
Von Roberto de Mattei*
Die Ernennung von Msgr. Víctor Manuel Fernández, Erzbischof von La Plata, zum Leiter der Glaubenskongregation ist einer der beunruhigendsten Akte des Pontifikats von Papst Franziskus, nicht nur wegen der Wahl der fragwürdigen Persönlichkeit, sondern auch wegen des ungewöhnlichen Briefes, der seine Ernennung begleitet. An Msgr. Fernández, der auch dafür bekannt ist, daß er häufig vom Lehramt der Kirche abweichende Positionen vertritt, insbesondere im Bereich der Moral, schrieb Franziskus am 1. Juli 2023: „Das Dikasterium, dem Sie vorstehen werden, hat in anderen Zeiten unmoralische Methoden angewandt. Das waren Zeiten, in denen man, anstatt theologische Erkenntnisse zu fördern, mögliche Irrtümer in der Lehre verfolgte. Was ich von Ihnen erwarte, ist sicherlich etwas ganz anderes“.
Auf welche Zeiten bezieht sich der Papst und welche unmoralischen Methoden hat die Kongregation, seit sie 1965 diesen Namen erhielt und u. a. unter der Leitung von Kardinal Josef Ratzinger (1981‒2005) und Kardinal Gerhard Müller (2012‒2017) stand, angewendet? Papst Franziskus empfiehlt dem neuen Präfekten, die „Verfolgung“ von Lehrfehlern zu vermeiden. Die Kirche, so zitiert er Evangelii Gaudium, „muß in der Auslegung des geoffenbarten Wortes und im Verständnis der Wahrheit wachsen, ohne daß dies die Auferlegung einer einzigen Ausdrucksweise impliziert. Denn unterschiedliche philosophische, theologische und pastorale Denkrichtungen können, wenn sie sich vom Geist der Achtung und Liebe harmonisieren lassen, auch die Kirche wachsen lassen“.
Man scheint zu verstehen, daß die Kirche in ihrem Innern auf dialektische Weise verschiedene theologische Meinungen tolerieren muß, solange sie nicht zu „starr“ sind, d. h. zu sehr mit der Orthodoxie übereinstimmen, und sich nicht mit einer „Schreibtisch-Theologie“ zufriedengeben, mit einer „kalten und harten Logik, die alles zu beherrschen versucht“. Die Wahrheiten des katholischen Glaubens dürfen nicht in einer durchsetzungsfähigen, allgemeingültigen Art und Weise präsentiert werden, die sich streng an das frühere Lehramt hält. Kein einziges Dokument aus der Zeit vor dem Pontifikat von Franziskus, nicht einmal das Zweite Vatikanische Konzil, wird in den elf Anmerkungen zitiert, die das verblüffende Dokument begleiten.
Es ist mehr als logisch, daß ein solcher Akt Bestürzung hervorruft und Fragen aufwirft und Verwirrung auslöst. Der Papst ist der Stellvertreter Christi, aber vor dem Papst gibt es die Kirche, und jeder Katholik hat als Glied des mystischen Leibes das Recht, mit Worten oder Taten, auch eines Papstes, nicht einverstanden zu sein, die dem in der Taufe empfangenen Glauben zu widersprechen scheinen. Ein Pfarrer, der aufhört, die ihm anvertraute Herde im Glauben zu bestärken, erscheint der höchsten Sendung, die Christus seinem Vikar anvertraut hat, nicht würdig. Ein „unwürdiger“ Papst, so der bedeutende Theologe Msgr. Brunero Gherardini (1925‒2017), ist ein Papst, der sein Primat willkürlich ausübt, sich Christus aufdrängt und seine Sendung verrät (Die Kirche betrachten. Theologische Überlegungen zum Mysterium der Kirche, Nr. 1‒3, 2007, S. 183). Ein unwürdiger Papst hört jedoch nicht auf, Papst zu sein. Die Versuchung, der manche heute leider verfallen, besteht darin, Papst Franziskus als Stellvertreter Christi abzulehnen, ohne daß dies von der Kirche beschlossen wurde. Und heute kommt die Ablehnung der Legitimität von Franziskus nicht nur von jenen, die ihn offen als „Usurpator“ und „Anti-Papst“ bezeichnen, sondern auch von jenen, die in zweideutigerer Weise mit Verachtung von ihm sprechen, indem sie ihn einfach „Bergoglio“ nennen und die Priester auffordern, seinen Namen am Anfang des Kanons der Messe nicht zu nennen (una cum, vereint mit). Das Geheimnis der Kirche, heilig in ihrer Lehre und göttlichen Verfassung, aber sündig in ihrer Menschlichkeit, muß mit Überlegung und Ausgewogenheit, mit Liebe und Gebet angegangen werden.
Wer sich mit diesen ernsten Themen, die manchmal mit Inkompetenz und Oberflächlichkeit behandelt werden, auseinandersetzen möchte, dem empfehle ich zwei kürzlich erschienene Bücher: Super hanc petram. Il Papa e la Chiesa in un’ora drammatica della storia (Super hanc petram. Der Papst und die Kirche in einem dramatischen Moment der Geschichte) von Pater Serafino Lanzetta (Edizioni Fiducia, Rom 2022) und Non era più lui. Una risposta al Codice Ratzinger sulla rinuncia di Benedetto XVI (Das war nicht mehr er. Antwort auf den Ratzinger-Code zum Amtsverzicht von Benedikt XVI.) von Federico Michielan und Francesco Patruno (Fede & Cultura, Verona 2023, mit einem Vorwort von Msgr. Nicola Bux).
Es besteht kein Zweifel, erklärt Pater Lanzetta, daß mit dem Pontifikat von Franziskus eine grundlegende Verwischung der Person des Papstes und des Kirchenmysteriums stattgefunden hat, mit dem Versuch einer allgemeinen Revision des früheren Lehramtes und der Glaubens- und Morallehre in neuralgischen Punkten. Doch „wenn ein Papst darauf verzichtet, sein eigentliches munus, seine Brüder im Glauben zu bestärken, auszuüben, und sogar Doktrinen lehrt, die zweideutig sind und an Häresie grenzen, bedeutet das nicht sofort, daß dieser Papst kein wahrer Papst ist. Vielmehr sollte man sich fragen, wie es möglich ist, daß der Glaube eines Papstes versagen kann. Auch wenn er in der Kirche in den höchsten Rang erhoben wurde, mit einer Gnade, die seinem Stand entspricht, bleibt er doch jener Simon, der darum ringt, Petrus zu werden, und der sich von den verschiedenen Sirenen, vom Zeitgeist, blenden läßt, die von Zeit zu Zeit einen leichteren Weg vorschlagen, einen Weg, der nicht der des Kreuzes ist“ (S. 43). „Selbst wenn der Papst zu einem Instrument der lehrmäßigen Verwirrung werden sollte, darf die legitime Kritik, die an ihn gerichtet werden muß, nicht darin bestehen, sein munus in Frage zu stellen“ ‒ es sei denn, es gibt eindeutige Beweise dafür ‒, „sondern nur darin, im Lichte der ständigen Lehre der Kirche zu prüfen, ob dieses munus ausgeübt wird oder nicht, ob die petrinische Rolle erfüllt wird oder nicht, ob der Glaube und die Moral, die der Papst lehrt, der Glaube und die Moral der Kirche sind“ (S. 45).
Während der Diskurs von Pater Lanzetta auf einer streng theologischen Ebene stattfindet, behandeln die Juristen Federico Michielan und Francesco Patruno ihn auf der Ebene des Kirchenrechts. Manche argumentieren, daß Papst Franziskus nicht Papst wäre, weil Benedikt XVI. niemals auf das Papsttum verzichtet hätte. Michielan untersucht sorgfältig alle Widersprüche, vor allem theologischer Art, die in der Abdankung Benedikts XVI. zu finden sind, als hätte er auf das „Papstsein“ verzichten wollen, ohne auf das „Papstsein“ zu verzichten. Diese Widersprüche, die sich in dem weißen Gewand, das Benedikt weiterhin trug, in dem Namen, den er beibehielt, und vor allem in dem zuvor unbekannten Titel „emeritierter Papst“ ausdrücken, machen die Gültigkeit der Abdankung Benedikts nicht zunichte. Dennoch gibt es Verwirrung, und ein künftiger Papst wird sie eindeutig ausräumen müssen.
Im zweiten Teil des Buches interviewt Michielan den Rechtsanwalt Francesco Patruno, der sofort mit einer heute weit verbreiteten phantastisch-theologischen Verschwörung aufräumt. „Es ist mehr als normal“, so der Kanonist, „daß sich Historiker und Kirchenrechtler in einer wissenschaftlichen Debatte über die Legitimität eines Papstes oder die Gültigkeit seines Verzichts Gedanken machen. Was der Seriosität der historisch-juristischen Forschung schadet, ist gerade die Verschwörungsliteratur“ (S. 147f).
Eines der Zugpferde dieser Verschwörungsthesen ist die Behauptung vom „verhinderten Stuhl“, wonach Benedikt XVI. zu seinem „Verzicht“ veranlaßt wurde, weil er am Regieren gehindert wurde. Patruno zeigt, wie unhaltbar diese These ist. Benedikt XVI. mag von seinen Gegnern an bestimmten Handlungen „behindert“ worden sein, aber „behindert“ bedeutet nicht „gehindert“ und hat keinen Einfluß auf die Gültigkeit einer Wahl. Die Vorstellung, Benedikt XVI. habe absichtlich einen ungültigen Verzicht ausgeheckt, um Kardinal Bergoglio eine Falle zu stellen, würde ihn vor Gott schwer schuldig machen, denn das würde bedeuten, das Vertrauen in das Wirken des Heiligen Geistes und der göttlichen Vorsehung durch machiavellistische List zu ersetzen. Die Verfechter dieser These sind sich nicht bewußt, daß sie Benedikt XVI. genauso „diabolisch“ machen wie den Rivalen, gegen den sie ihn ausspielen.
Auch die These, daß das Konklave 2013 durch den Druck der sogenannten „Mafia von Sankt Gallen“ ungültig geworden sei, entbehrt jeder rechtlichen Grundlage. Bei allen Konklaven des 20. Jahrhunderts gab es gegensätzliche Gruppen, nicht zuletzt das Konklave, das nach dem österreichischen Veto gegen Kardinal Rampolla den heiligen Pius X. wählte. Die Wahl von Benedikt XVI. im Jahr 2005 war wahrscheinlich das Ergebnis eines Kompromisses zwischen zwei gegensätzlichen Lagern im Konklave, der Gruppe „Sankt Gallen“ von Kardinal Martini und der Gruppe „Sal mundi“ von Kardinal Ratzinger. Nach einer plausiblen Rekonstruktion von Patruno sah der Kompromiß zwischen den beiden Gruppen die Wahl von Kardinal Bergoglio nach Kardinal Ratzinger vor, was auch tatsächlich geschah. Das Vorhandensein solcher Absprachen würde jedoch, wenn sie bewiesen werden könnten, die Wahl von 2013 nicht ungültig machen, geschweige denn die von 2005.
Was die Messe una cum Bergoglio betrifft, erklärt Anwalt Patruno gut die oft falsch zitierte Passage des heiligen Thomas, wonach jeder, der die Messe von häretischen, schismatischen oder exkommunizierten Geistlichen hört oder die Sakramente empfängt, sündigt (Summa Theologiae, III, q. 82, a. 9). Der Abschnitt bezieht sich auf Häretiker, Schismatiker und Exkommunizierte, denen durch eine Entscheidung der Kirche die Ausübung ihrer Befugnisse entzogen wurde. Solange dieses endgültige Urteil nicht ergangen ist, kann man zur Messe gehen und die Sakramente von Priestern empfangen, die subjektiv als Häretiker gelten usw. Die Communicatio in sacris mit Häretikern ist unerlaubt, wenn eine kirchliche Entscheidung sie dazu erklärt hat, aber bis dahin ist es erlaubt, von ihnen die Kommunion zu empfangen und die Messe zu hören.
Papst Franziskus, so der Jurist Patruno, mag eine umstrittene Persönlichkeit sein, aber „solange es keine sententia ecclesiae gibt, kann niemand ‒ weder ein Laie noch ein einfacher Priester ‒ an die Stelle der lehrenden Kirche treten“ (S. 213). Die eigene Meinung über Franziskus kann allenfalls als Meinung eines Privatarztes gelten. Kein Mensch, außer dem Papst, ist jedoch von Natur aus unfehlbar: Nur der Papst ist es unter bestimmten Bedingungen, wenn er sein Mandat ausübt. Andererseits kann es keine Kirche ohne einen Papst geben, und wenn der Papst heute nicht Franziskus ist, wer ist es dann oder wird es sein? Das sind unausweichliche Fragen, die nicht „charismatisch“ beantwortet werden können, außerhalb der elementarsten Begriffe der Theologie und des Kirchenrechts.
Der vernünftigste Weg, den man in dieser schmerzlichen Situation einschlagen kann, scheint derjenige zu sein, der in der Correctio filialis vom 16. Juli 2017 vorgezeichnet wurde, einem entschlossenen und respektvollen Dokument, das von 40 Gelehrten ‒ später wurden es mehr als 200 ‒ vorgelegt wurde, um den Heiligen Vater aufzufordern, die von ihm verbreiteten Irrlehren und Fehler zurückzuweisen. Diese Initiative verdient es, wieder aufgegriffen zu werden, vor allem aber von einer kongruenten Anzahl von Kardinälen und Bischöfen, nicht um den Papst „abzusetzen“, sondern um ihn kindlich zu ermahnen, nach dem Beispiel des heiligen Paulus an den heiligen Petrus (Ad Gal. 2, 14). In Zeiten einer schweren Krise besteht die Verpflichtung, Irrtümer anzuprangern, auch wenn diese von Seiten der höchsten kirchlichen Autorität kommen, mit allem Respekt vor dem Stellvertreter Christi und ohne Skandal für die Seelen. Daran erinnert uns ein römischer Theologe, der Passionistenpater Enrico Zoffoli (1915‒1996), indem er die Worte der heiligen Katharina von Siena zitiert:
„Eure Heiligkeit, laßt mich nicht mit dem gekreuzigten Jesus über Euch klagen müssen. Denn bei niemandem sonst könnte ich mich beschweren, denn Ihr habt keinen Vorgesetzten auf Erden!“, zitiert nach La vera Chiesa di Cristo (Die wahre Kirche Christi), Pro Manuscripto, Rom 1990, S. 287.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017, und Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte, 2. erw. Ausgabe, Bobingen 2011.
Bücher von Prof. Roberto de Mattei in deutscher Übersetzung und die Bücher von Martin Mosebach können Sie bei unserer Partnerbuchhandlung beziehen.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
Warten wir ab.
Ich erahne schreckliches.
Die Kirche hat schon manches überstanden.
Man kann die Unordnung mit unserem Schöpfer
erkennen.
Auch wenn wir eine kleine Herde werden,
so stärken wir uns mit Maria und
benützen die sicherste Waffe.
Herr De Mattei meint mal wieder, gegen Erzbischof Vigano schießen zu müssen. Mit der Impfung hat sich de Mattei in das Kielwasser Bergoglios begeben und der Heilige Geist hat sich in ihm leider verdunkelt.
De Mattei ist der Ansicht, man solle sich der Frage nach der Rechtmäßigkeit des ‚Papstes‘ Jorge Mario Bergoglio/‚Franziskus‘ nicht auf der theologischen oder kirchenrechtlichen Ebene nähern, denn dies tun in erster Linie, die Bergoglio nicht als Papst anerkennen. Oder aber die beiden Betrachtungsweisen spalten die Gläubigen in diejenigen, die Bergoglio als Papst ablehnen oder in die, die ihn annehmen.
Er schlägt stattdessen den Weg der correctio filialis vor, der zu nichts und wieder nichts geführt hat. Es hat sich sogar gezeigt, dass dieser Weg nicht mehr gangbar ist, da zu viele Bischöfe vom rechten Glauben abgefallen sind. Diesem Urteil kann man sich selbstverständlich wiederum nur theologisch oder kirchenrechtlich nähern. Da sich aber jedes Recht auf Autorität in der Kirche nur aus der Wahrheit, nämlich aus Christus als Ursakrament selbst, ableitet, kommt man nicht umhin Bergoglio in der rechten Theologia (Gottesschau) keine Folge zu leisten. Seine Methoden sind abzulehnen. Er stiftet Verwirrung und kann darum zwar formal Papst sein, theologisch aber niemals der Papa, der zum rechten Glauben erzieht und darin bestärkt.
Der Geist Bergoglios führt in der Praxis des Glaubens zum Glaubensabfall. Alle protestantisierenden losen Objekte innerhalb der katholischen Kirche wenden sich ihm frenetisch zu, während ihn die konservativen Gläubigen eher ablehnen.
Es wird wohl kaum einen praktizierenden Homosexuellen geben oder kaum einen notorischen Ehebrecher geben, der Papst Franziskus aufgrund seiner „Modernität und Aufgeschlossenheit“ nicht als Person bezeichnen würde, die sich im frischen Wind des Heiligen Geistes bewegt.
Diese sind meist verblendet aufgrund der Überzahl ihrer sündhaften Handlungen. So jubelte ein mir bekannter Homosexuller (bereits verstorben) schon 2013: „Er besitzt jetzt schon das Charisma der Heiligkeit.“ Oder eine Mutter im Alter von über 80 Jahren, deren Tochter im Ehebruch lebt: „Zum Glück haben wir einen so aufgeschlossenen Papst.“
Es kommt nicht auf Wortgefechte an, sondern auf die Frage, ob dieser Papst dem Heiligen Geist noch folgt. Persönlich kann ich diese Frage nicht positiv beantworten. Aus einem inneren Instinkt heraus, der wie ein Duft oder wie ein Aroma ist, muss ich leider sagen, dass es in der Umgebung von Bergoglio Franziskus nicht nach Heiligkeit riecht.
Ist Rom wirklich zur Kloake geworden?
Und neuerdings von Schlangen (echten) heimgesucht,ein Schelm,der Arges.….
„Andererseits kann es keine Kirche ohne einen Papst geben, und wenn der Papst heute nicht Franziskus ist, wer ist es dann oder wird es sein?“.
Wenn der erste Teil dieses Satzes wahr wäre, würde das heissen, dass es während einer Sedisvakanz – d.h. nach dem Tod oder Amtsverzicht eines Papstes bis zur Wahl eines neuen Papstes – wo die Kirche ohne Papst ist, keine Kirche gibt. Dies trifft mit Sicherheit nicht zu; so etwas hat die Kirche nie gelehrt. Gemäss der theologischen Erkenntnis des Hl. Robert Bellarmin, Kardinal und Kirchenlehrer der Gegenreformation, ist vom automatischen Amtsverlust – also ohne Notwendigkeit einer „sententia ecclesiae“! – eines in offene Häresie gefallenen Papstes auszugehen (vgl. a. Ulrich Rhode, Kirchenrecht, S. 101). Es tritt also eine Sedisvakanz ein, ohne dass die Kirche dabei untergeht. Was bei einer Sedisvakanz zu tun ist, ist aber durch das Kirchenrecht klar geregelt. Der zweite Teil der eingangs zitierten Frage hat sich somit auch erledigt. Damit ist der Weg frei für ernsthafte Überlegungen, wie die Erklärungen der „correctio filialis“ nun umzusetzen sind, denn seit den „Dubia“ und der „correctio filialis“ sind inzwischen mehrere Jahre vergangen und es kamen auch noch die Erklärung von Abu Dhabi und die Pachamama-Veranstaltung im Vatikan dazu; es gibt also keinerlei Anzeichen für einen Sinneswandel, zu dem der gegenwärtige Pontifex nun oft und lange genug ermahnt worden ist. Bis heute wurde allerdings nie geklärt, wie der Verlust des Amtes festgestellt, ausgesprochen oder durchgesetzt werden könnte; darauf muss sich nun die kirchenrechtliche Debatte konzentrieren. Quo usque tandem? Exsurge Domine!
„Was der Seriosität der historisch-juristischen Forschung schadet, ist gerade die Verschwörungsliteratur“.
Was der Seriosität der historisch-juristischen Forschung jedoch ebenfalls schadet, ist das Übergehen von Tatsachen. Eine solche Tatsache ist aber, dass ab Sommer 2012, d.h. im Vorfeld des Amtsverzichts von Benedikt XVI., durch die europäischen und italienischen Finanzregulatoren ein enormer Druck auf den Vatikan aufgebaut wurde, der zur Folge hatte, dass ab Anfang 2013 wesentliche Finanzdienstleistungen im Vatikan nicht mehr zur Verfügung standen; ab dem 12. Februar 2013, d.h. einen Tag nach der Erklärung des Amtsverzichts, waren sie dann wieder verfügbar (vgl. https://www.ft.com/content/3029390a-5c68-11e3-931e-00144feabdc0#axzz3nEMyBlNq)! Ob die gemäss „Financial Times“ von den Regulatoren angeführten Gründe für diesen Druck tatsächlich zutrafen, bleibe dahingestellt – entsprechende Spekulationen würden unter den Begriff „Verschwörungstheorien“ fallen – aber dass es diesen Druck gab, ist eine Tatsache und darf deshalb in der Erörterung der Frage, ob der Amtsverzicht von Benedikt XVI. allenfalls nicht frei geschehen ist, nicht einfach übergangen werden. Dabei müsste genau dieser Sachverhalt gerade in einer kanonistischen Diskussion über die Gültigkeit des Amtsverzichts von Papst Benedikt XVI. an erster Stelle stehen. So steht nämlich in Can. 332 § 2 des CIC klar und deutlich: „Falls der Papst auf sein Amt verzichten sollte, ist zur Gültigkeit verlangt, daß der Verzicht frei geschieht …“ (https://www.vatican.va/archive/cod-iuris-canonici/deu/documents/cic_libro2_cann331-335_ge.html). Wendet man nun diesen Rechtssatz auf den Sachverhalt an, dass zum Zeitpunkt des Amtsverzichts von Benedikt XVI. der Vatikan einem von aussen ausgeübten großen finanzpolitischen Druck ausgesetzt war, so ist nicht zu bestreiten, dass es vernünftige Zweifel daran geben kann, ob dieser Amtsverzicht im Sinne von Can. 332 § 2 CIC tatsächlich frei geschehen ist.
Quid iuris?
Das vatikanische Recht ist nicht göttliches, sondern positives Recht. Es wird von Menschen beurteilt. Da Erzbischof Gänswein posthumus als Grund für den Amtsverzicht die Schlaflosigkeit von Benedikt XVI angegeben hat, liegt somit ein Grund vor, der einen freiwilligen Amtsverzicht bedeutet.
„Andererseits kann es keine Kirche ohne einen Papst geben, und wenn der Papst heute nicht Franziskus ist, wer ist es dann oder wird es sein? Das sind unausweichliche Fragen, die nicht „charismatisch“ beantwortet werden können, außerhalb der elementarsten Begriffe der Theologie und des Kirchenrechts.“
Charismatisch würde ich sagen das wir möglicherweise in der Endzeit leben.
Wir war das noch in La Sallette? Eins ist Fakt, greift der Herr nicht entscheident ein wird seine Heilige Kirche zerstört werden.
Per Mariam ad Christum.
Wird sie nicht,denn „die Mächte der Finsternis werden sie nicht überwältigen“.
Dazu auch Anna Katharina Emmerick:„ich sah die Peterskirche zerstört aber das Allerheiligste war erhalten/stehen geblieben“.
Aus dem Beitrag von Besucher:
„Da Erzbischof Gänswein posthumus als Grund für den Amtsverzicht die Schlaflosigkeit von Benedikt XVI angegeben hat, liegt somit ein Grund vor, der einen freiwilligen Amtsverzicht bedeutet.“
Die Schlaflosigkeit als Symptom passt genau in den Sachverhalt, wie ich ihn beschrieben und mit Quellenangabe belegt habe (vgl. meinen Beitrag vom 8. Juli). Welcher Papst hätte in einer solchen Lage wohl noch ruhig schlafen können …