15 Prozent des nicaraguanischen Klerus befinden sich im Exil

Zwei Bischöfe in den Vatikan exiliert


Bischof Alvarez wurde zusammen mit einem weiteren Bischof und mehr als einem Dutzend Priester aus der Haft entlassen und aus Nicaragua ausgewiesen. Das sandinistische Regime macht Tabula rasa.
Bischof Alvarez wurde zusammen mit einem weiteren Bischof und mehr als einem Dutzend Priester aus der Haft entlassen und aus Nicaragua ausgewiesen. Das sandinistische Regime macht Tabula rasa.

(Mana­gua) Am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de wur­den Bischof Rolan­do Álva­rez und mehr als ein Dut­zend Prie­ster aus Nica­ra­gua aus­ge­wie­sen und in den Vati­kan gebracht. Nach 500 Tagen Haft erfolg­te die Frei­las­sung des Bischofs von Matag­al­pa. Aller­dings muß­te er den Gang ins Exil antreten.

Anzei­ge

Msgr. Álva­rez war Anfang August 2022 von der Poli­zei in der bischöf­li­chen Resi­denz bela­gert und am 19. August ver­haf­tet wor­den. Nach­dem meh­re­re Bischö­fe vor ihm wegen ihrer Kri­tik am san­di­ni­sti­schen Regime von Dani­el Orte­ga des Lan­des ver­wie­sen wor­den waren oder auf Emp­feh­lung des Hei­li­gen Stuhls sicher­heits­hal­ber Nica­ra­gua ver­las­sen hat­ten, war Bischof Álva­rez zum füh­ren­den Regime­kri­ti­ker auf­ge­rückt. Die San­di­ni­sten dul­de­ten es nicht lange.

Nach sei­ner Ver­haf­tung, die für inter­na­tio­na­les Auf­se­hen sorg­te, befand sich der Bischof unter Haus­ar­rest. Das Regime woll­te ihn ins Exil zwin­gen, was Álva­rez jedoch ablehn­te, denn sein Platz sei dort, wo die ihm anver­trau­te Her­de ist. Auch der Vati­kan bemüh­te sich ver­geb­lich um sei­ne Aus­rei­se. Als alles arran­giert war und am 9. Febru­ar 2023 ein Flug­zeug mit mehr als 200 Regime­kri­ti­kern in die USA aus­flie­gen soll­te, wei­ger­te sich der Bischof, das Flug­zeug zu besteigen.

Die San­di­ni­sten reagier­ten dar­auf dra­ko­nisch. In einem Nacht-und-Nebel-Pro­zeß wur­de der Bischof noch am sel­ben Tag wegen „Hoch­ver­rats“ und „Ver­brei­tung fal­scher Nach­rich­ten“ zu 26 Jah­ren Haft und dem Ent­zug der Staats­bür­ger­schaft ver­ur­teilt. Seit­her befand sich Msgr. Álva­rez im Gefängnis.

Papst Fran­zis­kus bat im Juni 2023 sei­nen per­sön­li­chen Freund, den sozia­li­sti­schen bra­si­lia­ni­schen Staats­prä­si­den­ten Luiz Iná­cio Lula da Sil­va, zugun­sten des nica­ra­gua­ni­schen Bischofs zu inter­ve­nie­ren, was Lula auch tat. Im August 2023 sag­te Fran­zis­kus in einem Inter­view: „Wir ver­su­chen zu ver­han­deln“. Lula gab unter­des­sen Dani­el Orte­ga zu ver­ste­hen, daß es sei­nem Anse­hen scha­de, solan­ge Msgr. Álva­rez sein Gefan­ge­ner ist.

Hin­ter den Kulis­sen gab es ein lan­ges Tau­zie­hen, wäh­rend­des­sen das Regime die Dau­men­schrau­be gegen die Kir­che anzog, die Danie­la Orte­ga als „Mafia“ beschimpft, die ihn stür­zen wol­le. Am 21. Dezem­ber wur­de mit Msgr. Isi­do­ro del Car­men Mora ein wei­te­rer Bischof ver­haf­tet. Der ein­zi­ge Grund, wes­halb die Natio­nal­po­li­zei den Bischof von Siuna abführ­te, war, weil er in einer Pre­digt erklärt hat­te, für sei­nen inhaf­tier­ten Mit­bru­der Álva­rez zu beten.

Der Vati­kan dräng­te dar­auf Álva­rez doch eine Exi­lie­rung in Betracht zu zie­hen, um eine wei­te­re Ver­schlim­me­rung der Situa­ti­on abzuwenden.

Am ver­gan­ge­nen Sams­tag, war es dann soweit. Die bei­den inhaf­tier­ten Bischö­fe Álva­rez und Mora wur­den zusam­men mit min­de­stens 14 wei­te­ren Prie­stern und eini­gen Semi­na­ri­sten des Lan­des ver­wie­sen und aus­ge­flo­gen. Die gute Nach­richt: Sie befin­den sich nicht mehr im Gefäng­nis. Die schlech­te Nach­richt: Sie wer­den Nica­ra­gua feh­len. Hier eine unvoll­stän­di­ge Liste der Exilierten:

  1. Msgr. Rolan­do Álva­rez Lagos, Bischof der Diö­ze­se Matagalpa
  2. Msgr. Isi­do­ro del Car­men Mora, Bischof der Diö­ze­se Siuna
  3. Msgr. Car­los Avilés, Gene­ral­vi­kar der Erz­diö­ze­se Managua
  4. Msgr. Óscar Esco­to Sal­ga­do, Gene­ral­vi­kar der Diö­ze­se Matagalpa
  5. Msgr. Sil­vio Fon­se­ca, Pfar­rer von San­ta Faz und Bischofs­vi­kar für die Fami­li­en, Kin­der und Jugend­li­chen der Erz­diö­ze­se Managua
  6. Msgr. Mar­cos Díaz Pra­do, Pfar­rer von San­to Tomás Apó­stol von Puer­to de Corin­to der Diö­ze­se León
  7. Don Isma­el Reinei­ro Ser­ra­no Gudiel, Pfar­rer von San Miguel Arcán­gel und Exor­zist der Erz­diö­ze­se Managua
  8. Don Pablo Vil­lafran­ca, Pfar­rer von Nue­stra Señor de Vera­cruz von Nin­di­rí der Erz­diö­ze­se Managua
  9. Don Héc­tor Tre­mi­nio, Pfar­rer von San­to Cri­sto de Esqui­pu­las der Erz­diö­ze­se Managua
  10. Don Mykel Mon­terrey, Pfar­rer von Nue­stra Seño­ra de Can­del­aria der Erz­diö­ze­se Managua
  11. P. Raúl Zamo­ra, Pfar­rer von Jesús de la Divina Miser­i­cor­dia der Erz­diö­ze­se Managua
  12. P. Gerar­do José Rodrí­guez, Pfar­rer von Purí­si­ma Con­cep­ción der Erz­diö­ze­se Managua
  13. P. Miguel Mán­ti­ca, Pfar­rer von San Fran­cis­co de Asís der Erz­diö­ze­se Managua
  14. P. Jha­der Hernán­dez, Pfar­rer von Mad­re del Divin Pasto­re von Neja­pa der Erz­diö­ze­se Managua
  15. Don José Gustavo San­di­no Ochoa, Pfar­rer von Nue­stra Seño­ra de los Dolo­res von San­ta María de Pan­tas­ma der Diö­ze­se Jinotega.
  16. P. Jader Dani­lo Gui­do Aco­sta, Dom­vi­kar der Kathe­dra­le San Pedro Apó­stol von Matagalpa
  17. P. Fer­nan­do Cale­ro, Pfar­rer von Nost­ra Signo­ra di Fáti­ma von Ran­cho Gran­de der Diö­ze­se Matagalpa.

Zudem wur­den die bei­den Semi­na­ri­sten Lester de Jesús Sáenz Cen­te­no und Ton­ny Dani­el Pala­cio Sequei­ra des Lan­des verwiesen.

Unter den Aus­ge­wie­se­nen befin­den sich auch die bei­den Prie­ster, die wäh­rend der Weih­nachts­fest­ta­ge fest­ge­nom­men wor­den waren. Ande­re Prie­ster befin­den sich aber wei­ter­hin im Gefängnis.

Die 19 Betrof­fe­nen fügen sich in die schon lan­ge Rei­he von exi­lier­ten Kir­chen­män­nern ein wie Msgr. Sil­vio Báez, Weih­bi­schof der Erz­diö­ze­se Mana­gua. Er sprach von Ver­hand­lun­gen zwi­schen den USA, dem Vati­kan und dem nica­ra­gua­ni­schen Regime, die zu der Akti­on am Wochen­en­de führten.

Die bei­den Bischö­fe am Sonn­tag in Rom

Das Flug­zeug, das sie außer Lan­des brach­te, star­te­te in Nica­ra­gua am Sams­tag und lan­de­te am Sonn­tag am Flug­ha­fen Fiumici­no in Rom, wo die Bischö­fe, Prie­ster und Semi­na­ri­sten von Ver­tre­tern des Vati­kans emp­fan­gen wurden.

Am Sonn­tag­nach­mit­tag fei­er­ten die bei­den Bischö­fe eine Mes­se und wur­den von Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin empfangen.

Ins­ge­samt wur­den seit 2018 drei Bischö­fe und min­de­stens 110 Prie­ster vom Staat aus­ge­wie­sen. Hin­zu kom­men die Prie­ster, denen die Rück­kehr nach Nica­ra­gua ver­wei­gert wird, und jene, wie Bischof Báez, die aus Sicher­heits­grün­den selbst das Land ver­las­sen haben. Den mei­sten wur­de, obwohl in Nica­ra­gua gebo­ren, die Staats­bür­ger­schaft entzogen.

Das Regime macht Tabu­la rasa. Das US-Medi­um The Pil­lar schreibt, daß bereits 15 Pro­zent des gesam­ten nica­ra­gua­ni­schen Kle­rus aus dem Land ver­drängt wur­den. In der Diö­ze­se Matag­al­pa von Bischof Àlva­rez wur­de die Prie­ster­zahl von 51 auf 20 dezimiert.

Von den Dro­hun­gen und Ein­schüch­te­run­gen gegen Prie­ster und Gläu­bi­ge, dem Ver­bot von Pro­zes­sio­nen und Zele­bra­tio­nen, tät­li­cher Gewalt gegen Kir­chen­ver­tre­ter, Spreng­stoff­an­schlä­gen gegen Kir­chen, der Schlie­ßung und Beschlag­nah­me von Uni­ver­si­tä­ten und Schu­len in kirch­li­cher Trä­ger­schaft usw. ganz zu schweigen.

Lan­ge Zeit setz­te Papst Fran­zis­kus auf freund­schaft­li­che Gesten auf der Linie sei­ner demon­stra­ti­ven Sym­pa­thie für sozia­li­sti­sche Regime. Dani­el Orte­ga erwi­der­te die Freund­lich­kei­ten, indem er Fran­zis­kus sei­nen „Freund“ nann­te, wäh­rend er zugleich mit dem Fin­ger auf die nica­ra­gua­ni­sche Orts­kir­che zeig­te. Doch der Kuschel­kurs erwies sich als fata­le Sackgasse.

Nun sind bereits drei von neun nica­ra­gua­ni­schen Diö­ze­sen ohne Bischof. Die ver­gan­ge­nen Wochen las­sen erah­nen, soll­ten Orte­ga und sei­ne San­di­ni­sten ihren Kampf fort­set­zen, daß das Jahr 2024 für die Kir­che in Nica­ra­gua sehr schwie­rig wer­den könnte.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cen­tro Stu­di Livatino/​MiL (Screen­shots)

Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!