Kardinal Müller: Fiducia supplicans leugnet die katholische Lehre in der Praxis

Ehemaliger Präfekt der Glaubenskongregation fordert Fiducia supplicans zu korrigieren


Kardinal Gerhard Müller veröffentlichte in First Things eine systematische Kritik an der römischen Erklärung Fiducia supplicans und fordert, diese zu korrigieren, denn sie fördert Aussagen, die in die Häresie führen, weil der göttlichen Offenbarung widersprochen wird.
Kardinal Gerhard Müller veröffentlichte in First Things eine systematische Kritik an der römischen Erklärung Fiducia supplicans und fordert, diese zu korrigieren, denn sie fördert Aussagen, die in die Häresie führen, weil der göttlichen Offenbarung widersprochen wird.

Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, der ehe­ma­li­ge Prä­fekt der römi­schen Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on und pro­fi­lier­ter Dog­ma­ti­ker und Kir­chen­fürst, nahm in einem gestern in der US-ame­ri­ka­ni­schen Zeit­schrift First Things ver­öf­fent­lich­ten Auf­satz aus­führ­lich und sehr kri­tisch zur römi­schen Erklä­rung Fidu­cia sup­pli­cans Stel­lung. Die­se Erklä­rung war im ver­gan­ge­nen Dezem­ber vom Glau­bens­dik­aste­ri­um unter der Lei­tung von Mül­lers Nach­fol­ger Kar­di­nal Vic­tor Manu­el Fernán­dez mit aus­drück­li­cher Bil­li­gung von Papst Fran­zis­kus ver­öf­fent­licht wor­den. Den­noch bestehen größ­te Zwei­fel an ihrer Recht­gläu­big­keit. Nun erfolg­te eine syste­ma­ti­sche Kri­tik aus beru­fe­nem Mund. Kar­di­nal Mül­ler geht dabei der alles ent­schei­den­den Fra­ge nach, ob Fidu­cia sup­pli­cans Leh­ren ent­hält, die dem gött­li­chen und katho­li­schen Glau­ben wider­spre­chen. Er gelangt dabei zu einem kla­ren Schluß. Wenn Fidu­cia sup­pli­cans nicht kor­ri­giert wird, för­dert sie Aus­sa­gen, die in die Häre­sie füh­ren. Die Zwi­schen­über­schrif­ten wur­den von Katho​li​sches​.info eingefügt.

Anzei­ge

Nach deut­li­cher Kri­tik aus allen Kon­ti­nen­ten ver­öf­fent­lich­te das Glau­bens­dik­aste­ri­um am 4. Janu­ar eine Pres­se­mit­tei­lung, um die Beden­ken zu zer­streu­en, und ver­tei­dig­te dabei die Recht­gläu­big­keit der Erklä­rung. Die Leh­re der Kir­che über Ehe und Sexua­li­tät wer­de nicht ver­än­dert und es wer­de nichts Häre­ti­sches gesagt. Es wür­den nur prak­ti­sche Fra­gen berührt, zum Zweck, die gel­ten­de Leh­re ledig­lich unter­schied­li­chen Kon­tex­ten und Emp­find­lich­kei­ten anzu­pas­sen. Dazu schreibt Kar­di­nal Müller:

Bejaht Fiducia supplicans die Häresie?

von Kar­di­nal Ger­hard Müller

„Aber ist es wirk­lich so ein­fach? In Wirk­lich­keit besteht die Kri­tik der besorg­ten Bischö­fe nicht dar­in, daß die Erklä­rung die kirch­li­che Leh­re zu Ehe und Sexua­li­tät aus­drück­lich ablehnt. Viel­mehr wird kri­ti­siert, daß die Seg­nung von Paa­ren, die außer­halb der Ehe Sex haben, ins­be­son­de­re von gleich­ge­schlecht­li­chen Paa­ren, die katho­li­sche Leh­re in der Pra­xis, wenn auch nicht in Wor­ten, leug­net. Die Kri­tik stützt sich auf einen soli­den tra­di­tio­nel­len Grund­satz: lex oran­di, lex cre­den­di – der Grund­satz, daß die Art und Wei­se, wie die Kir­che betet, wider­spie­gelt, was die Kir­che glaubt. Der Kate­chis­mus drückt es so aus: ‚Wenn die Kir­che die Sakra­men­te fei­ert, bekennt sie den von den Apo­steln emp­fan­ge­nen Glauben‘.“

Kar­di­nal Mül­ler erläu­tert dies genau­er:

„Es gibt in der Tat katho­li­sche Prak­ti­ken, die nicht geän­dert wer­den kön­nen, ohne die katho­li­sche Leh­re zu ver­wer­fen. Den­ken Sie zum Bei­spiel an das, was das Kon­zil von Tri­ent die Sub­stanz der Sakra­men­te nennt, d. h. die­je­ni­gen Ele­men­te der Sakra­men­te, die von Chri­stus selbst ein­ge­setzt wur­den. Eine Ände­rung, die die­se Sub­stanz berührt, selbst wenn es sich um eine prak­ti­sche Ände­rung han­delt, wäre eine Ableh­nung der katho­li­schen Leh­re. Wenn zum Bei­spiel jemand die katho­li­sche Leh­re über die Tau­fe mit Wor­ten bekräf­tigt, dann aber die­je­ni­gen zur Eucha­ri­stie zuläßt, die nicht getauft sind, wür­de er die katho­li­sche Leh­re ver­wer­fen. Der hl. Tho­mas sag­te, daß sol­che Wider­sprü­che eine ‚Falsch­heit in den sakra­men­ta­len Zei­chen‘ erzeugen.“

Dar­aus folgt, so der Kar­di­nal:

„Die Fra­ge ist also, ob die Annah­me der ‚pasto­ra­len‘ und nicht-lit­ur­gi­schen ‚Seg­nun­gen‘, die von Fidu­cia sup­pli­cans für Paa­re in irre­gu­lä­ren Situa­tio­nen vor­ge­schla­gen wer­den, eine Ver­leug­nung der katho­li­schen Leh­re bedeu­tet – nicht in aus­drück­li­cher Bestä­ti­gung, son­dern in der Pra­xis. Die vom Glau­bens­dik­aste­ri­um her­aus­ge­ge­be­ne Pres­se­mit­tei­lung gibt kei­ne Ant­wort auf die­se Fra­ge. Es ist daher not­wen­dig, sie im Detail zu untersuchen.“

Die Unterscheidung zwischen Segnungen hat nicht die geringste Grundlage in der Heiligen Schrift

Genau die­sem Zweck dient der Auf­satz von Kar­di­nal Müller.

„Zunächst muß die Unter­schei­dung zwi­schen lit­ur­gi­schen Seg­nun­gen und rein pasto­ra­len Seg­nun­gen betrach­tet wer­den, denn auf die­se Unter­schei­dung stützt sich Fidu­cia sup­pli­cans. Fidu­cia sup­pli­cans argu­men­tiert, daß die­se neu­en ‚pasto­ra­len Seg­nun­gen‘ für Paa­re in irre­gu­lä­ren Situa­tio­nen nicht lit­ur­gisch sind. Die­se Unter­schei­dung zwi­schen Seg­nun­gen ist eine Neue­rung, die Fidu­cia sup­pli­cans ein­führt und die nicht die gering­ste Grund­la­ge in der Hei­li­gen Schrift, den Hei­li­gen Vätern oder dem Lehr­amt hat. Fidu­cia sup­pli­cans behaup­tet, daß ‚pasto­ra­le Seg­nun­gen‘ nicht lit­ur­gisch sind. Den­noch haben sie eine lit­ur­gi­sche Struk­tur, wie das Bei­spiel in der Pres­se­mit­tei­lung des Glau­bens­dik­aste­ri­ums zeigt (ein Gebet mit Kreuz­zei­chen). Und auf jeden Fall wird das Lit­ur­gi­sche im Chri­sten­tum nicht, wie in ande­ren Reli­gio­nen, an Gegen­stän­den, Gewän­dern oder Altä­ren gemes­sen. Die Tat­sa­che, daß es ein Prie­ster ist, der stell­ver­tre­tend für Chri­stus die­sen ‚pasto­ra­len Segen‘ erteilt, macht ihn zu einem lit­ur­gi­schen Akt, bei dem es um die Auto­ri­tät Chri­sti und der Kir­che geht. Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil unter­streicht die untrenn­ba­re Ver­bin­dung zwi­schen allen Hand­lun­gen des Prie­sters und der Lit­ur­gie (sie­he Pres­by­terorum ordi­nis).

Außer­dem impli­ziert jeder Segen, unab­hän­gig von sei­ner Fei­er­lich­keit, die Zustim­mung zu dem, was geseg­net wird. So lehrt es die stän­di­ge Tra­di­ti­on der Kir­che, die sich auf die Hei­li­ge Schrift stützt. Das grie­chi­sche Wort, das im Neu­en Testa­ment für ‚seg­nen‘ ver­wen­det wird, ist eulog­ein, was wie das latei­ni­sche bene­di­ce­re wört­lich ‚sagen, daß etwas gut ist‘ bedeu­tet. In der Hei­li­gen Schrift bedeu­tet etwas zu seg­nen nicht nur, es für gut zu erklä­ren, son­dern zu sagen, daß es gut ist, weil es vom Schöp­fer kommt. Der Segen rich­tet sich an die Schöp­fung Got­tes, die er als sehr gut erkannt hat, damit Gott selbst sie zur Rei­fe und Fül­le brin­gen kann. Aus die­sem Grund kann ein Segen nicht für Bezie­hun­gen oder Situa­tio­nen in Anspruch genom­men wer­den, die der Schöp­fungs­ord­nung wider­spre­chen oder sie ableh­nen, wie z. B. homo­se­xu­el­le Part­ner­schaf­ten, die der hei­li­ge Pau­lus als Fol­ge der Ver­leug­nung des Plans des Schöp­fers betrach­tet (Röm 1,21–27). Die­se Not­wen­dig­keit, mit der Schöp­fungs­ord­nung in Ein­klang zu ste­hen, gilt für jede Art von Seg­nung, unab­hän­gig von ihrer Feierlichkeit.

Wir soll­ten beach­ten, daß das Glau­bens­dik­aste­ri­um impli­zit aner­kennt, daß die­se Seg­nun­gen (ein­schließ­lich der pasto­ra­len Seg­nun­gen) das, was geseg­net wird, bil­li­gen. Aus die­sem Grund wird in der Pres­se­mit­tei­lung zwi­schen der Seg­nung des Paa­res und der Seg­nung der Ver­bin­dung unter­schie­den. Wenn es wahr wäre, daß die­se seel­sor­ger­li­chen Seg­nun­gen nichts legi­ti­mie­ren, gäbe es kein Pro­blem, die Ver­bin­dung seel­sor­ger­lich zu seg­nen. Das Bemü­hen des Glau­bens­dik­aste­ri­ums, klar­zu­stel­len, daß die Ver­bin­dung nicht geseg­net wird, ver­rät, daß das Glau­bens­dik­aste­ri­um den ‚pasto­ra­len Segen‘ als Zustim­mung betrach­tet und daher dar­auf besteht, daß das Paar und nicht die Ver­bin­dung geseg­net wird.

Ange­sichts der Unmög­lich­keit, zwi­schen lit­ur­gi­schen und pasto­ra­len Seg­nun­gen zu unter­schei­den, muß man folg­lich zu dem Schluß kom­men, daß Fidu­cia sup­pli­cans lehr­mä­ßig pro­ble­ma­tisch ist, egal wie sehr es die katho­li­sche Leh­re in Wor­ten bekräf­tigt. Man kann also nicht sagen, daß es sich um eine rein prak­ti­sche Fra­ge han­delt, die von den Emp­find­lich­kei­ten der ver­schie­de­nen Regio­nen abhängt. Wir haben es hier mit einer Fra­ge zu tun, die sowohl das Natur­recht als auch die evan­ge­li­sche Beja­hung der Hei­lig­keit des Lei­bes berührt, die in Mala­wi nicht anders sind als in Deutschland.

Aber das Glau­bens­dik­aste­ri­um hat auch zwei ande­re Unter­schei­dun­gen ver­wen­det, um zu ver­mei­den, daß Fidu­cia sup­pli­cans eine Zustim­mung zu homo­se­xu­el­len Part­ner­schaf­ten impli­ziert. Die erste Unter­schei­dung ist die zwi­schen der Seg­nung der Ver­bin­dung und der Seg­nung des Paa­res. Ist die­se Unter­schei­dung mög­lich? Wenn man das Paar qua Paar seg­net, d. h. als durch eine ande­re sexu­el­le Bezie­hung als die Ehe ver­bun­den, dann bil­ligt man die­se Ver­bin­dung, da es die Ver­bin­dung ist, die sie als ein sol­ches Paar aus­macht. Etwas ande­res wäre es, wenn das Paar nicht als gleich­ge­schlecht­li­ches Paar geseg­net wür­de, son­dern zum Bei­spiel als zwei Pil­ger, sie sich einem Hei­lig­tum nähern. Aber das ist nicht das, was Fidu­cia sup­pli­cans meint, und des­halb spricht sie von der Seg­nung von Paa­ren in einer irre­gu­lä­ren Situa­ti­on, ein­schließ­lich gleich­ge­schlecht­li­cher Paare.

Las­sen Sie uns nun eine zwei­te Unter­schei­dung unter­su­chen: Könn­te man sagen, daß das, was geseg­net wird, nicht das Paar ist, das durch die sexu­el­le Bezie­hung ver­bun­den ist, son­dern das Paar, das durch ande­re Aspek­te sei­nes Lebens ver­bun­den ist, zum Bei­spiel durch die Hil­fe, die es sich gegen­sei­tig bei einer Krank­heit gibt? Die­se Unter­schei­dung ändert nichts an der Tat­sa­che, daß das Paar als ein Paar geseg­net wird, das durch sexu­el­le Bezie­hun­gen außer­halb der Ehe ver­bun­den ist. Denn das, was das Paar als sol­ches wei­ter­hin aus­macht, ist die sexu­el­le Bezie­hung, die mit­ein­an­der ver­bin­det. Die ande­ren Aspek­te ihres Lebens als Paar sind nicht das, was sie als Paar aus­macht, und alle die­se Aspek­te ver­mö­gen auch nicht den sexu­el­len Lebens­stil zu erset­zen, der sie zu einem Paar macht, wie bereits das Respon­sum der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on aus dem Jahr 2021 feststellte.

Als Kar­di­nal Víc­tor Manu­el Fernán­dez, Prä­fekt des Glau­bens­dik­aste­ri­ums, dar­über sprach, wie die­se Seg­nun­gen zu ertei­len sind, deu­te­te er an, daß es nicht dar­um geht, das Paar zu seg­nen. Er schlug zum Bei­spiel vor, daß das Kreuz­zei­chen auf jeder Per­son und nicht auf dem Paar gemacht wer­den soll­te. Der Kar­di­nal woll­te jedoch nicht klar­stel­len, daß das Paar nicht geseg­net wer­den kann, und akzep­tier­te wei­ter­hin Zei­chen – wie das gemein­sa­me Gebet über die bei­den Per­so­nen –, die in den Augen der Kir­che die Exi­stenz des Paa­res als ein Gut für die ver­bun­de­nen Per­so­nen legi­ti­mie­ren. Der Kar­di­nal hat sich auch gewei­gert, bestimm­te Seg­nun­gen zu ver­ur­tei­len wie die, die Pater James Mar­tin öffent­lich erteilt hat und die ein­deu­tig an das Paar gerich­tet sind.

In letz­ter Zeit haben wir eine neue seman­ti­sche Ver­än­de­rung in den offi­zi­el­len Erklä­run­gen zu Fidu­cia sup­pli­cans fest­ge­stellt. Sie spre­chen nicht mehr davon, den Segen für ‚Paa­re‘ zu ertei­len, son­dern für ‚Per­so­nen‘, und fügen hin­zu, daß es sich um Per­so­nen han­delt, die ‚zusam­men sind‘. Zwei Men­schen zu seg­nen, die gera­de wegen der homo­se­xu­el­len Bezie­hung, die sie ver­bin­det, zusam­men sind, ist nun nichts ande­res, als die Ver­bin­dung zu seg­nen. Man kann noch so oft beto­nen, daß man die Ver­bin­dung nicht seg­net, aber genau das tut man durch die Objek­ti­vi­tät des Ritus, der durch­ge­führt wird.“

Ist das Ketzerei?

„Nach­dem wir fest­ge­stellt haben, daß die grund­le­gen­de Fra­ge lehr­mä­ßig ist, wie soll­ten wir den Irr­tum von Fidu­cia sup­pli­cans beschrei­ben? Ist das Ketzerei?

Betrach­ten wir die klas­si­sche Leh­re über die ver­schie­de­nen Gegen­stän­de der lehr­amt­li­chen Leh­re und über die Befol­gung durch den Gläu­bi­gen. Die­se Leh­re ist im Motu pro­prio Ad tuen­dam fidem von Johan­nes Paul II. ent­hal­ten, das drei ‚Absät­ze‘ des Glau­bens­be­kennt­nis­ses vor­stellt, das bei der Über­nah­me ver­schie­de­ner kirch­li­cher Ämter abge­legt wird. Der erste Absatz bezieht sich auf die in der Offen­ba­rung ent­hal­te­nen Wahr­hei­ten; die Leug­nung die­ser Wahr­hei­ten stellt eine Häre­sie dar. Der zwei­te Absatz bezieht sich auf Wahr­hei­ten, die zwar nicht in der Offen­ba­rung ent­hal­ten, aber eng mit ihr ver­bun­den und für die Bewah­rung des geof­fen­bar­ten Schat­zes not­wen­dig sind. Es han­delt sich um Wahr­hei­ten, die auf­grund ihres histo­ri­schen oder logi­schen Zusam­men­hangs mit den geof­fen­bar­ten Wahr­hei­ten akzep­tiert und fest und end­gül­tig fest­ge­hal­ten wer­den müs­sen. Die­je­ni­gen, die sol­che Wahr­hei­ten leug­nen, ste­hen im Wider­spruch zur Leh­re der katho­li­schen Kir­che, auch wenn ihre Behaup­tun­gen an sich nicht als häre­tisch ange­se­hen wer­den kön­nen. Der drit­te Absatz des Glau­bens­be­kennt­nis­ses bezieht sich auf die Wahr­hei­ten, die vom ordent­li­chen Lehr­amt gelehrt wer­den und denen die reli­giö­se Zustim­mung des Gei­stes und des Wil­lens gege­ben wer­den muß.“

Homosexuelle Handlungen verstoßen gegen das Gesetz Gottes, das ist eine geoffenbarte Wahrheit

„Wie läßt sich dies auf unse­ren Fall anwen­den? Die Behaup­tung, daß homo­se­xu­el­le Hand­lun­gen gegen das Gesetz Got­tes ver­sto­ßen, ist eine geof­fen­bar­te Wahr­heit; sie zu leug­nen, wür­de gegen den ersten Absatz des Glau­bens­be­kennt­nis­ses ver­sto­ßen und wäre häre­tisch. Die­se Leug­nung fin­det sich nicht in Fidu­cia sup­pli­cans. Es wäre auch häre­tisch, einen Ehe­se­gen für gleich­ge­schlecht­li­che Paa­re zu akzep­tie­ren. Auch das ist in Fidu­cia sup­pli­cans nicht ent­hal­ten. Fidu­cia sup­pli­cans scheint also nicht gegen den ersten Absatz zu ver­sto­ßen. Wie ist dann die Behaup­tung ein­zu­ord­nen, daß außer­ehe­li­che sexu­el­le Ver­bin­dun­gen mit einem nicht-ehe­li­chen Segen geseg­net wer­den kön­nen? Selbst wenn man argu­men­tie­ren wür­de, daß die­se Beja­hung in der Offen­ba­rung nicht aus­drück­lich abge­lehnt wird, ver­stößt die­se Beja­hung zumin­dest gegen den zwei­ten Absatz des Glau­bens­be­kennt­nis­ses, denn, wie wir gese­hen haben, bedeu­tet die Seg­nung die­ser Per­so­nen als gleich­ge­schlecht­li­che Paa­re, daß ihre Ver­bin­dun­gen gebil­ligt wer­den, auch wenn sie nicht mit der Ehe gleich­ge­setzt wer­den. Es han­delt sich also um eine Leh­re, die im Wider­spruch zur Leh­re der katho­li­schen Kir­che steht, da ihre Annah­me, auch wenn sie nicht direkt häre­tisch ist, logi­scher­wei­se zur Häre­sie führt.“

Fiducia supplicans enthält eine Leugnung der katholischen Lehre

„Aus all die­sen Grün­den muß Fidu­cia sup­pli­cans als lehr­mä­ßig pro­ble­ma­tisch betrach­tet wer­den, da sie eine Leug­nung der katho­li­schen Leh­re ent­hält. Aus die­sem Grund ist sie auch aus pasto­ra­ler Sicht pro­ble­ma­tisch. Ein guter Seel­sor­ger geht näm­lich als Leh­rer der Gebo­te Got­tes auf jeden Men­schen in Schwie­rig­kei­ten zu, emp­fiehlt ihn dem Gebet Got­tes und führt ihn im Fal­le einer schwe­ren Sün­de zur Reue, zur Beich­te und zur Erneue­rung des Lebens durch Ver­ge­bung in der sakra­men­ta­len Abso­lu­ti­on. Was er in der Seel­sor­ge an Katho­li­ken in irre­gu­lä­ren sexu­el­len Bezie­hun­gen nie­mals tun wird, ist, Ana­lo­gien zwi­schen Got­tes Segen für die Ehe von Mann und Frau und einem soge­nann­ten nicht-lit­ur­gi­schen Segen für Per­so­nen in sün­di­gen Bezie­hun­gen zu zie­hen. Wel­chen pasto­ra­len Grund gibt es im Fall von zwei Per­so­nen, die in einer irre­gu­lä­ren Situa­ti­on leben, für eine gemein­sa­me Seg­nung der Per­so­nen und nicht für eine Ein­zel­seg­nung? War­um soll­ten die­se Per­so­nen gemein­sam geseg­net wer­den wol­len, wenn nicht, weil sie die Zustim­mung Got­tes zu ihrer Ver­bin­dung wün­schen? Sie gemein­sam zu seg­nen bedeu­tet also, sie in ihrer Sün­de zu bestä­ti­gen und sie damit von Gott zu entfremden.

Auch der Grund­satz, daß wir alle Sün­der sind und daß des­halb kein Unter­schied zwi­schen eini­gen Sün­dern und ande­ren gemacht wer­den kann, paßt nicht zu einem guten Hir­ten. Die Hei­li­ge Schrift unter­schei­det zwi­schen ver­schie­de­nen Arten von Sün­den, wie wir bei Johan­nes lesen: ‚Alle Ver­feh­lun­gen sind Sün­den, aber es gibt Sün­den, die nicht zum Tod füh­ren‘ (1 Joh 5,17). Die Leh­re der Kir­che, die sich auf die Hei­li­ge Schrift stützt, unter­schei­det zwi­schen läß­li­chen Sün­den (die nicht unbe­dingt die sakra­men­ta­le Abso­lu­ti­on erfor­dern, um ver­ge­ben zu wer­den) und Tod­sün­den (die dies tun). Sie unter­schei­det auch zwi­schen Sün­den, die öffent­lich sind, und sol­chen, die es nicht sind, sowie zwi­schen Sün­dern, die hart­näckig auf ihren Sün­den behar­ren, und Sün­dern, die bereit sind, Buße zu tun. Die­se Unter­schei­dun­gen sind wich­tig, nicht um Men­schen zu ver­ur­tei­len, son­dern um ihnen Hei­lung anzu­bie­ten. In ähn­li­cher Wei­se muß ein guter Arzt für ver­schie­de­ne Fäl­le unter­schied­li­che Dia­gno­sen stel­len, denn nicht jede Krank­heit kann auf die­sel­be Wei­se behan­delt werden.

Solan­ge das Glau­bens­dik­aste­ri­um Fidu­cia sup­pli­cans nicht kor­ri­giert, indem es klar­stellt, daß der Segen nicht dem Paar, son­dern nur jeder Per­son ein­zeln erteilt wer­den kann, bil­ligt das Glau­bens­dik­aste­ri­um Aus­sa­gen, die zumin­dest dem zwei­ten Absatz des Glau­bens­be­kennt­nis­ses wider­spre­chen, d. h. sie bil­ligt Aus­sa­gen, die der Leh­re der katho­li­schen Kir­che wider­spre­chen, die, ohne an sich häre­tisch zu sein, zur Häre­sie füh­ren. Das bedeu­tet, daß die­se pasto­ra­len Seg­nun­gen für irre­gu­lä­re Ehen von den katho­li­schen Gläu­bi­gen nicht akzep­tiert wer­den kön­nen, ins­be­son­de­re nicht von denen, die bei der Über­nah­me eines kirch­li­chen Amtes das Glau­bens­be­kennt­nis und den Treue­eid abge­legt haben, der zual­ler­erst die Bewah­rung des Glau­bens­gu­tes in sei­ner Gesamt­heit fordert.“

Dienst an Papst und Kirche, indem die schweren Mängel von Fiducia supplicans aufgedeckt werden

„Die­se Ableh­nung von Fidu­cia sup­pli­cans, die öffent­lich geäu­ßert wer­den kann, soweit sie das Gemein­wohl der Kir­che betrifft, bedeu­tet kei­nen Man­gel an Respekt gegen­über dem Hei­li­gen Vater, der Fidu­cia sup­pli­cans unter­zeich­net hat, im Gegen­teil. Denn der Dienst am Hei­li­gen Vater gebührt ihm gera­de inso­fern, als er der Garant für die Kon­ti­nui­tät der katho­li­schen Leh­re ist, und die­ser Dienst wird vor allem dadurch gewür­digt, daß die schwe­ren Män­gel von Fidu­cia sup­pli­cans auf­ge­deckt werden.

Kurz­um, die Aus­übung des Lehr­am­tes kann sich nicht dar­auf beschrän­ken, dog­ma­tisch kor­rek­te Infor­ma­tio­nen über die „Wahr­heit des Evan­ge­li­ums“ (Gal 2,14) zu geben. Pau­lus wand­te sich offen und ohne Zögern gegen die zwei­fel­haf­te Aus­übung des Pri­mats durch Petrus, sei­nen Bru­der im Apo­sto­lat, weil die­ser durch sein feh­ler­haf­tes Ver­hal­ten den wah­ren Glau­ben und das Heil der Gläu­bi­gen gefähr­de­te, und zwar nicht gera­de in bezug auf das dog­ma­ti­sche Bekennt­nis des christ­li­chen Glau­bens, son­dern in bezug auf die Pra­xis des christ­li­chen Lebens.“

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: First Things/​MiL (Screen­shots)

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