(Peking) Um alle Gläubigen unter Kontrolle zu bringen, schließt das kommunistische Regime der Volksrepublik China Kirchen, an denen Priester wirken, die nicht der chinesischen katholischen Patriotischen Vereinigung beitreten.
Am 16. Januar wurden allein in der Stadt Fuan im Bezirk Ningde in der südöstlichen Provinz Fujian über zehn katholische Kirchen geschlossen. Alle diese katholischen Gemeinden weigerten sich, der Patriotischen Vereinigung beizutreten. Das ist die 1958 von der Kommunistischen Partei Chinas gegründete regimehörige Abspaltung von der katholischen Kirche. Alle betroffenen Kirchen und Gemeinden gehören zur Diözese Mindong, die Teil des Erzbistums Fuzhou ist, in der bereits im vergangenen Jahr viele Kirchen geschlossen wurden.
Nach der Unterzeichnung des Geheimabkommens zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China im September 2018 verschlechterte sich die Situation der katholischen Gemeinden weiter, die sich aus Gewissensgründen einer Registrierung verweigern. Das gilt nicht nur für die Provinz Fujian, sondern landesweit. Die Registrierung besteht nicht nur aus einer bloßen Meldepflicht, sondern bedeutet Kontrolle durch das Regime und Unterwerfung unter ideologische Vorgaben der Kommunistischen Partei.
Priester und Ordensangehörige, aber auch Gläubige werden häufig belästigt und verfolgt und Kultstätten geschlossen oder abgerissen. Der Vorwand, auf den die Behörden für solche Maßnahmen zurückgreifen, ist ganz unterschiedlich. Fünf Kirchen in der Diözese Mindong wurden geschlossen, weil angeblich die Brandschutzmaßnahmen unzureichend seien. Aus dem gleichen Grund mußte auch die Residenz des Bischofs im Stadtteil Luojiang von Fuan geräumt werden. Die Verwaltung ordnete die Unterbrechung der Wasser- und Stromversorgung des Hauses von Msgr. Vincent Guo Xijin an und befahl dem Bischof zu gehen.
Das Bistum Mindong im Fokus der Kirchengegner
Bischof Guo Xijin wurde nach dem Tod von Bischof Huang Shoucheng im Sommer 2016 zum Untergrundbischof von Mindong. Das heißt, er wurde von den kommunistischen Machthabern nicht als Bischof anerkannt. Entsprechend war er seither wiederholt Zielscheibe staatlicher Schikanen, die einer offensichtlichen Zermürbungstaktik folgen.
2017 wurde der Bischof von Polizisten abgeholt und verschwand für mehrere Tage. Die Behörden teilten mit, daß der Bischof „studieren und lernen muß“, eine Chiffre, die in Wirklichkeit meint, daß er einer Gehirnwäsche unterzogen wurde, um ihn zur Unterwerfung unter die Patriotische Vereinigung zu bewegen. Der Bischof blieb jedoch standhaft. Fast 90 Prozent der Katholiken seines Bistums gehören der Untergrundkirche an. Das gilt auch für gut 80 Prozent der Priester.
Das Bistum Mindong stand 2018 wegen des Geheimabkommens zwischen Vatikan und Peking im Mittelpunkt dramatischer Vorgänge. Das kommunistische Regime hatte zur Bedingung gemacht, daß alle von der Kommunistischen Partei ohne und gegen den Willen des Papstes ernannten Bischöfe von Rom anzuerkennen sind, mehr noch, jeder von ihnen als legitimer Diözesanbischof einzusetzen ist.
Das betraf insgesamt sieben schismatische und daher exkommunizierte Bischöfe. Papst Franziskus erbrachte die einseitige Vorleistung, hob die von seinen Vorgängern verhängten Exkommunikationen auf und erkannte die Schismatiker am 22. September 2018, wenige Tage vor Unterzeichnung des Geheimabkommens, als rechtmäßige Bischöfe an. Für zwei von ihnen, mußten romtreue, rechtmäßige Bischöfe zurücktreten, um den bisherigen Schismatikern Platz zu machen. Dafür war auch das Bistum Mindong auserkoren worden, ob von Peking oder von Rom ist unklar, mutmaßlich jedoch von Peking, das sich durch die Operation zugleich eines standhaften Untergrundbischofs entledigen wollte.
Bischof Guo Xijin dachte aber nicht daran, sein legitimes Amt für einen Schismatiker zu räumen. Um ihn im Vorfeld der Unterzeichnung des Geheimabkommens weichzuklopfen, wurde er zweimal verhaftet und an einen unbekannten Ort verschleppt. Eine beliebte Methode in der Volksrepublik China, um Druck auszuüben, einzuschüchtern oder „Regimegegner“ einer „Umerziehung“ zu unterziehen.
Seit Herbst 2017 wurde Bischof Guo Xijin auch von päpstlichen Unterhändlern bearbeitet, „zum Wohl der Kirche“ zu verzichten, um die Unterzeichnung des Geheimabkommens nicht zu gefährden. Erst als am 13. Dezember 2018, fast drei Monate nach der Unterzeichnung des Abkommens, ein päpstlicher Sondergesandter, Kurienerzbischof Claudio Maria Celli, ihn an einen Ort nahe bei Peking kommen ließ und ihm ein Schreiben von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin vorlegte, in dem geschrieben stand, daß der Papst seinen Rücktritt als „Opfer für die Gesamtsituation der chinesischen Kirche“ und als „Geste des Gehorsams“ forderte, gab der Bischof nach und trat zurück.
Neuer Bischof war seit dem 22. September 2018 mit päpstlichem Segen der Schismatiker Vincent Zhan Silu. Bischof Guo Xijin wurde von Franziskus zum Weihbischof des Bistums Mindong ernannt, wie es die Vereinbarung mit Peking vorsah, soweit das rekonstruierbar ist, denn beide Vertragspartner schweigen sich über den Inhalt des Geheimabkommens aus.
Während Papst Franziskus seinen Teil der Abmachung erfüllte, blieb das kommunistische Regime die Anerkennung von Bischof Guo Xijin als Weihbischof von Mindong schuldig. Das hat mit dessen Weigerung zu tun, Mitglied der Patriotischen Vereinigung zu werden, die Papst Benedikt XVI. als schismatische Organisation bezeichnete, deren Ziele nicht mit der katholischen Kirche vereinbar sind.
Das Geheimabkommen brachte demnach einseitig nur dem kommunistischen Regime einen Nutzen, aber nicht den Katholiken Chinas. Das Regime bewegte sich seit der Unterzeichnung um keinen Millimeter.
Dennoch ließ der Vatikan im Frühsommer 2019 die nächste Bombe platzen. Am 28. Juni veröffentlichte der Heilige Stuhl „Orientierungen“ für die Registrierung des Klerus bei der Patriotischen Vereinigung. Die Veröffentlichung ist weder unterzeichnet noch ist das Dikasterium oder die Stelle ausgewiesen, die es zu verantworten hat. Tatsache ist, daß der Vatikan offiziell die kirchentreuen Untergrundpriester auffordert, sich der schismatischen, vom Regime kontrollierten Parallelkirche zu unterwerfen. Ein beispielloser Vorgang, der in der Kirchengeschichte nichts Vergleichbares findet.
Kardinal Joseph Zen, die graue Eminenz der chinesischen Untergrundkirche, sagte in seiner Kritik:
„Mit dem neuen China-Dokument des Vatikans könnte man sogar Apostasie rechtfertigen.“
Welle der Kirchenschließungen
Die Bekanntmachung über die Schließung der Bischofsresidenz von Msgr. Guo Xijin wurde am 15. Januar veröffentlicht, die Bekanntmachung über die Schließung einer katholischen Kirche im Dorf Saiqi in Fuan am 27. Dezember.
Die Wasser- und Stromversorgung wurde auch in der Buxia-Kirche in Fuan unterbrochen. Die katholische Gemeinde verweigerte dennoch dem vom Regime entsandten Priester der Patriotischen Vereinigung die Anerkennung. Darauf wurde die Kirche gesperrt. Am 19. Januar versammelten sich die Gemeindemitglieder trotz des Winters und eines eisigen Windes um 4 Uhr morgens vor der geschlossenen Kirche, um im Schein von Fackeln gemeinsam zu beten und die Bibel zu lesen.
Die Bekanntmachung über die Schließung der Kirche von Buxia wurde am 20. Dezember veröffentlicht. Ein schwerer Schlag für die Gläubigen, die Weihnachten nicht in der Kirche feiern konnten.
Seit dem 13. Januar feiert der Priester nach der Schließung einer anderen katholischen Kirche im Kreis Fuan die Messe im Privathaus einer kirchentreuen Familie. Gegenüber Bitter Winter berichtete ein Gläubiger, daß es Absicht dieses Priesters ist, der Gemeinde so lange wie möglich dienen zu können, weshalb er einer öffentlichen Konfrontation mit dem Staat nach Möglichkeit aus dem Weg gehe, um nicht verhaftet zu werden:
„So leben Priester, die sich weigern, der offiziellen Kirche beizutreten. All das geschieht wegen der Regierung.“
Mit „offizieller Kirche“ meinte der zitierte Gläubige die schismatische, regimehörige Patriotische Vereinigung, die allein die vom Staat anerkannte katholische Kirche in der Volksrepublik China ist.
Bereits im November 2019 war die katholische Kirche von Huanghouli in Fuan geschlossen worden. Die Behörden ordneten zudem die Streichung des Namens „Garten von Lourdes“ für das dortige Heiligtum Unserer Lieben Frau von Lourdes an. Er wurde ersetzt durch eine Parole der Kommunistischen Partei Chinas: „Vergeßt nicht die ursprüngliche Absicht: Denkt an die Mission“, womit allerdings nicht die christliche, sondern die kommunistische „Mission“ gemeint ist, was die chinesischen Bürger natürlich wissen.
Bitter Winter zitiert eine chinesische Ordensfrau mit dem Worten:
„Die Regierung zerstört alles, was mit dem Glauben zu tun hat, genau wie während der Kulturrevolution.“
Die Gläubigen versammeln sich vor den verschlossenen Toren der Kirchen, um zu beten und die Bibel zu lesen und dadurch auch ein Zeichen der Verbundenheit mit ihren Priestern zu setzen, die sich weigern, der Patriotischen Vereinigung beizutreten.
An Xin zitiert einen Gläubigen:
„Der Priester darf das Dokument nicht unterschreiben. Wenn er das tut, ist er ein Verräter.“
Zur Abschreckung installierten die Behörden vor der Kirche von Huanghouli Überwachungskameras.
Ende Oktober 2019 wurde ein Frauenkloster im Bistum zwangsgeräumt. Die örtliche Verwaltung behauptete, es handle sich um ein „illegales Bauwerk“, sperrte die Strom- und Wasserversorgung, setzte die Ordensfrauen auf die Straße und ließ das Dach abtragen und die Fenster und Böden herausreißen, um eine Rückkehr unmöglich zu machen.
Die Katholiken von Fuan sprechen von „gerissenen“ Methoden, denn durch solche Maskierungen halte niemand, der nicht die Wahrheit kennt, die Maßnahmen für religiöse Verfolgung.
Kirchenverfolgung in Hebei
Dieselben Maßnahmen werden auch aus der Provinz Hebei gemeldet, wo unter anderem die Kirche von Nanma in der kreisfreien Stadt Anguo von den Behörden geschlossen wurde. Die Gläubigen versammeln sich seither auch dort vor der verschlossenen Kirche zum Gebet.
Aus zahlreichen Kirchen in der Provinz wurden von Beamten religiöse Gegenstände wie Altäre und Statuen beschlagnahmt mit der Begründung, diese Gegenstände seien nicht gemeldet worden.
Ein Priester beschreibt die Lage gegenüber An Xin:
„Die Politik der Kommunistischen Partei Chinas zielt darauf ab, die katholische Kirche in China zu sinisieren. Das Zusperren von Kirchen ist nur eine Methode, um dieses Ziel zu erreichen. Die Partei will alle Priester, die sich der Patriotischen Vereinigung nicht anschließen, vertreiben und nur jenen, die sich registrieren lassen, erlauben, öffentlich die Messe in den Kirchen zu feiern. Diese Priester werden dann sagen, daß die Kommunistische Partei Chinas gut ist und daß jeder den Anweisungen der Kommunistischen Partei folgen muß. Auf diese Weise werden die Nachfolger Christi zu Nachfolgern der Partei.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Bitter Winter/AsiaNews (Screenshots)
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