(Rom) Die Amazonassynode liegt in den Schlußzügen und es tut sich einiges. Was nach außen dringt, folgt der bekannten, wenig erbaulichen Linie. Bekannt wurde zwar, daß die Synodenväter 600 Änderungsvorschläge zum Entwurf für das Schlußdokuments eingebracht haben. Bekannt wurde aber auch, daß Papst Franziskus gestern die Synodalen, Auditoren, Experten und Spezialgäste „beruhigte“, daß die in den Tiber entsorgten Statuetten der Erdgöttin Pachamama „von der Polizei geborgen“ wurden. Zugleich entschuldigte er sich „bei allen“, die sich durch den Wurf in den Tiber beleidigt fühlten.
Der Präfekt des Kommunikationsdikasteriums, Paolo Ruffini, behauptete noch kurz zuvor bei der täglichen Synodenpressekonferenz – gegen jede Evidenz –, daß die rituellen Verneigungen in den Vatikanischen Gärten, deren Bilder um die Welt gingen, nicht heidnischen Figuren gegolten habe und auch kein Ritual dargestellt hätten.
Der Vatikanist Sandro Magister wandte sich gestern bei der Pressekonferenz mit einer Frage an Nicolau Nascimento de Paiva, einem lutherischen Pastor und Koordinator der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Brasilien, der von den Synodenverantwortlichen auf das Podium der Pressekonferenz eingeladen worden war. Magister sagte, er habe Nachrichten aus Brasilien und den Philippinen erhalten, daß das Video von der Zeremonie in den Vatikanischen Gärten vom 4. Oktober von protestantischen Kreisen massiv als Anklage gegen die Katholiken und die katholische Kirche verwendet werde, denen „Götzendienerei“ vorgeworfen wird. Dies vor allem, weil Papst Franziskus persönlich anwesend war. Die Frage Magisters an den Lutheraner lautete, wie er die Zeremonie mit der Verneigung vor „nicht identifizierten Gegenständen“ beurteilt.
Eine Frage, die von den Synoden- und Vatikanverantwortlichen nicht gewollt war. Kaum hatte Magister die Frage gestellt, zog nämlich Kommunikationspräfekt Ruffini das Wort an sich. Er bestritt gegen jede Offensichtlichkeit, daß sich bei der angesprochenen Zeremonie vom 4. Oktober jemand „vor diesen Symbolen, diesen Darstellungen“ verneigt hätte. Es habe „keine Verneigungen und keine Riten“ gegeben, so Ruffini. Das sei „an dieser Stelle bereits“ in der Vergangenheit mehrfach gesagt worden. Alle seien gehalten, so Ruffini mahnend an Magister und alle Journalisten, die „Geschichten genau“ zu erzählen. Der Präfekt schloß mit dem Zusatz, daß diese Ereignisse „auf jeden Fall vor laufenden Kameras geschehen sind“. Eine bemerkenswerte Dreistigkeit angesichts der von Ruffini selbst erwähnten Filmaufzeichnungen.
Kurz darauf entschuldigte sich Papst Franziskus sogar „bei allen“, die sich durch die Entsorgung der Pachamama-Statuetten beleidigt fühlten und gab bekannt, daß die Polizei die Figuren aus dem Tiber „ohne Schaden“ bergen konnte (Video der Entschuldigung). Das Kirchenoberhaupt trat vor dem Gebet, das am Beginn der nachmittäglichen Synodenarbeiten gesprochen wurde, vor die versammelten Synodenteilnehmer. Er distanzierte sich damit, wenn auch ohne ausdrückliche Nennung, von den beherzten Katholiken, die zur Tat schritten und der Ausstellung heidnischer Götzen in einer Kirche ein Ende bereiteten.
Die Frage ist, wer sich beleidigt gefühlt haben könnte außer den Synodenmachern selbst und ihrem REPAM-Anhang. Die eigentliche Frage ist aber, wie viele Millionen Katholiken und andere Christen beleidigt oder schwer irritiert wurden, weil die Figuren eines heidnischen Götzen zum Synoden-Maskottchen gemacht, im Petersdom und in der Kirche Santa Maria in Traspontina ausgestellt, bei der Amazonassynode gezeigt und in den Vatikanischen Gärten allem Anschein nach sogar angebetet wurden.
Doch Franziskus fand kein Wort der Entschuldigung für diese Millionen von Katholiken und Christen, die durch den Eindruck der Götzendienerei durch die katholische Kirchenleitung schwer getroffen wurden. Kein Wort fand Franziskus auch zur ihm bekannten Tatsache, daß protestantische Freikirche eine massive antikatholische Kampagne initiiert haben, indem sie die Vorgänge in den Vatikanischen Gärten und rund um die Amazonassynode mit den Amazonas-Statuetten der eigenen Anhängerschaft, aber vor allem auch Katholiken vorhalten, daß die katholische Kirche Götzendienerei betreibe und daher nicht wirklich christlich und schon gar nicht die Kirche Jesu Christi sei.
In Brasilien sind in den vergangenen Jahren bereits Millionen Katholiken zu diesen Freikirchen übergelaufen. Einer der Hauptgründe ist die starke Ideologisierung der Kirche in Brasilien durch die marxistische Befreiungstheologie. Eine Fehlentwicklung, die anhand der Amazonassynode sichtbar wurde.
Anstatt den bisherigen Weg auf seine Richtigkeit zu prüfen, radikalisiert ihn Franziskus mit Gesten, die er zuläßt (Pachamama-Statuen im Vatikan), denen er beiwohnt (Pachamama-Ritus in den Vatikanischen Gärten) und zu denen er Stellung nimmt (Entschuldigung für die Entsorgung der Pachamama-Figuren im Tiber, anstatt Entschuldigung bei den Gläubigen für das Sakrileg, heidnische Götzen und Rituale bis in den Petersdom hinein erlaubt zu haben).
Seine Entschuldigung sprach er als „Bischof dieser Diözese“ aus. Die Pachamama-Figuren, so Franziskus wörtlich, seien „ohne idolatrische Absicht“ in der Kirche Santa Maria in Traspontina ausgestellt gewesen. Damit gab er ehrlicher als seine Mitarbeiter zu, daß es sich bei den Figuren tatsächlich um Darstellungen der Naturgottheit Pachamama handelt.
Die italienischen Carabinieri, die die Statuen (in wessen Auftrag?) aus dem Tiber fischten, hielten die Nachricht zurück. Franziskus war es, der sie bekanntmachte und das auch ausdrücklich betonte. Die Figuren, so das Kirchenoberhaupt, befanden sich gestern nachmittag noch im Gewahrsam der Carabinieri.
Franziskus schloß nicht aus, daß die Pachamama-Figuren auch bei der morgigen Abschlußmesse zur Amazonassynode wieder gezeigt werden. Die Entscheidung dazu übertrage er dem Staatssekretariat, so der Papst, der damit den Auftrag erteilte, mit den Carabinieri in Kontakt zu treten.
Franziskus schloß seine Erklärung mit den Worten:
„Das ist eine schöne Nachricht, Danke.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: AciPrensa (Screenshot)