Luis Fernando Figari, der 77 Jahre alte Gründer des Sodalitium Christianae Vitae (SCV), einer lateinamerikanischen Gemeinschaft, die vor allem auch im universitären Bereich aktiv ist, wurde durch das römische Ordensdikasterium aus dem Sodalitium ausgeschlossen. Dies gab die Peruanische Bischofskonferenz am Mittwoch bekannt.
Das Sodalitium zählt immerhin gut 40.000 Laienmitglieder. Konkret geht es aber um die mehr als 40 Priester und die 300 Mitglieder mit Gelübden, die 1997 als Gesellschaft des apostolischen Lebens päpstlichen Rechts anerkannt wurden. Als solche untersteht sie seither dem Ordensdikasterium. Figari, ein Laie, ist schon lange nicht mehr in die Leitung der Gemeinschaft eingebunden. 2012 war der Peruaner Alessandro Moroni Llabres zum Generaloberen gewählt worden. Papst Franziskus ließ ihn 2018 jedoch absetzen und das Sodalitium unter kommissarische Leitung stellen.
Medien machten eine „Sex and Crime“-Geschichte daraus. Belege wurden allerdings keine vorgelegt. Figari wurde von keinem staatlichen Gericht verurteilt. Vielmehr ist es in Lateinamerika ein offenes Geheimnis, daß das Sodalitium, das sich in seinem Wirken bewußt der marxistischen Befreiungstheologie entgegenstelle, manchen kirchenintern seit seiner Gründung 1971 ein großer Dorn im Auge war. Für manche Beobachter läßt sich die unter Papst Franziskus einsetzende Verfolgung überhaupt nur mit diesem Schlüssel verstehen. (Zum Fall Figari siehe Der Kommissar und die Kirche in Peru.)
Die Presseerklärung der Bischöfe erfolgte auf Anweisung des römischen Dikasteriums, wie aus dem Dekret desselben vom 9. August hervorgeht.
In diesem Dekret heißt es, daß Papst Franziskus am 5. Juli 2023 Erzbischof Charles Scicluna, Erzbischof von Malta und beigeordneter Sekretär des Glaubensdikasterium zur Untersuchung von Mißbrauchsfällen, beauftragte, eine Untersuchung des Sodalitium Christianae Vitae vorzunehmen. Konkret sollte der Wahrheitsgehalt von Anschuldigungen gegen dessen Gründer Luis Fernando Figari Rodrigo und andere Mitglieder geprüft werden.
Durch diese Untersuchung seien „Gewißheiten“ entstanden, die es „obligatorisch, angemessen und dringend“ machten, „Maßnahmen zum Schutz und zur Sorge um das Wohl der Kirche und eines jeden Gläubigen zu ergreifen“.
Unter Verweis auf can. 331 des Codex des Kanonischen Rechts trug Papst Franziskus am 6. August dem Ordensdikasterium auf, Luis Fernando Figari aus der von ihm gegründeten Gemeinschaft auszuschließen.
Wörtlich heißt es im Dekret, daß der Ausschluß auch aufgrund „anderer“ Straftaten erfolgt als jener, die “in can. 695 und can. 696 vorgesehen sind, aber in jedem Fall unvereinbar und daher unannehmbar bei einem Mitglied einer Institution der Kirche (sind), sowie wegen eines Skandals und schweren Schadens für das Wohl der Kirche und einzelner Mitglieder der Gläubigen“.
Dies geschieht, „um die Gerechtigkeit wiederherzustellen, die durch das Verhalten von Herrn Luis Fernando Figari Rodrigo über viele Jahre hinweg beschädigt wurde, sowie um in Zukunft das persönliche Wohl der Gläubigen und der Kirche zu schützen“.
Das Dekret nennt die von Figari begangenen Straftaten nicht. Can. 695 bezieht sich auf Delikte gegen das Sechste Gebot, also Sexualdelikte. Can. 696 umfaßt jedoch allgemein „andere Gründe“, etwa: „ständiges Vernachlässigen der Verpflichtungen des geweihten Lebens; wiederholte Verletzungen der heiligen Bindungen; hartnäckiger Ungehorsam gegenüber den rechtmäßigen Anordnungen der Oberen in einer schwerwiegenden Angelegenheit; schweres, aus einem schuldhaften Verhalten des Mitglieds entstandenes Ärgernis; hartnäckiges Festhalten oder Verbreiten von durch das Lehramt der Kirche verurteilten Lehren; öffentliche Anhängerschaft an vom Materialismus oder Atheismus angesteckte Ideologien; unrechtmäßige, sich über ein halbes Jahr hinziehende Abwesenheit gemäß can. 665, § 2; andere Gründe ähnlicher Schwere, die etwa im Eigenrecht des Instituts festgelegt sind“.
Was der Öffentlichkeit kommuniziert wurde, bleibt also vage.
Fakt ist, daß Figari aus dem von ihm gegründeten Sodalitium ausgeschlossen und der Peruanischen Bischofskonferenz auferlegt wurde, den Ausschluß durch eine Pressemitteilung bekanntzumachen.
Gezeichnet wurde das Dekret des Ordensdikasteriums durch dessen Sekretärin Sr. Simona Brambilla MC und Untersekretär P. Aitor Jiménez Echace CMF.
Am Dekret fällt auf, daß es keine Anweisung enthält, die es Figari verbietet, weiterhin in einem Haus der Gemeinschaft zu leben. Diese Bestimmung gehört in vergleichbaren Fällen zum Standard, um die tatsächliche Entfernung einer ausgeschlossenen Person sicherzustellen, insbesondere dann, wenn die Gefahr besteht, daß sie als Gründerfigur andernfalls weiterhin Einfluß auf die betreffende Gemeinschaft ausüben könnte.
Insgesamt fallen die Sanktionen gegen Figari in das päpstliche Schema, traditionalistische oder – wie in diesem Fall – konservative Gemeinschaften bzw. deren Gründer zu verfolgen und zu bestrafen. Damit soll keineswegs für Figari Stellung genommen werden, dessen ihm zur Last gelegten Straftaten nur rudimentär bekannt sind. Als 2018 der römische Kommissar ausrückte, wurde fleißig das Gerücht gestreut, Figari und anderen führenden Mitgliedern werde „sexueller Mißbrauch von Minderjährigen“ vorgeworfen. Tatsächlich war in den vatikaninternen Papieren nur von „Mißbrauch“ die Rede. Gerüchteweise hieß es, es gehe um homosexuellen Mißbrauch. Mißbrauchformen gibt es viele und meint keineswegs nur sexuellen Mißbrauch. An dieser Stelle soll jedoch auf eine penetrante Einseitigkeit in der Verfolgung aufmerksam gemacht werden, die seit über zehn Jahren den Eindruck erweckt, daß Mißbrauchsbekämpfung für Franziskus kein Selbstzweck ist, sondern als ideologisches Kampfinstrument dient.
Der Homo-Aktivist, selbst homosexuelles Mißbrauchsopfer eines Priester, und Papst-Freund Juan Carlos Cruz sagte 2022 in einem Interview mit der linken italienischen Tageszeitung La Repubblica den bezeichnenden Satz:
„Das Sodalitium ist das genaue Gegenteil von dem, was Papst Franziskus will.“
Zur beispielhaften Erinnerung jüngster von Papst Franziskus entschiedener Fälle:
- Figari wurde aus seiner Gemeinschaft ausgeschlossen. Gegen ihn wurden aber keine anderen kirchlichen Sanktionen verhängt.
- Marko Ivan Rupnik wurde aus dem Jesuitenorden ausgeschlossen. Die vom Glaubensdikasterium gegen ihn festgestellte Exkommunikation verschwand aber durch Zauberhand im Nirgendwo.
- Erzbischof Carlo Maria Viganò wurde, als einziger der drei Fälle, exkommuniziert.
Zum Fall Figari siehe:
- Der Kommissar und die Kirche in Peru
- Luis Figari: ein Fall für die Kirche, aber auch für den Staat?
- „Grüße“ von Papst Franziskus
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Peruanische Bischofskonferenz (Screenshot)