(Rom) Papst Franziskus war gestern verkühlt. Seine Stimme klang heiser und müde. Dennoch setzte er sein vorgesehenes Programm fort. Die für ihn vorbereitete Rede, die er beim Empfang für die Europäische Rabbinerkonferenz (CER) halten sollte, trug er allerdings nicht vor, sondern ließ sie mit Hinweis auf seine Stimme verteilen. Hinter den Kulissen gingen die Wogen hoch, wegen der Montagna-Enthüllung, Franziskus beabsichtige möglicherweise das Papstwahlrecht zu ändern.
Die 1956 gegründete Europäische Rabbinerkonferenz ist ein Zusammenschluß orthodoxer Rabbiner. Sie verlegte ihren Hauptsitz im vergangenen September von London nach München. Die CER wird von der bayerischen Staatsregierung mit 1,5 Millionen Euro jährlich gefördert und vertritt laut eigenen Angaben europaweit rund 700 Rabbiner. Sie verleiht unter anderem den Harav-Lord-Jakobovits-Preis, benannt nach ihrem Gründervorsitzenden Immanuel Jakobovits (1921–1999), dem aus dem ostpreußischen Königsberg stammenden jahrelangen Oberrabbiner von Großbritannien und des britischen Commonwealth, der 1981 von der britischen Königin geadelt und 1988 zum Mitglied des britischen Oberhauses ernannt wurde.
Sein Tagesprogramm wollte Franziskus wegen seiner gesundheitlichen Beschwerden aber nicht ändern. Die CER-Delegation, die von ihrem Vorsitzenden Rabbi Pinchas Goldschmidt angeführt wurde, begrüßte Franziskus mit den Worten:
„Guten Morgen, ich grüße Sie alle und heiße Sie willkommen. Vielen Dank für diesen Besuch, der mir so gut gefällt, aber es kommt vor, daß es mir gesundheitlich nicht gut geht, und deshalb lese ich die Rede lieber nicht, sondern gebe sie Ihnen“.
In der Rede verurteilte das Kirchenoberhaupt den Antisemitismus. Der Dialog zwischen Judentum und Christentum sei nicht interreligiös, sondern „familiär“, so Franziskus.
Auch die anderen Audienzen des Vormittags wurden durchgeführt. So konnten nacheinander auch die neuen Botschafter beim Heiligen Stuhl der Schweiz und Brasiliens, Manuela Leimgruber und Everton Vieira Vargas, ihren Antrittsbesuch abstatten.
Am Nachmittag traf sich Franziskus mit 7000 Kindern in der großen Audienzhalle Paolo VI.
Der Dementi-Sturm
Unterdessen gingen die Wogen hoch wegen der Enthüllung von Diane Montagna, daß Papst Franziskus seit Monaten an einer möglichen Änderungen der Apostolischen Konstitution Universi Dominici gregis zur Papstwahl arbeite.
Besonders energisch dementierte der Jesuit und enge Papstvertraute Kardinal Gianfranco Ghirlanda. Den Kirchenjuristen hatte Montagna als jenen Mann benannt, den Franziskus beauftragt habe, die Rechtsgrundlagen für eine Reform des Wahlrechts zu studieren und entsprechende Vorschläge zu erarbeiten. Grundlage dafür sind die seit dem Frühjahr monatlich, zuletzt noch häufiger erfolgten und bestätigten Begegnungen zwischen dem Kardinal und Papst Franziskus. Ghirlanda bezeichnete die Behauptung gegenüber LifeSiteNews als „absolut falsch“. Er habe vor Medienanfragen keinerlei Kenntnis von einer angeblichen „Reform des Konklaves“ gehabt und selbst erst im Internet Montagnas Artikel suchen und nachlesen müssen.
Ähnlich energisch dementierte er auch gegenüber El Debate. Montagnas Behauptungen seien „völlig eine Lüge“:
„Eine solche Absicht des Papstes ist mir nicht bekannt und ich bin in diese Angelegenheit jedenfalls überhaupt nicht involviert“.
Gleiches schrieb er auf Anfrage an EWTN:
„Ich weiß nichts darüber und alle Schlußfolgerungen sind reine Lügen“.
Schließlich nahm auch Vatikansprecher Matteo Bruni noch einmal auf Anfrage dazu Stellung. Nachdem er den Bericht zunächst als „unbegründet“ bezeichnet hatte, ergänzte er nun:
„Soweit ich weiß, ist keine Überarbeitung in Arbeit“.
Bleibt daran zu erinnern, daß Ghirlanda erst 2022 ein Verständnis des Papsttums als einer Art „Deus in terris“ vorgelegt hatte. Eine Theorie, die offensichtlich maßgeschneidert auf das Pontifikat von Papst Franziskus bezogen ist.
Während Kardinal Ghirlanda, Papst Franziskus’ Mann für Sonderaufträge, also energisch seine Beteiligung an einer möglichen Änderungen des Papstwahlrechts bestreitet, bleibt die Reaktion des Heiligen Stuhls auf die Enthüllung der gewissenhaft arbeitenden Diane Montagna sehr zurückhaltend. Wie schon gestern bemerkt, wurde hier – bei allen Unklarheiten im Detail – ein Versuchsballon gestartet.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: X (Screenshot)