Rauswürfe und Exkommunikationen – einseitig und ohne reguläres Verfahren

Keine Nulltoleranz bei Freunden von Freunden


Papst Franziskus wirft zehn Mitglieder aus einer konservativen Gemeinschaft und exkommuniziert mutige Verteidiger der Familie und des Glaubens, schützt aber einen homosexuellen Mißbrauchskleriker.
Papst Franziskus wirft zehn Mitglieder aus einer konservativen Gemeinschaft und exkommuniziert mutige Verteidiger der Familie und des Glaubens, schützt aber einen homosexuellen Mißbrauchskleriker.

Von Cami­nan­te Wanderer*

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Ich weiß wenig oder gar nichts über das Kir­chen­recht, und noch weni­ger weiß ich über das Soda­li­ti­um Chri­stia­nae Vitae und die Machen­schaf­ten sei­nes Grün­ders und eini­ger sei­ner Mit­glie­der. Der gesun­de Men­schen­ver­stand sagt mir jedoch, daß jeder Ange­klag­te, bevor er ver­ur­teilt wird, das Recht hat, sich zu ver­tei­di­gen, und noch mehr, daß nie­mand ver­ur­teilt wer­den kann, ohne daß er zuvor eines bestimm­ten Ver­bre­chens ange­klagt wur­de, die Bewei­se für sei­ne Anschul­di­gun­gen kennt und die Mög­lich­keit hat, sich zu rechtfertigen.

Wir wis­sen, daß wäh­rend des syn­oda­len Pon­ti­fi­kats von Fran­zis­kus der Codex des Kir­chen­rechts fak­tisch außer Kraft gesetzt wur­de und daß in der Kir­che nur das getan wird, was der Tyrann will. Und genau das ist letz­te Woche mit den öffent­li­chen, demü­ti­gen­den und uner­klär­li­chen Aus­schlüs­sen von zehn Mit­glie­dern des Soda­li­ti­um Chri­stia­nae Vitae gesche­hen. Dies soll kein Kom­men­tar zum Fall von Luis Fer­nan­do Fíga­ri sein, dem Grün­der die­ser Gesell­schaft, der des sexu­el­len Miß­brauchs und des Auto­ri­täts­miß­brauchs beschul­digt wird [sie­he auch „Grü­ße von Papst Fran­zis­kus]. Das Soda­li­ti­um selbst hat die Vor­wür­fe gegen Fíga­ri ein­ge­räumt. Es geht auch nicht um ande­re Soda­len, die die Insti­tu­ti­on längst ver­las­sen haben oder ver­stor­ben sind. Es geht um die ande­ren zehn Mit­glie­der, dar­un­ter ein Erz­bi­schof, die nun durch den direk­ten Wil­len von Papst Fran­zis­kus ver­ur­teilt wur­den, was bedeu­tet, daß sie kei­ne Mög­lich­keit haben, das Urteil anzufechten.

Wir haben es hier mit einem neu­en Fall – und davon gibt es bereits vie­le – eines des­po­ti­schen und damit will­kür­li­chen Ver­hal­tens des glor­reich regie­ren­den Tyran­nen zu tun. Man hat zu tun, was er will, und damit ist die Sache erle­digt, ohne jede Dis­kus­si­on; kein Gerichts­ver­fah­ren, kei­ne Anhö­run­gen, kei­ne Gerichts­ur­tei­le und kei­ne Mög­lich­keit der Beru­fung. Und nach­dem er die Ver­ur­tei­lung unter­schrie­ben hat, geht Berg­o­glio in den Peters­dom, um Ver­ge­bung für die Sün­den gegen die Syn­oda­li­tät zu erbit­ten. Weder die absur­de­ste Komö­die von Iones­co noch die lustig­ste Komö­die von Moliè­re hät­ten eine Figur wie Berg­o­glio auf­neh­men kön­nen. Ihre Autoren hät­ten ihn für zu gro­tesk gehal­ten. Es ist jedoch an uns, der Komö­die nicht nur bei­zu­woh­nen, son­dern sie auch ertra­gen zu müssen.

Die Ent­schei­dung von Fran­zis­kus über das Soda­li­ti­um bestä­tigt im übri­gen die Beru­fung des römi­schen Pap­stes, in kon­ser­va­ti­ven Ordens­ge­mein­schaf­ten und Insti­tu­ten zu wüh­len. Ich weiß nicht, ob er sol­che Ent­schei­dun­gen wie die, über die wir hier spre­chen, oder die gegen die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, jemals gegen irgend­ei­ne pro­gres­si­ve Grup­pe getrof­fen hat. Es ent­steht der Ein­druck, daß es ihm nicht um Wahr­heit und Gerech­tig­keit geht, son­dern um Rache und die Befrie­di­gung alter Ressentiments.

Es gibt jedoch ein Detail, das beun­ru­hi­gend ist und von dem die Kano­ni­sten sicher sagen kön­nen, inwie­weit es einen Prä­ze­denz­fall dar­stellt. Der zehn­te der Ver­ur­teil­ten ist Ale­jan­dro Ber­mú­dez, ein in kon­ser­va­ti­ven katho­li­schen Krei­sen bekann­ter Jour­na­list [ACI Prensa/​CNA]. Ber­mú­dez war – laut sei­nen Äuße­run­gen nach Bekannt­wer­den sei­nes Aus­schlus­ses – der Arche­typ des­sen, was wir hier als Neo­cons [Neo­kon­ser­va­ti­ve] bezeich­nen. Und doch wur­de er von Papst Fran­zis­kus aus dem Soda­li­ti­um wegen „Miß­brauchs bei der Aus­übung des jour­na­li­sti­schen Apo­sto­lats“ aus­ge­schlos­sen. Für einen Lai­en wie mich klingt die­se Anschul­di­gung wie Unsinn, aber sie löst kein Lächeln, son­dern Besorg­nis aus.

Die offen­sicht­lich­ste, aber am wenig­sten gefähr­li­che Befürch­tung ist, daß die vati­ka­ni­sche Gesta­po – bestehend aus Mon­si­gno­re Charles Sci­clu­na, Berg­o­gli­os viel­sei­ti­gem poli­ti­schem Kom­mis­sar, und Mon­si­gno­re Jor­di Ber­tom­eu, einem kata­la­ni­schen Prie­ster mit Ambi­tio­nen auf das Amt des näch­sten Erz­bi­schofs von Bar­ce­lo­na – nach wei­te­ren Fäl­len der­sel­ben Art von Miß­brauch sucht und die­se auch fin­den wird. Nicht nur die­ser Die­ner wür­de ihm in die Hän­de fal­len, son­dern vie­le ande­re und noch wich­ti­ge­re: Aldo Maria Val­li, Mar­co Tosat­ti, Fran­cis­co José Fernán­dez de la Cigo­ña, John-Hen­ry Westen und vie­le ande­re. Es ist wahr, daß die Nach­fol­ger von Hein­rich Himm­ler in die­sen Fäl­len kei­ne Insti­tu­ti­on hät­ten, aus der sie uns aus­schlie­ßen könn­ten, weil wir nur arme, ein­fa­che Lai­en sind. Auf jeden Fall müß­ten sie uns aus der Kir­che aus­schlie­ßen, d. h. exkom­mu­ni­zie­ren, was über­trie­ben wäre. Über­trie­ben? Heu­te wird das Exkom­mu­ni­ka­ti­ons­ur­teil von Papst Fran­zis­kus gegen zwei perua­ni­sche Lai­en – Giu­lia­na Cac­cia Ara­na und Seba­stián Blan­co –, die sich für die Ver­tei­di­gung der Fami­lie und des Glau­bens ein­set­zen und in den sozia­len Netz­wer­ken aktiv sind, aus fünf wider­sprüch­li­chen Grün­den voll­streckt: Sie sind kon­ser­va­tiv und nicht mit sei­nen Freun­den befreun­det, daher die Exkom­mu­ni­ka­ti­on. (Der Mut die­ser bei­den Män­ner ist erbaulich.)

Exkom­mu­ni­ka­ti­ons­de­kret gegen die bei­den perua­ni­schen Lai­en Giu­lia­na Cac­cia Ara­na und Seba­stián Blanco

Noch besorg­nis­er­re­gen­der ist jedoch die Anwen­dung die­ser neu­en Art von kir­chen­recht­li­chen Ver­ge­hen auf ande­re Fäl­le. So könn­te zum Bei­spiel ein Prie­ster – der gegen­über der bischöf­li­chen und päpst­li­chen Macht am wehr­lo­se­sten ist – wegen des Ver­bre­chens des „Miß­brauchs bei der Aus­übung des Beicht­a­po­sto­lats“ aus dem Kle­ri­ker­stand aus­ge­schlos­sen wer­den, wenn er einer Per­son, die nicht die erfor­der­li­chen Vor­aus­set­zun­gen erfüllt, die Abso­lu­ti­on ver­wei­gert, oder des „Miß­brauchs bei der Aus­übung des Apo­sto­lats der Eucha­ri­stie“, wenn er einem öffent­li­chen Sün­der die Kom­mu­ni­on ver­wei­gert, oder des „Miß­brauchs bei der Aus­übung des Apo­sto­lats der Mis­si­on“, wenn er einen zur katho­li­schen Kir­che kon­ver­tier­ten Mus­lim tauft. Der Phan­ta­sie fal­len noch vie­le ande­re Anwen­dun­gen ein, die sicher schon in der päpst­li­chen Phan­ta­sie gespei­chert sind.

Vor ein paar Jah­ren hät­te ich die­se Zei­len noch nicht geschrie­ben. Ich habe immer gesagt, wer Berg­o­glio ist und was mit sei­nem Pon­ti­fi­kat auf die Kir­che zukommt. Aber ich hät­te nie ver­mu­tet, daß sei­ne Drei­stig­keit und Scham­lo­sig­keit so unge­heu­er­lich sein wür­den. Es wird nur mehr dar­um gehen, den Sturm zu über­ste­hen, bis der güti­ge Gott sich her­ab­läßt, uns die­se Stra­fe abzu­neh­men, die wir für unse­re Sün­den sicher­lich verdienen.

Eine sehr aktu­el­le Ent­wick­lung darf in die­sem Zusam­men­hang nicht uner­wähnt blei­ben. Wäh­rend die Mit­glie­der des Soda­li­ti­um Chri­stia­nae Vitae ohne Gerichts­ver­fah­ren aus­ge­schlos­sen und zwei kon­ser­va­ti­ve Lai­en, Ver­tei­di­ger der christ­li­chen Wer­te, exkom­mu­ni­ziert wer­den, wird die Stra­fe gegen den Prie­ster Ari­el Prin­ci­pi auf­ge­ho­ben. Die­ser Prie­ster der argen­ti­ni­schen Diö­ze­se Río Cuar­to wur­de einem mehr­jäh­ri­gen kir­chen­recht­li­chen Ver­fah­ren unter­zo­gen, in dem er in zwei Instan­zen des sexu­el­len Miß­brauchs von Min­der­jäh­ri­gen über­führt wur­de. Die vom Gericht gegen ihn ver­häng­te Stra­fe war der Aus­schluß aus dem Kle­ri­ker­stand, wie das Bis­tum vor einer Woche bekannt­gab. Bischof Adol­fo Urio­na sag­te: „Wir war­ten jetzt auf die Mit­tei­lung des Glau­bens­dik­aste­ri­ums“, die nur die bei­den frü­he­ren Urtei­le bestä­ti­gen würde.

Das war aber nicht der Fall. Die Mit­tei­lung wur­de vom Sub­sti­tu­ten des vati­ka­ni­schen Staats­se­kre­ta­ri­ats Mon­si­gno­re Edgar Par­ra Peña unter­zeich­net, mit umfang­rei­chem Anhang, und besagt, daß Pater Prin­ci­pi zwar ein unan­ge­mes­se­nes Ver­hal­ten an den Tag gelegt hat, ihm aber auf die Fin­ger geklopft wur­de, und nichts wei­ter. Ari­el Prin­ci­pi, der wegen sexu­el­len Miß­brauchs von Min­der­jäh­ri­gen ver­ur­teilt wur­de, ist daher auch wei­ter­hin Prie­ster und übt auch sein Amt – mit gewis­sen Ein­schrän­kun­gen – wei­ter aus.

Ich habe mich gefragt, wo die von Papst Fran­zis­kus so sehr geprie­se­ne „Nulltoleranz“-Politik geblie­ben ist, zu der er gera­de erst auf sei­ner Rei­se nach Bel­gi­en auf­ge­ru­fen hat.

Es ist außer­dem merk­wür­dig, daß es Kar­di­nal Víc­tor Tucho Fernán­dez, der Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für die Glau­bens­leh­re, ist, der den Fall auf­grund sei­ner Zustän­dig­keit und auf­grund der Erklä­rung des Bischofs von Río Cuar­to ver­han­delt. Es ist bemer­kens­wert, daß die­ser Kar­di­nal, der aus der­sel­ben Diö­ze­se wie Don Prin­ci­pi stammt, auch sein Stu­di­en­kol­le­ge und dar­über hin­aus ein sehr enger Freund ist, so eng und lieb, daß er sein Assi­stent oder „Pate“ bei sei­ner Bischofs­wei­he war. Was für Zufälle.

*Cami­nan­te Wan­de­rer, argen­ti­ni­scher Phi­lo­soph und Blogger

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va/​F​a​c​e​b​o​o​k​/​SCV (Screen­shots)

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1 Kommentar

  1. Es gibt nicht weni­ge, die die­sen Papst nicht mehr ernst­neh­men. Ich weiß nicht, ob das ange­mes­sen ist. Sicher ist jedoch, nimmt man ihn ernst, wird es nur noch schlimmer.

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