
(Managua) Daniel Ortega, der sandinistische Staatspräsident und Regierungschef von Nicaragua, beschimpfte die katholische Kirche als „Mafia“. Seinen unglaublichen Angriff begründete er damit, weil die Kirche den Katholiken nicht erlaube, den Papst, die Kardinäle und die Bischöfe „direkt zu wählen“.
Das sagte ein Diktator, der vor den jüngsten Präsidentschaftswahlen alle relevanten Gegenkandidaten verhaften ließ, seine eigene Frau zur Vizepräsidentin machte und die Gewaltenteilung zu einer Farce degradierte.
Während einer offiziellen Zeremonie, in der er die sandinistische Galionsfigur, den Freimaurer und Theosophen Augusto C. Sandino (1895–1934), ehrte, sagte Ortega, Jesus Christus sei „im Volk auferstanden“ und „nicht durch das Beispiel, das Priester, Bischöfe, Kardinäle und Päpste, die eine Mafia sind, geben können“.
„Schauen Sie sich die Verbrechen an, die sie begangen haben, wie viele Verbrechen sie begangen haben und immer noch begehen, jeden Tag, und sie werden verurteilt! Verbrechen, die sie begehen, weil sie absurde Vorschriften haben“, sagte Ortega in seiner Rede auf der Avenida de Bolívar a Chávez in Managua. Offenbar ist auch der Marxist Ortega Anhänger einer „Volkstheologie“.
Um seinem revolutionären Hochmut Ausdruck zu verleihen, verkündete Ortega:
„Ich respektiere weder Könige noch Päpste.“
Schon gar nicht respektiere er die nicaraguanischen Bischöfe, sagte der Guerillero, der bis vor kurzem Papst Franziskus demonstrativ als „Freund“ bezeichnete. Ortegas Junta ließ in den 80er Jahren den Schulkindern das Grundrechnen anhand von Kalaschnikows beibringen, als Fernando Cardenal, ein Priester und Jesuit, Bildungsminister war, der sich als Vertreter der marxistischen Befreiungstheologie der Revolution angeschlossen hatte.
Der kommunistische Diktator mit einer Realitätswahrnehmung im Bereich der Schizophrenie erteilte zugleich Nachhilfeunterricht in Sachen „Demokratie“:
„Wenn wir von Demokratie sprechen (…), sollte das Volk zuerst die Priester des Volkes wählen, dann die Bischöfe, die Kardinäle, und es sollte überall eine Abstimmung unter dem katholischen Volk geben, damit der Papst auch durch eine direkte Abstimmung des Volkes gewählt wird. (…) Das Volk soll entscheiden und nicht die Mafia, die im Vatikan organisiert ist.“
Da sich Ortega so richtig in Fahrt gerdet hatte, erklärte er der Welt auch gleich, wer und was Jesus Christus war: Jesus Christus sei es nämlich gewesen, der ihn, Ortega, dazu inspiriert habe, „ein Revolutionär zu sein“, denn der Sohn Gottes habe sich nicht wie Bischöfe, Kardinäle oder der Papst gekleidet und auch nicht in Villen gewohnt. So stellte Ortega auch die Reihenfolge seiner „Bekehrung“ klar:
„Man sagt, ich sei ein Kommunist, und ich habe das bei anderen Gelegenheiten gesagt, wenn ich gefragt wurde: Ich bin ein Revolutionär dank Christus. Wegen Christus bin ich Revolutionär geworden, und als Revolutionär habe ich dann Marx und Engels kennengelernt.“
Im Stil offenbar bei bestimmten Politikern nicht unbeliebter Verabsolutierungen – US-Präsident Joe Biden erklärte bei seinem jüngsten Kiew-Besuch, „die ganze Welt“ stehe gegen Rußland und vertrete im Ukraine-Konflikt die Position der US-Regierung – verkündete Ortega, daß der Sozialismus, den seine Regierung fördert, „das Christentum ist“, und es genau das sei, was „die Nicaraguaner“ und die Sandinistische Nationale Befreiungsfront „verteidigen“.
Am 10. Februar war Bischof Rolando Álvarez von Matagalpa zu 26 Jahren Haft verurteilt worden, weil es der Christ=Sozialist-Ortega so entschieden hatte.
Am 16. Februar entzog Ortega einem anderen nicaraguanischen Bischof, Msgr. Silvio José Báez, Weihbischof von Managua, die Staatsbürgerschaft. Der Bischof lebt wegen der Verfolgung durch das sandinistische Regime seit 2019 im Ausland.
Insgesamt wurde 317 Regimekritikern die Staatsbürgerschaft aberkannt, darunter etlichen Priestern wie Don Edwin Román, einem Großneffen von Augusto Sandino. Das zum Thema der sandinistischen Verehrung ihres Nationalhelden.
Die dargestellten Redeauszüge von Daniel Ortega finden sich zwischen den Minuten 80 (1:20:00) und 92 (1:32:00).
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube (Screenshot)