Der Schlußbericht der Jugendsynode und seine Reibefläche

Der Wert gelenkter Synoden?


Papst Franziskus beim Abschlußgottesdienst der Jugendsynode mit dem ungewöhnlichen Pastorale.
Papst Franziskus beim Abschlußgottesdienst der Jugendsynode mit dem ungewöhnlichen Pastorale.

(Rom) Die Jugend­syn­ode ging am gest­ri­gen Sonn­tag offi­zi­ell zu Ende. Letzt­lich schien es eine ruhi­ge Syn­ode gewe­sen zu sein. Doch das trifft nur zum Teil zu. Äuße­re Umstän­de zwan­gen offen­bar zu einem impro­vi­sier­ten Regie­wech­sel. Zudem gab es trotz einer deut­lich „berg­o­glia­ni­schen“ Syn­oden­be­set­zung deut­li­che Reibeflächen.

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Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster mach­te bereits ver­gan­ge­ne Woche dar­auf auf­merk­sam, daß die Syn­oden­ru­he nicht so sehr einer ein­träch­ti­gen Stim­mung unter den Syn­oda­len, son­dern einer geän­der­ten Syn­oden­re­gie geschul­det war. Die Syn­oda­len, die Fran­zis­kus beson­ders nahe­ste­hen, gaben sich auf­fäl­lig zurück­hal­tend. Die erwar­te­ten und von glau­bens­treu­en Kir­chen­krei­sen befürch­te­ten Vor­stö­ße der Homo-Lob­by blei­ben weit­ge­hend aus. Das, so Magi­ster, kön­ne nur auf eine direk­te Ent­schei­dung von Papst Fran­zis­kus zurück­ge­hen, der – so die Mut­ma­ßung des Vati­ka­ni­sten –  inmit­ten des anhal­ten­den Miß­brauchs­skan­dals durch Kle­ri­ker  doch nicht die Kon­fron­ta­ti­on suchen woll­te, nach der es zunächst aus­sah. Als Erz­bi­schof Charles Cha­put von Phil­adel­phia als Reak­ti­on auf den McCar­ri­ck-Skan­dal mit der Auf­for­de­rung an den Papst reagier­te, die Jugend­syn­ode wegen man­geln­der Glaub­wür­dig­keit abzu­sa­gen, erhielt er von Fran­zis­kus nicht ein­mal eine Ant­wort. Die Jugend­syn­ode wur­de gemäß fest­ste­hen­dem Zeit­plan durchgezogen.

Jugendsynode wurde „zur ruhigsten Synode“ - und doch nicht ganz.
Jugend­syn­ode wur­de „zur ruhig­sten Syn­ode“ – und doch nicht ganz.

Das Abstim­mungs­er­geb­nis des Schluß­be­richts läßt den­noch erken­nen, daß es in der Syn­ode nicht ganz rei­bungs­los ver­lief. Die Syn­ode selbst fand unter Aus­schluß der Öffent­lich­keit statt, was eben­falls Gegen­stand der Kri­tik war. Die Infor­ma­ti­on über die Syn­ode und die Kom­mu­ni­ka­ti­on nach außen wur­de aus­schließ­lich und restrik­tiv von Papst-Getreu­en kon­trol­liert. Das sei im besten Fall „ein­sei­tig“, wie Kri­ti­ker mein­ten, im schlim­me­ren Fall eine Form von Mani­pu­la­ti­on, jeden­falls öff­ne es die Türen dafür.

Wo es Rei­bun­gen gab, ent­hüllt das Abstim­mungs­er­geb­nis. Die gering­ste Zustim­mung unter allen Para­gra­phen erhielt der Para­graph 150 zum The­ma: „Sexua­li­tät: ein kla­res, frei­es und authen­ti­sches Wort“. So klar, frei und authen­tisch scheint es nicht allen Syn­oda­len erschie­nen zu sein. Für den Para­gra­phen stimm­ten in der Schluß­ab­stim­mung 178 Syn­oda­len. Immer­hin 65 Syn­oden­vä­ter ver­wei­ger­ten ihre Zustim­mung. 19 Syn­oda­len nah­men an der Abstim­mung nicht teil.

Auf­merk­sa­me Leser wer­den es bereits ahnen: Para­graph 150 behan­delt die Homo­se­xua­li­tät. Es wur­de bereits gestern dar­auf auf­merk­sam gemacht, daß zwar die umstrit­te­ne, aus dem Homo-Milieu stam­men­de Selbst­be­zeich­nung LGBT nicht in den Schluß­be­richt über­nom­men wur­de, dafür aber ein ande­res Code-Wort der Homo-Sze­ne. Weit schwer­wie­gen­der ist, daß jeder Ver­weis auf den Kate­chis­mus der Katho­li­schen Kir­che fehlt. Die Rück­kop­pe­lung an die Leh­re der Kir­che über die Homo­se­xua­li­tät wur­de gekappt.

Bei sei­ner berühmt-berüch­tig­ten Aus­sa­gen zur Fra­ge der Homo­se­xua­li­tät bzw. Homo­se­xu­el­ler vom Juli 2013 ver­wies Papst Fran­zis­kus noch dar­auf, daß er ein treu­er Sohn der Kir­che sei und im übri­gen daher gel­te, was dazu im Kate­chis­mus geschrie­ben ste­he. Die Aus­sa­ge war nicht unum­strit­ten, denn auf eine kon­kre­te Fra­ge zur Homo­se­xua­li­tät soll­te man sich vom Papst eine kla­re Ant­wort erwar­ten kön­nen, mit der er die Leh­re der Kir­che auf­zeigt und erklärt. Eine „schwa­che“ Ant­wort wie es damals hieß, doch der Kate­chis­mus wur­de erwähnt. Nun fehlt aber die­ser Hin­weis auf die kirch­li­che Lehre.

Der Vati­ka­nist Aldo Maria Val­li kri­ti­siert im Zusam­men­hang mit Para­graph 150, daß die Spra­che des Schluß­be­richts sich einen „wis­sen­schaft­li­chen“ Anstrich gebe, was aber zu Lasten der Ver­ständ­lich­keit gehe, wo es genügt hät­te, die Spra­che der Bibel zu ver­wen­den, die jeder ver­ste­hen könne.

„Oder schämt sich die Kir­che der Hei­li­gen Schrift und muß daher auf ande­re Aus­drucks­for­men zurückgreifen?“

Neben dem Para­gra­phen 150 gab es noch zwei Para­gra­phen, die beson­ders umstrit­ten sind: Para­graph 121 und Para­graph 122. Sie wur­den mit 191 zu 51 und 199 zu 43 Stim­men ange­nom­men. Bei den Abstim­mungs­er­geb­nis­sen ist mit­zu­den­ken, daß Papst Fran­zis­kus bei der Jugend­syn­ode auf­fal­lend deut­li­cher bemüht war, ihm nahe­ste­hen­de Syn­oda­len zu berufen.

Die bei­den Para­gra­phen betref­fen die „Syn­oda­li­tät“, ein Begriff, der erst durch Fran­zis­kus in die Welt­kir­che ein­ge­führt wur­de. Syn­oda­li­tät und Kir­che wer­den als Syn­ony­me dar­ge­stellt. Auf­fal­lend an die­sen Para­gra­phen sind ihre Über­la­dung durch „Schlüs­sel­be­grif­fe“ aus der Spra­che von Papst Fran­zis­kus (gemein­sam gehen, Kir­che des Hörens, Bezie­hungs­ant­litz, Auf­nah­me, Dia­log, Unter­schei­dung) und die zahl­rei­chen Zita­te von Papst Fran­zis­kus und Ver­wei­se auf sei­ne Aus­sa­gen. Dazu der Vati­ka­nist Valli:

„Es wird schon stim­men, daß das Volk Got­tes, die Bischö­fe und der Papst sich gegen­sei­tig hören sol­len, aber jemand wird auch leh­ren, unter­wei­sen und füh­ren müs­sen. Und er muß es gemäß dem gött­li­chen Gesetz tun. Was ist also der genau der Zweck? Dar­über wird in den bei­den Para­gra­phen hin­weg­ge­gan­gen. […]Zu die­sen Para­gra­phen wäre es inter­es­sant, die Grün­de für das non pla­cet der Min­der­heit der Syn­oden­vä­ter zu kennen.“

Val­li macht noch auf einen ande­ren Aspekt aufmerksam:

„[…] auf den „tri­um­pha­len Ein­zug des Wor­tes ‚Empa­thie‘ in die Spra­che der Kir­che, das der heu­ti­gen poli­ti­schen Kor­rekt­heit so wich­tig ist.“

Das sei:

[…] „ein wei­te­rer Schritt im Pro­zeß, mit dem die christ­li­che Phi­lo­so­phie durch einen vagen Psy­cho­lo­gis­mus ersetzt wird und der Glau­ben zur mehr oder weni­ger sen­ti­men­ta­len Erfah­rung redu­ziert wird, jeden­falls mehr sen­ti­men­tal als rational.“

Alle Abstim­mungs­er­geb­nis­se im Detail.

Letzt­lich bleibt nach der drei­wö­chi­gen Jugend­syn­ode vor allem eine Fra­ge im Raum ste­hen, die nach dem Wert von gelenk­ten Syn­oden – und dem Wider­spruch zur beton­ten Synodalität.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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1 Kommentar

  1. Wenn man sich die Mühe macht, einen Blick in das Abstim­mungs­ver­hal­ten zu wer­fen (letz­ter Link im Text), muß man fest­stel­len, daß die Geschwät­zig­keit und Weit­schwei­fig­keit Cha­rak­te­ri­sti­ka der post­kon­zi­lia­ren Kir­che gewor­den sind. Die Ten­denz zu ufer­lo­sem Bla­bla fin­det man bekannt­lich schon in den Konzilstexten. 

    Die­ser grau­en­haf­te Hir­ten­stab ist übri­gens nach Aus­sa­ge man­cher eng­lisch­spra­chi­ger Kom­men­ta­to­ren ein „stang“, also ein okkul­tes Hexen­werk­zeug. Daß ein Papst so ein scheuß­li­ches Ding her­um­führt, läßt an die schlimm­sten Pro­phe­zei­un­gen seit Qui­to (1610) über La Salet­te (1846) und Aki­ta (1973) denken.

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