Nicaragua will eine Unterwerfung der Kirche wie in China

Zwei Regime, zwei verhaftete Bischöfe


In Nicaragua wurde am 21. Dezember Bischof Isidoro Mora von Siuna (rechtes Bild) verhaftet, am 2. Januar in der Volksrepublik China Bischof Peter Shao Zhumin von Wenzhou. Die Regime von Nicaragua und China streben eine "strategische Partnerschaft" an.
In Nicaragua wurde am 21. Dezember Bischof Isidoro Mora von Siuna (rechtes Bild) verhaftet, am 2. Januar in der Volksrepublik China Bischof Peter Shao Zhumin von Wenzhou. Die Regime von Nicaragua und China streben eine "strategische Partnerschaft" an.

(Mana­gua) Die Ver­fol­gung der Kir­che in Nica­ra­gua, „ein­schließ­lich der Inhaf­tie­rung von Bischö­fen und Prie­stern, sieht aus wie eine Kopie des chi­ne­si­schen Modells“, so die mit­tel­ame­ri­ka­ni­sche Inter­net­zei­tung Centroamérica360°. Die Zei­tung stellt die Fra­ge in den Raum, ob das san­di­ni­sti­sche Orte­ga-Regime das chi­ne­si­sche Modell der Reli­gi­ons­po­li­tik ver­wirk­li­chen will, viel­leicht auch bei den Bischofsernennungen.

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Seit Jah­ren ist es über Nica­ra­gua immer düste­rer gewor­den: „ver­schwun­de­ne Prie­ster, unter­bro­che­ne Pro­zes­sio­nen, inhaf­tier­te Bischö­fe, Spreng­stoff­an­schlä­ge gegen katho­li­sche Pfar­rei­en, von Sicher­heits­kräf­ten bela­ger­te Kir­chen, Aus­wei­sung des Apo­sto­li­schen Nun­ti­us…“ Wo pas­siert das? In zwei Län­dern, die eine stra­te­gi­sche Alli­anz anstre­ben: in der Volks­re­pu­blik Chi­na und in Nicaragua.

„Bei­de Dik­ta­tu­ren haben ihre Ver­fol­gungs­po­li­tik gegen­über der katho­li­schen Kir­che fast synchronisiert.“

Zur sel­ben Zeit, da in Chi­na Bischö­fe oder Prie­ster ver­haf­tet wer­den, geschieht das auch in Nica­ra­gua. Damit soll kei­ne direk­te Abspra­che behaup­tet wer­den, jedoch die Par­al­le­li­tät der Ereig­nis­se, die eine Gei­stes­ver­wand­schaft voraussetzt. 

Am 21. Dezem­ber, kurz vor Weih­nach­ten, ließ der san­di­ni­sti­sche Dik­ta­tor Dani­el Orte­ga den Bischof von Siuna, Msgr. Isi­do­ro del Car­men Mora allein des­halb inhaf­tie­ren, weil er öffent­lich erklärt hat­te, für einen ande­ren inhaf­tier­ten Bischof, Msgr. Rolan­do Álva­rez, zu beten. Das Amt des Hohen Kom­mis­sars der Ver­ein­ten Natio­nen für Men­schen­rech­te ver­langt Aus­kunft von der nica­ra­gua­ni­schen Regie­rung über die Ver­haf­tung und den Ver­bleib von Bischof Mora. Bischof Álva­rez war wegen „Hoch­ver­rats“ zu 26 Jah­ren Gefäng­nis ver­ur­teilt worden.

In den ver­gan­ge­nen zwei Wochen ließ Orte­ga auch meh­re­re Prie­stern fest­neh­men und in das berüch­tig­te Gefäng­nis für poli­ti­sche Gefan­ge­ne in Tipi­ta­pa brin­gen, ohne sie einem Rich­ter vor­zu­füh­ren und ohne ihnen den Grund der Ver­haf­tung zu nennen

Genau am sel­ben Tag, an dem Bischof Mora ver­haf­tet wur­de, gab das Orte­ga-Regime zudem bekannt, sei­ne Bezie­hun­gen zur Volks­re­pu­blik Chi­na zu einer „stra­te­gi­schen Part­ner­schaft“ aus­bau­en zu wollen.

Im Jahr 2022, als Bischof Álva­rez ver­haf­tet wur­de, inhaf­tier­ten die kom­mu­ni­sti­schen Macht­ha­ber in Chi­na Kar­di­nal Joseph Zen. Der eme­ri­tier­te Bischof von Hong­kong gilt trotz sei­nes hohen Alters noch immer als graue Emi­nenz der chi­ne­si­schen Unter­grund­kir­che. Am kom­men­den 13. Janu­ar wird er 92 Jah­re alt.

Die ver­stärk­te Annä­he­rung an Peking begann, als gegen Orte­ga, sei­ne Frau und Vize­prä­si­den­tin Rosa­rio Mur­il­lo, sei­ne Kin­der und eine lan­ge Liste wei­te­rer San­di­ni­sten von den USA, Groß­bri­tan­ni­en und der EU Wirt­schafts­sank­tio­nen ver­hängt wurden.

Die heu­te im Exil leben­de nica­ra­gua­ni­sche Rechts­an­wäl­tin Mar­tha Patri­cia Moli­na doku­men­tiert seit 2018 die Angrif­fe des Regimes gegen die katho­li­sche Kir­che. Mehr als 700 wur­den von ihr regi­striert, 307 davon allein im Jahr 2023. Die staat­li­che Unter­drückung wer­de immer schär­fer, so Molina.

Chi­na, das Orte­gas „stra­te­gi­scher Part­ner“ wer­den soll, ist für sei­ne Kir­chen­ver­fol­gung bekannt. Am 2. Janu­ar wur­de Msgr. Peter Shao Zhu­min, der Bischof von Wenz­hou in der Pro­vinz Zhe­jiang, ver­haf­tet. Der 61jährige kir­chen­treue Prä­lat wur­de an einen unbe­kann­ten Ort ver­schleppt, weil er sich wei­gert, den von den Kom­mu­ni­sten zur Kon­trol­le der Kir­che geschaf­fe­nen Par­al­lel­in­sti­tu­tio­nen bei­zu­tre­ten. Bischof Zhu­min war bereits 2018 und dann wie­der 2021 für meh­re­re Mona­te bzw. Wochen ver­schleppt wor­den, um ihn durch „Gehirn­wä­sche“ zur Unter­wer­fung zu brin­gen. Alle drei Ver­haf­tun­gen erfolg­ten nach der Unter­zeich­nung des Geheim­ab­kom­mens zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und Chi­na, wur­den also durch die­ses nicht verhindert.

Die chinesische Methode

Die 2022 zer­stör­te katho­li­sche Kir­che von Beihan

Bischof Mora in Nica­ra­gua wur­de kurz vor Weih­nach­ten inhaf­tiert in der offen­sicht­li­chen Absicht, ihn an der Zele­bra­ti­on des Hoch­fe­stes zu hindern.

„Ich habe kei­nen Zwei­fel dar­an, daß die Ver­schär­fung der Ver­fol­gung der katho­li­schen Kir­che in Nica­ra­gua ein Ver­such der Dik­ta­tur ist, das Modell der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Chi­nas und, in gerin­ge­rem Maße, auch das kuba­ni­sche Modell zu kopie­ren“, zitiert Centroamérica360° den nica­ra­gua­ni­schen Oppo­si­ti­ons­füh­rer Felix Mara­dia­ga, der Vor­sit­zen­der der Fund­a­ción Libert­ad ist. 

Mara­dia­ga weiß, wovon er spricht: Er woll­te bei den Prä­si­dent­schafts­wah­len 2021 gegen Dani­el Orte­ga kan­di­de­ren und wur­de des­halb kurz vor dem Urnen­gang inhaf­tiert und von der Kan­di­da­ten­li­ste gestrichen.

„Heu­te kann die katho­li­sche Kir­che in Chi­na und auf Kuba nur mit Geneh­mi­gung und unter Auf­sicht des Staa­tes tätig sein. Mit ande­ren Wor­ten: Es gibt eine staat­lich aner­kann­te Kir­che. Und es gibt in Chi­na und auf Kuba auch Prie­ster und Mis­sio­na­re, die ihren pasto­ra­len Auf­trag weit­ge­hend im Ver­bor­ge­nen aus­üben müs­sen“, so Maradiaga.

Der chi­ne­si­sche Fall sei noch extre­mer, da dort Bischö­fe direkt von der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei, ohne Zustim­mung des Vati­kans, ernannt werden.

„Es scheint, daß das san­di­ni­sti­sche Regime von Orte­ga Ambi­tio­nen hat, eine ähn­li­che Kon­trol­le über die katho­li­sche Kir­che zu erlan­gen“, so Maradiaga.

Spionage gegen die Kirche

Das Haupt­ziel in Chi­na wie in Nica­ra­gua ist die Kon­trol­le über die Kir­che und ihre Aus­schal­tung als eigen­stän­di­ger Akteur. Die Kom­mu­ni­sten und San­di­ni­sten bedie­nen sich des Staa­tes, sei­ner Macht­in­stru­men­te und sei­nes Gewalt­mo­no­pols, um jede unab­hän­gi­ge Regung in der Kir­che auszuschalten.

Wer nicht spurt oder ein­fach im Weg steht, wird bei­sei­te­ge­räumt. So gesche­hen am 18. August 2022, als die neu­go­ti­sche Kir­che von Bei­han im Distrikt Wan­bai­lin in der Erz­diö­ze­se Tai­yu­an samt ihrem 40 Meter hohen Glocken­turm gesprengt wur­de, um der „Stadt­er­wei­te­rung“ Platz zu machen.

Mit Raz­zi­en, Geld­stra­fen, Schi­ka­nen und der Ver­wei­ge­rung von Rech­ten wird von der Poli­zei gegen Pfar­rei­en, Klö­ster und Diö­ze­sen vor­ge­gan­gen. Staats­be­am­te schrecken nicht davor zurück, Mes­sen, Tau­fen, Hoch­zei­ten oder Wall­fahr­ten zu stö­ren. Auch Inter­net­über­tra­gun­gen von Got­tes­dien­sten wer­den vom Regime gezielt gestört. Durch Ein­schüch­te­rung und Repres­si­on sol­len Prie­ster und Gläu­bi­ge gefü­gig gemacht werden.

Chinesischer Rat an Ortega?

Expor­tiert das kom­mu­ni­sti­sche Chi­na sein „Modell“ der Reli­gi­ons­po­li­tik in ande­re Län­der? Bir­ma und Äthio­pi­en sind zwei Län­der mit repres­si­ver Reli­gi­ons­po­li­tik. Die Vor­ge­hens­wei­se der dort herr­schen­den Regime ähnelt jener Chi­nas. Tat­säch­lich unter­hal­ten bei­de Staa­ten enge Bezie­hun­gen zu Peking. Wie in Chi­na, so wer­den auch in die­sen Län­dern Bau­ge­neh­mi­gun­gen als Waf­fen gegen die Kir­che ein­ge­setzt und wie in Chi­na nicht nur mit dem Abriß von Kir­chen, Klö­stern und ande­ren kir­chen­ei­ge­nen Gebäu­den gedroht, son­dern die­ser auch durchgeführt.

Die Mäch­ti­gen die­ser drei Staa­ten wol­len die völ­li­ge Kon­trol­le über die Kir­che und ver­lan­gen von die­ser, das Regime zu stützen.

Ob Chi­na direkt Nica­ra­gua berät, las­se sich in der Sache nicht sagen, so Evan Ellis, Pro­fes­sor für Latein­ame­ri­ka-Stu­di­en am US Army War Col­lege. Es sei aber offen­sicht­lich, daß Nica­ra­gua vom chi­ne­si­schen Modell ler­ne. In ande­ren Berei­chen sei die Koope­ra­ti­on sehr wohl nachzuweisen: 

„Die Inter­ak­tio­nen zwi­schen Nica­ra­gua und Chi­na im Bereich der elek­tro­ni­schen Medi­en und der Spio­na­ge haben sich ver­tieft“, so Ellis.

Der im Exil leben­de Weih­bi­schof von Mana­gua, Msgr. Sil­vio Báez, for­der­te in sei­ner Pre­digt am Drei­kö­nigs­fest die inter­na­tio­na­le Staa­ten­ge­mein­schaft auf, die Sank­tio­nen gegen das Orte­ga-Mur­il­lo-Regime zu ver­schär­fen. Die Kir­che stel­le dem „Haß“ des Regimes den Frie­den ent­ge­gen, so Msgr. Báez.

Auch Papst Fran­zis­kus nahm gestern bei sei­nem tra­di­tio­nel­len Neu­jahrs­emp­fang für das Diplo­ma­ti­sche Corps zur Lage in Nica­ra­gua Stellung:

„Noch immer gibt die Situa­ti­on in Nica­ra­gua Anlaß zur Sor­ge: eine anhal­ten­de Kri­se mit schmerz­haf­ten Fol­gen für die gesam­te nica­ra­gua­ni­sche Gesell­schaft und ins­be­son­de­re für die katho­li­sche Kir­che. Der Hei­li­ge Stuhl hört nicht auf, zu einem respekt­vol­len diplo­ma­ti­schen Dia­log zum Woh­le der Katho­li­ken und der gesam­ten Bevöl­ke­rung aufzurufen.“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Centroamérica360° (Screen­shot)

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