
(Madrid) Hat der Vatikan Weisungen an die Nuntien ausgegeben, Bischofskandidaten zu suchen, die „weniger konservativ“ und „auf der Linie“ von Papst Franziskus sind? Dies behauptet die spanische Nachrichtenseite Religion confidencial in einem gestern veröffentlichten Artikel zur Lage in Spanien. Was für das iberische Land gilt, scheint situationsangepaßt für die ganze Welt zu gelten. Um welche Vorgaben handelt es sich?
Die tiefgreifendsten Veränderungen, die Papst Franziskus vornimmt, erfolgen durch Ernennungen. So hat sich die Morphologie des Episkopats nicht nur in Argentinien, der Heimat von Papst Franziskus, verändert. Das betrifft nicht nur die Diözesanbischöfe, sondern auch eine erstaunliche Anzahl neuernannter Weihbischöfe, deren tatsächlicher Bedarf bezweifelt wird. Die Rede ist bereits von einer „Hyperinflation“ an Weihbischöfen. Damit verschieben sich Gewichte in den Bischofskonferenzen und auch der Handlungsspielraum des künftigen Papstes wird eingeschränkt durch die Zahl der von ihm vorgefundenen Bischöfe.
Der Fall Spanien
Seit Oktober 2019 ist Titularbischof Bernardito Cleopas Auza Apostolischer Nuntius in Spanien. Der Nuntius hat erhebliche Probleme, Auswahllisten für Bischofsernennungen nach Rom zu schicken, die Santa Marta gefallen. Das führt zu Verzögerungen. Derzeit sind neun Diözesen vakant und weitere sechs werden von Bischöfen regiert, die bereits die kanonische Altersgrenze überschritten haben.
Der Ernennungsstau ist Anlaß zu Diskussionen in kirchlichen Kreisen, da die Frage gestellt wird, warum sich so viele Ernennungen verzögern. Der Blick richtet sich dabei auf die Avenida de Pio XII in Madrid, wo der Apostolische Nuntius residiert. Erzbischof Auza genießt nicht nur den Ruf, einer der aktivsten Diplomaten des Heiligen Stuhls zu sein, sondern auch über einen direkten Draht nach Santa Marta zu verfügen. Papst Franziskus hatte Msgr. Auza, der damals Nuntius in einem der für Diplomaten unbedeutendsten Flecken der Welt war, im Sommer 2014 zum Ständigen Beobachter des Heiligen Stuhls bei der UNO ernannt. Ein enormer Karrieresprung. Das Amt hatte der von den Philippinen stammende Vatikandiplomat bis zu seiner Entsendung nach Spanien inne.
Trotz dieser günstigen Voraussetzungen ist es dem Nuntius nicht gelungen, eine Formel zu finden, um das „Problem“ der Bischofsernennungen zu lösen. Gemeint ist die Unzufriedenheit von Santa Marta mit den vorgeschlagenen Kandidaten.
An der Nuntiatur selbst liegt es nicht. Personelle Umbesetzungen auch im zweiten und dritten Glied verzögern ein eingespieltes Uhrwerk von Berufsdiplomaten kaum. Die Ermittlung von potentiellen Kandidaten ist ein längerer und umfangreicher Prozeß, in den spanienweit allein an die 400 Priester eingebunden sind.
Natürlich gibt es in einzelnen Diözesen spezielle Schwierigkeiten, die Berücksichtigung finden müssen. Weil „so viele Dreiervorschläge“ (Religion confidencial) von Rom zurückverwiesen, abgelehnt oder ausgeschieden wurden, erhielt der Nuntius drei Vorgaben aus Rom, die seine Arbeit alles andere als erleichtern.
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Die erste Anweisung lautet, daß Vorschläge die einstimmige Zustimmung der aktiven spanischen Kardinäle haben sollen. Die Hauptarbeit des Nuntius liegt seither darin, sich mit den Kardinälen über die vorzuschlagenden Namen zu verständigen. „Keine leichte Arbeit“, so Religion confidencial. Unter den aktiven Kardinälen gibt es einen Primus inter Pares, den Erzbischof von Barcelona Juan José Omella. Kardinal Omella ist Vorsitzender der Spanischen Bischofskonferenz und Mitglied der römischen Bischofskongregation. Ihm kommt in Spanien das letzte Wort zu.
Daneben gibt es Ricardo Kardinal Blazquez, Erzbischof von Valladolid und ehemaliger Vorsitzender der Bischofskonferenz bis 2020, dann Carlos Kardinal Osoro, Erzbischof von Madrid, der durch Vorschläge auffällt, die als „außergewöhnlich“ bezeichnet werden, und Antonio Kardinal Cañizares, Erzbischof von Valencia, der als „unkompliziert“ gilt, wenn es um die Konsensfindung geht.
Schwieriger gestaltet es sich, den Konsens der emeritierten Kardinäle zu finden.

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Die zweite Vorgabe, die Santa Marta dem Nuntius machte, betrifft die Forderung, „weniger konservative“ Kandidaten vorzuschlagen.
Dieser Punkt gestaltet sich noch komplizierter, denn die Vorschläge, bei denen auch die jeweiligen Metropoliten und einige andere Bischöfe ein Wort mitreden, sollen in weitgehender Übereinstimmung erfolgen.
Aufgrund der Ausbildung und Formung des spanischen Klerus könne aber nicht von heute auf morgen ein ganz anderer Kandidatentypus aufgeboten werden. Es bliebe der Rückgriff auf „originelle“ Lösungen wie Außenseiter oder besonders eigenwillige Priester, was jedoch ein erhebliches Risikopotential in sich berge, so Religion confidencial.
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Die dritte Anweisung Roms lautet: Es sollen Kandidaten vorgeschlagen werden, die „auf Linie“ mit Papst Franziskus sind. Die künftigen Bischöfe sollten also der päpstlichen Agenda „nahestehen“.
Dem Nuntius wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, daß das Alter der Kandidaten nachrangig sei gegenüber ihrer Ekklesiologie und ihrer Ausrichtung auf das Pontifikat von Papst Franziskus.
Zu den Bischofsernennungen von Papst Franziskus siehe:
- Papst Franziskus und die Bischofsernennungen: „Er sucht nach den progressivsten Kandidaten“
- Die wirkliche Revolution von Papst Franziskus erfolgt durch Ernennungen
- Erzbischof Cupich in Rom – Bischofsernennungen in den USA
- Der Typus von Bischöfen, den Papst Franziskus sich wünscht
- Bischofsernennungen unter Franziskus
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vida Nueva (Screenshot)
In Lukasevangelium 22,1–71 und 23,1–53 lesen wir folgendes:
Unsern Herrn Jesus Christus zu Simon Petrus:
Simon, Simon, siehe Satan hat verlangt, euch sieben zu dürfen wie Weizen; Ich habe aber für dich gebetet, daß dein Glaube nicht wanke. Sobald du dich bekehrt hast, stärke deine Brüder.