(Peking) Die regimehörigen Bischöfe der Volksrepublik China, die am 22. September von Papst Franziskus anerkannt wurden, werden auch weiterhin politische Ämter ausüben. Ihr Patriotische Vereinigung legte nach der Unterzeichnung eines Abkommens zwischen dem Vatikan und der Volksrepublik ein Treuebekenntnis zur Kommunistischen Partei Chinas ab, aber nicht zu Papst Franziskus.
Am vergangenen Samstag erfolgte in Peking unter größter Geheimhaltung die Unterzeichnung eines Abkommens zwischen dem Heiligen Stuhl und der kommunistischen Staatsführung. Der Heilige Stuhl gab die Unterzeichnung nachträglich bekannt. Das Regime schweigt sich vorerst dazu aus. Der Vatikan spricht von einem „provisorischen Abkommen“. Es handelt sich um die erste offizielle Vereinbarung zwischen den beiden Völkerrechtssubjekten seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch Rotchina im Jahr 1951.
Mit dem Abkommen betrachtet Rom das 1957 unter dem Druck des kommunistischen Regimes erfolgte Schisma der regimehörigen Chinesischen Katholischen Patriotischen Vereinigung (KPV) für beendet. Pius XII. hatte noch im Gründungsjahr der schismatischen Parallelkirche alle daran beteiligten Kirchenvertreter exkommuniziert.
Seither ist es Rom nicht mehr erlaubt, vakante Bischofsstühle in der Volksrepublik China neu zu besetzen. Das machte das kommunistische Regime selber. Rom exkommunizierte alle ohne die Erlaubnis des Papstes eingesetzten Bischöfe. Zuletzt betraf das sieben Bischöfe.
Papst Franziskus hob am vergangenen Samstag, parallel zur Unterzeichnung des Abkommens, deren Exkommunikation auf und erkannte sie als rechtmäßige Bischöfe an, die in der Einheit mit Rom stehen. Details des Abkommen sind allerdings nicht bekannt, da die unterzeichnenden Parteien übereingekommen sind, sie geheimzuhalten.
Mit dem Schisma von 1957 entstand parallel eine romtreue Untergrundkirche, die von Untergrundbischöfen geführt wird. Mit der Ernennung von Geheimbischöfen soll nun Schluß sein. Gerüchteweise habe Franziskus das Vorschlagsrecht für Bischofsernennungen an das kommunistische Regime abgetreten. Dafür erkannte die Regierung in Peking Franziskus als Oberhaupt der chinesischen Katholiken an. Was das konkret bedeutet, muß sich im Einzelnen erst zeigen.
Treuebekenntnis zur Kommunistischen Partei, nicht zum Papst
Drei der sieben schismatischen Bischöfe, deren Exkommunikation von Franziskus aufgehoben wurde, sind beispielsweise auch Abgeordnete des Nationalen Volkskongresses, dem von der Kommunistischen Partei kontrollierten Parlament der Volksrepublik China. Im vergangenen März kürten auch sie Staats- und Parteichef Xi Jinping zum Staatspräsidenten auf Lebenszeit.
Das katholische Kirchenrecht sieht eine Unvereinbarkeit zwischen der kirchlichen Hierarchie und politischen Ämtern vor. Die Bischöfen müßten demnach auf ihre Abgeordnetenmandate verzichten. Davon scheint aber keine Rede zu sein.
Nachdem der Vatikan die Unterzeichnung des Abkommens bekanntgegeben hatte, veröffentlichte die regimehörige Patriotische Vereinigung, die sich im Internet weiterhin als „Katholische Kirche Chinas“ präsentiert, eine Erklärung. Darin zeigt sie sich „erfreut“ über die Unterzeichnung eines „vorläufigen Abkommens über die Bischofsernennungen“, das „von der Chinesischen Katholischen Patriotischen Vereinigung und dem Chinesischen Bischofsrat aufrichtig unterstützt wird“. Der „Bischofsrat“ ist die Bischofskonferenz der regimehörigen Bischöfe.
Zugleich gab die Patriotische Vereinigung (KPV) ein politisches Treuebekenntnis zum kommunistischen Regime ab.
„Die Chinesische Katholische Kirche liebt auf das Innigste ihr Vaterland. Wir bekennen uns zur wunderbaren Tradition des Patriotismus und der Liebe zur Religion, wir bekennen uns zu den Grundsätzen der unabhängigen und selbstverwalteten Kirche, wir halten an der Richtung der Sinisierung fest, wir bekennen uns zum Weg der Anpassung an die sozialistische Gesellschaft und zur Führungsrolle der Kommunistischen Partei Chinas.“
„Unabhängig“ und „selbstverwaltet“ sind die vom Regime seit 1957 vorgegebenen Parolen und meinen eine von Rom unabhängige, regimehörige Kirche. An diesem Postulat einer von der Kommunistischen Partei Chinas kontrollierten Kirche änderte das Abkommen demnach nichts.
In der Erklärung der Patriotischen Vereinigung klingt das so:
„Die Katholische Kirche Chinas teilt dieselben Überzeugungen wie die Katholischen Kirchen der Welt. Wir sind zum freundschaftlichen Austausch mit anderen katholischen Kirchen auf der Grundlage von der Unabhängigkeit, des gegenseitigen Respekts, der Gleichheit und der Freundschaft bereit und zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses.“
Die Rede ist von „Kirchen“, als gebe es nicht die eine Kirche. Die vom Vatikan bejubelte „Einheit“ aller chinesischen Katholiken mit Rom findet sich in dieser Erklärung nicht. Vielmehr spiegelt die Formulierung den Anspruch des kommunistischen Regimes einer „Einheit“ aller chinesischen Katholiken unter der Kontrolle des Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) wider.
In der Erklärung findet sich kein Treuebekenntnis zum Papst, dafür aber ein Treuebekenntnis zur Kommunistischen Partei.
Kardinal Zen: „Sie liefern die Herde den Wölfen aus“
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin verteidigte am Samstag das Abkommen mit den Worten:
„Zum ersten Mal befinden sich heute alle Bischöfe in China in der Einheit mit dem Heiligen Vater, mit dem Papst, mit dem Nachfolger des Petrus.“
Formal treffe das zu. Die Wirklichkeit sehe aber ganz anders aus, so die Kritiker. Mit Zustimmung und Unterstützung des Vatikans sei die Kommunistische Partei Chinas ihrem Ziel näher denn je, die ganze katholische Kirche in ihrem Herrschaftsbereich unter ihre Kontrolle zu zwingen.
Vor dem Abkommen hatte vor allem Kardinal Joseph Zen, die graue Eminenz der chinesischen Untergrundkirche mit größtem Nachdruck, aber vergeblich gewarnt. Er wirft den Vatikandiplomaten Naivität vor und übte vernichtende Kritik an der neuen vatikanischen „Ostpolitik“:
„Sie liefern die Herde den Wölfen aus. Das ist ein unglaublicher Verrat.“
Die Kritiker der Annäherung sehen sich durch die jüngste Erklärung der Patriotischen Vereinigung bestätigt. Damit ist für sie auch die Frage beantwortet, ob die bisher schismatischen Bischöfe auch weiterhin ihre politischen Ämter im kommunistischen Regime beibehalten werden.
Sie werden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: chinacatholic.cn (Screenshot).
Spontan fallen mir dazu folgende Gedanken ein:
Bei den „alten Römern“ gab es das Sprichwort: ‚Man liebt den Verrat, aber man verachtet den Verräter!‘
Der Apostel Paulus meinte, man könne nicht „zwei Herren“ dienen…
Mir kommt es im Moment vor, als ob die Leute um den jetzigen Inhaber des Petrusstuhles alles tun, um den „eigentlichen Petrus-Dienst“ derart ad absurdum zu führen, dass er sich letztlich erübrigen solle.