Der Typus von Bischöfen, den Papst Franziskus sich wünscht

Wird Kardinal Ouellet an der Spitze der Bischofskongregation von Kardinal Cupich abgelöst?


Blase Cupich ist der Vertraute, der Papst Franziskus über die Lage in den USA informiert. Er könnte demnächst als Präfekt der Bischofskongregation den von Franziskus gewünschten Typus von Bischöfen auswählen.
Blase Cupich ist der Vertraute, der Papst Franziskus über die Lage in den USA informiert. Er könnte demnächst als Präfekt der Bischofskongregation den von Franziskus gewünschten Typus von Bischöfen auswählen.

(Rom) Kar­di­nal Marc Ouel­let, der Prä­fekt der römi­schen Bischofs­kon­gre­ga­ti­on, wird dem­nächst abge­löst wer­den. Als Nach­fol­ger im Gespräch ist Kar­di­nal Bla­se Cupich, der Anfüh­rer der pro­gres­si­ven Bischö­fe in der US-ame­ri­ka­ni­schen Bischofskonferenz.

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Der Fran­ko­ka­na­di­er Ouel­let, Ange­hö­ri­ger des Sul­pi­zia­ner­or­dens (PSS), gilt als einer der weni­gen in römi­schen Spit­zen­po­si­tio­nen ver­blie­be­nen „Ratz­in­ge­ria­ner“. Als Kar­di­nal­prä­fekt ist er offi­zi­ell für die Bischofs­er­nen­nun­gen zustän­dig. Obwohl nach dem Kon­kla­ve zunächst mit sei­ner Ablö­se gerech­net wur­de, blieb Ouel­let in Amt und Wür­den. Aller­dings wur­de schnell klar, daß sein Ein­fluß auf ein Mini­mum redu­ziert wur­de. Papst Fran­zis­kus sucht die Kan­di­da­ten für Bischofs­er­nen­nun­gen nach sei­nen eige­nen Kri­te­ri­en und über sei­ne eige­nen Kanä­le und vor allem unter Umge­hung des offi­zi­el­len Amts­we­ges aus. So wie Fran­zis­kus das umstrit­te­ne nach­syn­oda­le Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia unter völ­li­ger Umge­hung des dama­li­gen Glau­bens­prä­fek­ten Ger­hard Mül­ler ver­öf­fent­lich­te und das Motu pro­prio Magnum prin­ci­pi­um ohne jeden Kon­takt mit Kar­di­nal Robert Sarah, dem zustän­di­gen Prä­fek­ten der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on, so geschieht es seit 2013 mit Kar­di­nal Ouel­let bei den Bischofsernennungen.

Ouel­let spiel­te zuletzt im Zusam­men­hang mit den Anschul­di­gun­gen eine Rol­le, die Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò, der ehe­ma­li­ge Apo­sto­li­sche Nun­ti­us in den USA, im Zusam­men­hang mit dem Fall McCar­ri­ck gegen Papst Fran­zis­kus erhob. Als der Hei­li­ge Stuhl im Herbst 2018 die Ent­hül­lun­gen von Erz­bi­schof Viganó bestritt und Papst Fran­zis­kus erklär­te, sich nicht erin­nern zu kön­nen, führ­te der Apo­sto­li­sche Nun­ti­us Kar­di­nal Ouel­let als Zeu­gen der Ankla­ge an.

Kar­di­nal Marc Ouellet

Für Kar­di­nal Ouel­let, immer­hin Mini­ster des Pap­stes, ent­stand dadurch eine hoch­bri­san­te Situa­ti­on. Der Kar­di­nal­prä­fekt reagier­te am 7. Okto­ber 2018 mit einem offe­nen Brief. Dar­in wähl­te er eine dop­pel­te Stra­te­gie. Einer­seits tadel­te er Erz­bi­schof Viganò ener­gisch für die Art von des­sen Vor­ge­hen. Das klang nach einer ent­schie­de­nen Distan­zie­rung und wur­de auch so von Medi­en kom­mu­ni­ziert. Das war aber nur die eine Sei­te. Zugleich bestä­tig­te der kana­di­sche Pur­pur­trä­ger in der Sache näm­lich viel von dem, was Erz­bi­schof Viganò ent­hüllt hat­te. Zum Rest schwieg er. Der ehe­ma­li­ge Nun­ti­us hat­te Kar­di­nal Ouel­let atte­stiert, nicht in den schmut­zi­gen Fall McCar­ri­ck invol­viert zu sein, ihn aber zugleich auf­ge­for­dert, „Zeug­nis für die Wahr­heit zu geben“. Der Kar­di­nal hat­te im Juni 2013 durch Viganò selbst wich­ti­ge Infor­ma­tio­nen erhal­ten und ver­füg­te über sol­che zum Fall McCar­ri­ck auch als Prä­fekt der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on.

Und Ouel­let tat das wirk­lich: Er ver­tei­dig­te in sei­nem offe­nen Brief zwar Papst Fran­zis­kus gegen die öffent­li­chen Anschul­di­gun­gen, bestä­tig­te die­se aber zugleich. Katho​li​sches​.info schrieb am 8. Okto­ber 2018:

„Kar­di­nal Ouel­let wider­sprach aber der Aus­sa­ge Viganòs nicht, Papst Fran­zis­kus am 23. Juni 2013 über das ‚per­ver­se und dia­bo­li­sche‘ Dop­pel­le­ben von Kar­di­nal McCar­ri­ck infor­miert zu haben. Im Gegen­teil. Er nimmt die­se Aus­sa­ge des ehe­ma­li­gen Nun­ti­us als Tat­sa­che an. Aller­dings exkul­pier­te er den Papst, denn die­ser habe an jenem Tag erst­mals eine Rei­he von Nun­ti­en in Audi­enz emp­fan­gen und wer­de von ihnen ‚eine so gro­ße Men­ge an Infor­ma­tio­nen‘ erhal­ten haben, daß er sich beim besten Wil­len nicht alle Namen und Anlie­gen gemerkt haben wer­de können.“

Damit wirk­te Ouel­lets Ver­tei­di­gung für Fran­zis­kus wie eine Ankla­ge. Als Papst muß­te er sich aber nicht ver­ant­wor­ten und dank der Scho­nung durch die Medi­en konn­te er selbst einen Fall McCar­ri­ck aussitzen.

Am kom­men­den 28. Juni wird der aus dem Bis­tum Amos in Qué­bec stam­men­de Pur­pur­trä­ger sein 77. Lebens­jahr voll­enden. Papst Fran­zis­kus gewähr­te ihm still­schwei­gend über sei­nen 75. Geburts­tag hin­aus eine Ver­län­ge­rung im Amt. Ein Zei­chen des päpst­li­chen Wohl­wol­lens. Das kano­nisch vor­ge­schrie­be­ne Rück­tritts­ge­such, das Ouel­let im Juni 2019 ein­reich­te, kann Fran­zis­kus jeder­zeit anneh­men. Inzwi­schen ver­dich­ten sich die Stim­men, daß Fran­zis­kus den Kar­di­nal durch einen getreu­en Gefolgs­mann erset­zen dürf­te. Dafür wird neu­er­dings der Name von Kar­di­nal Bla­se Cupich, dem Erz­bi­schof von Chi­ca­go, genannt. Grund dafür ist, daß am 30. Janu­ar am sel­ben Tag sowohl Kar­di­nal Ouel­let als auch Kar­di­nal Cupich in Audi­enz emp­fan­gen wur­den. Ein direk­ter Zusam­men­hang läßt sich dar­aus nicht able­sen. Ein sol­cher wur­de aller­dings am 2. Febru­ar von CNA hergestellt. 

Mit Sicher­heit dien­te die Audi­enz dazu, daß Cupich den Papst zehn Tage nach der Ange­lo­bung von Joe Biden über die aktu­el­le poli­ti­sche Lage in den USA infor­mier­te. Bezeich­nend für das der­zei­ti­ge Pon­ti­fi­kat ist, daß Fran­zis­kus nicht den Vor­sit­zen­den der Bischofs­kon­fe­renz dafür emp­fing, son­dern sei­nen Ver­trau­ten. Unmit­tel­bar nach der Ange­lo­bung war es zu einem indi­rek­ten Schlag­ab­tausch zwi­schen dem Vor­sit­zen­den der Bischofs­kon­fe­renz, Erz­bi­schof José Hora­cio Gomez, und einer Grup­pe pro­gres­si­ver Bischö­fe um Kar­di­nal Tobin gekom­men. Msgr. Gomez hat­te die Abtrei­bungs­agen­da Bidens als unver­ein­bar mit der katho­li­schen Leh­re kri­ti­siert, wäh­rend die pro­gres­si­ve Grup­pe mit einer Erklä­rung Bidens Homo-Agen­da unterstützte.

Die Ernen­nung des „pro­gres­si­ven Außen­sei­ters“ zum Bischof des bedeu­tend­sten Bis­tums der USA sorg­te im Sep­tem­ber 2014 für gro­ßes Auf­se­hen. Seit­her gilt Cupich als Anfüh­rer der von Fran­zis­kus durch Neu­er­nen­nun­gen suk­zes­si­ve gestärk­ten Grup­pe pro­gres­si­ver Bischö­fe in der Ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz.

Cupich gehört zu den Ver­trau­ten von Papst Fran­zis­kus, was für sei­ne Ernen­nung spre­chen wür­de. Dage­gen spricht, daß er sei­ne Stel­lung inner­halb der US-Bischofs­kon­fe­renz räu­men müß­te. Dort tat sich zuletzt der Redempto­rist Joseph Kar­di­nal Tobin als pro­gres­si­ver Wort­füh­rer her­vor. Fran­zis­kus berief Tobin Ende 2016 auf den Erz­bi­schofs­stuhl von Newark und kre­ierte ihn noch im sel­ben Jahr, noch vor der Amts­ein­füh­rung in sei­nem neu­en Bis­tum, zum Kar­di­nal. Sowohl Cupich als auch Tobin sind Ver­tre­ter einer homo­phi­len Agenda.

Msgr. Robert Pre­vost OSA

Die unge­nann­te vati­ka­ni­sche Quel­le, auf die sich CNA beruft, nann­te als wei­te­re von Fran­zis­kus in Betracht gezo­ge­ne Opti­on den aus Chi­ca­go stam­men­den Msgr. Robert Fran­cis Pre­vost. Pre­vost war zwölf Jah­re Gene­ral­obe­rer des Augu­sti­ner­or­dens (OSA). Seit 2014 lei­tet er als Bischof die perua­ni­sche Diö­ze­se Chic­layo und ist seit 2020 auch Apo­sto­li­scher Admi­ni­stra­tor der Diö­ze­se Cal­lao. Im Novem­ber 2020 ernann­te ihn Fran­zis­kus zu einem der weni­gen pur­pur­lo­sen Mit­glie­der der Bischofskongregation.

Ins­ge­samt, so die­sel­be von CNA zitier­te Quel­le, nei­ge Fran­zis­kus aller­dings mehr zur ersten Opti­on: der Ernen­nung von Kar­di­nal Cupich zum neu­en Kar­di­nal­prä­fek­ten der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on. Das habe nicht nur mit sei­nem Rang, son­dern mehr noch mit dem damit ver­bun­de­nen Signal zu tun, wel­chen Typus von Bischof sich Fran­zis­kus wünscht.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Arch​chi​ca​go​.org/​W​i​k​i​c​o​m​m​ons (Screen­shots)

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