Progressiver Außenseiter von Franziskus zum Erzbischof von Chicago ernannt


Cupich, der neue Mann des Papstes im US-Episkopat
Cupich, der neue Mann des Pap­stes im US-Episkopat

(Vatikan/​New York) Die Ernen­nung des neu­en Erz­bi­schofs von Chi­ca­go, einem der wich­tig­sten Bischofs­stüh­le der USA, brach­te eine Über­ra­schung. Am 20. Sep­tem­ber gab Papst Fran­zis­kus sei­ne Ent­schei­dung bekannt und „erwisch­te den ame­ri­ka­ni­schen Epi­sko­pat auf dem fal­schen Fuß“, so der Vati­ka­nist San­dro Magister.

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Wie über­ra­schend die Ernen­nung erfolg­te, zeigt die katho­li­sche Wochen­zei­tung Our Sun­day Visi­tor, die der Bischofs­kon­fe­renz nahe­steht. Der Lei­ter des gleich­na­mi­gen Ver­lags, der Jour­na­list Greg Erland­son ist Mit­glied der neu­en vati­ka­ni­schen Medi­en­kom­mis­si­on, die kom­men­de Woche erst­mals zusam­men­tre­ten wird. In einem aus­führ­li­chen Arti­kel der Vor­wo­che nann­te das Wochen­blatt acht „aus­sichts­rei­che“ Kan­di­da­ten für die Nach­fol­ge von Fran­cis Kar­di­nal Geor­ge in Chi­ca­go. Der von Papst Berg­o­glio inzwi­schen ernann­te Bla­se Cupich, bis­her Bischof von Spo­ka­ne (Washing­ton) war nicht darunter.

Cupich „progressivster“ Bewerber um Vorsitz der Bischofskonferenz

Als im Novem­ber 2013 die Neu­wah­len zum Vor­sit­zen­den und stell­ver­tre­ten­den Vor­sit­zen­den (der im Regel­fall näch­ster Vor­sit­zen­der wird) der Bischofs­kon­fe­renz statt­fan­den, war auch Bischof Cupich unter den Kan­di­da­ten. Er galt als der pro­gres­siv­ste aller Bewer­ber und fiel bei der Wahl mit Pau­ken und Trom­pe­ten durch. Im ersten Wahl­gang für den Vor­sitz erhielt der schließ­lich gewähl­te Erz­bi­schof von Louis­ville, Joseph Kurtz, 125 von 236 Stim­men, Cupich ledig­lich zehn.

Erz­bi­schof Dani­el Kar­di­nal DiNar­do von Hou­ston erhielt 25 Stim­men, Erz­bi­schof Charles Cha­put von Phil­adel­phia 20 Stim­men, Erz­bi­schof José Gomez von Los Ange­les 15 Stim­men, um nur eini­ge zu nen­nen, die alle mehr Ver­trau­en erhiel­ten als Cupich.

Auch bei den bei­den Wahl­gän­gen für den stell­ver­tre­ten­den Vor­sitz blieb Cupich weit abge­schla­gen. Im zwei­ten Wahl­gang erhielt er nur 17 von 235 Stimmen.

Persönliche, situationsbedingte Entscheidungen

Papst Fran­zis­kus nahm bei der Ernen­nung des neu­en Erz­bi­schofs von Chi­ca­go kei­ne Rück­sicht auf die Wün­sche und Emp­feh­lun­gen des ame­ri­ka­ni­schen Epi­sko­pats. Ganz im Gegen­teil. Er setz­te dem Epi­sko­pat einen der pro­gres­siv­sten Außen­sei­ter in einer Schlüs­sel­po­si­ti­on vor die Nase. Eine Ent­schei­dung, die im Gegen­satz zur Gesamt­aus­rich­tung der Bischofs­kon­fe­renz erfolgte.

Auch im Gegen­satz zur jüngst erfolg­ten Ernen­nung des neu­en Erz­bi­schofs von Madrid. Dort ernann­te Fran­zis­kus den bis­he­ri­gen Erz­bi­schof von Valen­cia, Car­los Osoro Sier­ra, der im ver­gan­ge­nen März mit 46 von 79 Stim­men im ersten Wahl­gang zum stell­ver­tre­ten­den Vor­sit­zen­den der Spa­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz gewählt wurde.

Papst Fran­zis­kus, was kir­chen­recht­lich rele­van­ter ist, nahm bei sei­ner Ent­schei­dung auch kei­ne Rück­sicht auf Wün­sche des schei­den­den Erz­bi­schofs Kar­di­nal Geor­ge, der einen Prie­ster aus sei­ner Diö­ze­se als Nach­fol­ger gewünscht hät­te. Ganz anders hat­te Fran­zis­kus erst zwei Tage zuvor am 18. Sep­tem­ber für die Erz­diö­ze­se Syd­ney ent­schie­den. Dort ernann­te er den Domi­ni­ka­ner Antho­ny Colin Fisher zum neu­en Erz­bi­schof und damit jenen Kan­di­da­ten, den der schei­den­de Erz­bi­schof, Geor­ge Kar­di­nal Pell vor­ge­schla­gen hat­te, nach­dem Pell vom Papst als Prä­fekt des neu­en Wirt­schafts- und Finanz­dik­aste­ri­ums an die Römi­sche Kurie beru­fen wor­den war.

Papst entscheidet im Alleingang ohne Bischofskongregation

„Nur in einem Punkt ging Papst Fran­zis­kus in Chi­ca­go genau­so vor wie in Madrid und Syd­ney. In allen drei Fäl­len nahm er die Ernen­nung vor, ohne sie vor­her durch die Mit­glie­der, Kar­di­nä­le und Bischö­fe, der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on dis­ku­tie­ren zu las­sen“. Die Ernen­nun­gen erfolg­ten in päpst­li­chen Allein­gän­gen an den zustän­di­gen Stel­len des Vati­kans vor­bei. Und das, obwohl Fran­zis­kus alle Mit­glie­der der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on im Amt bestä­tig­te und ihnen damit das Ver­trau­en aus­sprach. Mit einer Aus­nah­me: dem ame­ri­ka­ni­schen Kar­di­nal Ray­mond Leo Bur­ke, den er demon­stra­tiv aus der Bischofs- und aus der Hei­lig­spre­chungs­kon­gre­ga­ti­on ent­fern­te. Kar­di­nal Bur­ke ist als Prä­fekt der Apo­sto­li­schen Signa­tur der ein­zi­ge Lei­ter eines römi­schen Dik­aste­ri­ums, über den Papst Fran­zis­kus noch kei­ne Ent­schei­dung getrof­fen hat. Er hat ihn weder im Amt bestä­tigt noch ent­las­sen. Zuletzt war neben Kar­di­nal Bur­ke nur mehr die Ent­schei­dung über Kar­di­nal Cani­zares als Prä­fekt der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on offen. In bei­den Fäl­len waren seit Mona­ten Abset­zungs­ge­rüch­te im Umlauf. Kar­di­nal Cani­zares wur­de inzwi­schen als Erz­bi­schof von Valen­cia nach Spa­ni­en zurück­ge­schickt. Die Abset­zung von Kar­di­nal Bur­ke soll unmit­tel­bar bevorstehen.

Eine Ernen­nung von Cupich zum Erz­bi­schof von Chi­ca­go wäre vor kur­zem noch„undenkbar“ gewe­sen, heißt es aus dem Umfeld von Kar­di­nal Geor­ge. „Vor kur­zem“ waren noch Papst Bene­dikt XVI. und maß­geb­lich Kar­di­nal Bur­ke für Bischofs­er­nen­nun­gen in den USA verantwortlich.

Entschlossene Personalpolitik des Papstes

Daß wich­ti­ge Bischofs­er­nen­nung nicht kol­le­gi­al an den zustän­di­gen Stel­len des Vati­kans vor­bei erfol­gen, stellt kei­ne abso­lu­te Neu­heit dar, scheint jedoch unter Papst Fran­zis­kus die Regel zu wer­den. Nicht nur wich­ti­ge Erz­bi­schofs­sit­ze wie Chi­ca­go, Syd­ney und Madrid, um die jüng­sten Bei­spie­le zu nen­nen, erfolg­ten an der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on vor­bei, son­dern auch aus­nahms­los alle Bischofs­er­nen­nun­gen für Argentinien.

In Ita­li­en ernann­te Papst Fran­zis­kus die Bischö­fe von Locri und Iser­nia an der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on vor­bei. Er ernann­te dabei jeweils die Gene­ral­vi­ka­re zwei­er Kir­chen­ver­tre­ter, die bei ihm in Anse­hen ste­hen und von ihm geför­dert wer­den. Einer ist Bischof Nun­zio Galan­ti­no von Cass­a­no, den er an der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz vor­bei zu deren Gene­ral­se­kre­tär ernann­te (sie­he Berg­o­glio-Effekt: Sekre­tär der Bischofs­kon­fe­renz distan­ziert sich von Lebens­schüt­zern und Eine Fra­ge der Prio­ri­tä­ten? – Fron­leich­nams­pro­zes­si­on ohne Papst Fran­zis­kus). Der ande­re ist Erz­bi­schof Bru­no For­te von Chie­ti-Vas­to, den er zum Son­der­se­kre­tär der bevor­ste­hen­den Bischofs­syn­ode mach­te. Der neue Erz­bi­schof Cupich weist inhalt­li­che Ähn­lich­kei­ten mit Galan­ti­no auf. Mit ihnen zeich­net sich ein neu­er Typus von Bischö­fen ab, die von Papst Fran­zis­kus bevor­zugt wer­den, bei denen die „nicht ver­han­del­ba­ren Wer­te“ von Papst Bene­dikt XVI. nur mehr eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le spielen.

Cupich verbot Alte Messe und behinderte Aktionen gegen Abtreibung

Bischof Cupich ver­bot 2002 als Bischof von Rapid City eine Hei­li­ge Mes­se im Alten Ritus und for­der­te als Bischof von Spo­ka­ne sei­ne Prie­ster auf, nicht an Kund­ge­bun­gen und Gebets­wa­chen gegen Abtrei­bungs­kli­ni­ken von Plan­ned Paren­thood und der Gebets­ak­ti­on 40 Tage Gebet und Fasten gegen Abtrei­bung teilzunehmen.

Sei­ne Beför­de­rung durch Papst Fran­zis­kus auf einen der bedeu­tend­sten Bischofs­stüh­le der USA und viel­leicht bal­di­ge Erhe­bung in den Kar­di­nals­stand wird in den USA von allen Strö­mun­gen in der Katho­li­schen Kir­che als radi­ka­ler Rich­tungs­ein­griff gewer­tet. Der Vati­ka­nist des pro­gres­si­ven Flagg­schiffs Natio­nal Catho­lic Repor­ter (NCR), John L. Allen sieht in der Ernen­nung von Cupich zum Erz­bi­schof Chi­ca­go das Signal, daß die „Revo­lu­ti­on Fran­zis­kus defi­ni­tiv“ in den USA ange­kom­men sei.

Text: Set­ti­mo Cielo/​Giuseppe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cielo

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14 Kommentare

  1. Kom­plet­te Ver­wir­rung ohne jede Linie: In Pas­sau hat er mit Bischof Oster ja einen eher nicht so pro­gres­si­ven Bischof ernannt, in Syd­ney scheint glei­ches der Fall zu sein. Jetzt einen tota­len Aussen­sei­ter in den USA… Er scheint nach Lust und Lau­ne zu ernen­nen, wer ihm gera­de über den Weg läuft und sym­pa­thisch ist

  2. Wie­so wer­den sol­che Bischö­fe, wie Cupich eigent­lich als pro­gres­siv bezeich­net? Von der Seman­tik her ist pro­gres­siv für vie­le doch posi­tiv besetzt. In Wahr­heit sind sie doch im Sin­ne der zu ver­tei­di­gen­den Glau­bens­leh­re und ihrer Wer­te kryp­to­ga­me Haeretiker.
    Wir soll­ten unbe­dingt über unse­re Ter­mi­no­lo­gie nachdenken.

  3. Der im Vati­kan als einer der auto­ri­tär­sten Päp­ste wahr­ge­nom­me­ne Fran­zis­kus I. denkt ver­mut­lich bereits dar­über nach, mit wel­chen Kar­di­nä­len er sei­ne Revo­lu­ti­on unum­kehr­bar machen kann.

    Wer weiß viel­leicht soll hier der näch­ste Papa­bi­le auf­ge­baut werden.

    • Ich wür­de Franz nicht immer wie­der als „auto­ri­tär“ bezeich­nen. Das wirft seman­tisch-ter­mi­ni­lo­gisch eine Nebel­ker­ze, die für vie­le Leser hier ver­wir­rend sein dürf­te. Denn natür­lich wün­schen wir uns einen auto­ri­tä­ren(!) Papst, der straff und zen­tra­li­stisch führt und die immer wie­der reni­ten­ten !orts­kir­chen“ an die Kan­dar­re nimmt.
      Also, nicht dass Franz so auto­ri­tär ist, ist schlecht an ihm, son­dern für wel­che Inhal­te er auto­ri­tär agiert. Man muss sich theo­lo­gisch mit ihm auein­an­der­set­zen, nicht sti­li­stisch – immer wie­der eine gefähr­li­che Ver­su­chung für uns Tradis.

  4. Tja, Kol­le­gia­li­tät gilt eben nur dann, wenn es im Sin­ne der gleich­ge­sinn­ten masso­nisch-jako­bi­ni­schen Brü­der ist, anson­sten wird „drü­ber­ge­fah­ren“. Eines kann man Berg­o­glio sicher nicht nach­sa­gen: daß er nicht zu regie­ren wisse!

  5. So lang­sam hat die­ser Papst alle wich­ti­gen Ämter und Posten mit sei­nen pro­gres­si­ven Lieb­lin­gen besetzt. Man fragt sich wie lan­ge das noch so wei­ter geht, es scheint als könn­te ihn nie­mand auf­hal­ten. Der der­zei­ti­ge Glau­bens­ab­fall ist wohl nicht mehr auf­zu­hal­ten. Bit­ten wir instän­dig den Herrn er möge sei­ner Kir­che beistehen.

  6. —alles geht sei­nen Weg, weg von der Kir­che Chri­sti hin zur Eine-Welt-Kir­che. Es ist vorhergesagt!!

  7. Ein Papst kann und darf wie ein abso­lu­ter Herr­scher regieren.

    Ihm wur­den die Bin­de- und Löse-Gewalt übertragen!

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