
(Rom) Papst Benedikt XVI. führte 2007 einen Gebetstag für die Kirche in China ein, der morgen, am 24. Mai, begangen wird. Papst Franziskus rief gestern beim Regina Caeli die Gläubigen dazu auf, für die Kirche in China zu beten.
Am Ende seiner Ansprache auf dem Petersplatz sagte das Kirchenoberhaupt:
„Am kommenden Dienstag wird das Gedenken an die allerseligste Jungfrau Maria, Hilfe der Christen, gefeiert, besonders geliebt von den Katholiken in China, die die Hilfe der Christen als ihre Schutzpatronin im Heiligtum von Sheshan in Shanghai, in zahlreichen Kirchen des Landes und in ihren Häusern verehren. Dieser glückliche Umstand bietet mir die Gelegenheit, die Zusicherung meiner geistlichen Nähe zu erneuern. Ich verfolge mit Aufmerksamkeit und Teilnahme das Leben und die Wechselfälle der Gläubigen und der Hirten, die oft komplex sind, und ich bete jeden Tag für sie. Ich lade Sie ein, sich diesem Gebet anzuschließen, damit die Kirche in China in Freiheit und Ruhe in wirksamer Gemeinschaft mit der Weltkirche leben und ihre Mission erfüllen kann, allen das Evangelium zu verkünden und so auch einen positiven Beitrag zum geistlichen und materiellen Fortschritt der Gesellschaft zu leisten.“
Aus Rücksicht auf die gesundheitlichen Probleme des Papstes, die ihn in seiner Mobilität einschränken, zeigen die Kameras nicht mehr, wie er an das Fenster im obersten Stock des Apostolischen Palastes tritt und es wieder verläßt. Seinen Vorgänger, der den Gebetstag für die Kirche in China einführte, erwähnte Franziskus nicht.
Der Papst äußerte gestern den Wunsch, daß die Kirche in China „in Freiheit und Ruhe in wirksamer Gemeinschaft mit der Weltkirche leben und ihre Mission erfüllen kann“. Das Anliegen erweist sich als schwierig, da die „wirksame Gemeinschaft“ vom Kirchenoberhaupt selbst auf sandigen Boden gestellt wurde.
Mit dem Geheimabkommen von 2018, das zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China unterzeichnet und 2020 für weitere zwei Jahre verlängert wurde, akzeptierte der Papst für die Bischofsernennungen die Spielregeln des kommunistischen Regimes. Schismatische Bischöfe wurden von Rom anerkannt und zu legitimen Diözesanbischöfen ernannt. In den mehr als dreieinhalb Jahren, die seit dem Inkrafttreten des Geheimabkommens vergangen sind, wurden kaum Bischöfe ernannt, obwohl fast die Hälfte aller Bischofsstühle unbesetzt ist.
Für Beobachter und Gläubige schockierend war, daß die von Rom anerkannten, schismatischen Bischöfe direkt nach der Unterzeichnung des Geheimabkommens ein uneingeschränktes Treuebekenntnis zur Kommunistischen Partei Chinas ablegten. Der Heilige Stuhl ignorierte den Vorfall. Der politische Arm des Papstes lobte das Regime vielmehr, indem er erklärte, die Volksrepublik China sei das Land, in dem die kirchliche Soziallehre am besten verwirklicht sei.
Ebenso schweigt der Heilige Stuhl zu den Kirchenzerstörungen und Christenverfolgungen. Selbst die Verhaftung von Kardinal Joseph Zen, der grauen Eminenz der chinesischen Untergrundkirche, löste nur eine sehr zurückhaltende Reaktion aus.
Seither stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Bischofsernennungen für China erfolgen. Das Abkommen, das die Kriterien benennen dürfte, wird weiterhin von beiden Vertragsparteien geheimgehalten. Jedenfalls akzeptiert der Vatikan die bischöflichen Treueschwüre auf das totalitäre Regime. Er akzeptiert ebenso, was andernorts nicht geduldet wird, daß Bischöfe als Parlamentsabgeordnete für das Regime auftraten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)