
Von Roberto de Mattei*
Amerikanische Universitätsstudenten knien vor Allah: Das am 1. Mai 2024 von Al Jazeera veröffentlichte Video hat Symbolcharakter und ist um die Welt gegangen. Hunderte von Studenten der University of California (UCLA) in Los Angeles protestierten, nachdem sie zu Allah gebetet hatten, gegen das „zionistische Regime“ und riefen „Free, free Palestine!“ und „Der Widerstand [der Hamas] ist gerecht!“.
Die UCLA steht an der Spitze eines breiten Pro-Hamas-Protestes, an dem sich renommierte US-Universitäten wie Harvard, Yale und Columbia beteiligen. Was sind die Gründe für diese Ausrichtung eines beachtlichen Teils der Studenten und Professoren an amerikanischen Universitäten auf die Parolen des radikalen Islam? Eine erste Antwort ist möglich: wirtschaftliche Interessen. Führende amerikanische Universitäten erhalten massive Finanzmittel aus islamischen Fonds, insbesondere aus Katar und Saudi-Arabien. Katar hat den neuntgrößten Staatsfonds der Welt und Saudi-Arabien den sechstgrößten. Mit einem solchen Reichtum ist es nicht schwer, Einfluß auf westliche Universitäten zu nehmen. Es muß betont werden, daß diese Arbeit der finanziellen Konditionierung nicht im verborgenen stattfindet, sondern ganz legal, am hellichten Tag, durch die Steuervergünstigungen, die Organisationen gewährt werden, die nach dem US-Gesetz 501C3 den Status der Gemeinnützigkeit genießen. Und viele dieser Organisationen sind direkt oder indirekt mit dem Islam verbunden.
Nach Angaben von Alberto Simoni in der Tageszeitung La Stampa vom 4. Mai stammt ein Viertel der Gelder, die amerikanische Universitäten erhalten, aus Katar, Saudi-Arabien und den Emiraten. Giulio Meotti wiederum dokumentiert in einem ausführlichen Artikel in der Tageszeitung Il Foglio vom 12. Mai die Existenz eines Wirtschaftskriegs zwischen Katar und Saudi-Arabien, in dem es nicht nur um die Vorherrschaft in der islamischen Welt, sondern auch um die ideologische Eroberung des Westens geht. Eines der Schlachtfelder sind die Universitäten. Dies würde erklären, warum nach dem 7. Oktober Gesänge zur Unterstützung der Hamas, wie er schreibt, „der Soundtrack zu allen Protesten an amerikanischen Universitäten“ waren.
Von 2001 bis 2023, so Meotti, hat Katar 4,7 Milliarden Dollar an amerikanische Universitäten gespendet. Eine der am meisten begünstigten war die Georgetown University, eine Universität, die nicht nur deshalb einen strategischen Wert hat, weil sie die älteste katholische Universität in den USA ist, sondern auch wegen ihrer Nähe zur US-Hauptstadt und der Heranbildung von Politikern und Diplomaten durch ihre renommierte School of Foreign Service. Zwischen 2001 und 2021 erhielt Carnegie Mellon 1,4 Milliarden Dollar aus Katar, Harvard 894 Millionen Dollar, das MIT 859 Millionen Dollar, Texas A&M 500 Millionen Dollar, Yale knapp 500 Millionen Dollar und die Johns Hopkins 402 Millionen Dollar.
Saudische Gelder, die nicht weniger zweifelhaft sind als die von Katar, fließen an alle nur denkbaren amerikanischen Elitehochschulen wie Harvard, Yale und Stanford wie ebenso an staatliche Hochschulen wie die Michigan und die Berkeley, die Eastern Washington University und die Ball State University. In einem einzigen Jahr spendeten die Saudis 270 Millionen an 144 amerikanische Universitäten. Die University of Toledo erhielt 23 Millionen, die George Washington University 19 Millionen und das Massachusetts Institute of Technology 16 Millionen. An Yale spendete Saudi-Arabien zehn Millionen für ein „Zentrum für Scharia-Studien“.
In Ländern wie Italien, wo private Spenden nicht möglich sind, sorgen öffentliche Vereinbarungen, insbesondere mit dem Iran, für Abhilfe. Die römische Universität La Sapienza hat 54 Abkommen allein mit den iranischen Ayatollahs geschlossen. Die Universität von Triest hat mehr Abkommen mit dem Iran (fünf) als mit den meisten anderen Ländern. Die Universität von Turin hat sechzehn Abkommen mit dem Iran, doppelt so viele wie mit Israel.
In den USA wie auch in Europa ist die Finanzierung nicht à fonds perdu, sondern an die Einrichtung von Studienzentren, Lehrveranstaltungen und Masterstudiengängen gebunden, die der Förderung der islamischen Kultur und der Einstellung von Lehrkräften dienen, die der Religion Allahs, die in den parallel in unmittelbarer Nähe der Universitäten errichteten Moscheen praktiziert wird, positiv gegenüberstehen. Am 18. März eröffnete die Georgetown University offiziell die Yarrow Mamout Masjid, die erste Moschee auf einem Universitätscampus in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Dennoch wäre es falsch, das Thema zu einer reinen Frage der Petrodollars zu machen. Andrea Indini stellt in der Tageszeitung Il Giornale vom 9. Mai 2024 fest, daß die am stärksten islamisierten US-Universitäten auch diejenigen sind, in denen die Woke- und LGBTQ+-Ideologie am tiefsten verwurzelt ist. Die UCLA zum Beispiel ist eine der wokesten Universitäten in den USA. Was bedeutet es, fragt sich der Journalist, die Palästinenserfahne mit dem LGBT-Banner zu verbinden, wo doch bekannt ist, daß im Land des Islam kein Platz für eine feministische oder homophile Kultur ist? In Wirklichkeit scheint es sich nur um einen Widerspruch zu handeln. Dieser hilft, die ideologische Dimension zu verstehen, die wie immer der wirtschaftlichen Dimension des Problems zugrunde liegt.
Das islamische Projekt der Eroberung des Westens läßt sich gut mit dem Selbstmord der westlichen Kultur verbinden, dessen Ausdruck die woke Ideologie ist. Paradigmatisch ist der Fall der Berkeley-Dozentin Judith Butler, einer LGBTQ+-Aktivistin, die nun die Sache der Hamas-Terroristen verteidigt, indem sie behauptet, der Anschlag vom 7. Oktober sei ein Akt des „bewaffneten Widerstands“ gewesen. Nachdem Butler eine der Begründerinnen der Gender-Ideologie gewesen war, hat sie diese im Namen des absoluten Individualismus („I’m gender“) demontiert. Islamismus und woker Nihilismus sind durch ihren Haß auf das amerikanische Imperium und die „eurozentrische“ Zivilisation vereint. Das erklärt, wie der Raum, der einst von jungen Linken eingenommen wurde, nun durch eine „anarcho-islamische“ Präsenz ersetzt wird, die intellektuell vom kulturellen Relativismus genährt und finanziell von islamischen Ländern unterstützt wird. Mohamed Abdou, ein muslimischer Soziologe an der Amerikanischen Universität in Kairo und ehemaliger Gastprofessor an der Columbia University, spricht von einem „dekolonialen islamischen Anarchismus“ (Islam And Anarchism – Relationships And Resonances, Pluto Press, 2022), der den Westen philosophisch und theologisch herausfordert. Hinter den Anschuldigungen des Kolonialismus in Afrika, der europäischen Eroberung Amerikas und der Verantwortung des westlichen Kapitalismus für die Umweltzerstörung verbirgt sich in Wirklichkeit eine Ablehnung der gesamten Geschichte, Kultur und Identität des Westens.
Die von den Islamisten verwendete Sprache ist, wie Lorenzo Vidino, Wissenschaftler an der George Washington University, erklärt, die Sprache des Antirassismus und der postkolonialen Theorie. Derselbe Vidino berichtet in der Tageszeitung La Repubblica vom 8. März, daß die Universität von Palermo seit 2013 ein wissenschaftliches Kooperationsabkommen mit der Al-Mustafa International University hat, einer theologischen Einrichtung des schiitischen Islams, gegen die von der US-Regierung als „langen Arm“ der Quds-Brigade, der auf nachrichtendienstliche Aktivitäten und Guerillakrieg spezialisierten Einheit der Islamischen Revolutionsgarde (im Grunde eine Kombination aus Geheimdienst und Spezialkräften), Sanktionen verhängt wurden. Jeden Tag finden in Palermo Versammlungen und Workshops von Pro-Hamas-Studenten gegen die Abkommen mit Israel statt, aber gleichzeitig ist die Universität von Palermo eine der „inklusivsten“ und offensten für die Regenbogenideologie.
Es bedarf keiner eingehenden Studien, um zu verstehen, daß es eine vis destructiva gibt, die alles unterdrücken möchte, was sich auf die Grundsätze und Institutionen des christlichen Abendlandes bezieht. Um dieser zerstörerischen Kraft entgegenzutreten, reicht die Politik nicht aus. Notwendig ist ein streitendes Christentum, das dem Haß und dem Nihilismus eine tiefe Liebe zur christlichen Zivilisation entgegensetzt und sich dabei an den Worten des Herrn orientiert: „Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe“ (Joh 15,9–11). Die Liebe zu Jesus Christus ist untrennbar mit der Befolgung seiner Gebote verbunden, und diese Gebote, die eine Philosophie und eine Lebenspraxis darstellen, sind die einzige Grundlage für die Wiederbelebung des Westens im 21. Jahrhundert.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017, und Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte, 2. erw. Ausgabe, Bobingen 2011.
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Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
Eine brillante Analyse, wobei der Begriff der „vis destructiva“ könnte sehr hilfreich sein zum Verstehen des hier bezeichneten Phänomens. Die vulgäre Vorstellung ist doch die, daß jeder als sich selbst Liebender zum Egoismus tendiert, wenn er nicht in sich die Nächstenliebe als Gegenpol entwickelt. Wie nun, wenn es stattdessen auch sich selbst verneinende, mißachtende Menschen gibt. Ein Mensch könnte sich selbst so als Mensch, oder als Weißer oder als Deutscher verwerfen und so eine destruktive Kraft gegen sich selbst als das, was sich selbst verwirft,
entwickeln. Wenn der „Weiße Mann“ als die Quelle allen Übels angesehen wird, dann kann die Selbstverneinung des „Weißen Mannes“ dazu verführen, alles Antiwestliche und Feministische zu unterstützen, weil die verneinen, was man so ist und nicht sein will. So ist Judith Butler als Jüdin ein anschauliches Beispiel jüdischer Selbstverneinung, vergleichbar Karl Marx‘ Schriften zur Judenemanzipation, die so antisemitisch sind, daß sie nicht mehr zitierbar sind!