Hackerangriff gegen den Vatikan – wer steckt dahinter?

"Moskau reagierte immer sehr positiv" – Wer also nicht?


Papst Franziskus mit einer ukrainischen Fahne. Sein Wunsch, als Friedensvermittler aufzutreten, gestaltet sich als schwierig, dennoch hält im zehnten Monat daran fest.
Papst Franziskus mit einer ukrainischen Fahne. Sein Wunsch, als Friedensvermittler aufzutreten, gestaltet sich als schwierig, dennoch hält im zehnten Monat daran fest.

(Rom) Die offi­zi­el­le Inter­net­sei­te des Hei­li­gen Stuhls war gestern Ziel eines Hacker­an­griffs. Weder der Vati­kan noch Ita­li­en, des­sen Sicher­heits­dien­ste in sol­chen Fra­gen meist kon­sul­tiert wer­den, äußer­ten sich bis­her zu den mög­li­chen Urhe­bern. Nach­dem das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt zunächst einen Angriff demen­tiert hat­te, hieß es in einem zwei­ten Moment, es habe „unge­wöhn­li­che Zugangs­ver­su­che“ gege­ben. Der Angriff erfolg­te nur zwei Tage nach der Kri­tik von Papst Fran­zis­kus an den rus­si­schen Trup­pen in der Ukrai­ne. „Es müs­sen die Rus­sen gewe­sen sein“, klingt es aus Medi­en­re­dak­tio­nen, die für west­li­che Pro­pa­gan­da anfäl­lig sind. Die Sache ist aller­dings kom­pli­zier­ter, wie der Ver­such von Andre­as Becker zeigt, allein den gest­ri­gen Tag im Ukrai­ne­kon­flikt eini­ger­ma­ßen zu rekonstruieren.

Ein Tag im Ukrainekrieg

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Von Andre­as Becker

Die wich­tig­ste Inter­net­sei­te des Vati­kans wur­de gestern von Hackern ange­grif­fen. Kurz zuvor war bekannt­ge­wor­den, daß der Hei­li­ge Stuhl beim jüng­sten Gefan­ge­nen­aus­tausch zwi­schen Ruß­land und der Ukrai­ne als Ver­mitt­ler auf­ge­tre­ten war. Das erhöht die Wahr­schein­lich­keit, daß dem Vati­kan ins­ge­samt eine viel­leicht wich­ti­ge Ver­mitt­ler­rol­le zukom­men könn­te, je län­ger sich der rus­sisch-ukrai­ni­sche Krieg hin­zie­hen soll­te. Papst Fran­zis­kus selbst bekräf­tig­te mehr­fach, alle Anstren­gun­gen unter­neh­men zu wol­len, um die bei­den Streit­par­tei­en an einen Tisch zu bringen.

Msgr. Paul Richard Gal­lag­her, der „Außen­mi­ni­ster“ des Vati­kans, war es, der in die­sen Tagen davon sprach, daß die Vati­kan­di­plo­ma­ten in der Fra­ge des Gefan­ge­nen­aus­tau­sches aktiv sind. Der Papst hofft, so Gal­lag­her, daß das bis­her Gesä­te nun auch für umfas­sen­de­re Ver­ein­ba­run­gen die­nen kann.

Der aus Liver­pool stam­men­de Erz­bi­schof beton­te, daß Papst Fran­zis­kus bereit ist, sofern es von bei­den Kon­flikt­par­tei­en gewünscht sei, den Vati­kan als neu­tra­len Ort für Waf­fen­still­stands- oder Frie­dens­ver­hand­lun­gen zur Ver­fü­gung zu stellen.

Über ver­schie­de­ne Kanä­le, so Msgr. Gal­lag­her, wer­de bereits in die­se Rich­tung gear­bei­tet. Es sei­en „klei­ne Schrit­te“, aber es gebe sie, wobei er kon­kret den Apo­sto­li­schen Nun­ti­us in Mos­kau und den rus­si­schen Bot­schaf­ter beim Hei­li­gen Stuhl nannte.

Papst Franziskus: Moskau reagierte „immer sehr positiv“

In dem am Mon­tag ver­öf­fent­lich­ten Inter­view der US-ame­ri­ka­ni­schen Jesui­ten­zeit­schrift Ame­ri­ca mit Papst Fran­zis­kus hat­te das Kir­chen­ober­haupt selbst bestä­tigt, zwi­schen der Ukrai­ne und Ruß­land zugun­sten des Gefan­ge­nen­aus­tauschs zu ver­mit­teln. Eini­ge sol­cher Ope­ra­tio­nen konn­ten bereits erfolg­reich durch­ge­führt wer­den. Fran­zis­kus erzähl­te, Gefan­ge­nen­li­sten ent­ge­gen­zu­neh­men, die „Zivi­li­sten wie Sol­da­ten“ betreffen:

„Ich las­se sie der rus­si­schen Regie­rung zukom­men, und die Ant­wor­ten waren immer sehr positiv.“

Er gab damit zu ver­ste­hen, eine mini­ma­le Ebe­ne geschaf­fen zu haben, um einen näch­sten Schritt zu wagen und Ver­hand­lun­gen für die Been­di­gung des Krie­ges vorzuschlagen.

Die Wor­te des Pap­stes und sei­nes Außen­mi­ni­sters bestä­ti­gen aus erster Hand, was im Vati­kan schon zuvor zu hören war: Ruß­land habe die Vor­schlä­ge des Pap­stes wohl­wol­lend auf­ge­nom­men und damit zu ver­ste­hen gege­ben, daß die dies­be­züg­li­chen Akti­vi­tä­ten des Hei­li­gen Stuhls geschätzt wer­den. Die vati­ka­ni­sche Diplo­ma­tie sieht dar­in Hoff­nungs­zei­chen, daß eine Rück­kehr an den Ver­hand­lungs­tisch mög­lich ist, wenn, ja wenn… Nur unter Wah­rung der Anony­mi­tät wird fort­ge­setzt: „Wenn da nicht Selen­skyj wäre“. Gemeint ist der ukrai­ni­sche Staats­prä­si­dent Wolo­dym­yr Selen­skyj, der, so sagt die Quel­le im Vati­kan, an einem Dia­log kein Inter­es­se zei­ge und Bedin­gun­gen für die Auf­nah­me von Gesprä­chen stel­le, die unrea­li­stisch sei­en. Was Vati­kan­di­plo­ma­ten nur infor­mell äußern, wird von Dmit­ry Pes­kow offen aus­ge­spro­chen: Der Kreml sehe eine vati­ka­ni­sche Ver­mitt­lung wohl­wol­lend, „die Ukrai­ne aber nicht“, so der Kreml-Sprecher.

Ende März, als noch ver­han­delt wur­de, schien es, als hät­ten sich Ruß­land und die Ukrai­ne in Istan­bul auf einen ersten Mini­mal­kon­sens ver­stän­digt. Ruß­land hat­te sich aus den im Nor­den besetz­ten Gebie­ten um Kiew zurück­ge­zo­gen, nach­dem der erhoff­te Sturz Selen­sky­js miß­glückt war. Den­noch erklär­te Selen­skyj über­ra­schend alles für null und nich­tig – laut rus­si­scher Dar­stel­lung, nach einem Tele­fon­ge­spräch mit US-Prä­si­dent Joe Biden. Die Rus­sen spre­chen seit­her noch deut­li­cher von einem Stell­ver­tre­ter­krieg der USA auf dem Gebiet der Ukrai­ne, mit den Ukrai­nern als Boden­trup­pen Washing­tons. Der wei­te­re Ver­lauf der Ereig­nis­se scheint die­se The­se zu bestä­ti­gen, wenn die Details auch zu wenig bekannt sind und die Geschich­te am Ende der Sie­ger schrei­ben wird. Selbst Fran­zis­kus scheint die­se Sicht der Ereig­nis­se zu tei­len, wobei er auch in die­sem Fall zum Mit­tel der Umschrei­bung greift, um die Ver­wick­lung der USA zu mei­nen, ohne Washing­ton zu erwäh­nen. Mit­te Sep­tem­ber sag­te er zu den Jesui­ten in Kasachstan:

„Es ist ein Irr­tum zu den­ken, daß das ein rus­sisch-ukrai­ni­scher Krieg ist und fer­tig. Nein, das ist ein Weltkrieg.“

Päpstliche Nachhilfe in Diplomatie für die EU

Tat­sa­che ist, daß Selen­skyj neu­er­dings sein eng­stes Umfeld ner­vös macht und sogar den Kie­wer Bür­ger­mei­ster Vita­li Klit­sch­ko tadel­te. Klit­sch­ko äußer­te sich zunächst nicht, bis ihm offen­bar der Gedulds­fa­den riß und er wis­sen ließ: „Die Ukrai­ner brau­chen Einig­keit und kei­ne poli­ti­schen Kämp­fe.“ Klit­sch­ko hat­te zuvor von einer mög­li­chen zeit­wei­sen Eva­ku­ie­rung der Ein­woh­ner Kiews gespro­chen, da im Win­ter wegen der jüng­sten rus­si­schen Zer­stö­run­gen der Infra­struk­tur die Ver­sor­gung durch Hei­zung, Strom und Was­ser nicht garan­tiert wer­den könne.

Papst Fran­zis­kus meint die­se Men­schen, wenn er vom „gemar­ter­ten Volk“ spricht. Aus dem päpst­li­chen Umfeld ist bekannt, daß er irri­tiert ist über die ihm gegen­über geäu­ßer­te Kri­tik. Er las­se kei­nen Zwei­fel am Anteil, den Putin am Aus­bruch die­ses Krie­ges habe. Es sei aber nicht klug, ja ärger­lich, von ihm bei jeder Gele­gen­heit eine Ver­ur­tei­lung Putins zu erwar­ten. Fran­zis­kus will, so enge Ver­trau­te, weder einen Sieg- noch einen Dik­tat­frie­den, son­dern Frie­den stif­ten. Das kön­ne er aber nicht, wenn er eine Kon­flikt­par­tei stän­dig öffent­lich ver­ur­tei­len müs­se. Er will, so wird ver­si­chert, den dün­nen Gesprächs­fa­den nicht gefähr­den, der auf­recht­erhal­ten wer­den konn­te. Das sei wert­vol­ler, so ein Vati­kan­di­plo­mat, als die plat­te Ver­ur­tei­lung Ruß­lands im ver­gan­ge­nen März als „Schur­ken­staat“ und ver­gan­ge­ne Woche als „Unter­stüt­zer des staat­li­chen Ter­ro­ris­mus“, wie es die EU getan hat. Das Ver­hal­ten des EU-Par­la­ments mache diplo­ma­ti­sche Bemü­hun­gen über­flüs­sig und habe die EU als Frie­dens­stif­ter selbst ausgeschaltet.

Im Ame­ri­ca-Inter­view erteil­te Fran­zis­kus etwas Nach­hil­fe­un­ter­richt in Rich­tung Brüssel:

„Wenn ich von der Ukrai­ne spre­che, spre­che ich von einem gemar­ter­ten Volk. Wenn es ein gemar­ter­tes Volk gibt, gibt es auch jemand, der es mar­tert. Natür­lich, wer ein­ge­drun­gen ist, das ist der rus­si­sche Staat. Manch­mal ver­su­che ich, nicht näher dar­auf ein­zu­ge­hen, um nicht zu belei­di­gen, son­dern ganz all­ge­mein zu ver­ur­tei­len, auch wenn bekannt ist, wen ich ver­ur­tei­le. Es ist nicht not­wen­dig, daß ich Vor- und Zuna­men nenne.“

Allein schon, daß der Papst sich dazu gezwun­gen sieht, sei­ne ver­mit­teln­de Posi­ti­on öffent­lich zu erklä­ren, sprengt den diplo­ma­ti­schen Rah­men. Fran­zis­kus ließ sich den­noch auch eine Ankla­ge ent­locken, indem er sag­te, die Tsche­tsche­nen und Bur­ja­ten sei­en „der grau­sam­ste Teil der rus­si­schen Trup­pen in der Ukraine“.

Der Papst als „Opfer der Propaganda“?

Die rus­si­sche Reak­ti­on blieb nicht aus, schließ­lich stellt die rus­si­sche Teil­re­pu­blik Tsche­tsche­ni­en unter ihrem Prä­si­den­ten Ram­san Kady­row im Ver­hält­nis zur Ein­woh­ner­zahl die größ­ten Kon­tin­gen­te der in der Ukrai­ne kämp­fen­den rus­si­schen Trup­pen. Die Tsche­tsche­nen sind Mus­li­me. Für Ruß­lands Prä­si­den­ten Wla­di­mir Putin ist es von Vor­teil, an Stel­le von rus­si­schen Wehr­pflich­ti­gen tsche­tsche­ni­sche Frei­wil­li­ge an die Front zu schicken und die­sen „Dienst“ der Teil­re­pu­blik mit mehr Geld abzu­glei­chen. Auf­grund eines har­ten und lan­gen Bür­ger­kriegs ist in Tsche­tsche­ni­en eine Gene­ra­ti­on von Mus­li­men her­an­ge­wach­sen, für die Krieg etwas „Nor­ma­les“ ist. Der Umstand, daß Mos­kau Mus­li­me in der Ukrai­ne kämp­fen läßt, sorgt dort für beson­de­re Empö­rung. Die Kon­no­ta­ti­on eines Reli­gi­ons­krie­ges, obwohl von nie­mand erklärt, schwingt unter­schwel­lig mit. Hin­zu kommt, daß Kady­row ein Mann mit aus­ge­präg­ter Selbst­dar­stel­lung ist und erfolg­reich mit einem abschrecken­den Image spielt, das bis zum Papst vor­ge­drun­gen ist (sie­he das Video am Ende des Beitrags).

Maria Sacha­rowa, die Spre­che­rin des rus­si­schen Außen­mi­ni­ste­ri­ums, fand erstaun­lich har­te Wor­te. Die Aus­sa­ge von Fran­zis­kus bewei­se eine „anti­rus­si­sche“ Hal­tung und sei „eine uner­hör­te Ver­dre­hung der Wahr­heit“. Zurück­hal­ten­der äußer­te sich der bur­ja­ti­sche Prä­si­dent Ale­xej Zyde­now, der sag­te, die Wor­te des Pap­stes sei­en „selt­sam“.

Auch Bur­ja­ti­en ist eine rus­si­sche Teil­re­pu­blik, aller­dings in Sibi­ren. Die Bur­ja­ten spre­chen eine mon­go­li­sche Spra­che und sind Bud­dhi­sten. Wenn Kady­row selbst Wert dar­auf legt, sei­ne tsche­tsche­ni­schen Kämp­fer zur Ein­schüch­te­rung als Schrecken dar­zu­stel­len, waren es west­li­che Medi­en­be­rich­te, die im Früh­jahr ein bur­ja­ti­sches „Gespenst“ an die Wand mal­ten, offen­bar in der Absicht, den Feind in die­sem nicht erklär­ten Krieg des Westens durch ein unbe­kann­tes Volk im Osten beson­ders grau­sam erschei­nen zu las­sen. In Wirk­lich­keit spie­len die Bur­ja­ten in die­sem Krieg weder zah­len­mä­ßig eine Rol­le noch sind sie sonst irgend­wie auf­ge­fal­len. Tsche­tsche­nen und vor allem Bur­ja­ten dien­ten dem Papst offen­bar als „Stüt­ze“, um gemäß sei­ner selbst­ge­wähl­ten Prä­mis­se Kri­tik an Mos­kau zu üben, ohne es direkt zu nennen.

Schließ­lich mel­de­te sich gestern noch Kady­row selbst zu Wort:

„Papst Fran­zis­kus ist ein Opfer der Pro­pa­gan­da. Jeder tsche­tsche­ni­sche Kämp­fer weiß, daß man in der Kriegs­zeit Ehre, Wür­de und auch den Respekt für den Feind nicht ver­ges­sen darf, wie der Islam lehrt.“

Klöster, Priester und Vergeltung

Das Päpst­li­che Hilfs­werk Kir­che in Not berich­te­te unter­des­sen, daß zwei ukrai­ni­sche Redempto­ri­sten, P. Iwan Lewyz­kyj und P. Boh­dan Hele­ta, die in Berdjansk im Oblast Sapo­risch­ja wirk­ten, fest­ge­nom­men wur­den. Ihnen wird von rus­si­scher Sei­te „Vor­be­rei­tung eines Ter­ror­an­schlags“ vor­ge­wor­fen. Die bei­den Prie­ster waren zur Betreu­ung der grie­chisch-katho­li­schen Gläu­bi­gen in der Stadt geblie­ben, auch nach­dem sie von rus­si­schen Trup­pen ein­ge­nom­men wor­den war. Rus­si­sche Medi­en berich­ten, daß auf dem Gelän­de der von ihnen betreu­ten Kir­che „Spreng­stoff und Waf­fen“ gefun­den wor­den seien.

Die Ver­tre­tung der Redempto­ri­sten in der Ukrai­ne erklär­te hin­ge­gen, daß die­se Waf­fen­fun­de „gefälscht und unwahr“ sei­en. Sie äußer­te gleich­zei­tig die Ver­mu­tung, es hand­le sich um eine „Ver­gel­tungs­maß­nah­me“, nach­dem ukrai­ni­sche Sicher­heits­kräf­te vor kur­zem das berühm­te Kie­wer Höh­len­klo­ster durch­sucht hat­ten mit der Begrün­dung, es sei ein mög­li­ches „Zen­trum der rus­si­schen Subversion“.

Unter­des­sen bom­bar­dier­te die rus­si­sche Armee auch gestern zahl­rei­che Zie­le in der Ukrai­ne. 30 Ein­schlä­ge inner­halb von 24 Stun­den wur­den allein in dem von Ruß­land geräum­ten Teil des Oblast Cher­son regi­striert, wobei die ukrai­ni­sche Sei­te einen Toten und zwei Ver­letz­te unter der Zivil­be­völ­ke­rung mel­de­te. Ein wei­te­rer Zivi­list starb in einem ande­ren Lan­des­teil der Ukrai­ne. Die rus­si­sche Sei­te mel­de­te eine durch ukrai­ni­schen Beschuß getö­te­te Zivi­li­stin in Swatowo.

West­li­che Regie­run­gen schaf­fen inzwi­schen wei­te­re recht­li­che Vor­aus­set­zun­gen, um das gan­ze Jahr 2023 hin­durch Waf­fen und mili­tä­ri­sches Gerät an die Ukrai­ne abtre­ten zu kön­nen. Gestern faß­te Ita­li­ens neue Regie­rung einen ent­spre­chen­den Beschluß und erfüllt damit die Hoff­nun­gen bzw. Befürch­tun­gen nicht, aus dem west­li­chen Bünd­nis aus­zu­sche­ren. Ein Zei­chen dafür, daß der „Stell­ver­tre­ter­krieg“ in der Ukrai­ne zwi­schen Washing­ton und Mos­kau fort­ge­setzt wer­den soll. In der Poli­tik kann sich jedoch viel ändern. Dar­auf darf gehofft werden.

Offen­bar gibt es noch immer man­chen auf bei­den Sei­ten zu wenig Tote. Wäh­rend die getö­te­ten Zivi­li­sten von bei­den Sei­ten gemel­det wer­den, gibt es zu den gefal­le­nen Sol­da­ten weder von rus­si­scher noch ukrai­ni­scher Sei­te kon­kre­te Angaben. 

Von der Leyens Video und die Zahl der ukrainischen Gefallenen

EU-Kom­mis­si­ons­prä­si­den­tin Ursu­la von der Ley­en äußer­te in einer Video­bot­schaft den Wunsch, ein Son­der­tri­bu­nal zu errich­ten, um „rus­si­sche Kriegs­ver­bre­chen“ in der Ukrai­ne zu ahn­den. Die Bot­schaft wur­de für die Glo­ba­li­stin, die zusam­men mit ihrem Ehe­mann wegen der Coro­na-Poli­tik und Mil­li­ar­den­geld­flüs­sen in der Kri­tik steht, jedoch zu einem Pro­blem. Die von ihr genann­te Zahl der ukrai­ni­schen Gefal­le­nen scheint eine unan­ge­neh­me Wahr­heit zu sein. Von der Ley­en sagte:

„Man schätzt, daß bis­her mehr als 20.000 ukrai­ni­sche Zivi­li­sten und 100.000 Sol­da­ten getö­tet wurden.“

Kei­ne zwei Stun­den spä­ter wur­de ein neu­es Video ver­öf­fent­licht, in dem die Opfer­an­ga­ben her­aus­ge­schnit­ten waren. Von der Ley­ens Spre­che­rin Dana Spinant ver­such­te die Sache her­un­ter­zu­spie­len. Die Schät­zun­gen „exter­ner Quel­len“ hät­ten sich auf Tote und Ver­letz­te bezo­gen. In Wirk­lich­keit soll die Zahl der Gefal­le­nen geheim blei­ben, wie eine Erklä­rung von Boh­dan Senyk, Lei­ter der Pres­se­ab­tei­lung der ukrai­ni­schen Streit­kräf­te, bestätigte: 

„Die Ver­lu­ste der ukrai­ni­schen Armee sind inof­fi­zi­el­le und ver­trau­li­che Informationen.“ 

Just am sel­ben Tag sprach auch der ukrai­ni­sche Prä­si­dent Selen­skyj von den Gefal­le­nen, aller­dings den rus­si­schen, und das nur in sehr hypo­the­ti­scher Form:

„Die­ses Jahr wird Ruß­land 100.000 sei­ner Sol­da­ten ver­lie­ren, und nur Gott weiß, wie vie­le Söldner.“

Am Ende des Tages scheint nur klar zu sein, daß der Hacker­an­griff auf die Inter­net­sei­te des Hei­li­gen Stuhls eine Reak­ti­on auf die Aus­sa­gen von Papst Fran­zis­kus in der ame­ri­ka­ni­schen Jesui­ten­zeit­schrift war. Unklar ist, durch wen, also ob des­halb, weil er die rus­si­schen Trup­pen in der Ukrai­ne kri­ti­sier­te, oder weil er bekannt­gab, daß der Vati­kan auf diplo­ma­ti­scher Ebe­ne als Ver­mitt­ler auf­tritt und Ruß­land „sehr posi­tiv“ reagiert. Jemand woll­te San­ta Mar­ta jeden­falls ein Signal senden.

Das Mit­te Okto­ber ver­öf­fent­lich­te Video zeigt die Mobi­li­sie­rung neu­er tsche­tsche­ni­scher Trup­pen für den Ein­satz in der Ukrai­ne. Es ist auch ein Bei­spiel für Kady­rows Selbstdarstellung. 

Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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