Imperien brechen zusammen, wie und wann Gott es will


Die Welt im Jahr 2023: Der Krieg, der in Europa herrscht, ist kein Spiel, sondern brandgefährlich.
Die Welt im Jahr 2023: Der Krieg, der in Europa herrscht, ist kein Spiel, sondern brandgefährlich.

Gene­ral­ma­jor Pie­ro Lapor­ta, ehe­ma­li­ger Lei­ter des Amtes für Wehr­po­li­tik des ita­lie­ni­schen Gene­ral­stabs, bie­tet einen Blick auf die aktu­el­le Lage, in der sich man­che an den Krieg in Euro­pa zu gewöh­nen schei­nen. Der Katho­lik und Fami­li­en­va­ter ist bekannt für sei­ne nüch­ter­nen, schnör­kel­lo­sen und direk­ten Ana­ly­sen, die dabei hel­fen, das Blick­feld jen­seits der Pro­pa­gan­da­ab­tei­lun­gen von wem auch immer zu erweitern.

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Von Pie­ro Laporta

Es ist not­wen­dig, auf den Krieg zwi­schen der NATO und Ruß­land zurück­zu­kom­men. Ich höre, daß Gene­rä­le, die ich schät­ze, beim ehr­wür­di­gen Berg­o­glio [Papst Fran­zis­kus] für einen „Waf­fen­still­stand“ ein­tre­ten. Lei­der ist das gro­tesk. Ita­li­en trägt wie die mei­sten kon­ti­nen­tal­eu­ro­päi­schen Staa­ten kei­ne Ver­ant­wor­tung für die­sen Krieg, außer der poli­ti­schen, daß es sich dem Auf­stieg der US-ame­ri­ka­ni­schen Öl- und Finanz­olig­ar­chie nicht wider­setzt hat, die davon über­zeugt ist, daß die Welt dem Dol­lar ohne Gegen­lei­stung zu hul­di­gen hat. Ita­li­en hat viel­mehr kein Inter­es­se am „Waf­fen­still­stand“, ganz im Gegenteil.

Ita­li­en hat­te nach dem Tod von Aldo Moro nie wirk­lich die Fähig­keit und Mög­lich­keit, auf das Außen­mi­ni­ste­ri­um und die herr­schen­den Krei­se in Washing­ton, auf jene Palä­ste also, in denen S.H. Pius XII., Alci­de De Gas­pe­ri, Aldo Moro und Amin­to­re Fan­fa­ni noch respekt­voll Audi­enz gewährt wur­de, Ein­fluß zu neh­men. Die ande­ren zähl­ten dage­gen weit weni­ger, als sie zuge­ben woll­ten. Nach dem Tod von Aldo Moro waren sie nur noch erpreßbarer.

Zum bes­se­ren Ver­ständ­nis: Das Todes­ur­teil gegen Aldo Moro, den ita­lie­ni­schen Staats­mann aus Apu­li­en, wur­de unter­zeich­net, als der christ­de­mo­kra­ti­sche Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­te und mehr­fa­che Mini­ster Car­lo Donat Cat­tin erklär­te: „Die Christ­de­mo­kra­ten haben nur zwei Voll­blü­ter: Aldo Moro und Amin­to­re Fan­fa­ni“. Neid ist ein sata­ni­sches Gefühl, das den schlimm­sten Ver­rat hervorruft.

Heu­te haben wir mit Gior­gia Melo­ni ein Voll­blut als Mini­ster­prä­si­den­tin, hin­ter der eine schwa­che und oft schlecht reprä­sen­tier­te Par­tei steht. Den­noch hat Melo­ni sich selbst und Ita­li­en einen Bekannt­heits­grad und ein Anse­hen ver­schafft, das bis vor weni­gen Mona­ten noch undenk­bar war. Jene Katho­li­ken, die sich dar­an sto­ßen, daß Melo­ni eine Freun­din der USA ist, müs­sen sich mit den wirt­schaft­li­chen Ergeb­nis­sen und der Ver­tei­di­gung der Fami­lie zufrie­den­zu­ge­ben. Mit einer von den Links­de­mo­kra­ten geführ­ten Regie­rung wäre die Kata­stro­phe, die sich seit 2011 ver­schlim­mert hat, voll­kom­men zum Aus­bruch gekom­men. Natür­lich wäre es bes­ser, den Schmu­se­kurs mit dem Kie­wer Schmie­ren­ko­mö­di­an­ten ein­zu­schrän­ken. Aber wenn das der Preis ist, um die lie­ben Ver­bün­de­ten zu beru­hi­gen, ist das in Ordnung.

Hat Ita­li­en eine Chan­ce, die­sen Krieg zu been­den? Nein, so wie es auch nicht dazu bei­getra­gen hat, ihn zu ent­fa­chen. Das ita­lie­ni­sche Inter­es­se besteht also dar­in, ihn für sein eige­nes natio­na­les Inter­es­se gewinn­brin­gend zu machen, d. h. für: wirt­schaft­li­che Sicher­heit, sozia­le Sicher­heit, indi­vi­du­el­le Sicher­heit. Alle drei Sicher­hei­ten wur­den von den Vor­gän­ger­re­gie­run­gen seit 1978, kei­ne aus­ge­nom­men, auf bedroh­li­che Wei­se gefähr­det. Melo­nis Fähig­keit, Ergeb­nis­se im Bereich der wirt­schaft­li­chen Sicher­heit zu erzie­len und die EU zur Ver­ant­wor­tung zu rufen, sind her­vor­ra­gend, wenn auch vor­erst erst vorläufig.

Drei Geset­ze regeln die inter­na­tio­na­len Ange­le­gen­hei­ten uner­bitt­lich, wor­aus sich kon­kret fol­gen­des Bild ergibt:

  1. Staa­ten ent­ste­hen und ster­ben durch Krieg. Wer stirbt, die Ukrai­ne oder Rußland?
  2. Impe­ri­en bre­chen zusam­men. Wel­ches Impe­ri­um bricht gera­de zusam­men? USA-NATO? Ruß­land? Chi­na? Eines, zwei oder alle drei? Keines?
  3. Die Din­ge ändern sich, wie Gott es will. Die ersten bei­den Geset­ze sind Tau­sen­de von Jah­ren alt und wur­den in der Geschich­te immer respek­tiert. In der Hei­li­gen Nacht 1991 (dem katho­li­schen Weih­nachts­fest, nicht dem ortho­do­xen) brach das Sowjet­im­pe­ri­um zusam­men und der Sowjet­staat starb, ohne einen Schuß abzu­ge­ben. Das uralte Gesetz über den Tod von Staa­ten „im Krieg“ wur­de miß­ach­tet, was beweist, daß sich die Din­ge ändern, wie Gott es will.

Der Unter­schied zwi­schen den USA und Rußland/​China ist nicht nur wirt­schaft­li­cher Natur. Ruß­land und Chi­na sind immer noch vom Sta­li­nis­mus durch­drun­gen: Sie sehen kei­nen Unter­schied zwi­schen feind­li­cher Poli­tik und Krieg.

Und die USA? Bill Clin­ton betrat 1993 das Oval Office, blick­te auf den Glo­bus und stell­te fest, daß ihm die Welt zu Füßen lag. Er finan­zier­te ein gigan­ti­sches tech­no­lo­gi­sches Pro­gramm zur Kon­trol­le und Über­wa­chung. Die Mit­tel für Satel­li­ten­auf­klä­rung und Abhör­tech­nik waren im ersten Jahr dop­pelt so hoch wie der gesam­te ita­lie­ni­sche Ver­tei­di­gungs­haus­halt. Ruß­land hat­te in jenem Jahr ein nied­ri­ge­res BIP als Hol­land, was Clin­ton und sei­ne Nach­fol­ger an der Spit­ze der USA zu der Annah­me ver­an­laß­te, daß die Unter­wer­fung Ruß­lands nur mehr eine Fra­ge der Zeit sei. Sie ver­ga­ßen, daß ihnen eini­ge Jah­re zuvor Viet­nam mit einem BIP einen Strich durch die Rech­nung gemacht hat­te, das gerin­ger war als das der ita­lie­ni­schen Pro­vinz Anco­na, in der sich das Lore­to-Hei­lig­tum befindet.

Einer der weni­gen, der die Not­wen­dig­keit einer Ein­bin­dung Ruß­lands in die NATO ver­stand, war Sil­vio Ber­lus­co­ni. Die Bush-Fami­lie war damit ein­ver­stan­den, aber die Radi­ka­len, Clin­ton-Oba­ma-Biden, die sich von Saul Alin­sky1 inspi­rie­ren lie­ßen, hat­ten eine Neue Welt­ord­nung im Sinn, die ganz anders und radi­ka­ler war als die, die Hen­ry Kis­sin­ger vor über einem hal­ben Jahr­hun­dert ent­wor­fen hat­te. Ber­lus­co­ni wur­de durch die Feind­se­lig­keit Groß­bri­tan­ni­ens ver­nich­tet, des­sen Agen­ten auf alle Par­tei­en aus­strahl­ten, auch auf For­za Italia.

Die Stär­ke der radi­ka­len Stra­te­gie lag in den gigan­ti­schen HiTech-Inve­sti­tio­nen, die die Unter­stüt­zung von Indu­strie und Finanz­welt sicher­ten. Die Ver­wund­bar­keit der Neu­en Welt­ord­nung war das impli­zi­te Todes­ur­teil für die NATO und die EU. Kann man mit zwei Ster­ben­den in den Krieg zie­hen? Groß­bri­tan­ni­en glaub­te den US-Radi­ka­len und ver­ließ die EU, um end­lich Hand an den enor­men Reich­tum Ruß­lands zu legen und sein eige­nes Pyra­mi­den­mo­dell von Pri­vi­le­gi­en zu garan­tie­ren und das Spiel mit den Katho­li­ken in Rom und Mos­kau ein für alle­mal zu entscheiden.

Ruß­land und Chi­na gehen von der Poli­tik zum Krieg über, wäh­rend die USA und das Ver­ei­nig­te König­reich von der Wirt­schaft zum Krieg über­ge­hen und dabei ver­wor­re­ne Gesell­schafts­mo­del­le durch­lau­fen, die ohne jede Kon­kret­heit zwi­schen Hei­den­tum und Post-Nazis­mus schwan­ken. Wer wird gewinnen?

Uns ist das völ­lig egal. Wir müs­sen uns dar­über im kla­ren sein, daß, wer auch immer ver­liert, Chi­na gewon­nen hat, und das ist auf kei­nen Fall ein bes­se­rer Herr und Gebie­ter als der jetzige.

Die Leser mögen mir einen Exkurs ver­zei­hen, um zu zei­gen, daß das Böse auf den Kopf derer fällt, die es tun. Aldo Moro wur­de ent­führt, gefol­tert und ermor­det von den Roten Bri­ga­den (BR) mit Hil­fe sowje­ti­scher Spe­zi­al­ein­hei­ten und der Kom­pli­zen­schaft der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Ita­li­ens (PCI), aber auch der DC, des PSI und all der ande­ren. Geschich­te wird nicht mit Wenn und Aber geschrie­ben, gera­de des­halb wird getö­tet. Wäre Aldo Moro dem Tod ent­gan­gen, wären die Bezie­hun­gen zwi­schen der Sowjet­uni­on und den USA weni­ger dra­ma­tisch ver­lau­fen, als sie es sind. Den Rus­sen (ehe­ma­li­gen Sowjets) geschah daher zu Recht, was sie dann ertra­gen mußten.

Illu­sio­nen und unnö­ti­ge Äng­ste sind zu ver­mei­den. Doch die­ser Krieg kann jeder­zeit zu einer nuklea­ren Kon­fron­ta­ti­on füh­ren, nicht des­halb, weil sei­ne Zie­le anders sind als jene der Krie­ge, die nach 2011, 1992, 1980, 1973, 1966, 1947 folg­ten… Den Unter­schied machen Ruß­land und Chi­na, die mit sta­li­ni­sti­schem Prag­ma­tis­mus das Kräf­te­ver­hält­nis zu ihren Gun­sten ver­schie­ben, auf einem Kriegs­schau­platz, der viel grö­ßer ist als die bis­he­ri­gen und mit zahl­lo­sen Akteu­ren, die nicht mehr kon­trol­liert wer­den kön­nen, wie es noch bei den Ölkrie­gen im Nahen Osten der Fall war. Die nuklea­re Gefahr wird durch die Mis­si­on des hun­dert­jäh­ri­gen Hen­ry Kis­sin­ger in Peking deut­lich, ganz im Gegen­satz zu dem begriffs­stut­zi­gen Joe Biden. Was auf dem Spiel steht, ist das Über­le­ben des Dol­lars trotz der impe­ria­len Fehl­ein­schät­zung eines sat­ten Höf­lings, der 1993 von den Geschäf­te­ma­chern ins Wei­ße Haus geho­ben wurde.

Wenn die Aus­ein­an­der­set­zung aus­ar­tet, müs­sen die Ner­ven unter Kon­trol­le gehal­ten wer­den. Der Feind Ruß­lands und Chi­nas in Euro­pa ist Groß­bri­tan­ni­en, das dem ersten rus­si­schen Atom­an­griff aus­ge­setzt ist; nicht Deutsch­land oder die Tür­kei, auch nicht Frank­reich oder Ita­li­en, trotz der vie­len USA-NATO-Stütz­punk­te, die es in einem sol­chen Sze­na­rio klug zu hand­ha­ben gilt.

Das euro­päi­sche Fest­land ist Mos­kaus und Pekings Markt; man führt kei­nen Krieg, um den eige­nen Markt zu zer­stö­ren. Sie wür­den Lon­don in die Knie zwin­gen, um Washing­ton ein Signal zu sen­den, das dann ent­schei­den müß­te, ob es sich expo­nie­ren oder den bevor­zug­ten Ver­bün­de­ten sei­nem Schick­sal über­las­sen will. Wer raten will, dem schla­ge ich vor, Kis­sin­ger zu befra­gen oder in Afgha­ni­stan, Irak, Kur­di­stan, aber auch bei Ita­li­ens Christ­de­mo­kra­ten und Sozia­li­sten nach­zu­fra­gen. Erin­nern wir uns: Impe­ri­en bre­chen zusam­men und die Din­ge ändern sich, wie Gott es will.

Chri­stus vincit.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons


1 Will Clark: Oba­ma, Hil­la­ry, Saul Alin­sky and their Useful Idi­ots. Crea­tespace Inde­pen­dent Publi­shing Plat­form, 2015

Wei­te­re Bei­trä­ge von Gene­ral Laporta:

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1 Kommentar

  1. Das Pro­blem der USA, wenn die­se Dar­stel­lung stimmt und sie hat vie­les für sich, ist in der Tat eine gewis­se inne­re Abhän­gig­keit von Groß­bri­tan­ni­en. Es waren ja Eng­län­der und ihre Nach­kom­men, die in Nord­ame­ri­ka gegen ihr „altes“ Mut­ter­land putsch­ten und letzt­lich mili­tä­risch siegten.
    Die­se Tat­sa­che ist bis heu­te der Grün­dungs­my­thos der USA- zwi­schen Atlan­tik und Pazi­fik (plus Hawaii und Alas­ka!), und er beschränkt sich nicht auf die ehe­mals 13 Kolo­nien. Die gro­ße Mehr­zahl der US-Bür­ger ist jedoch nicht-eng­li­schen und immer mehr auch nicht mal euro­päi­schen Ursprungs.
    Die­se Tat­sa­che wird wohl letzt­lich dazu füh­ren, daß die USA sich irgend­wann neu defi­nie­ren wer­den- was soll­ten denn die­se Fei­ern am 4.Juli von einer weit­hin nicht-eng­li­schen Groß­macht? Die­je­ni­gen, die Ame­ri­ka wirk­lich prä­gen und „am Lau­fen hal­ten“, sind die vie­len klei­nen und ruhi­gen, arbeit­sa­men Men­schen, weit­hin nicht-angel­säch­si­scher Her­kunft wie die vie­len Deut­schen, Polen, Ita­lie­ner, Iren usw. und auch die Afro-Ame­ri­ka­ner und zuneh­mend die sog. Latinos.
    Es ist wahr­schein­lich, daß die USA sich in Zukunft immer weni­ger an Eng­land ori­en­tie­ren wer­den wie immer sich die jet­zi­ge Groß­kri­se wei­ter­ent­wickelt und gelöst wer­den könnte.
    Wie es mit Ruß­land wei­ter­geht?- Da ste­hen wohl eben­falls tief­ge­hen­de gei­sti­ge Ver­än­de­run­gen zum Posi­ti­ven an, denn die Bot­schaft Mari­as in Por­tu­gal, daß es sich bekeh­ren wird, steht fest.
    Trotz all der nach­voll­zie­hen­den Argu­men­te Mos­kaus (NATO-Bedro­hung usw.), wird sich die Ukrai­ne befrei­en, auch ein Stück weit von den jet­zi­gen Regierenden.
    Die Wahr­heit, die Wahr­heit Got­tes wird auf jeden Fall den Sieg davontragen.

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