(New York) Gegen den 2018 in Ungnade gefallenen ehemaligen Kardinal Theodore McCarrick wird nun auch im Staat Wisconsin Anklage wegen homosexuellen Mißbrauchs erhoben.
Laut einer Strafanzeige soll der heute 92jährige McCarrick das Opfer in einem Haus in Geneva Lake unsittlich begrapscht haben. Der Übergriff soll sich im Jahr 1977 ereignet haben und fällt im Staat Wisconsin nicht unter die Verjährungsfrist.
McCarrick ist bereits im Staat Massachusetts wegen eines Vorfalls bei einer Hochzeit im Jahr 1974 angeklagt.
Voraussichtlich wird der bis vor wenigen Jahren einflußreiche Kirchenmann am 26. Juni vor dem Gericht von Walworth County zu erscheinen haben.
Der Generalstaatsanwalt von Wisconsin Josh Kaul sagte: „Ich danke den mutigen Opfern, die sich im Rahmen der Initiative gegen den Mißbrauch von Geistlichen und religiösen Führern gemeldet haben. Ich ermutige andere Opfer, die sich noch nicht gemeldet haben, mit dem Spezialisten für Opferdienste des Justizministeriums zu sprechen, der sich dieser Initiative widmet, und Anzeige zu erstatten.“
Theodore McCarrick war seit 1977 Bischof und seit 2001 Kardinal. Von 2000 bis 2006 war er Erzbischof von Washington. Kurz nach der Wahl von Papst Benedikt XVI. wurde McCarrick aufgrund von Gerüchten mit Vollendung des 75. Lebensjahres emeritiert, obwohl der deutsche Papst Metropoliten in der Regel eine Verlängerung bis zum 77. Lebensjahr gewährte. Weitere Sanktionen gegen McCarrick wie die Einschränkung der Reisefreiheit und öffentlicher Auftritte wurden verhängt, von Papst Franziskus nach seiner Wahl aber wieder aufgehoben. Franziskus machte McCarrick zu seinem Berater für die USA, insbesondere für Bischofsernennungen.
Der Apostolische Nuntius in den USA, Erzbischof Carlo Maria Viganò, hatte Franziskus im Juni 2013 detailliert über McCarricks Machenschaften informiert. Dieser reagierte aber erst, als 2018 die New York Times dessen homopäderastisches Doppelleben enthüllte. Franziskus entzog darauf McCarrick die Kardinalswürde. 2019 wurde er auch aus dem Klerikerstand entlassen. Der Untersuchungsbericht des Vatikans, ob und was die kirchlichen Behörden wußten, wurde trotz mehrfacher Ankündigungen erst 2020 veröffentlicht und klärte nicht wirklich etwas. Die meisten McCarrick Boys sind weiterhin auf ihren Bischofssitzen.
Ob McCarrick, der zunächst in einem Kapuzinerkloster leben mußte, hält sich seit 2020 an einem unbekannten, den staatlichen und kirchlichen Behörden bekannten Ort auf. Seine Anwälte drängen darauf, daß der Hochbetagte inzwischen verhandungsunfähig geworden sei.
Ungeklärt bleibt vor allem die Rolle von Santa Marta im Fall McCarrick.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons