
Von Stefano Fontana*, Vortrag im Teatro Ghione, Rom, 3. Oktober 2023
In diesem Vortrag werde ich versuchen, die wichtigsten Denkkategorien zu untersuchen, die den neuen Begriff der Synodalität kennzeichnen. Dabei werde ich mich auf drei Quellen stützen: 1) die offiziellen Dokumente zur bevorstehenden Synode über die Synodalität, einschließlich der Rede von Papst Franziskus bei der 50-Jahrfeier der Errichtung der Bischofssynode am 17. Oktzober 2015; 2) die synodale Praxis in diesem Pontifikat, insbesondere die Synode über die Familie von 2014/2015; 3) die wichtigste theologische Literatur, die die neue Synodalität unterstützt.1
Es wurde geschrieben: „Die Synode ändert sich, die Synodalität bleibt“ 2, daher muß man sich also auf das Konzept der Synodalität konzentrieren, da diese Synode und die nächsten Synoden davon abhängen werden. Von ihm wird die Stabilisierung der synodalen Praxis als dauerhafter, fortlaufender Prozeß abhängen. Es ist daher wichtig zu überlegen, welche Denkkategorien diesen Begriff speisen. Ich werde mich insbesondere mit drei Themen befassen: die neue Synodalität als „Zeit“, die neue Synodalität als „Praxis“ und die neue Synodalität als „Verfahren“.
Die neue Synodalität als „Zeit“
Die neue Synodalität wird weithin als „Prozeß“ definiert. Als die Internationale Theologenkommission sie zu definieren versuchte3, verwendete sie Ausdrücke, die genau auf einen Prozeß hinweisen: „Lebensstil“, „Lebens- und Arbeitsweise“, „Prozesse und Strukturen“, „Ereignisse“. Dasselbe tun die Theologen: „gemeinsam gehen“, „als Versammlung zusammenkommen“, „einander zuhören“, „Dialog“, „gemeinschaftliche Unterscheidung“, „Konsensbildung“, „Entscheidungsfindung“ 4.
Der Synodalität als Prozeß wird auch die Aufgabe zugewiesen, den Begriff der Synodalität selbst zu klären5. Synodalität wäre demnach ein Prozeß, der in der Kirche ein fortschreitendes Bewußtsein dafür schafft, was Synodalität ist. Philosophisch gesehen müßte man sagen, daß es sich um einen historisch-dialektischen Prozeß handelt, der typisch hegelianisch ist: Synodalität wird nicht als etwas verstanden, das eine Geschichte hat, sondern als etwas, das in der Geschichte gemacht wird. Es ist die Geschichte der Synodalität, oder vielmehr die Synodalität als Geschichte, die uns sagen wird, was Synodalität ist. Was sie ist, werden die Ereignisse zeigen. Viele suchen in der Heiligen Schrift, in der Kirchengeschichte und in der Geschichte anderer christlicher Konfessionen nach Hinweisen, die „Präzedenzfälle“ für eine neue Synodalität darstellen könnten6, aber das sind nur Hinweise, oft zweideutig und unpassend, keine Definitionen. Eine Lehre zur Synodalität gibt es nicht. Um genauer zu sein, ist die Synode zur Synodalität nicht einmal aufgefordert, diese Lehre zu definieren, sondern einen Prozeß zu leben, in dessen Verlauf sich die Synodalität als etwas erweisen wird, das „auf dem Weg aufgebaut wird, aber von der Basis ausgeht“ 7. Hier liegt der subversive Charakter der neuen Synodalität, die „formlos“ 8 ist oder, wie geschrieben wurde, eine Büchse der Pandora.
Diese Beobachtungen zeigen uns, daß eine erste Kategorie des Denkens in der Vision der neuen Synodalität die der Zeit ist: die Geschichtlichkeit. Es fehlt ein metaphysischer Zugang zu diesem Thema. Man sagt, die Synodalität sei ein Gehen, ein In-Bewegung-Setzen, ein Überschreiten der Zeit, eine vitale Immanenz… und die Ereignisse dieses Gehens sind zugleich sowohl materiell als auch ein Aspekt des kirchlichen Bewußtseins, da, modernistisch gesehen, die Neuheit der Ereignisse ein Ganzes mit der Neuheit der Errungenschaften des kirchlichen Bewußtseins sind9, da die Kirche nicht weiß, was sie ist. Der Sinn des gemeinsamen Gehens ist nicht von Anfang an gegeben und wird auch nicht durch das zu erreichende Ziel bestimmt, sondern entsteht in der Zeit und aus der Zeit. Was Synodalität ist, wird man demnach nie endgültig wissen, denn sie ist konstitutiv für einen lebendigen Prozeß. Garrigou-Lagrange sagte in den 1940er Jahren, daß für die Nouvelle Théologie eine Theologie, die nicht mehr aktuell ist, als falsche Theologie zu betrachten ist. Dasselbe gilt für die neue Synodalität: Die wahre Synodalität wird jene sein, die von Mal zu Mal aktuell ist.
Synodalität als „Praxis“
Die Ereignisse eines Prozesses in der Zeit sind Praxis. Einige Schlüsselwörter der neuen Synodalität, wie Zuhören, Integrieren, Teilen, bezeichnen keine Inhalte, sondern Haltungen, Handlungen, d. h. Praxis. In dieser Praxis verbinden sich die Handlungen der zusammengerufenen Einzelpersonen und die Handlungen der zusammengerufenen Gesamtheit zu einer dialektischen Synthese, das Partikulare und das Universale fallen im Globalen zusammen: Hundert Personen, mutmaßlich Katholiken, werden die neue Synodalität bilden. Con-venire und con-cordare sind an sich sinnstiftende Praktiken. In dieser Reihe von Konzepten, die um den Begriff der Synodalität kreisen, sind die Einflüsse des Existentialismus, des Marxismus, des Hegelianismus und ganz allgemein des praxisbezogenen Historismus, insbesondere einer von der Metaphysik getrennten Hermeneutik, offensichtlich. Das ist umso offensichtlicher (und besorgniserregender), wenn man bedenkt, daß in dieser Synthese von Meinungen, die im Laufe der Zeit koaguliert sind, selbstsicher die Stimme des Heiligen Geistes erkannt wird, genau so wie das im Hegelschen System geschieht. Msgr. Mario Grech, Sekretär der Synode, schrieb, das Ziel der Synode sei es, „alle Getauften so weit wie möglich einzubeziehen, um auf ihre Stimme zu hören und in ihr und durch sie die Stimme des Heiligen Geistes zu erkennen“ 10. Da wir von der Praxis sprechen, können wir nicht umhin, den großen Widerspruch zwischen zwei Ansprüchen festzustellen: daß sich in der Praxis die Stimme des Heiligen Geistes manifestiere, aber diese Praxis instrumentell in die Hände einer „kleinen organisierenden Gruppe“ 11 mit homogenen und vorab festgelegten Vorstellungen gelegt wurde.
Daß die neue Synodalität Praxis ist, geht auch aus zwei anderen Überlegungen hervor. Die erste betrifft die enge Beziehung zwischen Methode und Inhalt im synodalen Prozeß. Wie ich bereits erwähnt habe, wurde beschlossen, sich auf den Weg zu machen, obwohl auf begrifflicher und lehrmäßiger Ebene nicht klar ist, was Synodalität ist und wohin sie führen soll. Hier fallen also Methode und Inhalt zusammen. Sich zu treffen, miteinander zu reden, gemeinsam in einer Art elitärem Brainstorming zu entscheiden, ist bereits Synodalität in Aktion. Die Methode ist nicht nur anwendbar, sie ist konstitutiv für die Synodalität. Der Inhalt ist der Methode immanent. Das erklärt auch, warum es für die Teilnahme am synodalen Prozeß keine Grenzen geben darf: Jeder muß sich beteiligen können, auch die Atheisten oder die Feinde Christi. Wenn Methode und Inhalt zusammenfallen, trägt der Akt der Teilnahme bereits seine inhaltliche Bedeutung in sich. Die Synodalität wird nicht mehr von den Bischöfen oder anderen Kategorien innerhalb der Kirche ausgehen, die von der kirchlichen Autorität von Mal zu Mal festgelegt werden, sondern von jenen, die teilnehmen, was bereits nach einer synodalen Methode und daher nach einem synodalen Inhalt geschieht. Die neue Synodalität wird nicht einmal mehr von den Christen ausgehen, geschweige denn von den Katholiken. Das wäre eine Ausgrenzung, die noch immer behaupten möchte, daß der Inhalt der Methode Grenzen setzt, aber der philosophische und theologische Modernismus meint, schon vor langer Zeit und endgültig festgestellt zu haben, daß das Gegenteil wahr ist, nämlich daß die Methode dem Inhalt vorausgeht. Für die philosophische und theologische Moderne ist es die Methode – die Praxis –, die den Inhalt begrenzt, und nicht andersherum.
Betrachten wir nun die zweite Überlegung zur neuen Synodalität als Praxis. Wenn wir uns den Verlauf der jüngsten Synoden und vor allem der Synode über die Familie ansehen, müssen wir feststellen, daß ihre Auswirkungen vor allem die Praxis betreffen. Streng genommen hat Amoris laetitia nichts festgelegt: Sie hat angedeutet, sie hat nicht ausgeschlossen, aber sie hat nicht festgelegt. Die Veränderung der Lehre durch die neue Synodalität ist nicht der Lehre überlassen, sondern der Praxis. Es ist die Praxis, die entscheidet, was getan wird. Die Bischöfe der Region Buenos Aires haben getan, und das war es, was wirklich gezählt hat, in dem Sinne, daß sie festgelegt haben, was zu tun ist. Was getan wird, deckt sich mit dem, was getan werden muß, denn historistisch (und praktisch) sind Sein und Sollen dasselbe. Wie könnte man in all dem nicht den Einfluß der klassischsten Strömungen des philosophischen und theologischen Modernismus erkennen, den der neue Begriff der Synodalität mit großer Treue umsetzt? In der Tat kommt die neue Synodalität „von sehr weit her“ 12.
Die neue Synodalität als „Verfahren“
Die Kategorien „Zeit“ und „Praxis“ betten die neue Synodalität in die Geschichte ein. Damit wird es zwingend, bestimmte Formen der weltlichen Praxis aus der Geschichte und der Gegenwart zu übernehmen. Wenn es um Zeit und Praxis geht, kann die Kirche nicht vergessen, daß sie in einer bestimmten Zeit lebt und daß sie von dieser Zeit Formen der Praxis lernen muß, die auch für sie selbst als nützlich angesehen werden13. Einige dieser Praxisformen zur Entscheidungsfindung beziehen sich auf die demokratische Methode, genauer gesagt auf die verfahrensorientierte liberale Demokratie. In der Literatur über die neue Synodalität wird nachdrücklich darauf hingewiesen, daß die Verfahrensweise der Synodalität nicht mit der einer parlamentarischen Versammlung gleichgesetzt werden kann14. Manche weisen jedoch darauf hin, daß man „zumindest einige Analogien zu den Vorgängen in der Zivilgesellschaft“ 15 in Betracht ziehen müsse; „sich vorzustellen, daß die Überprüfung des consensus fidelium nicht die Tür zu Formen der Demokratisierung der Kirche öffnet, bedeutet, in eine Form der Spiritualisierung des kirchlichen Lebens zu verfallen und daher jede Reform zu verhindern, die die Mitverantwortung fördert“ 16. Wenn Entscheidungen getroffen werden sollen, „kann nicht auf Verfahren verzichtet werden, die der Erfahrung demokratischer Gesellschaften entlehnt sind“ 17. Wenn dann noch Entscheidungen in die Hände des Papstes gelegt würden und er zu entscheiden hätte, wäre der Reformismus der neuen Synodalität kompromittiert, weil ein reparierender Deckel auf das gelegt würde, was Zeit und Praxis im kirchlichen Gewissen entstehen haben lassen18. Eine bedeutende Öffnung in diesem Sinne wurde bereits bei der Synode über die Familie vorgenommen: Das Schlußdokument enthielt auch Positionen, die von einer Mehrheit der Synodalen abgelehnt wurden, und in Amoris laetitia erklärte Franziskus, er wolle nichts anderes sagen als das, was die Schlußfolgerungen der Synode sagen19. Es ist auch gesagt worden, daß, so wie die Kirche in der Vergangenheit intern politisch das monarchische Schema übernommen hat, nichts sie daran hindern würde, jetzt das demokratische Schema zu übernehmen20, wobei nicht berücksichtigt wird, daß die Übernahme des monarchischen Schemas keine bloße Anleihe bei den Institutionen der Zeit war, sondern sich auf den theologischen Begriff des „Königtums“ berief.
Es besteht also kein Zweifel daran, daß Formen weltlicher demokratischer Praxis in die synodalen Verfahren einfließen werden. Sie werden zwangsläufig einfließen aufgrund der Abhängigkeit des synodalen Verfahrens von der heute herrschenden Praxis. Auch in dieser Hinsicht ist es von besonderem Interesse, festzustellen, daß die Form der Demokratie, die in Betracht gezogen wird für die Entscheidungsverfahren der neuen Synodalität, auch um ihre gegenseitige Unverzichtbarkeit hervorzuheben, einzig und allein die moderne prozedurale liberale Demokratie ist. Der Vergleich wird nicht mit der Demokratie nach Leo XIII. angestellt, sondern mit der Demokratie von Locke und Rousseau. Wenn für die Möglichkeit und Notwendigkeit demokratischer Verfahren plädiert wird, dann ist damit ausnahmslos die Verfahrensdemokratie gemeint, die von der kirchlichen Soziallehre immer verurteilt wurde. Diese und keine anderen demokratischen Formen werden auf Dauer in die Verfahren zur Bildung einer öffentlichen kirchlichen Meinung eingehen, die mit der Stimme des Heiligen Geistes gleichgesetzt wird.
Abschließende Bemerkungen
Die neue Synodalität ist, wenn man sie in ihren eigenen Kategorien von Zeit, Praxis und Verfahren betrachtet, der abschließende Moment einer langen Reise, die die gesamte Moderne umspannt hat. Die Moderne war ein eminent philosophisches Phänomen. Die Idee, die Kirche nicht von außen, sondern von innen zu verändern, hatte auch diesen Sinn: philosophische Kategorien in die Theologie einzuführen, die sie revolutionieren sollten, damit die katholische Theologie selbst deformiert wird. Es besteht kein Zweifel daran, daß dies weitgehend geschehen ist und daß der Begriff der neuen Synodalität ein kohärenter Höhepunkt dieses Versuchs ist. Die existentialistische und historisierende Hermeneutik, getrennt von der Metaphysik, wird ihr Meister sein: Der Glaubensinhalt wird das sein, was die Interpretation im Laufe der Zeit sedimentiert hat, eine Abfolge von gemeinsam geteilten und sedimentierten Interpretationen, die Frucht einer öffentlichen kirchlichen Meinung, die in der synodalen Debatte geboren wurde, aber letztlich immer nur Interpretationen sind.
*Stefano Fontana, Direktor des International Observatory Cardinal Van Thuan for the Social Doctrine of the Church; zu seinen jüngsten Publikationen gehören „La nuova Chiesa di Karl Rahner“ („Die neue Kirche von Karl Rahner. Der Theologe, der die Kapitulation vor der Welt lehrte“, Fede & Cultura, Verona 2017), gemeinsam mit Erzbischof Paolo Crepaldi von Triest „Le chiavi della questione sociale“ („Die Schlüssel der sozialen Frage. Gemeinwohl und Subsidiarität: Die Geschichte eines Mißverständnisses“, Fede & Cultura, Verona 2019), „La filosofia cristiana“ („Die christliche Philosophie. Eine Gesamtschau auf die Bereiche des Denkens“, Fede & cultura, Verona 2021).
Die Tagung „Das synodale Babel“ im Teatro Ghione in Rom am 3. Oktober wurde von der katholischen Internetzeitung La Nuova Bussola Quotidiana (NBQ) organisiert.
Bild: NBQ
1 Für vollständige Hintergrundinformationen über die neue Synodalität, siehe: J. Loredo/José Antonio Ureta: Processo sinodale: un vaso di Pandora. 100 domande e 100 risposte (Synodaler Prozeß. Eine Vase der Pandora. 100 Fragen und 100 Antworten), Vorwort von Kardinal Raymond Burke, Associazione Tradizione Famiglia Proprietà, Rom 2023
2 G. Canobbio: Sulla sinodalità (Über die Synodalität), in: Teologia, 41 (2016), 2, S. 270
3 Internationale Theologische Kommission: Die Synodalität in Leben und Sendung der Kirche, 2. März 2018
4 R. Repole: Sinodalità. Il contributo della teologia (Synodalität. Der Beitrag der Theologie), in: Teologia, 46 (2021), S. 519
5 Der Vorstellung, daß das Konzept der Synodalität noch nicht definiert ist und erst noch vertieft werden muß, ist ziemlich allgemein verbreitet. Das wird sowohl von theologischen Positionen aus gesagt, die wir als „zurückhaltend“ bezeichnen könnten (vgl. M. de Salis: La sinodalità della Chiesa. Sensi e contorni di una espressione (Die Synodalität der Kirche. Sinn und Umfeld eines Ausdrucks), in: Annales Theologici, 36 (2022), 2, S. 283–316), die allzu progressive Tendenzen eindämmen wollen, als auch von Positionen, die letzteren eher nahestehen und den laufenden Prozeß beschleunigen wollen.
6 Vgl. G. Canobbio: Sulla Sinodalità cit., S. 249–273; ibid.: Tradizione e pratiche sinodali in Occidente (Synodale Traditionen und Praktiken im Westen), in: Teologia, 48 (2023), 1, S. 15–62; U. Sartorius: Sinodalità. Per una chiesa in riforma (Synodalität. Für eine Kirche in Erneuerung), in: Studia patavina, 66 (2019), 2, S. 279–292; A. Barbi: Discernere e deliberare insieme. Percorsi negli Atti degli Apostoli (Gemeinsam unterscheiden und entscheiden. Wege in der Apostelgeschichte), in: Studia Patavina, LXVI (2019), 2, S. 239–250; L. Pertile et al.: Riforma sinodale della Chiesa cattolica e dialogo ecumenico: una possibile e fecundenza convergenza (Synodale Reform der katholischen Kirche und ökumenischer Dialog: eine mögliche und fruchtbare Annäherung), in: Studia Patavina, 69 (2022), 2, S. 207–242; La sinodalità della Chiesa (Die Synodalität der Kirche), Annales Theologici, 36 (2022) 2
7 S. M. Lanzetta: Un Sinodo che viene da molto lontano (Eine Synode, die von weither kommt), in: Fides Catholica, 18 (2022), 1, S. 5
8 P. De Marco: La démocratie dans l’Église. Réflexions sur le „chemin synodal“ allemand (Demokratie in der Kirche. Überlegungen zum deutschen „synodalen Weg“), in: Catholica, 149, automne 2020.
9 Die neuen „vitalen“ Formeln müssen, „um lebendig zu sein, dem Glauben und dem Gläubigen angepaßt sein und bleiben“ (S.H. Pius X.: Pascendi dominici gregis. Über die Irrtümer des Modernismus, 13).
10 M. Grech: Il popolo di Dio soggetto del percorso sinodale (Das Volk Gottes als Subjekt des synodalen Weges), in: Teologia“, 48 (2023), 1, S. 4
11 S. M. Lanzetta: Un sinodo che viene da molto lontano cit., S. 6.
12 Wie der Titel des bereits erwähnten Werkes von Serafino M. Lanzetta cit. lautet.
13 Vgl. G. Canobbio: Dal Sinodo alla sinodalità (Von der Synode zur Synodalität), in: Studia Patavina, LXIX (2022), 2, S. 243–259, insbesondere S. 256–259
14 M. A. Ferrari: Sinodalità e democrazia: punti di contatto e differenze (Synodalität und Demokratie. Berührungspunkte und Unterschiede), in: Annales Theologici, 36 (2022), 2, S. 475–494
15 G. Canobbio: Dal Sinodo alla sinodalità cit., S. 255
16 Ebd. S. 256
17 Ebd. S. 257
18 „Aber wenn er am Ende immer noch das letzte Wort hat, besteht die Gefahr, daß der Weg für neue Vertikalismen geebnet wird” (ebd, S. 258).
19 Vgl. S. Fontana: Esortazione o rivoluzione? Tutti i problemi di Amoris laetitia (Exhortation oder Revolution? Alle Probleme von Amoris laetitia), Fede & Cultura, Verona 2019
20 „Die Vorschläge, die Kirche einer Demokratie gleichzustellen, spiegeln sich in jenen, die sie als Monarchie bezeichneten” (G. Canobbio: Sulla Sinodalità cit., S. 258); „Auf jeden Fall bringen die Christen – ob sie sich dessen bewußt sind oder nicht – die demokratische mens, von der die westliche Gesellschaft durchdrungen ist, in die Kirche ein“ (R. Repole: Sinodalità. Il contributo della teologia cit., S. 525).
Eine tiefschürfende Analyse von Synodalität! Was ist gemeint mit „eine von der Metaphysik getrennten Hermeneutik“? Muß man den Wahrheitsanspruch des Evangeliums als „Metaphysik“ bezeichnen? Ein besserer Begriff wäre eher Ontologie. Für den gläubigen Christen ist der Sachverhalt klar: Der Mensch kann sich nur von Gott her begreifen. Gott ist die Wahrheit von allem. Was sind die Voraussetzungen, daß Wahrheit gedacht werden kann? Die Lehre der Kirche war Jahrhunderte lang dem Denken aus Wahrheit verpflichtet. Heute ist der Vorgang umgekehrt. Der Mensch macht sich ein Bild von Gott nach seinem eigenen Denken, das die Einfachheit der Wahrheit verlassen hat und glaubt, durch immer kompliziertere Argumentationen und Erklärungen neue Wahrheiten zu schaffen. Wahrheit ist nicht mehr vorgegeben, sie wird erzeugt im Sinn eines punktuellen zeitlichen Konsenses.
Die Situation ist absurd. Es gibt zwei Möglichkeiten: Man beläßt das Glaubensbekenntnis, die Dogmatik und die Liturgie, so wie man die Evangelien beläßt, aber man interpretiert das Bestehende unablässig neu. Oder man formuliert konsequent das Glaubensbekenntnis, die Dogmatik und die Liturgie jeweils neu.
Aarons Welt widerspricht dem Mose. Wir sind Menschen in einer unvollkommenen Welt. Zurückgeworfen auf die sehr alte Moderne.
Und mit Herbert Marcuse rufe ich der neuen und modernen Kirche zu:
„Dies ist die reine Form der Knechtschaft: als Instrument existieren.“