waren 1949, als die Kommunisten in Festlandchina die Macht übernahmen, von diesen einseitig abgebrochen worden. Die jüngsten Gerüchte faßte Loup Besmond de Senneville, Vatikanist der französischen Tageszeitung La Croix, der gute Kontakte nach Santa Marta unterhält, heute zusammen.
Gesichert ist, daß der Vatikan am kommenden 21. Mai eine in der Tat beispiellose internationale Tagung organisiert. An dieser wird der Bischof von Schanghai und die Vorsitzende einer chinesischen Institution teilnehmen, die in der vom kommunistischen Regime verlangten Sinisierung der Religionen sehr aktiv ist.
Die Beziehungen zu Rotchina gelten in Rom als Tabu. Es wird öffentlich kaum oder nur chiffriert darüber gesprochen. Umso mehr erstaunt die angekündigte öffentliche Veranstaltung und ihr Organisator, das vatikanische Staatssekretariat. Damit steht fest, daß die Tagung auf höchster Ebene für sehr wichtig erachtet wird.
Das Programm der Veranstaltung wurde am vergangenen Freitag, dem 10. Mai, ganz diskret ins Internet gestellt, aber noch mit keinem Wort offiziell bekanntgegeben. Im heutigen Tagesbulletin des vatikanischen Presseamtes wurde nur die Pressekonferenz zur Präsentation der „neuen Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher Erscheinungen und anderer übernatürlicher Phänomene“ des Glaubensdikasteriums am kommenden 17. Mai angekündigt.
Die internationale China-Tagung wird dem Thema: „100 Jahre chinesisches Konzil: zwischen Geschichte und Gegenwart“ gewidmet sein. Tagungsort ist der Festsaal der Päpstlichen Universität Urbaniana. Der Beginn ist für 9.30 Uhr angesetzt.
Gemeint ist das sogenannte Konzil von Schanghai, das 1924 stattfand. Dieses Konzil war vor allem von Titularerzbischof Celso Costantini vorangetrieben worden, den Pius XI. 1922 als Päpstlichen Delegaten nach China entsandt hatte, um die Kirche in China aufgrund der politischen Ereignisse (Boxeraufstand, Sturz des Kaisertums, Errichtung der Republik) von ihren Bindungen an europäische Protektoratsmächte zu lösen und den Weg für einen chinesischen Klerus und einheimische Bischöfe zu ebnen mit dem Ziel, dadurch die Missionsarbeit zu stärken. Msgr. Costantini leitete das Konzil von Schanghai und konnte 1928 sechs Kandidaten nach Rom begleiten, die von Pius XI. zu den ersten chinesischen Bischöfen geweiht wurden.
Costantini blieb noch bis 1933 in China und wurde dann an der Römischen Kurie zum Sekretär der Kongregation Propaganda Fide, des heutigen Dikasteriums für die Evangelisierung. 1953 kreierte ihn Papst Pius XII. zum Kardinal und ernannte ihn zum Kanzler der Heiligen Kirche. Dieses Amt, das später von Paul VI. abgeschafft und dessen Aufgaben dem Staatssekretariat übertragen wurden, hatte der Kardinal bis zu seinem Tod 1958 inne.

„Wichtiges politisches Signal“
Die bekannt gewordene Tagung klingt, so Besmond de Senneville, „nach einem wichtigen politischen Signal“. Dafür spricht unter anderem die Anreise hochrangiger chinesischer Vertreter aus Kirche und Staat. Allein schon die Teilnahme von Bischof Joseph Shen Bin von Schanghai wäre ohne die Zustimmung des Pekinger Regimes nicht möglich.
Dieser Bischof stand im vorigen Jahr im Mittelpunkt ernster Spannung, die es so aussehen ließen, als wäre die „Entspannungspolitik“, wie die China-Politik von Franziskus von ihm nahestehenden Kreisen genannt wird, endgültig gescheitert. Der frühere Bischof von Haimen war seit 2022 Vorsitzender des Chinesischen Bischofsrats, des regimehörigen Pendants zur Chinesischen Bischofskonferenz. Im April 2023 ernannte ihn der Bischofsrat auf Weisung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) – ohne Rom zu konsultieren – zum neuen Bischof von Schanghai, der Wirtschaftsmetropole Chinas. Franziskus beugte sich, um das Geheimabkommen von 2018 zu retten, und ernannte Shen Bin wenige Monate später auch seinerseits, wodurch dieser auch kirchenrechtlich der rechtmäßige Bischof von Schanghai ist.
Noch bemerkenswerter ist, daß bei der bevorstehenden römischen Tagung das chinesische Regime selbst vertreten sein wird. Mit Zheng Xiaojun, Direktorin des Instituts für Weltreligionen der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, wird eine Schlüsselfigur der Religionspolitik des kommunistischen Regimes nach Rom kommen. Xiaojun ist zugleich stellvertretende Vorsitzende und Generalsekretärin der Chinesischen Religionsgesellschaft.
Die von Xiaojun geleiteten Institutionen spielen eine führende Rolle in der vom Regime geforderten Sinisierung der Religionen. Die Sinisierungspolitik wurde bereits in den 50er Jahren von Mao Tse-tung begonnen. Offiziell sollen die Religionen einen chinesischen Anstrich erhalten als Voraussetzung, um als Ausdruck der chinesischen Kultur auf Anerkennung hoffen zu dürfen. Tatsächlich ging es von Anfang an darum, die Religionen dem kommunistischen Regime zu unterwerfen. Die nach 1949 betriebene Abkoppelung der katholischen Kirche von Rom und die 1958 erfolgte Gründung der Patriotischen Vereinigung als regimehöriger schismatischer Kirche ist auch Ausdruck dieser Sinisierungspolitik. Unter dem heutigen mächtigen Mann Chinas, Staats- und Parteichef Xi Jinping, wurde die Sinisierungspolitik wieder verstärkt.
Die Chinesische Akademie der Sozialwissenschaften, in deren Namen Zheng Xiaojun in Rom anwesend sein wird, wurde 1964 gegründet, um die akademischen Studien über die Religionen in China zu beaufsichtigen. Das Institut präsentiert sich selbst als Plattform für die Arbeit an „marxistischen Religionsperspektiven“. Das Zentrum der Akademie ist das Forschungslabor für marxistische religiöse Ansichten.
Im Vatikan ist man sehr zufrieden mit der Teilnahme „einer chinesischen Persönlichkeit dieses Ranges“ an einer vom Heiligen Stuhl organisierten öffentlichen Veranstaltung. Dergleichen sei „beispiellos“, zitiert Besmond de Senneville einen namentlich nicht genannten China-Experten des Vatikans. Dabei sei es ein „nicht unbedeutendes Detail“, daß die Regime-Vertreterin an einer Tagung teilnimmt, die „an einer päpstlichen Universität und auf dem Territorium des Vatikanstaates“ stattfindet.
Papst Franziskus wird persönlich durch eine Videobotschaft an der Veranstaltung mitwirken. Santa Marta nahestehende Vertreter betonen, daß China dem Papst „besonders am Herzen liegt“, obwohl er öffentlich kaum darüber spricht. Er bemüht sich eisern, jedes Wort zu vermeiden, das die kommunistischen Machthaber verärgern könnte.
Seine bisher letzte Wortmeldung zu China erfolgte im September 2023 während seiner Pastoralreise in die Mongolei. Damals forderte Franziskus die chinesischen Katholiken auf, „gute Bürger“ ihres Staates zu sein. Die Absicht der Geste war offensichtlich. Der Papst wollte der KPCh versichern, daß Rom sich nicht in die inneren Angelegenheiten Chinas einmischen wolle.
Für Chinas Katholiken, die seit 1949 eine prekäre Situation durchleben und grausamste Verfolgungphasen hinter sich haben, ist das bitter. Der emeritierte Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen, kritisierte die vatikanische China-Politik wiederholt als „Kapitulation“, mit der Chinas Katholiken dem kommunistischen Regime ausgeliefert werden.
Doch die Stimme des 92jährigen mutigen Kardinals verstummt altersbedingt immer mehr und im Vatikan sieht man den Beschwichtigungskurs auf der Erfolgsspur. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin wird persönlich auf der Tagung den Vormittag beschließen, während Kardinal Luis Antonio Tagle, Präfekt des Dikasteriums für die Evangelisierung, am Nachmittag die Gesamttagung beenden wird. Beide Purpurträger gehören im derzeitigen Pontifikat zu den einflußreichsten Vatikanvertretern. Beide stehen Franziskus besonders nahe und sind offiziell mit der China-Frage befaßt.
Nun steht das Gerücht im Raum, daß im Zusammenhang mit dieser Tagung in den nächsten Tagen eine „wichtige Ankündigung“ erfolgen könnte: die Bekanntgabe, daß zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China ein Verbindungsbüro eingerichtet werden könnte, also nach 75 Jahren in einer ersten Stufe die diplomatischen Beziehungen wiederaufgenommen werden.
Besmond de Senneville gibt die Meinung von Santa Marta wieder, wenn er von einer „sehr wichtigen Entwicklung in den Beziehungen zwischen China und der obersten Führung der katholische Kirche“ spricht.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: urbaniana.va (Screenshots)
Ja! Auf Kosten der Katholiken in Taiwan, China, Tibet sowie auch in Macau, Hong Kong und Shanghai!
Und wann werden Diplomatiache-Beziehungen mit Satan aufgenommen ? Ich denke mit jeder Sünde die wir begehen.