
(Madrid) Unter Papst Benedikt XVI. wurde er der „kleine Ratzinger“ genannt, nun bezeichnen ihn Kritiker als „Mini-Bergoglio“. Antonio Kardinal Cañizares Llovera suspendierte wegen des Motu proprio Traditionis custodes in seiner Erzdiözese Valencia die Zelebration des überlieferten Ritus.
Antonio Cañizares Llovera, Doktor der Theologie mit einer Dissertation in Katechetik, wurde 1970 für sein Heimatbistum Valencia zum Priester geweiht. Nach Jahren in der Seelsorge und Lehrtätigkeit, unter anderem als Professor der Fundamentaltheologie an der Universität Salamanca, wurde er 1985 zum Generalsekretär der Spanischen Bischofskonferenz bestellt. 1992 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Avila. 1996 erfolgte seine Beförderung zum Erzbischof von Granada und 2002 zum Erzbischof von Toledo und Primas von Spanien.
2006 wurde Msgr. Cañizares von Papst Benedikt XVI. zum Kardinal kreiert und 2008 als Kardinalpräfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung an die Römische Kurie berufen. Wegen der ihm nachgesagten theologischen Nähe zu Benedikt XVI. wurde der katalanische Kardinal als „kleiner Ratzinger“ bekannt und von progressiven Kirchenkreisen angefeindet.
Nach seiner Wahl zum Papst begann Franziskus die exponierten „Ratzingerianer“ aus den römischen Führungspositionen zu entfernen. Kardinal Cañizares wurde von ihm im August 2014, kurz vor Beginn der Familiensynode, an der er als Dikasterienleiter von Amts wegen teilnehmen hätte können, zum Erzbischof von Valencia ernannt und nach Spanien zurückgeschickt.
Dort äußerte er sich mehrfach kritisch zu politischen, vor allem gesellschaftspolitischen Entwicklungen, hielt sich jedoch in kirchlichen Fragen zurück. Durch das Motu proprio Traditionis custodes entwickelte sich der „kleine Ratzinger“ zum „Mikro-Bergoglio“, wie Secretum meum mihi kommentierte. Als Reaktion auf Traditionis custodes suspendierte der Kardinal die Zelebration des überlieferten Ritus in seinem Erzbistum. Die traditionsverbundenen Gläubigen gaben am 27. Juli entsetzt bekannt:
„Nach der Veröffentlichung des Motu proprio Traditionis Custodes von Papst Franziskus hat der Kardinalerzbischof von Valencia, Antonio Cañizares Llovera, die vorläufige AUSSETZUNG der Feier der Heiligen Messe mit dem Meßbuch vor der Reform von 1970 angeordnet, die jeden Sonn- und Feiertag in der Einsiedelei Santa Lucía zelebriert wurde. Daher findet im August keine Messe statt“ (Hervorhebungen im Original).

Als Kardinal Cañizares Summorum Pontificum verteidigte
Das hatte unter Papst Benedikt XVI. aus dem Mund des „kleinen Ratzingers“ ganz anders geklungen. Kardinal Cañizares hatte 2009 im Vorwort zur spanischen Ausgabe des Buches von Don Nicola Bux „La riforma di Benedetto XVI“ („Die Reform von Benedikt XVI. Die Liturgie zwischen Innovation und Tradition“, 2008) beklagt, wie viele Priester „als ‚rückwärtsgewandt‘ oder ‚antikonziliar‘ behandelt wurden, nur weil sie feierlich und fromm zelebrierten oder einfach nur die Rubriken voll und ganz befolgten! Es gilt, aus dieser Dialektik herauszukommen.“
Der Kardinal verteidigte das Motu proprio Summorum Pontificum und machte sich die Analyse und den Tadel von Benedikt XVI. zu eigen, „ ‚daß unsere Gesellschaft mindestens eine Gruppe braucht, mit der sie keinerlei Toleranz hat, die man angreifen kann‘ mit Haß“.
„Das war jahrelang weitgehend der Fall bei den Priestern und Gläubigen, die mit der über die Jahrhunderte überlieferten Form der Messe verbunden waren und oft ‚wie Aussätzige‘ behandelt wurden, wie der damalige Kardinal Ratzinger mit Nachdruck sagte.
Heute ändert sich diese Situation dank des Motu proprio [Summorum Pontificum] merklich. Und dies zu einem großen Teil, weil der Papst nicht nur die Gefolgschaft von Erzbischof Lefebvre zufriedenstellen wollte oder sich darauf beschränkte, den gerechten Wünschen der Gläubigen zu entsprechen, die sich aus verschiedenen Gründen mit dem liturgischen Erbe, das durch den römischen Ritus repräsentiert wird, verbunden fühlen, sondern auch und in besonderer Weise, um den liturgischen Reichtum der Kirche allen Gläubigen zugänglich zu machen und es so auch denjenigen zu ermöglichen, die Schätze des liturgischen Erbes der Kirche zu entdecken, die sie noch immer ignorieren. Wie oft ist die Haltung derer, die sie verachten, auf nichts anderes zurückzuführen als auf diese Unwissenheit! Von diesem letzten Aspekt aus betrachtet, hat das Motu Proprio daher eine Bedeutung, die über die Existenz oder Nichtexistenz von Konflikten hinausgeht.“
Kardinal Cañizares widersprach in diesem Vorwort entschieden der Behauptung, Summorum Pontificum sei ein „Angriff“ auf das Zweite Vatikanische Konzil. Die spanische Ausgabe des Buches von Don Bux erschien in Zusammenarbeit mit dem Institut Christus König und Hohepriester, einer Ecclesia-Dei-Gemeinschaft.
Vorwort für das Buch eines Piusbruders
Der Kardinal ging noch weiter: 2012 schrieb er das Vorwort auch für das 816 Seiten starke kirchenmusikalische Buch „Magnificat Dominum“, das von P. Bernard Lorber, einem Priester der Piusbruderschaft, zusammengestellt und von Musica Sacra, einem der Piusbruderschaft nahestehenden französischen Verein, herausgegeben wurde.
„Musik und liturgische Gesänge, insbesondere gregorianische Gesänge, bilden einen großen Teil dieser überragenden Kommunikation, und dies auch dann, wenn der Text des Gesangs nicht vollständig verstanden wird (entweder aufgrund mangelnder Lateinkenntnisse oder wegen der Melismen oder durch die polyphone Struktur des Liedes).
Auch das Zuhören und Mitsingen des liturgischen Gesangs ist eine hohe Form der liturgischen Teilhabe. Den Gläubigen und liturgischen Kantoren den Zugang zum gregorianischen Repertoire sowie zu den Liedern der Volkstradition anzubieten, wie es auch das Werk Magníficat Dóminum in seiner zweiten Auflage ermöglicht/bewirkt, ist eine wertvolle Hilfe bei dieser Teilnahme, sowohl für die Gläubigen, die dies in der sogenannten ‚außerordentlichen‘ Form des Römischen Ritus zu nutzen wünschen, als auch für diejenigen, die die römische Liturgie in der ‚ordentlichen‘ Form leben, um die Schätze des musikalischen Erbes des Römischen Ritus nicht zu verlieren und eine Sprache und Form der Kommunikation wiederzuentdecken, die es noch heute erlauben, ihren Glauben zu stärken, ihre Hoffnung zu bekräftigen und in der Liebe zu wachsen.“
„Kein Angriff auf das Konzil“
Als Präfekt der Gottesdienstkongregation verteidigte Kardinal Cañizares noch im Juli 2013, also schon unter Papst Franziskus, ein Jahr vor seiner Rückkehr nach Spanien, den Gebrauch der überlieferten Liturgie. Er schrieb damals das Vorwort zu der in Buchform veröffentlichten Dissertation des Benediktiners P. Alberto Soria Jimenez der Abtei Santa Cruz del Valle de los Caidos, welche die kirchenfeindliche Linksregierung gerne vertreiben möchte wie das damit verbundene Gefallenendenkmal des spanischen Bürgerkrieges. Der Kardinal wies die Behauptung als „absolut unbegründet“ zurück, die Vorschriften von Summorum Pontificum seien ein „Angriff gegen das Konzil“. Eine „solche Aussage zeigt eine große Unkenntnis des Konzils“.
2010 weihte Kardinal Cañizares in Wigratzbad im überlieferten Ritus fünf Neupriester der Petrusbruderschaft. Er gehörte seit 2006 der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei an, die für die Gemeinschaften der Tradition und Fragen des überlieferten Ritus zuständig war, bis Papst Franziskus sie im Januar 2019 auflöste. Inzwischen kennt man den Grund: Eine solche Einrichtung wurde aus Sicht von Franziskus, der wohl schon damals ein Abwürgen des überlieferten Ritus beabsichtigte, nicht mehr gebraucht. Was aber soll man zu Oberhirten sagen, die wie Kardinal Cañizares in der für den überlieferten Ritus zuständigen Kommission saßen, diesen aber nun einfach verbieten?

Und nun?
Dem US-amerikanischen Komiker Groucho Marx (1890–1977) wird – allerdings fälschlich – das schon 1873 überlieferte Wort zugeschrieben:
„Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere.“
Am vergangenen Freitag gab Vetus Ordo Missae, die Vereinigung „zur Förderung des überlieferten römischen Ritus“ im Erzbistum Valencia bekannt, daß laut Anordnung von Kardinal Cañizares unter Verweis auf das Motu proprio Traditionis custodes von Papst Franziskus ab 1. August die Zelebration im überlieferten Ritus in der Erzdiözese untersagt ist. Es handelt sich vorerst um eine „provisorische Aussetzung“ für die Dauer eines Monats.
„Aufgrund dieser neuen Verordnung [Traditionis custodes] hat der Erzbischof die vorläufige Aussetzung der Zelebration angeordnet, um ihre korrekte Anwendung in unserer Erzdiözese zu klären.“
Angesichts der Verteidigung von Summorum Pontificum durch denselben Kardinal sorgt die jüngste Maßnahme an sich, vor allem aber ihre Radikalität, für Staunen. Um die „korrekte Anwendung“ von Traditionis custodes zu „erkennen“, wurde die Zelebration der Heiligen Messe untersagt. Gibt es dafür eine nachvollziehbare Notwendigkeit? Selbst wenn mit 1. September die Zelebration in irgendeiner Form wieder erlaubt werden sollte, ist der Schaden für den überlieferten Ritus und das Ansehen der Kirche bereits angerichtet.
Kardinal Cañizares ist nicht irgendeiner von 3.181 Diözesanbischöfen, sondern einer von 98 Kardinalpriestern, das sind Diözesanbischöfe, die zugleich dem Kardinalskollegium angehören. Er war zudem mehr als fünf Jahre lang Präfekt der Gottesdienstkongregation in Rom und daher mit Fragen der Liturgie eng vertraut.
Selbst führende „Bergoglianer“ unter den Bischöfen wie Kardinal Blase Cupich von Chicago reagierten zurückhaltend auf das Motu proprio Traditionis custodes und beließen alles, wie es ist – vorerst zumindest –, bis größere Klarheit dazu herrscht. Umso mehr erstaunt das radikale Vorgehen eines Kardinals und Erzbischofs, der als „Freund“ von Benedikt XVI. gilt, jenem Papst, der das Motu proprio Summorum Pontificum erließ und nicht unerheblichen Einfluß auf das Zustandekommen des Motu proprio Ecclesia Dei von 1988 hatte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia/Vetusordomissae/NLM (Screenshots)
Das ist eine sehr traurige Nachricht.
Allerdings ist es kein völlig neues Muster. Wie man hört, hatte der Vetus Ordo bspw. auch an der Hochschule Benedikt XVI. in Heiligenkreuz einen schweren Stand – und zwar schon vor der Promulgation von TC.
Man fragt sich, wo hier die Logik sein soll: Heiligenkreuz riß sich im Jahr 2007 förmlich darum, die hauseigene Hochschule nach BXVI. benennen zu dürfen. Seit der Machtergreifung von Franziskus ist die Situation aber ganz anders. Ergo ändert man die Politik. Ergo sind die Etiketten („Hochschule Benedikt XVI.“) nicht viel wert. (Die Frage ist allerdings, wie ernst es B. XVI. selbst mit seinen Maßnahmen war.)
Diese Widersprüchlichkeit existiert schon seit dem Konzil in der Kirche, durch das de facto Doppelpontifikat wird sie für jedermann sichtbar. Ich habe mich vor ca. drei Jahren dazu geäußert:
https://katholisches.info/2018/12/22/schizophrenie-selbstzensur-und-nonsens-giftige-fruechte-des-de-facto-doppelpontifikats/
Das sehe ich genauso. Papst Benedikt ist immer dem Konzil und dem NOM treu geblieben. Er hat den überlieferten Ritus niemals öffentlich zelebriert. Er hat das Dokument „Ecclesia Dei“ als „rechte Hand“ des damaligen Papstes mit verfasst.
Darin hieß es das man den Gläubigen entgegenkommen wollten die einigen früheren Formen der Liturgie anhängen und die Schwierigkeiten mit dem Konzil hätten, wegen der Lehren die neu sind.
Also sozusagen ein letzter Übergang, bis der NOM alles beherrscht.
Alle Ecclesia Dei Gemeinschaften hatten als Bedingung den NOM als die LEX ORANDI zu akzeptieren, von dem die überlieferte Messe eine Ausnahme ist, die jederzeit zurückgezogen werden kann (wie unlängst geschehen).
Aus den Vorträgen EB Lebfevres geht klar hervor, das es Joseph Ratzinger war, der ihn zur Zurücknahme seiner Irrtümer (Lebfevre) bewegen wollte! Diese Irrtümer waren das Festhalten an einer 2000 Jahre alten Liturgie und den Dogmen und Beschlüssen der 20 Konzilien und der Päpste bis 1958.
Das ist keine Kritik an Papst Benedikt, sondern nur eine Darstellung der Fakten.
Man wundert sich über die Krokodilstränen der Ecclesia Dei Gemeinschafrten!
Der Traditionsbegriff von Ecclesia Dei adflicta stimmt allerdings vollkommen mit der diesbezüglichen Argumentation von Traditionis custodes überein.
Es ist unsagbar traurig, was hier nun geschieht.
Die Jagd auf die wunderbare alte hl. Messe ist eröffnet und damit auch die Verfolgung derjenigen, die an dieser Tradition festhalten wollen.
Was kommt als Nächstes?
Verfolgung und ab ins Gefängnis derjenigen Glaübigen, die diese wunderbare alte hl. Mess nicht aufgeben wollen.
Gar Tötung?
Ich weiss, es hört sich furchtbar an.
Aber ein Wort des Bischof Tissier de Mallerais, der mir schon vor Jahren gesagt hat, die Zeit der Märtyrer ist wieder da.
Und der gläubige Francis Eugene Kardinal George, OMI, OESSH (* 16. Januar 1937 in Chicago, Illinois; † 17. April 2015 ebenda ), der verstorbene Kardinal von Chicago hat sinngemäß gesagt: Ich werde in meinem Bett sterben, mein Nachfolger wird im Gefängnis sterben und dessen Nachfolger wird öffentlich hingerichtet werden.