(Rom) Nach den Enthüllungen des päpstlichen Doppelspiels in der China-Agenda berichten Reuters und das Wall Street Journal über einen „Deal“ zwischen Vatikan und Peking über die Bischöfe des Landes, der in den kommenden Monat unterschrieben werden könnte. Worin besteht dieser Deal? Der aktuelle Stand der Dinge.
Der Hintergrund
1951 wurde vom kommunistischen Regime der Volksrepublik China die diplomatischen Beziehungen zum Heiligen Stuhl abgebrochen und die Kirche grausam verfolgt. Seit 1980 gibt es einen wellenartigen Wechsel zwischen etwas Entspannung und einer härteren Linie. Das Regime gab nie den Anspruch der völligen Kontrolle über religiöse Aktivitäten im Land auf. Der Vatikan gilt als „ausländische Macht“. Aus diesem Grund ist die Kirch in China gespalten. Es gibt die vom Staat nicht anerkannte, romtreue Untergrundkirche und die schismatische, vom Regime abhängige Nationalkirche namens Chinesische Katholische Patriotische Vereinigung. Für diese Vereinigung ernennt die Regierung in Peking die Bischöfe unabhängig vom Papst in Rom, was zu deren Exkommunizierung aus der katholischen Kirche führt. Das Thema Bischofsernennungen steht auch im Mittelpunkt der aktuellen Ereignisse.
- Der Pressedienst AsiaNews berichtete am 22. Januar über auffällige vatikanische Manöver in der Volksrepublik China. Mindestens zwei rechtmäßige, romtreue Bischöfe wurden „im Namen von Papst Franziskus“ aufgefordert, für unrechtmäßige, regimehörige und exkommunizierte Bischöfe Platz zu machen.
- Kardinal Zen enthüllte am 29. Januar, daß der Vatikan in Sachen Peking ein Doppelspiel spiele, indem er bekannt machte, daß Papst Franziskus im Herbst 2017 und am 12. Januar, jeweils über die genannten Rücktrittsforderungen gegenüber rechtmäßigen Bischöfen, sich völlig ahnungslos gab und versicherte, das nicht zu wollen. Spielten andere, hochrangige Vertreter des Vatikans hinter dem Rücken des Papstes ein schmutziges Spiel?
- Nein, sagte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin noch am 30. Januar , alles, was in Sachen China-Agenda geschehe, geschieht im Wissen und mit Auftrag des Papstes: „Ja, niemand ergreift Privatinitiativen“.
- Damit bestätigte der hierarchisch engste Mitarbeiter des Papstes an der Römischen Kurie, daß Kardinal Zen – sofern die Enthüllungen von Kardinal Zen den Tatsachen entsprechen, woran vorerst nicht zu zweifeln ist – nur zwei Wochen vorher belogen wurde. Franziskus hatte seine eigene China-Politik geleugnet und seine persönliche Haltung dazu als Gegenteil dessen ausgegeben, was er in Peking durch seine Emissäre vertreten läßt.
- Das Interview des Kardinalstaatssekretärs war eine Flucht nach vorne. Die Enthüllungen des Kardinals zwangen den Vatikan, seine Geheimdiplomatie aufzugeben. Zugleich gab Parolin aber bekannt, daß sich an dem von Papst Franziskus eingeschlagenen Weg der „Neuen Ostpolitik“ nichts ändern werde.
In den vergangenen Tagen folgten mehrere Medienberichte von internationalem Gewicht, die berichteten, daß ein Abkommen zwischen dem Vatikan und Peking in „den nächsten sechs Monaten“ (Reuters) unterzeichnet werden könnte.
„Kein gutes Abkommen“, aber der „Käfig wird größer sein“
Reuters berichtet von einem „historischen Abkommen“, das „nach 70 Jahren“ zur Wiederaufnahme von diplomatischen Beziehungen führen könnte. Die internationale Presseagentur beruft sich dabei auf eine namentlich nicht genannten „hochrangige Quelle des Heiligen Stuhls“.
„Mit dem formalen Abkommen werde der Vatikan eine Stimme bei den Verhandlungen über die künftigen Bischofsernennungen erhalten“, so die Reuters-Quelle, „die sich weigerte, Details zu nennen“.
Es sei „kein großes Abkommen, aber wir wissen nicht, wie die Situation in 10 oder 20 Jahren sein wird. Es könnte auch schlimmer sein“, so die Quelle.
„Wir werden zwar weiterhin ein Vogel in einem Käfig sein, aber der Käfig wird größer sein.“
Die Quelle wies die „Anschuldigungen eines hochrangigen Kardinals“ zurück, daß der Vatikan auf diese Weise die katholische Kirche in China „verkauft“. Ebenso falsch sei, daß Papst Franziskus über die Verhandlungen mit der Volksrepublik China nicht informiert gewesen sei.
Die Quelle bestätigte ausdrücklich, daß Papst Franziskus die Verhandlungen genau mitverfolge und die Rücktrittsforderungen an zwei rechtmäßige Bischöfe „unterstützt“ mit dem Ziel „ein Abkommen mit den von der Regierung unterstützten Bischöfen zu begünstigen“.
Situation von fünf unrechtmäßigen Bischöfen bereits „gelöst“?
Die Quelle bestätigte, daß Papst Franziskus alle unrechtmäßigen, von der Regierung gegen den Willen Roms ernannten Bischöfe anerkennen wolle. Dies in der Hoffnung, dadurch „kein großes“ Abkommen zu den Bischofsernennungen zu erreichen, aber ein schlechtes Abkommen besser sei als kein Abkommen.
Konkret geht es um sieben unrechtmäßige Bischöfe. Fünf der sieben Fälle seien bereits „gelöst“, indem Papst Franziskus fünf unrechtmäßige Bischöfe als rechtmäßig anerkannte, und damit ihre Situation „sanierte“. Diese Enthüllung ist völlig neu. Der Vatikan gab bisher keinen so eklatanten Schritt bekannt.
Ein Problem seien die beiden verbleibenden Fälle. Um auch sie zu lösen, sollen – so die Aufforderung Roms – die rechtmäßigen, romtreuen Bischöfe von Shantou und Mindong zurücktreten.
Einer der beiden Bischöfe, „von 87 Jahren“, sei inzwischen bereit, so die vatikanische Quelle, der päpstlichen Forderung nachzukommen und zurückzutreten. Im Gegenzug werde die volkschinesische Regierung den zurückgetretenen Bischof als „emeritierten Bischof“ anerkennen. Eine Gegenleistung, die der Regierung in Peking nicht schwerfallen sollte. Allerdings handelt es sich auch dabei offenbar vorerst nur um ein vatikanisches Gedankenspiel.
Der zweite rechtmäßige Diözesanbischof, jener von Mindong, solle, so die Vorstellung des Vatikans, zurücktreten und vom Papst in derselben Diözese zum Weihbischof des unrechtmäßigen Bischofs gemacht werden, den er zugleich als rechtmäßigen Diözesanbischof anerkennen will. Im Gegenzug, immer laut Vatikan, solle der zum „Weihbischof oder Assistent“ des unrechtmäßigen Bischofs degradierte rechtmäßige Diözesanbischof vom kommunistischen Regime in Peking anerkannt werden.
In Mindong gehört der Großteil der Katholiken der Untergundkirche an. Durch den Deal würden auch sie in die Kontrolle der staatlichen Religionsaufsicht und Bevormundung überführt. Laut Kardinal Zen bestehe darin das eigentliche Interesse der chinesischen Staatsführung. Die Freiheit der Kirche sei für sie ein Fremdwort. Es gehe ihr darum, die Untergrundkirche, die sich erfolgreich ihrer Kontrolle entzogen hat, unter Kontrolle zu bringen.
Der „Deal“ bleibt undurchsichtig, weil die Position der Pekinger Regierung zur ganzen Sache unbekannt ist. Der Reuters-Artikel gibt unter Berufung auf eine anonyme „hochrangige Quelle“ im Vatikan, lediglich die vatikanischen Vorstellungen zu erkennen.
Sollte die Darstellung stimmen, wäre der Vatikan bereit, vertraglich die Ernennung der Bischöfe der volkschinesischen Regierung zu überlassen. Im Gegenzug erwartet sich Rom eine „Stimme“ bei den Ernennungsverhandlungen, die dazu führen soll, daß die katholische Kirche künftig in einem „größeren Käfig“ eingesperrt sein werde.
Wall Street Journal
Am selben Tag berichtete auch Francis X Rocca, der Vatikanist des Wall Street Journal, zusammen mit Eva Don, der Peking-Korrespondentin der Zeitung, über die vatikanischen „Zugeständnisse“ an die Kommunistische Partei Chinas. Das Ziel sei es, so Rocca, die Spaltung der Kirche in China zu überwinden.
„Papst Franziskus hat entschieden, die Rechtmäßigkeit von sieben katholischen Bischöfen anzuerkennen, die von der chinesischen Regierung ernannt wurden: Ein Zugeständnis, von dem der Heilige Stuhl hofft, daß es Peking dazu bewegt, die Autorität des Papstes als Oberhaupt der katholischen Kirche in China anzuerkennen“.
Wie Reuters berufen sich auch Rocca und Dou auf eine anonyme Quelle „die mit dem Plan vertraut“ sei.
Im Gegensatz zu Reuters schreibt das Wall Street Journal, daß die Aufhebung „der Exkommunikation der sieben Bischöfe“ als Teil dieses „Plans“ erst noch zu erfolgen habe. Dazu gehöre, daß Franziskus sie als rechtmäßige Bischöfe ihrer Diözesen anerkennen werde.
Rocca und Dou verweisen darauf, daß der „versöhnliche Ansatz“ von Papst Franziskus in einem Moment erfolge, in dem die kommunistische Staatsführung unter Staats- und Parteichef Xi Jinping die Schrauben in der Religionspolitik wieder engerziehe.
Im Gegensatz zum Reuters-Bericht, wo nur auf einen namentlich nicht genannten „hochrangigen Kardinal“ verwiesen wird, nennen Rocca und Dou Kardinal Zen als Kritiker der aktuellen vatikanischen China-Politik beim Namen und erwähne auch seine Kritik.
Ihm wird die zurückhaltendere Position seines Nachfolgers als Bischof von Hong Kong, Kardinal Tong, entgegengehalten. Kardinal Tong scheint, im Gegensatz zu Kardinal Zen, zumindest teilweise über die China-Politik des Papstes informiert zu sein.
Ein Veto-Recht für Peking?
Laut Wall Street Journal habe der Vatikan Peking offiziell über die Entscheidung von Papst Franziskus unterrichtet. Das vom Vatikan angestrebte Abkommen müsse noch unterzeichnet werden, was „im Frühling“ geschehen könnte.
Laut Rocca und Dou handle es sich bei der ganzen „Deal“ um einen Vorschlag des Vatikans. „Es wird dann von Peking abhängen, ob es das vorgeschlagene Abkommen akzeptiert.“ Der Vatikan, so das Wall Street Journal, gestehe der Kommunistischen Partei China „ein Veto“ bei den Bischofsernennungen zu.
Die Darstellung ist anders als jene von Reuters. Laut Reuters würden die Bischofsernennungen Peking überlassen, wobei unklar bleibt, welche Form der Mitsprache der Vatikan hätte. Laut Rocca und Dou würde hingegen der Papst die Bischöfe ernennen, allerdings würde er der KPCh ein Vetorecht einräumen. Damit könnte sie jede nicht genehme Ernennung verhindern.
Am päpstlichen Hof werde der „Deal“ mit der „Befürchtung“ begründet, so die Zeitung unter Berufung auf die anonyme Quelle, daß das Pekinger Regime ohne Abkommen „eigenmächtig viel mehr Bischöfe ernennen“ könnte.
Kardinal Zen, so das Wall Street Journal, hoffe unterdessen, durch seine Enthüllungen ausreichend öffentlichen Druck mobilisieren zu können, daß „der Vatikan die Verhandlungen suspendiert“ auch auf die Gefahr hin, daß er für seine Enthüllungen „als großer Sünder verurteilt“ werde.
Die beiden rechtmäßigen Bischöfe von Shantou und Mindong waren vergangene Woche für das Wall Street Journal nicht erreichbar. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums betonte, was offiziell seit einiger Zeit von Peking gesagt wird, daß die Volksrepublik China „die Beziehungen zum Vatikan verbessern“ wolle. Er habe aber „keine Informationen“ bezüglich der beiden Bischöfe.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Reuters/The Wallstreet Journal (Screenshots)
Die chinesische (Zwangs-)Abtreibungspolitik (inzwischen in bestimmten Fällen etwas gelockert, aber immer noch praktiziert) scheint Papst Franziskus nicht zu stören.
Wie heißt ein altes Sprichwort:
Sag mir, mit wem du umgehst, und du sagst mir damit, wer du bist.
Wie werden sich wohl die Christen Chinas, die ihrem Glauben auch durch die Zeit der Verfolgung hindurch treu geblieben
sind,
die um ihres Glaubens willen zum Teil übelste Nachteile erdulden und erleiden mussten,
ja, heute noch immer erdulden und erleiden müssen, fühlen?
Es sieht wohl so aus, dass Rom gewillt ist,
sich heute von den mutigen Untergrundchristen, die auch während der vergangenen 70 Jahren in Treue zur Römisch-Katholischen Kirche mit dem Papst an der Spitze als Stellvertreter Christi auf Erden gestanden haben, abzuwenden
und sich statt dessen den regimehörigen, z.T. exkommunizierten, Gläubigen zuzuwenden und auch für die historischen und aktuellen Verfolger den „Balsam der Barmherzigkeit“ zu predigen;
außerdem scheint Rom ebenso gewillt zu sein, aktiv dazu beizutragen,
die Christen, die bislang selbstlos und tapfer trotz widrigster Umstände
ihr Kreuz getreu der Nachfolge Jesu getragen haben,
unter die Kontrolle eines religionsfeindlichen Regimes zu bringen.
Gerade weil die Untergrundkirche Chinas treu zur RKK mit dem Papst in Rom gestanden hat, wurde sie verfolgt und schikaniert.
Der Psalm 27 endet mit den Worten: Hab festen Mut und hoffe auf den Herrn.
Also: Beten und hoffen!!!