Von Roberto de Mattei*
Katholiken, die dem unveränderlichen Lehramt der Kirche treu sind, sind zu Recht empört über die Respektlosigkeit und die Beleidigung des heiligsten Sakraments der Eucharistie, wie es bei der Messe geschehen ist, die auf einer aufblasbaren Matratze im Meer von Crotone gefeiert wurde. Die Sakramente der Kirche sind jedoch sieben, und es gibt ein weiteres, das ständig erniedrigt wird: das Sakrament der Buße.
Das Bußsakrament wird von vielen abgelehnt, weil es vom Reumütigen eine aufrichtige Reue über seine Sünden verlangt, verbunden mit dem Vorsatz, sie nicht mehr zu begehen. Reue wird von Neomodernisten als ein unterwürfiges Gefühl betrachtet, das von Gottes barmherziger Liebe nicht gefordert werde. Dieser Standpunkt deckt sich mit dem der Jansenisten, die ihn im 18. Jahrhundert vertraten, aber vom heiligen Alfons Maria de‘ Liguori (1696–1787) widerlegt wurden, dem großen Kirchenlehrer, der von Pius XII. zum „himmlischen Patron aller Bekenner und Moralisten“ erklärt wurde.
Die Reue, die sich in einem aufrichtigen Bekenntnis und in der freiwilligen Annahme der vom Beichtvater auferlegten Genugtuungswerke äußert, ist eines der konstitutiven Elemente des sakramentalen Bußritus. Das Konzil von Trient definiert sie als:
„Seelenschmerz und Abscheu vor der begangenen Sünde mit dem Vorsatz, nicht mehr zu sündigen“ (Sess. 14, Kap. 4).
Sie wird unterschieden in vollkommene oder unvollkommene. Die vollkommene Reue entspringt dem Herzen des Reumütigen, der die Sünde bereut, da sie ein Vergehen gegen Gott ist. Man nennt sie auch Zerknirschung. Um sich dem Sakrament der Buße zu nähern, genügt jedoch der unvollkommene Schmerz oder die Zermürbung/Reue, die in der Seele eines Menschen entsteht, der die Sünde ernsthaft verleugnet, aus einem übernatürlichen Grund (wie der Angst vor der Hölle), aber weniger als die vollkommene Liebe.
Was sind aber die Voraussetzungen dafür, daß die unvollkommene Reue den für die Gültigkeit des Sakraments erforderlichen Grad der Hinlänglichkeit erreicht? Die Jansenisten vertraten die Ansicht, daß die Zermürbung nicht ausreiche, weil ihr die reine Liebe zu Gott fehle, und daß für die Erfüllung des Gebots die vollkommene Reue notwendig sei. Der heilige Alfons von Liguori antwortete, daß die Furcht vor der Hölle und der göttlichen Gerechtigkeit bereits ein initium amoris enthält, da die Furcht vor der Hölle implizit die Furcht ist, Gott zu verlieren; man fürchtet die Strafe, weil sie von Gott, dem Urheber des Glücks, das man besitzen möchte, verhängt wird.
„Genauer gesagt, beinhaltet die Zermürbung eine anfängliche Liebe, denn sie beinhaltet: 1. die Furcht vor der göttlichen Rache, timor Dei initium dilectione eius; 2. die Hoffnung auf Vergebung; 3. die Hoffnung auf Seligkeit. Der gewöhnliche Pönitent, der sich der Beichte nur mit Zermürbung nähert, beginnt Gott als seinen Befreier, Rechtfertiger und Verherrlicher zu lieben.“ 1
Der Irrtum des Jansenismus bestand darin, das Handeln Gottes nicht in einem Akt zu sehen, der zwar nicht in sich selbst rechtfertigend ist, aber dennoch auf dem Weg der Rechtfertigung liegt, zu der er durch das Sakrament gelangt. Andernfalls kann keine menschliche Handlung moralisch gut sein, wenn sie nicht die Liebe Gottes zum Ziel hat. Deshalb bekräftigt das Konzil von Trient, daß die unvollkommene Reue oder Zermürbung eine Gabe Gottes und ein Impuls des Heiligen Geistes ist, der noch nicht in der Seele wohnt, sie aber bewegt und den Weg zur Gerechtigkeit bereitet. Und obwohl eine solche unvollkommene Zerknirschung ohne das Sakrament der Buße an sich nicht in der Lage ist, den Sünder zur Rechtfertigung zu führen, so bereitet sie ihn doch darauf vor, die Gnade Gottes zu vermitteln, die er im Sakrament empfangen wird.
Die rigoristische Moral der Jansenisten begünstigte in der Tat einen von der Buße unabhängigen Weg zur Kommunion, der in seltenen Fällen einigen wenigen Auserwählten vorbehalten war, die zu einer reinen und uneigennützigen Liebe zu Gott fähig waren. Die laxe Moral der Neomodernisten hingegen behauptet, daß die Gabe der reinen Liebe allen zuteil wird, und macht das Bußsakrament praktisch überflüssig. Der Neomodernismus leugnet den Wert der Zermürbung, weil er behauptet, die „Religion der Angst“ durch die „Religion der Liebe“ zu ersetzen, ohne auf die Reue der Sünden und die Möglichkeit der ewigen Verdammnis hinzuweisen. Diese lehrmäßigen Abirrungen sind, wie der Theologe Pater Tullio Rotondo gut erklärt hat, im nachsynodalen Schreiben Amoris Laetitia von Papst Franziskus enthalten.2 Ein grundlegendes Element der Zerknirschung ist nämlich die Absicht, nicht zu sündigen und die der Sünde nahekommenden Gelegenheiten zu meiden, was Amoris Laetitia faktisch zunichte macht. Ohne Reue, ob vollkommen oder unvollkommen, und damit ohne die Absicht, nicht mehr zu sündigen, „gibt es keine Vergebung der Sünden, keine Versöhnung mit der Kirche, keine Wiederherstellung des Gnadenstandes, es gibt keinen Erlaß der ewigen Strafe, die man wegen der Todsünden verdient hat, und der zeitlichen Strafen, die eine Folge der Sünde sind, es gibt keinen Frieden und keine Ruhe des Gewissens und keinen Trost des Geistes, es gibt keinen Zuwachs an geistiger Kraft für den christlichen Kampf jedes Tages“ (S. 190).
Es gibt einen zweiten Grund, warum die Neomodernisten versuchen, das Bußsakrament zu untergraben. Die Buße ist den Häretikern seit jeher verhaßt, weil sie mehr als jedes andere Sakrament die von der Kirche ausgeübte richterliche Gewalt zum Ausdruck bringt. Diese Macht wurde den Aposteln und ihren Nachfolgern von Jesus Christus selbst, dem höchsten Haupt der kirchlichen Gesellschaft, übertragen.3
In der Tat übt die apostolische Hierarchie in der Kirche zwei Gewalten aus, die auf geheimnisvolle Weise in ein und derselben Person vereint sind: die Macht der Ordnung und die Macht der Rechtsprechung. Die erste ist die Macht, die Mittel der göttlichen Gnade zu verteilen; die zweite ist die Macht, die Gläubigen zu regieren. „Eine der Aufgaben der Gerichtsbarkeit“, erklärt Kardinal Journet, „besteht darin, die Bedingungen für die Ausübung der Ordnungsgewalt zu bestimmen. Insofern ist die Anordnungsbefugnis von der Zuständigkeitsbefugnis abhängig. Sie ist immer auf diese angewiesen, wenn es um ihre rechtmäßige Ausübung geht. Sie hängt auch manchmal von ihr ab, wenn es um ihre gültige Ausübung geht: Deshalb ist die Jurisdiktion für die gültige Spendung des Bußsakramentes erforderlich.“ 4
Die auf dem Meer auf einer Luftmatratze gefeierte Messe ist eine gotteslästerliche, aber vermutlich gültige Messe, denn der priesterliche Charakter, der durch das Weihesakrament eingeprägt wird, ist unauslöschlich. Fehlt dagegen einem Priester, auch wenn er vollkommen rechtgläubig ist, die für die Spendung der Buße erforderliche Jurisdiktion, so ist seine Beichte nicht nur unerlaubt, sondern ungültig, außer in den vom Kirchenrecht vorgesehenen Ausnahmefällen. Wer diesen Aspekt ignoriert oder verharmlost, beraubt die Kirche ihres Charakters als Institution, um sie auf einen rein geistlichen Organismus zu reduzieren, wie es die Modernisten tun.
Die Muttergottes hat Schwester Lucia gebeten, daß die Sühnekommunion an den ersten Samstagen des Monats vor oder nach der Beichte stattfinden soll, und zwar innerhalb einer Woche. Im Dritten Geheimnis von Fatima bezieht sich der dreifache Aufruf des Engels zur Buße in erster Linie auf einen Geist echter Reue, schließt aber auch die häufige Inanspruchnahme des Bußsakraments ein, das rechtmäßig ausgeübt wird. In der heiligen Kommunion werden wir in Christus eingegliedert, aber die Beichte gliedert uns in die Kirche Christi ein, die kein unsichtbarer Organismus ist, sondern eine reale, hierarchisch und rechtlich organisierte Gesellschaft. Für die Mitglieder der streitenden Kirche gehen daher häufige Kommunion und häufige Beichte Hand in Hand.
Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017 und Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte, 2. erw. Ausgabe, Bobingen 2011.
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Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Giuseppe Nardi
1 Giuseppe Cacciatore: Sant’Alfonso de‘ Liguori e il giansenismo. Libreria Editrice Fiorentina, Florenz 1942, S. 468
2 Tullio Rotondo: Tradimento della sana dottrina attraverso Amoris laetitia. Youcanprint, Bd. 1, S. 157–400
3 Msgr. Antonio Piolanti: Teologia sacramentaria. Dogmatische Synthese in christologischer Perspektive. Libreria Editrice Vaticana, Vatikanstadt 1997, S. 124f
4 Card. Charles Journet: L’Eglise du Verbe incarné. Desclée de Brouwer. Paris 1941, Bd. II, S. 34f
Wer oft zur Kommunion geht, der muss auch oft zur Beichte gehen, so hat es mir mein Seelenführer gesagt, denn in den Sakramenten werden wir geheilt. Die Gnade in der Hl. Kommunion erfährt man ja nur, wenn man sich im Gnadenstand befindet.
Es ist mir unbegreiflich, dass dieses Sakrament und auch der unmittelbare Zusammenhang mit dem Sakrament der Eucharistie auch von den Geistlichen so verkannt wird. Das kann doch nur daran liegen, dass die Lehre der Kirche rundherum angezweifelt wird.
Reue und Zerknirschung sind der Weg zu Gott. Ausser der Beichte ist es dem Gläubigen auch möglich, direkt beim unserem Vater im Himmel um Vergebung zu bitten. Kraft der Vergebung, die uns gewährt wird, weil Jesus Christus alle unseren Sünden reingewaschen hat. Viele haben von dem Prozess berichtet, er findet sich auch in den Briefen des neuen Testamentes. Aus der Reue und Zerknirschung, der Darlegung und Bitte um Vergebung vor Gott, vor den Glaubensbrüdern, vor dem Priester, erfolgt ein Erfülltsein mit der Liebe Christi. Er ist der Gnadenspender der Liebe. Wir können uns die Liebe nicht selbst geben. Sie wird vom Herrn gegeben.
Privat vor Gott praktizierte Reue und Buße sind in der Endzeit ausserordentlich wichtig weil es so viele sehnende Menschen in der ganzen Welt gibt, die nicht in der Kirche stehen. Das steht auch im Katechismus der katholischen Kirche so. Es ist der Weg der ausserhalb der Kirche Stehenden zum Seelenheil. Und sie werden dabei vom heiligen Geist erfüllt, der die Einsicht vermittelt.