(Brasilia) Der Lateinische Bischofsrat (CELAM) gab die Errichtung einer „Kirchlichen Amazonas-Konferenz“ bekannt, deren Aufgabe die Umsetzung des nachsynodalen Schreibens Querida Amazonia sein wird. Kardinal Claudio Hummes, der Vorsitzende von REPAM, kündigte bereits im vergangenen Februar an, daß eine neue Institution „ein wichtiges Papier“ dem Vatikan vorlegen werde zur Frage, wie in den „priesterlosen Gegenden verheiratete Männer geweiht“ werden könnten.
Aus aktuellen Medienberichten und Stellungnahmen ließ sich bereits in den vergangenen Wochen entnehmen, daß das Tempo angezogen wird. Vom 26. bis 29. Juni fand nun die konstituierende Versammlung einer Conferencia Eclesial de la Amazonia (Kirchliche Amazonas-Konferenz) statt. Das gaben CELAM und REPAM gestern in einer gemeinsamen Presseerklärung bekannt.
Auch in der neuen Einrichtung kommt Kardinal Claudio Hummes eine zentrale Rolle zu. Der Papst-Vertraute ist bereits Vorsitzender von REPAM, jenem im Herbst 2014 geschaffenen kirchlichen Amazonas-Netzwerk, das eigens für die Vorbereitung der Amazonassynode errichtet worden war. Hummes wurde in den vergangenen Tagen auch zum Vorsitzenden der neuen Amazonas-Konferenz gewählt.
Die eingangs erwähnte Aussage hatte Kardinal Hummes gegenüber Austen Ivereigh getätigt, der am 20. Februar 2020 im Commonweal Magazine eine „Lesehilfe“ für das nachsynodale Schreiben Querida Amazonia veröffentlichte. Da Hummes den Vorsitz des neuen Organismus innehat, kommt ihr besondere Bedeutung zu.
Querida Amazonia war von Papst Franziskus am 2. Februar unterzeichnet worden und faßt seine Schlußfolgerungen aus der Sondersynode über den Amazonas zusammen, die im Oktober 2019 im Vatikan stattfand.
Als das Schreiben erschien, war in glaubenstreuen Kreisen die Erleichterung unüberhörbar, daß Papst Franziskus darin keine „Öffnung“ vornahm, weder für die Zulassung von Frauen zum Weihesakrament noch für die Zulassung verheirateter Männer zum Priestertum. Letzteres galt nach der gesamten Vorgeschichte zur Amazonassynode und ihrem Verlauf als ernste Gefahr. Noch im Januar hatte Kardinal Hummes, der Generalrelator der Synode war, in einem Rundschreiben an alle Diözesanbischöfe einen solchen Tabubruch erwarten lassen. Was Franziskus letztlich doch von diesem Schritt zurückhielt, kann nicht gesagt werden. Große Bedeutung wird dem gemeinsamen Buch von Kardinal Robert Sarah und Benedikt XVI. zugemessen.
Die Genugtuung wich allerdings bald neuen Zweifeln, ob dieser unerwarteten Ruhe getraut werden kann, oder ob nur nach einer noch verborgeneren Hintertür gesucht wird. Die genaue Lektüre des Dokuments machte klar, daß einerseits die Erwähnung des Schlußberichts der Amazonassynode und andererseits eine Fußnote, in der ein „Amazonasritus“ angedacht wird, ausreichend Schlupflöcher sind, um in einem späteren Moment den von progressiven Kirchenkreisen angestrebten neuen Bruch mit der kirchlichen Tradition doch noch zu vollziehen.
In diesem Kontext ist auch der besonders umstrittene Synodale Weg der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken zu sehen. Durch die Corona-Krise trat ein gewisser Stillstand ein, doch nun herrscht wieder Bewegung in der Sache.
Zum Stellvertreter von Hummes wurde Msgr. David Martínez de Aguirre OP ernannt. Der Apostolische Vikar von Puerto Maldonado spielte bereits in den vergangenen Jahren eine Rolle. Als Papst Franziskus Anfang 2018 zum Pastoralbesuch nach Peru kam, war Puerto Maldonado sein wichtigstes Ziel. Dem Vorstand gehören zudem Msgr. Eugenio Coter aus Bolivien als Vertreter der Bischofskonferenzen des Amazonasbeckens, Vertreter von CELAM, REPAM, CLAR, CARITAS América Latina y el Caribe (Caritas Lateinamerika und Karibik) sowie drei Vertreter der Amazonasindios an. CLAR (Confederación Latinoamericana y del Caribe de Religiosos y Religiosas) ist der Dachverband der Ordensleute von Lateinamerika und der Karibik.
Inhaltlich trifft die gemeinsame Stellungnahme keine Aussagen. Im Schlußabsatz findet sich allerdings eine Reihe von umstrittenen Schlüsselbegriffen einschließlich einer widersprüchlichen „Weiterentwicklung“ des Begriffs Mutter Erde zu einer Schwester Mutter Erde:
„In diesen schwierigen und außergewöhnlichen Zeiten für die Menschheit, wegen der Pandemie des Coronavirus, die die pan-amazonische Region stark trifft, und wegen der Realitäten von Gewalt, Exklusion und Tod gegen das Biom und die Völker, die es bewohnen und nach einer dringenden und unmittelbaren integralen Umkehr verlangen, will die Kirchliche Amazonas-Konferenz eine gute Nachricht und eine angemessene Antwort auf den Schrei der Armen und der Schwester Mutter Erde sein.“
Kardinal Hummes als Vorsitzender stellt sicher, daß ein ex novo zu schaffender Amazonasritus, die Zölibatsaufhebung und die Zulassung verheirateter Männer zum Priestertum sowie Diakoninnen auch weiterhin eine zentrale Rolle spielen werden. Schien es bisher, daß jeder Bischof und jeder Apostolische Vikar für sein Bistum bzw. seine Jurisdiktion einzeln um eine päpstliche Dispens für die angestrebten Neuerungen ansuchen müßte, wurde durch die Schaffung des neuen Organismus sui generis wieder einmal die Verantwortung des einzelnen Bischofs minimiert. Es wird Letzterem die Möglichkeit geboten, sich hinter einem Kollektivorgan zu verstecken, das als solches mit dem Vatikan verhandelt und mit dem Papst in einen „Dialog“ tritt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: CELAM (Screenshot)