
(Bogota) Ein Terroranschlag forderte in Kolumbien am vergangenen 15. Juni 36 Verletzte, drei davon schwer. Eine Marienstatue, obwohl direkt neben dem Tatort, blieb hingegen unversehrt. Zwei Ereignisse, daß es keine Toten gab und die Marienstatue intakt blieb, gelten als Wunder.
Eine Autobombe wurde vor einer Kaserne der 30. Brigade der Nationalarmee von Kolumbien gezündet. Das Attentat wurde in Cúcuta verübt. Wie durch ein Wunder wurde niemand getötet. Allerdings werden 36 Verletzte beklagt.
Wie die Militärdiözese von Kolumbien bekanntgab, blieb die Statue der Gottesmutter Maria, die sich vor der Kaserne befindet, intakt. Dabei explodierte die Autobombe direkt neben ihr. Die unversehrte Mariendarstellung sei ein Zeichen, das „den Glauben unter den Militärangehörigen aufrechterhält“, so das Militärordinariat, das von „Wunder, Leben und Glauben“ spricht, wie ACI Prensa berichtete.
General Marco Evangelista Pinto, der Kommandeur der 2. Armeedivision, bestätigte, daß die Explosion vor allem Schlafräume und Büros verwüstete. Tote wurden von den Attentätern billigend in Kauf genommen worden, so der General. Daß keine zu beklagen sind, sei nicht den Terroristen zu verdanken.
Verteidigungsminister Diego Molano verurteilte „diese abscheuliche und feige Tat“ vehement. Als Urheber wird die kommunistische Nationale Befreiungsarmee (ELN) vermutet. Gegenstand der Ermittlungen seien aber auch „Dissidenten der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens FARC“.

Die marxistische Guerillaorganisation FARC [Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia] war der bewaffnete Arm der Kommunistischen Partei Kolumbiens, der das Land ein halbes Jahrhundert lang mit Terror und Mord übersäte. Militärisch niedergerungen und nach einem langwierigen Friedensprozeß gaben die FARC-Marxisten die Gewalt auf und wandelten sich 2017 in eine politische Partei mit dem gleichen Kürzel um. Papst Franziskus trat dabei gegen den Willen des kolumbianischen Episkopats als Vermittler auf.
Den Terroristen wurden beachtliche Privilegien eingeräumt. Bei den Parlamentswahlen 2018 erzielten die FARC, als sie sich erstmals den Wählern stellen mußten, lediglich 0,5 Prozent der Stimmen. Die in manchen westlichen Medien verbreitete Mär vom angeblichen „Volkswillen“, der hinter den Guerilleros stünde, wurde auf eklatante Weise Lügen gestraft. Unter normalen Bedingungen, denen alle anderen Parteien unterworfen waren, wären die FARC damit leer ausgegangen. Das Friedensabkommen sicherte den Kommunisten aber unabhängig vom Wahlergebnis fünf Prozent der Mandate im Senat und drei Prozent im Abgeordnetenhaus. Im Kolumbianischen Parlament sitzen seither links außen zehn FARC-Abgeordnete.
Kolumbien ist eines der wichtigsten Drogen-Herkunftsländer. Die Drogenproduktion und der Drogenhandel, der westliche Staaten seit Jahren mit Drogen überschwemmt und in den USA zu einer regelrechten Drogen-Epidemie führte (daher rühren Meldungen im vergangenen Monat, daß etwa im kalifornischen San Francisco seit Beginn der Corona-Krise mehr Menschen an Drogen gestorben sind als an Corona), wurde zu einem nicht unerheblichen Teil von den FARC kontrolliert.
Die 1964 gegründete Terrororganisation ELN (Ejército de Liberación Nacional), die als Hauptverdächtiger des jüngsten Terroranschlags gilt, ist weltweit die kommunistische Guerillabewegung mit dem höchsten Priesteranteil. 1982 wurde der exkommunizierte Priester Manuel Pérez Martínez ihr Comandante Supremo. Unter seinem Kommando verlegte sich der ELN auf Sabotage, Entführungen, Schutz- und Lösegelderpressungen. Während die FARC im Süden des Landes operierten, ist der Nordwesten der Aktionsraum des ELN.
Seine Farben rot und schwarz entlehnte er dem Anarchismus. Zentrale Autoren, deren Schriften mit dem Ziel der Machtübernahme studiert werden, sind Che Guevara und Antonio Gramsci. Das Motto des ELN lautet: „Ni un paso atrás: liberación o muerte“ (Kein Schritt zurück: Befreiung oder Tod). Bis 1991 kämpfte er mit Unterstützung der Sowjetunion für die Errichtung einer kommunistischen Diktatur nach kubanischem Vorbild. Die Karibikinsel gilt noch heute als Rückzugsgebiet. Zum Einfluß suspendierter katholischer Priester im ELN siehe: Wird Papst Franziskus den von marxistischen Guerilleros ermordeten Bischof Jaramillo seligsprechen?)

1989 wurde Msgr. Jesús Emilio Jaramillo, der Bischof von Arauca, vom ELN ermordet. Der Befehl dazu stammte vom exkommunizierten, aus Spanien stammenden Priester und Befreiungstheologen Manuel Pérez Martínez, der von 1982–1998 unter dem Kampfnamen „Comandante Poliarco“ Chefideologe und längstdienender ELN-Comandante war. Er lebte mit einer ehemaligen Ordensfrau zusammen, die den Kampfnamen „Monica“ trug und mit der er eine Tochter hatte. 1998 starb er „irgendwo in den Bergen Kolumbiens“ an einer Hepatitis-C-Infektion. Bischof Jaramillo wurde am 8. September 2017 von Papst Franziskus seliggesprochen.
Nach langen, ergebnislosen Verhandlungen, bei denen in den 90er Jahren sogar die Deutsche Bischofskonferenz zu vermitteln versuchte, setzte Kolumbiens christdemokratisch-konservativer Staatspräsident Álvaro Uribe (2002–2010), dessen Vater von den FARC ermordet wurde, auf eine Politik der harten Hand. Am Ende seiner zweiten Amtszeit war das Terrorproblem so gut wie erledigt. Die FARC und der ELN waren militärisch besiegt und an den Verhandlungstisch gezwungen. Da Uribe gemäß Verfassung keine dritte Amtszeit anstreben konnte, blieb seine Politik aber unvollendet. Sein Nachfolger, ein gemäßigter Linker, setzte sie nur mehr teilweise fort, erhielt dafür allerdings den Friedensnobelpreis, der eigentlich Uribe gebührt hätte. Der ELN stellte seither durch immer neue Gewalttaten die Verhandlungsbereitschaft wiederholt in Frage.
Vor allem in Westeuropa existiert bis heute eine sozialromantische Strömung im Christentum, die von einer Allianz zwischen Christentum und Sozialismus träumt, dabei aber das wahre Wesen des Marxismus und Sozialismus verkennt.
In der Zwischenzeit finden die Friedensbemühungen mit dem ELN auf Kuba statt. Nach einem Attentat auf eine Polizeischule 2020 setzte der amtierende kolumbianische Staatspräsident Iván Duque die Gespräche aus und verlangt vom ELN die Freilassung aller Geiseln und ein Ende der kriminellen Aktivitäten. Sollte das jüngste Attentat vom ELN verübt worden sein, dürften die Gespräche auf absehbare Zeit nicht fortgesetzt werden. Dabei hatte der Apostolische Nuntius für Kolumbien, Erzbischof Luis Mariano Montemayor, ein Argentinier, der im Auftrag von Papst Franziskus um Vermittlung bemüht ist, erst im Mai ein Entgegenkommen des ELN in Aussicht gestellt.

Da FARC-Dissidenten, die nach dem Wahldebakel von 2018 den bewaffneten Kampf wieder aufgenommen haben, mit dem ELN zusammenarbeiten, ist eine Unterscheidung der verschiedenen Gruppen nicht immer leicht möglich. FARC-Dissidenten werden vermutet, weil sich der Tatort, die Stadt Cúcuta, direkt an der Grenze zu Venezuela befindet. Die FARC-Dissidenten, die wieder zu den Waffen gegriffen haben, operieren mit Unterstützung des sozialistischen Regimes des venezolanischen Diktators Nicolás Maduro von Venezuela aus.
Die Gegend von Cúcuta wurde erstmals Anfang 1533 von einer Expedition des ersten Gouverneurs von Klein-Venedig und Gründers von Maracaibo, des deutschen Konquistadoren Ambrosius Thalfinger oder Alfinger, erreicht. Thalfinger wurde um 1500 im schwäbischen Thalfingen bei Ulm geboren. Im Dienst des Habsburgers Philipp I. von Spanien, des Vaters der römisch-deutschen Kaiser Karl V. und Ferdinand I., ging er nach Amerika. Dort starb er bei Cúcuta durch den Pfeil eines Indios, der seinen Hals durchbohrte.
Die heutige Stadt Cúcuta wurde 1733 gegründet. Dort sind noch die Ruinen der Rosenkranzkirche zu sehen (zerstört 1875 durch ein Erdbeben), in der 1821 in Anwesenheit des ersten Staatspräsidenten Simón Bolívar und Vizepräsident Francisco de Paula Santander die erste Verfassung Großkolumbiens verabschiedet wurde, das neben Kolumbien auch Venezuela, Ecuador und Panama umfaßte.
Auch die Kolumbianische Bischofskonferenz verurteilte das Attentat vom 15. Juni. Sie rief dazu auf, die Gewalt zu beenden und mahnte zu Dialog, Vergebung und Versöhnung.
Die Marienstatue war erst am 8. Dezember 2020 an ihrem Platz aufgestellt worden. Die Idee dazu stammte von Patricia Pérez, der Frau von Brigadegeneral Oliverio Pérez Mahecha. Die Statue wurde eigens für diesen öffentlichen Ort vor der Kaserne angefertigt.
Der Oberbefehlshaber der Nationalarmee von Kolumbien, General Eduardo Zapateiro Altamiranda, schrieb auf Twitter, daß „Gewalt niemals gegen den göttlichen Beistand“ ankomme.
Am 18. Juni zelebrierte Militärbischof Víctor Manuel Ochoa Cadavid eine heilige Messe am Tatort mit den Soldaten der 30. Brigade und ihren Familien „für den Frieden und die Versöhnung in Kolumbien“. Die Zelebration erfolgte direkt neben der Marienstatue, welcher der Militärordinarius die Ehre erwies.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Obispado Castrense de Colombia (Screenshot)
Das Gebäude auf der Seite wo die Marienstatue steht, sieht ziemlich
unbeschädigt aus. Auf der anderen Strassenseite sieht es schon anders aus.
Bilder sagen mehr als Worte.
Deo gratias,
Gratias Mariae, Mater Dei, semper Virgine!