(Rom) Papst Franziskus und sein Umfeld betonten bereits mehrfach, „irreversible“ Prozesse in der Kirche anstoßen zu wollen. Die schleichende Akzeptanz von Scheidung und Zweitehe wurde durch Amoris laetitia in Gang gesetzt. Die Abschaffung des Priesterzölibats wird immer offener vorbereitet. Die dauerhafteste Maßnahme zur Absicherung des „irreversiblen“ Prozesses sind jedoch Bischofsernennungen und Kardinalserhebungen. Sie werden zeitlich lange über das derzeitige Pontifikat hinauswirken.
Die Grundtendenz
Die Grundzüge der wenig beachteten „Revolution“ des amtierenden Papstes skizzierte am 19. April 2016 der Kanadier Alain Pronkin im Le Journal de Montréal. Der Journalist und Theologe, mit dem Spezialgebiet Neue religiöse Bewegungen, analysierte die Ernennungspraxis unter Papst Franziskus und gelangte zum Schluß:
„Er sucht nach den progressivsten Kandidaten“.
In den einzelnen Fällen stehen dieser Grundtendenz oft zahlreiche andere Faktoren im Weg. Das Interesse des Papstes an Ernennungen ist ebenfalls unterschiedlich. Während er in Argentinien jede Entscheidung persönlich trifft, konzentriert er sich in anderen Ländern vor allem auf die wichtigsten Bischofssitze. Ihnen mißt er nicht zu Unrecht das größte Gewicht in den Bischofskonferenzen und in der Öffentlichkeit zu. Die am häufigsten gebrauchten Schlüsselwörter bei Ernennungen lauten: „Straßenpriester“ oder „von den Rändern“.
Die Jesuiten
Mehrfach hieß es, Papst Franziskus halte, obwohl selbst Jesuit, seine Mitbrüder von den Ehren eines Bischofsamtes fern. In Wirklichkeit hat der Jesuitenorden heute mehr Einfluß auf die Kirche als je zuvor. Franziskus vertraute dem Orden Schlüsselpositionen in Rom an. Nie zuvor gehörten Papst und Glaubenspräfekt einem Orden an und schon gar nicht demselben. Zudem überantwortete er den Jesuiten die Vatikanmedien. Anders als gemeinhin geglaubt, ernennt er Jesuiten aber auch zu Bischöfen. In den vier Jahren und zehn Monaten seiner Amtszeit ernannte er elf Jesuiten zu Diözesan- oder Weihbischöfen, darunter für sein eigenes Bistum Rom und für sein ehemaliges Bistum Buenos Aires.
Zum Vergleich: Papst Benedikt XVI. ernannte in seinem achtjährigen Pontifikat insgesamt 13 Jesuiten zu Bischöfen in den Diözesen.
Fünf Jahre nach Beginn seines Pontifikats zeigen andere Zahlen noch deutlicher, wie stark die Kirche durch Franziskus umgestaltet wird.
Auf dem Rückflug von Peru nach Rom stellte er vor zwei Tagen klar:
„Über die Bischöfe entscheidet er und niemand anderer“, so die Tageszeitung Il Foglio.
Effekt Franziskus
Die französische Wochenzeitung Famille chrétienne berichtete zu Jahresbeginn, daß 28 Bischöfe, bereits ein Viertel des aktuellen französischen Episkopats, von Franziskus ernannt wurden. Derzeit sind drei Bischofssitze vakant (Nanterre, Luçon und Chartres) und 2018 werden weitere fünf vakant, darunter Marseille, aber auch Bourges, Reims, Cambrai und Wallis-et-Futuna.
Laut Famille chrétienne zeige der Papst derzeit kein besonderes Interesse an den Ernennungen für Frankreich. Die Entscheidungen würden den traditionellen Kanälen überlassen, konkret der Bischofskongregation. Dies bedeute, daß Kardinal Vingt Trois, der emeritierte Erzbischof von Paris ein entscheidendes Wort mitsprechen könne. Möglich wird das, weil seit 2009 derselbe Apostolische Nuntius in Paris tätig ist und für Kontinuität sorgt. Das könnte sich bei der Auswahl des neuen Erzbischofs für Marseille und 2019 auch für Bordeaux natürlich ändern.
In anderen Gegenden gibt es eine solche Kontinuität nicht oder sie ist weniger deutlich erkennbar.
Bereits 40 Prozent der Bistümer Siziliens haben durch Franziskus einen neuen Bischof erhalten.
Sogar 60 Prozent, oder sechs von zehn Bistümern (samt Militärordinariat), sind es in Österreich. Wobei keiner der von Franziskus Ernannten bisher durch besondere Akzente zur Stärkung der Glaubenswahrheiten und der Evangelisierung aufgefallen wäre. In der Regel zeichnen sie sich durch Schweigen aus, gelegentliche Zeitgeist-Aussagen, um den Medien zu gefallen (Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten, Zulassung des Frauendiakonats), und lassen ungesunden innerkirchlichen Strömungen weitgehend freien Lauf.
In der Bundesrepublik Deutschland sind es auf 27 Bistümer bisher 15 von 67 Diözesan- und Weihbischöfen, die von Franziskus berufen wurden. Zudem sind zwei Bistümer, Würzburg und Hildesheim, derzeit vakant. Das Bild der Ernannten weist, mit Ausnahme des Bischofs von Passau, ein weitgehend ähnliches Bild wie in Österreich auf.
In der Schweiz hingegen herrscht bemerkenswerte Kontinuität. In den sechs Bistümern mit insgesamt elf Bischöfen wurden nur der Bischof von Sitten, Jean-Marie Lovey CRB, und der Weihbischof von Lausanne, Genf und Freiburg, Alain de Raemy, von Franziskus ernannt.
Besonderes Gewicht kommt jedoch den Kardinälen zu, die den künftigen Papst wählen werden. In drei Konsistorien kreierte Franziskus 41 von 120 Papstwählern, die derzeit in ein Konklave einziehen würden. Mehr als ein Drittel.
[Update, 25.01.2018: Bischof Jean-Marie Lovey von Sitten ist Augustiner-Chorherr und gehört dem Hospiz auf dem Großen St. Bernhard an und nicht, wie zunächst fälschlich geschrieben, dem Benediktinerorden. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.]
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Famille chrétienne (Screenshot)
Leider wird in diesem Artikel nicht auch der Situation in Polen die gebotene Aufmerksamkeit geschenkt! Sehr bedauerlich wenn man bedenkt, daß Polen eines der ganz wenigen noch verbliebenen Länder Europas ist wo eine Volkskirche noch existiert und nicht wie in Frankreich, wo sich Agitatoren des Säkularismus und Mohammedanertum sich das Land aufteilen, da die französische Kirche im totalen Niedergang begriffen ist. Bergoglio hat drei sehr konservative u. glaubenstreue Bischöfe sehr wichtiger Sitze sofort bei Vollendung des 75. Lebensjahres emeritiert: Henryk Hoser (Warschau-Praga), Józef Kowalczyk (Gnesen) u. Józef Michalik (Przemyśl).
Diese hinterlassen mit ihrer Abberufung eine sehr schmerzliche Lücke im polnischen Episkopat und schwächen das pouvoir der konservativen Flanke der polnischen Kirche. Der „pragmatische“ pro-bergolianische Flügel des Episkopates wird so rezent immer dominanter, was das gläubige Volk und die konservative Priesterschaft immer wieder in schwierige Situationen bringt. Glücklicherweise haben aber diese in den Medien von Pater Tadeusz Rydzyk CSsR noch immer ein sehr gewichtiges Sprachrohr.
In der Tschechischen Republik rechnet man leider auch, daß der sehr solide u. konservative Kardinal Duka von Prag bereits im heurigen Frühjahr von Bergoglio eremitiert wird.