„Zurück in die Zukunft“ des Römischen Ritus

Kwasniewskis Vision einer aus der Tradition zurückzugewinnenden Liturgie der Lateinischen Kirche


Die Rückkehr der traditionellen lateinischen Messe nach 70 Jahren des Exils
Die Rückkehr der traditionellen lateinischen Messe nach 70 Jahren des Exils

Eine Buch­be­spre­chung zur deut­schen Aus­ga­be von Cle­mens Vic­tor Oldendorf

Anzei­ge

Peter A. Kwas­niew­ski (*1971) ist ein US-ame­ri­ka­ni­scher Phi­lo­soph, des­sen Inter­es­se sehr auf die Theo­lo­gie der Scho­la­stik, ins­be­son­de­re die­je­ni­ge des Tho­mas von Aquin, kon­zen­triert ist. In den ver­gan­ge­nen zehn oder mehr Jah­ren hat er sich ver­stärkt der über­lie­fer­ten Lit­ur­gie zuge­wandt und ist, inzwi­schen grund­sätz­lich aus­schließ­lich in ihr behei­ma­tet, ein in Wort und Schrift elo­quen­ter und geist­reich argu­men­tie­ren­der Ver­fech­ter die­ses Aus­drucks des Katho­li­schen in Glau­be, Theo­lo­gie und Kul­tur gewor­den, voll­auf ver­gleich­bar mit dem bri­ti­schen Intel­lek­tu­el­len und Autor Micha­el T. Davies (1936–2004) und frag­los in des­sen wür­di­ge Nach­fol­ge tre­tend, was Bedeu­tung und Qua­li­tät sei­ner Bei­trä­ge anbelangt.

Prof. Peter Kwasniewski

Als im Herbst 2022 die eng­li­sche Ori­gi­nal­aus­ga­be The Once and Future Roman Rite. Retur­ning to the Tra­di­tio­nal Latin Mass after Seven­ty Years of Exi­le im Ver­lag TAN Books her­aus­kam, bemüh­te ich mich, ohne zu zögern, sogleich in Ame­ri­ka um ein Rezen­si­ons­exem­plar. Bis ich es glück­lich in der Alten Welt in Hän­den hielt, zog es sich zwar bis in den März 2023 hin, aber ursprüng­lich am 5. Mai 2023, im tra­di­tio­nel­len lit­ur­gi­schen Kalen­der das Fest des hei­li­gen Domi­ni­ka­ner­pap­stes Pius V., konn­te ich das neu­erschie­ne­ne Werk in einer recht umfas­sen­den Buch­be­spre­chung auf kath​news​.de einem deutsch­spra­chi­gen Publi­kum zur Kennt­nis brin­gen. Weni­ge Tage spä­ter wur­de der Bei­trag dan­kens­wer­ter­wei­se von Katho​li​sches​.info über­nom­men. Heu­te ver­hält es sich mit der Rezen­si­on der deut­schen Aus­ga­be ent­spre­chend. Im Wesent­li­chen könn­te ich dies­be­züg­lich auf das sei­ner­zeit Gesag­te ver­wei­sen, möch­te mich aber dar­auf nicht ganz beschrän­ken, son­dern die Gele­gen­heit ergrei­fen, jetzt teil­wei­se ande­re Gesichts­punk­te des weit­ge­spann­ten Gedan­ken­gan­ges, der in dem Buch ent­wickelt wird, anzusprechen.

Bei mei­ner Beschäf­ti­gung mit dem eng­li­schen Ori­gi­nal­text reg­te ich sofort eine Über­set­zung ins Deut­sche an. Der im nie­der­bay­ri­schen Met­ten ansäs­si­ge St. Ste­pha­ni Ver­lag hat die­se im ver­gan­ge­nen Novem­ber vor­ge­legt. Die­ser Ver­lag steht ganz am Anfang, Kwas­niew­skis Buch unter dem deut­schen Titel Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus. Die Rück­kehr der tra­di­tio­nel­len Latei­ni­schen Mes­se nach 70 Jah­ren des Exils ist erst das zwei­te, das bis­her über­haupt dort erschie­nen ist. Mit der hier vor­ge­stell­ten Publi­ka­ti­on hat sich der Ver­le­ger Ste­fan J. Schlattl für ein Niveau ent­schie­den, das für wei­te­re Titel in Zukunft bei St. Ste­pha­ni blei­ben­de Maß­stä­be setzt, die verpflichten.

Offi­zi­ell ist nichts bekannt, jeden­falls in dem Buch nir­gend­wo ersicht­lich, wer die Über­set­zungs­ar­beit gelei­stet hat. Wer es auch immer gewe­sen ist, ihm ist vor­ab schon ein­mal ins­ge­samt ein Kom­pli­ment zu machen. Um offen zu sein, war ich erleich­tert, dies bei der Lek­tü­re fest­stel­len zu kön­nen, nach der ent­täu­schen­den Erfah­rung mit der auf wei­te Strecken unbe­hol­fe­nen bis man­gel­haf­ten, bis­wei­len kaum les­ba­ren deut­schen Über­set­zung einer ande­ren von Kwas­niew­skis Ver­öf­fent­li­chun­gen, die ich eben­falls rezen­siert habe: Der Gehor­sam Petri und sei­ner Nach­fol­ger – oder der Man­gel dar­an.

Anspruchsvolle Lektüre

Kwas­niew­skis Arbei­ten stel­len inhalt­lich einen Anspruch an den Leser, dem auch die Qua­li­tät einer Über­set­zung in ange­mes­se­ner Wei­se ent­spre­chen muss. Andern­falls greift jeder, der des Eng­li­schen eini­ger­ma­ßen mäch­tig ist, bes­ser und lie­ber zum Ori­gi­nal. Wenn auch die Über­set­zung im Fal­le von Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus grund­sätz­lich als gelun­gen zu bezeich­nen ist, und dies nicht erst in Kon­tra­stie­rung zum ange­führ­ten dra­sti­schen Gegen­bei­spiel, so gibt es doch Stel­len und Pas­sa­gen oder ein­zel­ne For­mu­lie­run­gen, an die ich Ver­bes­se­rungs­wün­sche knüp­fen oder mit denen ich Kor­rek­tur­vor­schlä­ge ver­bin­den möch­te. Ich grei­fe nur aus­ge­such­te Bei­spie­le her­aus, und zwar sol­che, wo es unstrit­tig kei­nes­wegs um Geschmacks­fra­gen des Sprach­stils im Deut­schen geht und man daher ver­schie­de­ner Mei­nung sein und zu von­ein­an­der abwei­chen­den Über­set­zungs­ent­schei­dun­gen gelan­gen könn­te, wel­che in ihrer Qua­li­tät und Berech­ti­gung gleich­wer­tig oder ver­gleich­bar sind. Viel­mehr wer­den bewusst ganz über­wie­gend sol­che Stel­len ange­führt, wo nach mei­nem Ein­druck inhalt­li­che Ten­den­zen in der Über­set­zung zum Vor­schein kom­men, die sich mir nicht voll­stän­dig mit der Aus­sa­ge­ab­sicht des Autors zu decken schei­nen, wo offen­sicht­li­che Flüch­tig­keits­feh­ler unter­lau­fen sind oder theo­lo­gisch kom­ple­xe Aus­sa­gen vom Über­set­zer offen­sicht­lich nicht adäquat erfasst wer­den konn­ten. Letz­te­res wird von mir nicht all­zu kri­tisch ver­an­schlagt, da sich unse­rer Kennt­nis ent­zieht, auf wel­chen fach­theo­lo­gi­schen Hin­ter­grund er zurück­grei­fen kann.

Frei­lich wäre es am besten, wenn es ein qua­li­fi­zier­tes theo­lo­gi­sches Lek­to­rat gäbe, das vor dem Erschei­nen Über­set­zun­gen noch ein­mal inhalt­lich pro­fes­sio­nell gegen­liest, aber das ist sicher­lich mitt­ler­wei­le ein Luxus, den man von einem klei­nen, finan­zi­ell ver­mut­lich noch beschei­den auf­ge­stell­ten Ver­lag in einer für das gesam­te katho­li­sche Ver­lags­we­sen her­aus­for­dern­den Gesamt­la­ge ver­mut­lich nicht ein­for­dern kann, ohne ihn damit in sei­nem Elan vor der Zeit aus­zu­brem­sen, in dem man ihn ganz im Gegen­teil nach Kräf­ten för­dern soll­te. Die Schwie­rig­kei­ten, die wir vor Augen haben, betref­fen ja die Nische der Über­lie­fe­rungs­treue ver­pflich­te­ter Ver­la­ge ohne jeg­li­che Stüt­zung aus Kir­chen­steu­er­mit­teln sogar noch zusätzlich.

Ist Traditionalist eine im Deutschen ängstlich zu vermeidende Selbstbezeichnung?

Kom­men wir zum inhalt­li­chen Durch­gang von Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, so heißt es da im „Vor­wort von Peter Kwas­niew­ski“1 laut der deut­schen Über­set­zung: „Ich wäre ein schlech­ter Tra­di­tio­nel­ler, wenn ich nicht in die Fuß­stap­fen vie­ler Vor­gän­ger tre­ten wür­de! Vor Jahr­zehn­ten sag­te der deut­sche Lit­ur­gie­wis­sen­schaft­ler Klaus Gam­ber, der neue Ritus dür­fe nicht ritus Roma­nus, son­dern müs­se ritus moder­nus genannt wer­den. Micha­el Davies hat ähn­lich argu­men­tiert, eben­so wie die Prie­ster Bryan Hough­ton, Roger-Tho­mas Cal­mel, Ray­mond Dulac und Antho­ny Ceka­da, um nur eini­ge zu nen­nen. Man könn­te im glei­chen Atem­zug die Kur­ze kri­ti­sche Unter­su­chung erwäh­nen, [im eng­li­schen Sprach­raum, Anm. CVO] bes­ser bekannt als die ‚Otta­via­ni-Inter­ven­ti­on‘. Joseph Ratz­in­ger wähl­te diplo­ma­tisch eine ande­re Aus­drucks­wei­se, sag­te aber in sei­nen vor­päpst­li­chen [im Deut­schen viel­leicht wirk­lich bes­ser: ‚in den Jah­ren, bevor er zum Papst gewählt wur­de‘, Anm. CVO] Jah­ren vie­les, was der For­mu­lie­rung Gam­bers sehr nahe kommt.“2 Die ange­führ­ten Namen span­nen vor dem Leser sehr schön das gesam­te Spek­trum der Schat­tie­run­gen auf, die im Rah­men der tra­di­tio­na­li­sti­schen Ver­wei­ge­rung gegen­über den kon­zi­lia­ren und nach­kon­zi­lia­ren Refor­men sehr bald sich abzu­zeich­nen began­nen und bis heu­te bestehen, wenn auch das Gespräch mit­ein­an­der anfäng­lich leb­haf­ter war und die Gren­zen der Auf­fas­sun­gen durch­läs­si­ger im wech­sel­sei­ti­gen Aus­tausch auf prak­ti­scher wie theo­re­ti­scher Ebe­ne. Nicht alle die­ser Namen sind uns im deutsch­spra­chi­gen Raum glei­cher­ma­ßen geläu­fig. Wenn aber der Name Ceka­da auf­scheint, so belegt es, dass Kwas­niew­ski bekann­te Ver­tre­ter des Sedis­va­kan­tis­mus, wel­cher wie­der­um ver­schie­de­ne Nuan­cen kennt, nicht vom Dis­kurs aus­schließt. Das ist einer­seits Kenn­zei­chen einer wis­sen­schaft­li­chen Sach­lich­keit und Red­lich­keit, inso­fern die Stel­lung zur Fra­ge der Amts­in­ha­be der nach­kon­zi­lia­ren Päp­ste die Ver­tei­di­gung der über­lie­fer­ten Lit­ur­gie nicht oder höch­stens mar­gi­nal beein­flusst. Ande­rer­seits gewinnt Kwas­niew­ski damit eine Offen­heit und recht­ver­stan­de­ne Duld­sam­keit im gemein­sa­men Ein­satz der unter­schied­li­chen katho­li­schen Tra­di­tio­na­li­sten zurück, wie man sie aus den Anfän­gen des nach­kon­zi­lia­ren Wider­stan­des noch kennt und wie sie in dem Maße wahr­schein­lich wie­der not­wen­dig wer­den, in wel­chem die Rech­te und die Bewe­gungs­frei­heit des über­lie­fer­ten Glau­bens und einer ihm ent­spre­chen­den Lit­ur­gie sowie theo­lo­gi­schen Fun­die­rung im Raum der offi­zi­el­len Insti­tu­ti­on der römisch-katho­li­schen Kir­che, sozu­sa­gen inner­halb ihrer Infra­struk­tur, wie­der mehr und mehr geschmä­lert, immer mehr ein­ge­engt und schließ­lich end­gül­tig ent­zo­gen wer­den sol­len. Die Scheu, sich in die­ser Aus­ein­an­der­set­zung als Tra­di­tio­na­li­sten zu iden­ti­fi­zie­ren und zu erken­nen zu geben, ist fehl am Plat­ze, und so lau­tet der Aus­ruf zu Beginn des ange­führ­ten Zita­tes im eng­li­schen Ori­gi­nal denn auch: „I would be a bad tra­di­tio­na­list if I were not fol­lo­wing in the foots­teps of many pre­de­ces­sors!“3 Der Ter­mi­nus Tra­di­tio­na­list muss auch im Deut­schen nicht ver­schämt in Fuß­no­ten ver­steckt wer­den – in der Annah­me oder Hoff­nung, die­se wür­den sowie­so nicht so auf­merk­sam gele­sen.4 Das wäre auch scha­de, denn Kwas­niew­ski ver­legt öfters wich­ti­ge Bemer­kun­gen in den Fuß­no­ten­ap­pa­rat: „Es waren die Schrif­ten von Kar­di­nal Ratz­in­ger, die mein Stau­nen über das Geheim­nis der Lit­ur­gie, mei­nen Wunsch zu ver­ste­hen, was in unse­rer Zeit mit ihr gesche­hen ist, und mei­nen Eifer, das Ver­lo­re­ne wie­der­her­zu­stel­len, über­haupt erst geweckt haben. Er brach­te mich auf einen Weg, der mit den ‚wah­ren Absich­ten des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils‘ begann, wei­ter zur Reform der Reform führ­te, kurz bei der ‚gegen­sei­ti­gen Berei­che­rung‘ der ‚bei­den For­men‘ Halt mach­te und schließ­lich zu einem unein­ge­schränk­ten Tra­di­tio­na­lis­mus (oder Restau­ra­tio­na­lis­mus, wenn Ihnen die­ser Begriff lie­ber ist) führ­te. Natür­lich habe ich Ratz­in­ger auf die­ser letz­ten Etap­pe der Rei­se hin­ter mir gelas­sen; er scheint sich an der drit­ten Sta­ti­on zurück­ge­zo­gen zu haben. Aber ich wer­de ihm immer dank­bar sein, dass er in mei­ner See­le eine unge­heu­re Begei­ste­rung ent­facht und mich mit sei­nen groß­ar­ti­gen Ein­sich­ten auf dem Weg beglei­tet hat“5, bekun­det er bei­spiels­wei­se in einer Fuß­no­te in sei­nem schon ange­führ­ten Vor­wort. Hier geht es mir zwar mehr um die inhalt­li­che Trag­wei­te der Aus­sa­ge, aber viel­leicht sei mir doch eine klei­ne, sti­li­sti­sche Bemer­kung zur Über­set­zung erlaubt: Wo der Über­set­zer die vor­neh­me Wen­dung „er scheint sich an der drit­ten Sta­ti­on zurück­ge­zo­gen zu haben“ wählt, schreibt Kwas­niew­ski im Eng­li­schen: „he seems to have reti­red at the third sta­ti­on“6, was wohl eher: „er scheint an der drit­ten Sta­ti­on in Ren­te gegan­gen zu sein“ hei­ßen soll und jeden­falls mehr von Kwas­niew­skis typi­schem Sinn für Humor auf­blit­zen lie­ße, der die Lek­tü­re auch der schwie­ri­ge­ren Pas­sa­gen sei­nes Wer­kes durch­ge­hend kurz­wei­lig und intel­lek­tu­ell unter­halt­sam gestal­tet. Ich befürch­te, dem deut­schen Über­set­zer schien das für Bene­dikt XVI. vor allem im Lich­te von des­sen Amts­ver­zicht als zu despek­tier­lich, eine Befürch­tung, die aus mei­ner Sicht unbe­grün­det ist und auch den fei­nen, bay­risch gewürz­ten Humor unter­schätzt, den Joseph Ratz­in­ger hatte.

Auf der Suche nach der Tradition

Irgend­wie beschreibt die Schil­de­rung Kwas­niew­skis oben­drein so etwas wie einen Syn­oda­len Weg zur Tra­di­ti­on, möch­te ich als Rezen­sent hin­zu­fü­gen. Und auf die­se Rei­se nimmt der Autor sei­ne Leser mit, die in Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus sei­nen Denk- und Glau­bens­weg nach- und mög­li­cher­wei­se mit­voll­zie­hen. Dabei wird gedank­li­che Reg­sam­keit vor­aus­ge­setzt und der Hori­zont des Pro­blem­be­wusst­seins gewei­tet: „Katho­li­ken, die auf der Suche nach der Tra­di­ti­on sind, haben seit vie­len Jahr­zehn­ten eine Rück­kehr zum Mis­sa­le Roma­num von 1962 und den dazu­ge­hö­ri­gen lit­ur­gi­schen Büchern befür­wor­tet, die vor dem Erd­rutsch der Ver­än­de­run­gen nach dem Kon­zil ent­stan­den sind. Doch die­se lit­ur­gi­schen Bücher fal­len mit­ten hin­ein in eine Pha­se beschleu­nig­ter Ver­än­de­run­gen, die bereits tief in die Sub­stanz des triden­ti­ni­schen Erbes ein­ge­grif­fen haben: die neue Oster­nacht von 1951, die neue Kar­wo­che von 1955, der neue Rubri­ken­ko­dex von 1960 und so wei­ter. Das waren alles Über­gangs­pro­jek­te, die auf die ‚tota­le Rekon­struk­ti­on‘ oder instau­ra­tio magna (um einen Aus­druck des Phi­lo­so­phen Fran­cis Bacon zu ver­wen­den) vor­be­rei­te­ten, die im Jahr­zehnt nach Sacro­sanc­tum Con­ci­li­um von 1963 statt­fand. In einer Zeit des Cha­os war das Mis­sa­le von 1962 ein ‚Fels in der Bran­dung‘, wie Micha­el Davies es ein­mal nann­te, aber zugleich ist es eine Insel, auf der man sich nicht dau­er­haft nie­der­las­sen kann.“7

Leser aus dem Umfeld der Pius­bru­der­schaft oder der Indul­te ab 1984 und von Sum­morum Pon­ti­fi­cum sowie dem Kli­ma, das sie von 2007 bis 2021 gewohnt waren, kön­nen sich viel­leicht leich­ter von der Vor­stel­lung befrei­en, die lit­ur­gi­schen Bücher von 1962 ver­kör­per­ten einen Ide­al­zu­stand des Römi­schen Ritus, seit Papst Fran­zis­kus und Tra­di­tio­nis Cus­to­des die­sen Lit­ur­gie­bü­chern rund­weg abspre­chen, über­haupt noch Aus­druck des Römi­schen Ritus zu sein. Natür­lich ist die­ser Kli­ma­wan­del eine sach­lich unzu­tref­fen­de Behaup­tung und den­noch trifft es zu, dass die Edi­tio typi­ca von 1962 in wesent­li­chen Tei­len nicht die unvor­denk­li­che lit­ur­gi­sche Tra­di­ti­on und Pra­xis von Jahr­hun­der­ten abbil­det, son­dern eine Tran­si­ti­on, die über­wie­gend im gün­stig­sten Fal­le viel­leicht 15 (in Wor­ten: fünf­zehn!) Jah­re in der gesam­ten Latei­ni­schen Kir­che in Gel­tung war.

Seltsame Verbindlichkeit im Vorläufigen

Ist die­se Schwie­rig­keit, offen gestan­den: sind die in den lit­ur­gi­schen Büchern von 1962 ange­leg­te Man­gel­haf­tig­keit und Kurz­le­big­keit ein­mal erkannt, kann man mit Kwas­niew­ski fest­stel­len: „Man kann und soll­te erwar­ten, dass ein Ritus ab einem bestimm­ten Punkt rela­tiv bestän­dig und unver­än­der­lich ist, sodass es eher ein Kom­pli­ment als eine Kri­tik ist, wenn man von ihm sagt: ‚Er hat sich im Lauf von vier­hun­dert Jah­ren kaum ver­än­dert‘, was man vom Römi­schen Mess­buch im Zeit­raum von 1570 bis ca. 1950 sagen kann.“8 Aus die­sem Zitat lässt sich in Zusam­men­schau mit im gesam­ten Buch immer wie­der gemach­ten Bemer­kun­gen schlie­ßen, dass Kwas­niew­ski wohl die Edi­tio typi­ca von 1920 als Ori­en­tie­rungs­punkt bis vor die ritu­el­len Umge­stal­tun­gen der Oster­nacht von 1951 ansieht, von dem aus echt tra­di­tio­nel­le Römi­sche Lit­ur­gie orga­nisch zurück­er­obert wer­den kann, und wie gesagt wird die­se Schluss­fol­ge­rung nicht bloß von Kwas­niew­skis Argu­men­ten nahe­ge­legt, viel stär­ker von den Behaup­tun­gen des regie­ren­den Pap­stes und den rechts­po­si­ti­vi­sti­schen Fest­le­gun­gen und Eng­füh­run­gen in Tra­di­tio­nis Cus­to­des. Ob es rea­li­stisch oder über­haupt ange­mes­sen ist, wei­ter­hin den Gebrauch von Kir­chen zu bean­spru­chen, in denen eigent­lich die Reform­lit­ur­gie Pauls VI. als der ein­zi­ge Aus­druck des Römi­schen Ritus gilt, wür­de ich als Rezen­sent zuneh­mend ver­nei­nen. Eben­so kann man kaum erwar­ten, dass eine Prie­ster­aus­bil­dung inner­halb der offi­zi­el­len Struk­tu­ren gewähr­lei­stet bleibt oder dort ordens­ähn­li­che Gemein­schaf­ten lebens­fä­hig blei­ben, die in Lit­ur­gie, Theo­lo­gie, Spi­ri­tua­li­tät und Glau­bens­pra­xis einer von den soge­nann­ten Refor­mern im Wesent­li­chen negier­ten Über­lie­fe­rung ent­spre­chen. Inwie­weit der Autor in die­ser Ein­schät­zung mit mir momen­tan deut­lich über­ein­stimmt, ver­mag ich nach der Lek­tü­re nicht ein­deu­tig ein­zu­schät­zen. Lang­fri­stig sind wir uns sicher einig, dass die Reform kei­nes­wegs so irrever­si­bel ist, wie Papa Berg­o­glio es lieb wäre. Irrever­si­bel soll ja wohl nur noch des­sen eige­ne Visi­on für die Kir­che sein, aber da bin ich sehr sicher, dass sich Visi­on im End­ef­fekt als Illu­si­on erwei­sen wird, wenn auch viel­leicht nicht so unmit­tel­bar und schnell, wie Fran­zis­kus das Erbe Bene­dikts XVI. aus­mer­zen und des­sen gan­zes Pon­ti­fi­kat prak­tisch unge­sche­hen machen will. Frei­lich, dar­an trägt Papa Ratz­in­ger mit dem Akt des Amts­ver­zichts eine gewis­se Mit­schuld; hat er doch letzt­lich selbst, und nur er allein konn­te es tun, sein Pon­ti­fi­kat im dop­pel­ten Wort­sinn abge­bro­chen.

Lit­ur­gie ist kei­ne Fra­ge der indi­vi­du­el­len Vor­lie­be oder Nei­gung: „Die­ser Ein­druck hät­te jeden­falls in der Zeit der Gül­tig­keit [hier soll­te es bes­ser Gel­tung hei­ßen, aber an die­ser Stel­le löst sich die Über­set­zung ohne­hin ziem­lich von der For­mu­lie­rung und dem Auf­bau des eng­li­schen Wort­lauts9, auch wenn des­sen Sinn getrof­fen wird, Anm. CVO] von Sum­morum Pon­ti­fi­cum ent­ste­hen kön­nen. Mit Tra­di­tio­nis Cus­to­des hat Fran­zis­kus die ursprüng­li­che Hal­tung Pauls VI. erneu­ert, die von Into­le­ranz und [von, Anm. CVO] Ver­ach­tung gegen­über der Wahr­heit geprägt war, dass die Tra­di­ti­on kon­sti­tu­tiv für den Katho­li­zis­mus ist (und nicht ledig­lich ein ‚Cha­ris­ma‘ für eini­ge weni­ge Erwähl­te [hier ist die Über­set­zung eli­tä­rer als das eng­li­sche Ori­gi­nal, wo sel­ect, nicht elect steht, Anm. CVO]. Zu vie­le, die es sich unter Sum­morum Pon­ti­fi­cum bequem gemacht haben [rich­ti­ger: hat­ten, Anm. CVO], reagier­ten auf die­sen neu­er­li­chen Angriff mit Appel­len an das Gute [im Deut­schen bes­ser: an das Gut oder auch: an den Wert] der lit­ur­gi­schen Viel­falt und Frei­heit, ohne zu erken­nen, dass die­se ‚Leben und Leben­las­sen‘- Hal­tung [bes­ser: die­se Hal­tung des ‚leben und leben las­sen‘, Anm. CVO] nichts wei­ter als ein gigan­ti­sches Aus­weich­ma­nö­ver ist.“10 Was Kwas­niew­ski damit meint, fasst er ein­gangs des fünf­ten Kapi­tels noch ein­mal gut zusam­men: „Jeder Katho­lik in der Welt – wenn es doch nur alle Katho­li­ken wüss­ten! – ist Papst Bene­dikt XVI. dafür zu Dank ver­pflich­tet, dass er die tra­di­tio­nel­le latei­ni­sche Mes­se mit dem Motu Pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum ‚befreit‘ hat, auch wenn die­ses Motu Pro­prio gna­den­los aus­ge­löscht wur­de, wäh­rend sein Ver­fas­ser noch in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft leb­te – denn sei­ne posi­ti­ven Aus­wir­kun­gen waren zahl­reich und tief­grei­fend und wer­den in ihrer Kraft den kurz­le­bi­gen Rück­schlag von Tra­di­tio­nis Cus­to­des über­dau­ern.“11 Grei­fen wir noch wei­ter vor auf das zwölf­te und letz­te Kapi­tel12 von Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, so resü­miert Kwas­niew­ski, wenn er sei­ne Visi­on für einen künf­ti­gen, wie­der authen­tisch und sub­stan­ti­ell wie for­mal unstrit­tig tra­di­ti­ons­kon­for­men Römi­schen Ritus noch ein­mal skiz­ziert: „Das Pro­blem päpst­li­cher Ein­mi­schung in die Lit­ur­gie reicht zwar vie­le Jahr­hun­der­te zurück, doch ein Abgrund trennt alles, was Päp­ste vor dem 20. Jahr­hun­dert taten, von dem, was Pius X. 1911 für das Bre­vier, Pius XII. in den 1950er Jah­ren für die Kar­wo­che und den Kalen­der und Paul VI. in den Jah­ren 1965–1975 für abso­lut alles, was den Got­tes­dienst betrifft, getan haben.“13 Die kri­ti­sche Stoß­rich­tung die­ser Aus­sa­ge wird zwar deut­lich, aber im Deut­schen hat die For­mu­lie­rung: „etwas für etwas tun“ nor­ma­ler­wei­se eine posi­ti­ve Bedeu­tung, hat eine Kon­no­ta­ti­on von Für­sorg­lich­keit und deu­tet eine Wohl­tat an, die jeman­dem oder etwas erwie­sen wird. Dafür gibt es im eng­li­schen Text, der zugrun­de­liegt, kei­nen Anhalts­punkt, wo durch­ge­hend die For­mu­lie­rung: „to do some­thing to some­thing“ gewählt ist.14 Es müss­te also viel­mehr lau­ten: „[…] was Pius X. 1911 dem Bre­vier ange­tan hat, Pius XII. in den 1950er Jah­ren der Kar­wo­che und dem Kalen­der und was Paul VI. in den Jah­ren von 1965 bis 1975 abso­lut allem ange­tan hat, was mit dem Got­tes­dienst ver­bun­den ist“, wenn man nicht abmil­dern will, was der Autor tat­säch­lich sagt, der dann fort­fährt: „An die­ser Stel­le sei hin­zu­ge­fügt, dass das Mess­buch von Johan­nes XXIII. nicht nur das man­gel­haf­te Mate­ri­al sei­nes Vor­gän­gers ent­hält, son­dern auch einen pro­ble­ma­ti­schen Rubri­ken­code [sic!, hier soll­te im Deut­schen am besten die latei­ni­sche Bezeich­nung Codex Rubri­carum bei­be­hal­ten wer­den, wer unbe­dingt will, könn­te Rubri­ken­ko­dex über­set­zen, Anm. CVO] aus dem Jahr 1960, der zwar eini­ge von Pacel­li hin­ter­las­se­ne Pro­ble­me löst, aber Neue­run­gen ein­führt, die den Novus Ordo vor­weg­neh­men [rich­ti­ger: in denen der Novus Ordo sei­ne Schat­ten vor­aus­wirft15, Anm. CVO].“16

Machbarkeitsphantasien in der Liturgie und ihr Ursprung im 19. Jahrhundert

Das eigent­li­che Pro­blem bei all­dem ist die Vor­stel­lung, in der Lit­ur­gie gäbe es so etwas wie einen wesent­li­chen Kern, der – auch für den Papst – unan­tast­bar ist, aber solan­ge die­ser Kern­be­stand unan­ge­ta­stet blei­be, kön­ne jeden­falls die höch­ste kirch­li­che Auto­ri­tät alles ande­re prak­tisch nach Gut­dün­ken, um nicht zu sagen will­kür­lich umge­stal­ten und ver­än­dern. Die Wur­zel die­ser Auf­fas­sung ist in der scho­la­sti­schen Sakra­men­ten­theo­lo­gie zu suchen, denn an die sakra­men­ta­le Gül­tig­keit sind dem­nach hin­sicht­lich des eigent­li­chen Ritus gewis­ser­ma­ßen sehr gerin­ge Anfor­de­run­gen gestellt. Solan­ge Mate­rie und Form intakt sind, wird die Gül­tig­keit grund­sätz­lich bejaht. Bei der Eucha­ri­stie wären dies Brot und Wein und die Wand­lungs­wor­te im enge­ren Sin­ne, wobei es dabei nicht ein­mal auf einen exak­ten Wort­laut ankom­men muss, solan­ge der Sinn der Aus­sa­ge durch den geweih­ten Prie­ster, der spricht, nicht ver­fälscht wird. In der Scho­la­stik, das muss man fai­rer­wei­se dazu­sa­gen, war das Bewusst­sein leben­dig, dass Mate­rie und Form in einen grö­ße­ren Kon­text ein­ge­bet­tet sein müs­sen, von dem sie inte­gra­ler Bestand­teil sind, am Bei­spiel der Eucha­ri­stie also in den Canon Mis­sae, der sei­ner­seits wie­der­um Herz­stück des vor­aus­ge­hen­den und des aus­klin­gen­den Mess­ri­tus ist. Erst in der Neu­scho­la­stik des 19. Jahr­hun­derts konn­te eine iso­lier­te­re Sicht ent­ste­hen, die Kwas­niew­ski tref­fend mit der Bezeich­nung Reduk­tio­na­lis­mus belegt, man könn­te auch von einem Gül­tig­keits­mi­ni­ma­lis­mus spre­chen, dem ein Maxi­ma­lis­mus an behaup­te­ter, son­sti­ger Gestal­tungs­frei­heit auf­sei­ten der kirch­li­chen Obrig­keit kor­re­lie­ren soll.17 Kwas­niew­ski zieht einen anschau­li­chen Ver­gleich, um die Ver­fehlt­heit einer sol­chen Sicht­wei­se zu erweisen:„Die Mes­se auf eine gül­ti­ge Wei­he [sic!, an die­ser ent­schei­den­den Stel­le ist es uner­find­lich, wie­so der Über­set­zer das eng­li­sche ‚con­se­cra­ti­on‘18 nicht eben­so ein­fach wie prä­zi­se mit ‚Kon­se­kra­ti­on‘ oder mei­net­we­gen mit ‚Wand­lung‘ wie­der­gibt, obwohl dar­in Ursa­che und Wir­kung streng­ge­nom­men mit­ein­an­der iden­ti­fi­ziert wür­den, Anm. CVO], zu redu­zie­ren ist so, als wür­de man den ehe­li­chen Akt auf die erfolg­rei­che Emp­fäng­nis eines Kin­des redu­zie­ren. Ich hof­fe instän­dig, dass nie­mand so töricht ist, den ehe­li­chen Akt als die Emp­fäng­nis eines Kin­des zu defi­nie­ren. Der ehe­li­che Akt ist natür­lich auf die Emp­fäng­nis eines Kin­des aus­ge­rich­tet, aber er hat sei­ne eige­ne Rea­li­tät, sei­nen eige­nen Sinn, der mehr umfasst als die Emp­fäng­nis, er ist Aus­druck der ehe­li­chen [hier hat das eng­li­sche Ori­gi­nal ‚spou­si­al‘19, was eher ‚bräut­li­chen‘ bedeu­tet, Anm. CVO] Lie­be, die in neu­em Leben gip­feln soll.“20 Fuß­no­ten wer­den bei der Lek­tü­re von Büchern häu­fig ver­nach­läs­sigt, des­we­gen möch­te ich zum The­ma Reduk­tio­na­lis­mus abschlie­ßend anfüh­ren, was Kwas­niew­ski dazu in einer Fuß­no­te bemerkt: „Als Tho­mist ver­tre­te ich die Auf­fas­sung, dass es tat­säch­lich einen Moment der Kon­se­kra­ti­on gibt […] Schaut man sich jedoch q. 83 in der Sum­ma theo­lo­giae III an, so stellt man fest, dass der hei­li­ge Tho­mas alles ande­re als ein lit­ur­gi­scher Reduk­tio­na­list ist. Sei­ne Metho­de, von der Kom­ple­xi­tät der Mes­se aus­zu­ge­hen, wie er sie vor­fin­det, und die Bedeu­tung und den Wert eines jeden ihrer Tei­le zu erken­nen, impli­ziert den Respekt, [ab hier ver­bes­se­re ich die Über­set­zung, die sich im Deut­schen fin­det, wie folgt: ‚den die­je­ni­gen vor ihr haben müs­sen, die sich des Mess­ri­tus bedie­nen‘, Anm. CVO]. Scho­la­sti­sche Prä­zi­si­on muss nicht in neo­scho­la­sti­schen Reduk­tio­na­lis­mus aus­ar­ten.“21

Der Römische Kanon als Merkmal und Kennzeichen der Lateinischen Liturgie des Westens und der Zugehörigkeit zu ihr

Schon in mei­ner ein­gangs erwähn­ten Buch­be­spre­chung zur eng­li­schen Ori­gi­nal­aus­ga­be wur­de das ach­te Kapi­tel, das dem Canon Mis­sae gewid­met ist, aus­führ­lich behan­delt. Des­sen Bedeu­tung wird durch die Beson­der­heit unter­stri­chen, in der Römi­schen Lit­ur­gie und in der gan­zen Latei­ni­schen Kir­che des Westens tra­di­tio­nell der prak­tisch allei­ni­ge Text eines eucha­ri­sti­schen Hoch­ge­be­tes zu sein, wäh­rend es ganz all­ge­mein gespro­chen in der Ost­lit­ur­gie immer schon wech­seln­de Eucha­ri­stie­ge­be­te gege­ben hat, die dort als Ana­pho­ren bezeich­net wer­den. Ab 1968 und dann im Mess­buch Pauls VI. wur­den zunächst drei alter­na­ti­ve Hoch­ge­be­te neben dem Römi­schen Kanon ein­ge­führt, die frei aus­ge­wählt wer­den kön­nen. Damit setz­te sich die Lit­ur­gie­re­form vom ost­kirch­li­chen Vor­bild, dem man zu fol­gen vor­gab, bereits wie­der ab, denn die Ver­wen­dung einer bestimm­ten Ana­pho­ra unter­liegt im Osten nicht dem Kri­te­ri­um frei­er Aus­wahl, son­dern ist bestimm­ten Festen und Anläs­sen ver­pflich­tend zuge­ord­net. Im Deut­schen soll­te man übri­gens nicht von einer Ana­pho­ra spre­chen, wenn man den Römi­schen Kanon meint22, son­dern zum Bei­spiel von Hoch­ge­bet, Hoch­ge­bets­text oder vom Eucha­ri­stie­ge­bet. Solan­ge eine west­li­che Lit­ur­gie gemeint ist23, ist es im Deut­schen abso­lut unüb­lich, von Ana­pho­ra zu spre­chen, der deut­sche Plu­ral lau­tet übri­gens kor­rekt Ana­pho­ren. Des­we­gen soll­ten auch die nach­kon­zi­lia­ren, inzwi­schen zehn zusätz­li­chen Hoch­ge­be­te in der Über­set­zung nicht als „(Neo)-Anaphorae“24 oder als die „neu­en Ana­pho­rae“25 oder schon vor­her als die „neu kon­stru­ier­ten Ana­pho­rae“26auf­tau­chen, son­dern immer als die neu­en (Eucha­ri­sti­schen) Hoch­ge­be­te bezeich­net wer­den, wie es wenig­stens ein­mal auch rich­tig27 geschieht.

Was in der Rezen­si­on, die ich zu The Once and Future Roman Rite schon vor­ge­legt habe, hin­sicht­lich des Canon Roma­nus und zum Myste­ri­um fidei in der Kelch­for­mel bereits ent­hal­ten ist, bleibt selbst­ver­ständ­lich auch für das deut­sche Buch Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus auf­recht und muss hier nicht aus­führ­lich wie­der­holt wer­den. Es kön­nen also jetzt ande­re Aspek­te näher betrach­tet wer­den als bei der Bespre­chung der eng­li­schen Aus­ga­be. Hin­sicht­lich der Fra­ge der Abwe­sen­heit einer Wand­lungs­epi­k­le­se, die den Hei­li­gen Geist im Kanon über die Obla­ta her­ab­ru­fen wür­de, habe ich Gele­gen­heit, eine von mir in der frü­he­ren Rezen­si­on auf­ge­stell­te Behaup­tung zur dies­be­züg­li­chen Argu­men­ta­ti­on Valen­tin Thal­ho­fers (1825–1891) richtigzustellen.

Struktur und Aufbau des Römischen Kanons als Indiz seiner Aussage über Kirche und Eucharistie

Bei sei­ner Beschäf­ti­gung mit dem Römi­schen Kanon setzt Kwas­niew­ski an, indem er zwölf Text­pas­sa­gen spe­zi­ell her­aus­greift, die im Latein des lit­ur­gi­schen Tex­tes zusam­men mit einer volks­sprach­li­chen Über­set­zung jeweils vor­an­ge­stellt wer­den, um in einer Ana­ly­se dar­aus zwölf dog­ma­ti­sche Wahr­hei­ten zu erhe­ben, die als kon­kre­te Cha­rak­te­ri­sti­ka die Aus­sa­ge des römi­schen Eucha­ri­stie­ge­bets und sei­ne spe­zi­fi­sche Eigen­heit (gegen­über ande­ren lit­ur­gi­schen Tra­di­tio­nen oder Riten­fa­mi­li­en) signi­fi­kant kennzeichnen.

Für die­se nicht nur kom­po­si­to­ri­sche, son­dern theo­lo­gi­sche Struk­tur ist fol­gen­de Fest­stel­lung Kwas­niew­skis von beson­de­rem Reiz: „Der römi­sche Kanon streicht den Zweck des Opfers her­aus, indem er gleich zu Beginn fest­stellt, dass es vom mysti­schen Leib für den mysti­schen Leib dar­ge­bracht wird, und das geschieht nicht auf eine ver­schwom­me­ne Art und Wei­se, son­dern mit Blick auf sei­ne hier­ar­chi­sche Struk­tur – das fehlt in den neu kon­stru­ier­ten Ana­pho­rae [wie gesagt, wäre der deut­sche Plu­ral Ana­phoren, spricht man aber hier ohne­hin bes­ser von Hoch­ge­be­ten, Anm. CVO], die den ekkle­sia­len Zweck des Opfers bis nach der Kon­se­kra­ti­on auf­schie­ben. Es gab tat­säch­lich in der Mit­te des 20. Jahr­hun­derts neun­mal­klu­ge Kri­ti­ker des römi­schen Kanons, die beklag­ten, dass der Kanon mit der Kir­che und ihrem Auf­bau beginnt, statt dass mit etwas ‚Theo­lo­gi­sche­rem‘ begon­nen wird wie der Tri­ni­tät, oder etwas ‚Erha­be­ne­rem‘ wie dem Heils­plan, oder etwas ‚ori­gi­när Histo­ri­sche­rem‘ wie dem letz­ten [sic!, als fest­ste­hen­der Aus­druck soll­te bei­des eigent­lich groß­ge­schrie­ben sein, Anm. CVO] Abend­mahl. Die­se Kri­ti­ken zei­gen nur spär­li­che Aner­ken­nung für die Kir­che als den Leib, der opfert und geop­fert wird [hier lau­te­te die Über­set­zung theo­lo­gisch prä­zi­ser mei­nes Erach­tens: dar­bringt und dar­ge­bracht wird, Anm. CVO], in Ein­heit mit ihrem Haupt und Herrn, Jesus Chri­stus, der Mensch wur­de, um die Kir­che aus sei­ner geöff­ne­ten Sei­te her­vor­ge­hen zu las­sen, sie zei­gen nur spär­li­che Aner­ken­nung für die Kir­che als den Ort, an dem das Geheim­nis der Drei­fal­tig­keit geof­fen­bart und ver­herr­licht wird; nur spär­li­che Aner­ken­nung für die Kir­che als das zugrun­de­lie­gen­de Prin­zip der heils­ge­schicht­li­chen Kon­ti­nui­tät, wie es [rich­ti­ger: sie, Anm. CVO] der hei­li­ge Augu­sti­nus in Der Got­tes­staat gezeigt hat. Pro­sa­ischer aus­ge­drückt: Der Kanon spie­gelt sowohl grie­chi­sche phi­lo­so­phi­sche Weis­heit wider, die besagt, dass die letz­te Ursa­che oder der letz­te Zweck die ‚Ursa­che der Ursa­chen‘ ist (also die Ursa­che, die alle ande­ren Ursa­chen erklärt); als auch patri­sti­sche Theo­lo­gie, die stets den ekkle­sia­len Rah­men der Lit­ur­gie betont. Dies ist das Opfer von der Kir­che für die Kir­che [da auch im Eng­li­schen ‚of‘ steht, nicht ‚by’und noch weni­ger ‚from‘, hie­ße es hier, auch von der theo­lo­gi­schen Aus­sa­ge­ab­sicht her, in der Über­set­zung bes­ser: ‚das Opfer der Kir­che für die Kir­che‘, Anm. CVO], jeder­zeit in Ein­heit [im Eng­li­schen heißt es ‚uni­on‘, nicht ‚unity‘, im Deut­schen also bes­ser: ‚in Ver­ei­ni­gung‘ Anm. CVO] mit ihrem Haupt, unse­rem Herrn Jesus Chri­stus, der zugleich Hoher­prie­ster, Opfer und Altar ist.“28 In der Tri­as Hoher­prie­ster – Opfer – Altar hat der eng­li­sche Text „vic­tim“29. Die­ser Begriff kommt vom latei­ni­schen vic­ti­ma, das uns wohl aus der Oster­se­quenz bekannt ist, in der Opfer­ter­mi­no­lo­gie des Kanons aber nicht erscheint. Des­we­gen wäre dem Autor an die­ser Stel­le zu emp­feh­len, die Voka­bel „sacri­fi­ce“, von latei­nisch sacri­fi­ci­um, vor­zu­zie­hen oder even­tu­ell „host“ von latei­nisch hostia zu sagen, ein Wort, auf das wir spä­ter zu spre­chen kommen.

Das ange­führ­te Zitat ist reich­hal­tig in den Aspek­ten, die sich dar­an theo­lo­gisch knüp­fen, wes­we­gen wir dabei noch etwas ver­wei­len wol­len: a) Kwas­niew­ski kommt dabei näm­lich nahe an die Emp­feh­lung des Inns­brucker Lit­ur­gie­wis­sen­schaft­lers Rein­hard Meß­ner her­an, das pro in der Wen­dung: „quae tibi offe­ri­mus pro Eccle­sia tua sanc­ta catho­li­ca“ mit: „Wir brin­gen sie [= die dona, mun­e­ra und sacri­fi­cia, Anm. CVO] dar als (!) Dei­ne hei­li­ge katho­li­sche Kir­che“30. So kom­me, begrün­det Meß­ner, zum Aus­druck: „Die Gemein­de, die zur Eucha­ri­stie ver­sam­melt ist, ist eben nicht bloß eine from­me Grup­pe in der Kir­che, nicht bloß [abge­schot­tet und iso­liert, Anm. CVO] eine von vie­len ‚Teil­kir­chen‘, son­dern sie ist die eine katho­li­sche Kir­che“31, oder anders gesagt, in jedem kon­kret gera­de gefei­er­ten Mess­op­fer, zu dem sich eine bestimm­te Gemein­de zusam­men­fin­det, ist die katho­li­sche Kir­che gegen­wär­tig und die han­deln­de Grö­ße. In die­sem Anspruch, in der Dar­brin­gung des Mess­op­fers die katho­li­sche Kir­che zu sein (!) bezie­hungs­wei­se stell­ver­tre­tend für die gan­ze katho­li­sche Kir­che zu han­deln (selbst, wenn außer dem Zele­bran­ten nur noch der Mini­strant oder eine win­zi­ge Zahl von Gläu­bi­gen zuge­gen sein soll­te), ist die Nen­nung von Papst und Orts­bi­schof fun­diert, wodurch die kon­kre­te Gemein­de bean­sprucht, nicht etwa außer­halb der katho­li­schen Kir­che zu ste­hen. Hier han­delt es sich also nicht um ein Gebet für Papst und Bischof, son­dern die­se wer­den als die Expo­nen­ten und Garan­ten von hier­ar­chi­scher Ein­bin­dung und glei­cher­ma­ßen des recht­gläu­bi­gen Bekennt­nis­ses vorausgesetzt.

b) Bekannt­lich ist es der hei­li­ge Ambro­si­us von Mai­land, der uns um 390 als erster in sei­ner Schrift De sacra­men­tis32, wenn auch nur aus­zugs­wei­se, Zita­te aus dem ihm geläu­fi­gen Kan­on­text römi­schen Typs lie­fert, wäh­rend er des­sen übri­ge Tei­le para­phra­siert ihrem Inhalt nach angibt und uns so den Auf­bau des Kanons bezeugt. Kwas­niew­ski stellt in der zitier­ten Pas­sa­ge rich­ti­ger­wei­se fest, dass in den neu­en Hoch­ge­be­ten die­ser Auf­bau nicht gewahrt ist, wohin­ge­gen Ratz­in­ger, wahr­schein­lich aus har­mo­ni­sie­ren­dem Wunsch­den­ken her­aus oder auf­grund einer sich mel­den­den Ein­sicht, dass es wenig­stens so sein müss­te, wenn es in der Lit­ur­gie der West­kir­che denn über­haupt wech­seln­de Hoch­ge­be­te geben soll, ein­mal behaup­tet: „dass die neu­en Hoch­ge­be­te mit dem über­lie­fer­ten Römi­schen Kanon die­sel­be Struk­tur tei­len; was wir an ihm exem­pla­risch beden­ken, gilt sach­lich eben­so von ihnen.“33 „Schön wäre es“, könn­te man dar­auf repli­zie­ren – oder lie­ber: „Dein Wort in Got­tes Ohr!“?

c) Kwas­niew­skis Aus­sa­ge, dass es im Römi­schen Kanon der Mysti­sche Leib ist, der dar­bringt und dar­ge­bracht wird, lässt sich sehr schön mit dem Stell­ver­tre­tungs­ge­dan­ken ver­bin­den, den Meß­ner im bereits zitier­ten Bei­trag tief­schür­fend her­aus­ge­ar­bei­tet hat, vor allem aber kann sie anschlie­ßen an das Fac nobis hanc obla­tio­nem im Mai­län­der Kan­on­text, dem Äqui­va­lent zum Quam obla­tio­nem sowohl im rekon­stru­ier­ten gre­go­ria­ni­schen Kanon34 als auch im tex­tus recep­tus, wie wir ihn heu­te im triden­ti­nisch kodi­fi­zier­ten Mis­sa­le Roma­num fin­den. Die­ser Text lau­tet: „Fac nobis hanc obla­tio­nem scrip­tam, rationa­bi­lem, accep­ta­bi­lem, quod est figu­ra cor­po­ris et san­gui­nis Domi­ni nostri Iesu Chri­sti. ”Zu deutsch: „Mach uns die­se Dar­brin­gung zu einer ver­zeich­ne­ten, logos­ge­mä­ßen35, annah­me­wür­di­gen, die da ist (!) ein Vor­aus­bild (figu­ra) des Lei­bes und Blu­tes unse­res Herrn Jesus Chri­stus.“ Dabei fällt auf, dass es sich hier nicht um eine Wand­lungs­bit­te han­delt, son­dern es wird dar­um gebe­tet, dass die Dar­brin­gung von Brot und Wein bei Gott ver­zeich­net, eine dem Logos ent­spre­chen­de, annehm­ba­re Dar­brin­gung wer­de. Gleich­sam als Begrün­dung für die Annah­me­wür­dig­keit wird ange­ge­ben, dass sie eine figu­ra des Lei­bes und Blu­tes Chri­sti ist. Lang weist eigens dar­auf hin, dass mit der Rede von der figu­ra nicht eine Ver­nei­nung oder ein bloß bild­haf­tes Ver­ständ­nis von Chri­sti wah­rer Gegen­wart in der Eucha­ri­stie ver­bun­den oder Ambro­si­us unter­stellt wer­den soll­te, dass es sich dabei viel­mehr um einen Schlüs­sel­be­griff typo­lo­gi­scher Exege­se im Bereich der Lit­ur­gie han­delt, wie sie im Alten Testa­ment Vor­aus­bil­der des Neu­en Bun­des sieht und in ihm escha­to­lo­gi­sche Erfül­lung als anti­zi­piert betrach­tet.36

Wenn Kwas­niew­ski den nicht nur im anglo­pho­nen Raum bekann­ten Prie­ster und Theo­lo­gen Father John Hun­wicke offen­bar zustim­mend fol­gen­der­ma­ßen zitiert: „Im römi­schen Kanon bedeu­tet Kon­se­kra­ti­on, dass wir dem all­mäch­ti­gen Gott Brot und Wein dar­brin­gen, auf dass er [offen­sicht­lich muss hier in der Über­set­zung ein ‚sie‘ ergänzt wer­den, Anm. CVO] sie annimmt, zum Leib und Blut sei­nes Soh­nes macht, in Über­ein­stim­mung mit den Wor­ten, die das fleisch­ge­wor­de­ne Wort gespro­chen hat“37, dann ist die­se Aus­sa­ge dog­ma­tisch gese­hen nur bedingt rich­tig. Zwar wird ger­ne sug­ge­riert, in der Vor­stel­lung eines Aus­tauschs – wir brin­gen Gott Brot und Wein dar und emp­fan­gen dafür in der Kom­mu­ni­on Leib und Blut Chri­sti – habe das ursprüng­li­che Ver­ständ­nis des Kanon­ge­sche­hens bestan­den. Kon­se­quent bedacht, wür­de dies bedeu­ten, dass der Eucha­ri­stie tat­säch­lich kein eigent­li­cher Opfer­cha­rak­ter zuzu­spre­chen wäre, denn im Kom­mu­nion­emp­fang für sich genom­men kommt ja unbe­strit­ten allein ein Mahl­cha­rak­ter zur Gel­tung. So argu­men­tiert auch Meß­ner in sei­ner Inter­pre­ta­ti­on des Sup­pli­ces38. Dabei wird aber ger­ne über­se­hen, das das haec, das in die­sem hoch­be­deut­sa­men Kanon­ge­bet vom Engel auf den himm­li­schen Altar über­tra­gen wer­den soll, die obla­tio bezeich­net, Leib und Blut Chri­sti jedoch ex hac alta­ris par­ti­ci­pa­tio­ne emp­fan­gen wer­den, also auf­grund der Teil­ha­be an die­sem, dem irdi­schen, Altar. Vom Altar im Him­mel her bit­ten wir, mit allem himm­li­schen Segen und mit Gna­de erfüllt zu wer­den, also die hei­li­ge Kom­mu­ni­on frucht­bar und gna­den­brin­gend zu emp­fan­gen, anstatt ver­geb­lich oder gar zum Gericht; wie 1 Kor 11, 29 warnt. In die­sem Sin­ne kann das Sup­pli­ces wohl als Kom­mu­nio­n­epi­k­le­se ver­stan­den wer­den, nicht aber als eine Wand­lungs­epi­k­le­se, die den Hei­li­gen Geist her­ab­ruft, damit er die Wand­lung bewir­ke oder sie vollendet.

Kwas­niew­ski sagt im Zusam­men­hang mit dem Hanc igi­tur: „Das Alter und die Roma­ni­tas des römi­schen Kanons zei­gen sich an vie­len Stel­len, ein beson­ders anschau­li­ches Bei­spiel ist das Hanc igi­tur. Hier ist Gott der Pater­fa­mi­li­as, der­je­ni­ge, von des­sen Wort Leben und Tod sämt­li­cher Fami­li­en­mit­glie­der abhän­gen. Wenn der Vater das befeh­len­de Wort aus­spricht, wird das Opfer statt­fin­den, wenn Er es annimmt, wird es wirk­sam sein. Des­halb hat der römi­sche Kanon kei­ne epi­k­le­sis. Sie [sic!, rich­tig muss es heißen:‚Er‘, denn gemeint ist der Kanon, nicht die (ja gar nicht vor­han­de­ne!) Epi­k­le­se, Anm. CVO] geht der make­do­ni­schen [sic!, rich­tig muss es hei­ßen: make­do­nia­ni­schen oder pneu­mato­ma­chi­schen, Anm. CVO] Kon­tro­ver­se über die Gött­lich­keit [im Eng­li­schen steht ‚divi­ni­ty‘39hier stün­de im Deut­schen folg­lich bes­ser: ‚Gott­heit‘, Anm. CVO] des Hei­li­gen Gei­stes vor­aus und spie­gelt eine patri­zen­ti­sti­sche Theo­lo­gie wider, in der das Wohl­ge­fal­len des Vaters am Sohn, zusam­men mit sei­ner All­macht eine aus­rei­chen­de Erklä­rung dafür ist, war­um das Gebet der Kir­che sich durch­setzt und der Leib und das Blut Chri­sti auf dem Altar gegen­wär­tig wer­den.“40 Die zahl­rei­chen Kor­rek­tu­ren, beson­ders die­je­ni­ge des Bezugs­feh­lers, die in die­sem Zitat an der Über­set­zung ange­bracht wer­den muss­ten, deu­ten dar­auf hin, dass der Über­set­zer mit kom­ple­xe­ren theo­lo­gi­schen Zusam­men­hän­gen bis­wei­len über­for­dert und mit der kir­chen­ge­schicht­li­chen Ein­ord­nung nicht immer ver­traut ist. Theo­lo­ge dürf­te er daher jeden­falls nicht sein. Das zeigt sich auch in einer sehr man­gel­haft über­setz­ten Fuß­no­te, in der Kwas­niew­ski phi­lo­so­phisch die Kennt­nis des­sen vor­aus­set­zend, was Hylem­or­phis­mus meint, um sehr fach­ter­mi­no­lo­gisch die Trans­sub­stan­tia­ti­on zu erläu­tern.41

Wie wir soeben an dem Zitat gese­hen haben, möch­te Kwas­niew­ski über das Feh­len einer Hei­lig­geist­epi­k­le­se auf das Alter des Kan­on­tex­tes schlie­ßen. Die Häre­sie der Pneu­mato­ma­chen, die er zu die­sem Zweck anspricht, bestand dar­in, die Wesens­gleich­heit des Hei­li­gen Gei­stes mit dem Vater und dem Sohn abzu­leh­nen. Begrün­det wur­de sie von Make­do­ni­os von Kon­stan­ti­no­pel, ab 342 Patri­arch auf dem dor­ti­gen Bischofs­stuhl. 360 aus poli­ti­schen Grün­den abge­setzt, starb er um 364. Sei­ne Leh­re wur­de vom Ersten Kon­zil von Kon­stan­ti­no­pel 381 als Häre­sie ver­ur­teilt.42 Wenn wir uns zurück­er­in­nern, dass der römi­sche Kan­on­text zuerst um 390 von Ambro­si­us als in Mai­land schon lan­ge im Gebrauch ste­hend bezeugt und in wesent­li­chen Abschnit­ten erst­mals wört­lich zitiert wird (soweit uns anti­ke Quel­len erhal­ten sind) und auch dort eine sol­che Wand­lungs­epi­k­le­se fehlt, passt das sehr gut zu Kwas­niew­skis Datierungsansatz.

Im Anschluss an Anton Baum­stark geht Lang davon aus, dass der latei­ni­sche Text des Kanons nicht lan­ge nach der Mit­te des 3. Jahr­hun­derts in Rom ein­ge­führt wur­de.43 Es lässt sich noch hin­zu­neh­men, dass lit­ur­gisch gebrauch­te Bibel­zi­ta­te im Römi­schen Kanon, ins­be­son­de­re im Ein­set­zungs­be­richt mit den Her­ren­wor­ten, am Wort­laut der Fas­sung der Vetus Lati­na fest­hal­ten, also vor der spä­ter so genann­ten Vul­ga­ta, mit deren Erstel­lung der hei­li­ge Hie­ro­ny­mus von Papst Dama­sus I. beauf­tragt wur­de.44 Des­sen Pon­ti­fi­kat währ­te von 366 bis 384, so dass man einen wei­te­ren Anhalts­punkt bekommt, einen Kern­be­reich des Römi­schen Kanons rela­tiv weit vor die Arbeit an der Vul­ga­ta und damit zugleich vor das erst­ma­li­ge Auf­tre­ten der theo­lo­gi­schen Debat­ten um die Gott­heit des Hei­li­gen Gei­stes zeit­lich einzuordnen.

Der Heilige Geist – der große Unbekannte im Eucharistiegebet Roms?

Wie schon ange­kün­digt, möch­te ich an die­ser Stel­le mei­ne ursprüng­li­che Rezen­si­on zur eng­li­schen Ori­gi­nal­aus­ga­be The Once and Future Roman Rite in aller gebüh­ren­den Kür­ze in einem Punkt kor­ri­gie­ren. Dort hat­te ich gesagt, Thal­ho­fer habe nie genau­er begrün­det, war­um er die Exi­stenz einer (Wandlungs-)Epiklese im Römi­schen Kanon ver­neint und auch nicht, wie heut­zu­ta­ge modi­fi­ziert anschei­nend von Rein­hard Meß­ner ver­tre­ten, das Sup­pli­ces als sol­che akzep­tiert. Die Begrün­dung hat Thal­ho­fer jedoch durch­aus gege­ben. In sei­nem Hand­buch der katho­li­schen Lit­ur­gik führt er ins­ge­samt fünf Argu­men­te an, war­um es im Römi­schen Kanon kei­ne die Her­ab­kunft des Hei­li­gen Gei­stes über die Obla­ta erfle­hen­de Epi­k­le­se gibt bezie­hungs­wei­se, war­um es sie auch nicht geben muss.45 Er scheint sei­ne Begrün­dun­gen nach der Über­zeu­gungs­kraft geord­net zu haben, die er ihnen selbst bei­misst, und so ist das erste Argu­ment, auf des­sen Wie­der­ga­be ich mich hier beschrän­ken muss, viel­leicht auch gleich das inter­es­san­te­ste: Dass die Epi­k­le­se im Kanon fehlt, sei nicht Man­gel oder Lücke die­ses Hoch­ge­bets, son­dern ein spe­zi­fi­sches Cha­rak­te­ri­sti­kum des Ritus von Rom: „Soll­te das Vor­han­den­sein der Epi­k­le­sen in den grie­chi­schen und ori­en­ta­li­schen Lit­ur­gien wirk­lich in die Zeit der Apo­stel hin­auf­rei­chen, auf apo­sto­li­scher Tra­di­ti­on beru­hen, so folgt dar­aus kei­nes­wegs, daß auch alle abend­län­di­schen Lit­ur­gien, spe­ciell die römi­sche, solch eine Epi­k­le­se haben müs­sen […], fin­det sich ja in den grie­chi­schen und ori­en­ta­li­schen Lit­ur­gien […] gewiß außer den Epi­k­le­sen noch gar man­ches Schö­ne und Belang­rei­che, was in die Apo­stel­zeit zurück­reicht und gleich­wohl in den abend­län­di­schen Lit­ur­gien uns nicht begeg­net. Es wird von Anfang an neben den von allen Apo­steln ein­ge­hal­te­nen wesent­li­chen lit­ur­gi­schen For­men auch noch sin­gu­lä­re gege­ben haben, wel­che die ein­zel­nen Apo­stel kraft ihrer apo­sto­li­schen Gewalt in den von ihnen gegrün­de­ten Kir­chen […] ein­führ­ten […]. So wird es bezüg­lich der Epi­k­le­sen im Ori­ent und unter den Grie­chen gewe­sen sein […]. Daß auch der hl. Petrus in die römi­sche Lit­ur­gie eine Epi­k­le­se nach Art der grie­chi­schen habe auf­neh­men müs­sen, wird wohl kaum jemand behaup­ten, daß er aber gleich­wohl that­säch­lich eine sol­che auf­ge­nom­men habe, läßt sich mei­nes Erach­tens nicht bewei­sen.“46 Der letz­te Satz die­ses Zita­tes bedeu­tet frei­lich nicht, dass Thal­ho­fer die nai­ve Auf­fas­sung ver­tre­ten hät­te, der hei­li­ge Petrus, der zwi­schen 64 und 67 den Mar­ty­rer­tod gestor­ben ist, habe sich vor­her noch an den Schreib­tisch gesetzt und den Kanon ver­fasst. Thal­ho­fer will damit indes durch­aus sagen, dass auf Petrus als Grün­der der Kir­che von Rom die Struk­tur des Kanons zurück­ge­he und dass es daher eine legi­ti­me, sin­gu­lä­re Erschei­nung ist, wenn die Struk­tur des römi­schen Eucha­ri­stie­ge­bets kei­ne Epi­k­le­se um den Hei­li­gen Geist vorsieht.

Figura und hostia als Schlüsselbegriffe im Römischen Kanon und im Umfeld der Konsekration

Kom­men wir zurück auf das von Kwas­niew­ski über­nom­me­ne Zitat von Hun­wicke, das hier der bes­se­ren Über­sicht wegen noch ein­mal wie­der­holt wer­den soll: „Im römi­schen Kanon bedeu­tet Kon­se­kra­ti­on, dass wir dem all­mäch­ti­gen Gott Brot und Wein dar­brin­gen, auf dass er [sie,] indem er sie annimmt, zum Leib und Blut sei­nes Soh­nes macht, in Über­ein­stim­mung mit den Wor­ten, die das fleisch­ge­wor­de­ne Wort gespro­chen hat“47 Die Aus­sa­ge ist nicht völ­lig falsch, denn rich­tig dar­an ist, dass die gehäuf­ten Annah­me­bit­ten des Kanons und sei­ne dabei stark juri­stisch gepräg­te Spra­che ein Cha­rak­te­ri­sti­kum des Römi­schen bil­den. Um an ein ursprüng­li­ches Kanon­ver­ständ­nis und zugleich an eine Kanon­her­me­neu­tik anzu­knüp­fen, wie sie die dog­ma­ti­schen Lehr­aus­sa­gen des Kon­zils von Tri­ent (1545–1563) bestimmt hat, und um dahin­ter nicht zurück­zu­fal­len, muss man zunächst dar­an erin­nern, dass die Kir­che nicht ein­fach Brot und Wein dar­bringt, son­dern dar­in bereits vor dem Ein­set­zungs­be­richt die figu­ra von Leib und Blut Chri­sti. Dies im Bewusst­sein zu hal­ten, bedeu­tet gera­de, ein frü­hes Kanon­ver­ständ­nis nicht zu ver­ges­sen (oder wie­der­zu­ge­win­nen), auch wenn das Quam obla­tio­nem schon im gre­go­ria­ni­schen Kanon die Rede von der figu­ra aus­ge­schie­den hat­te und zur Bit­te um Wand­lung umfor­mu­liert war, wie wir sie noch heu­te fin­den. In der ursprüng­li­chen Wen­dung ist zusätz­lich eine Selbst­dar­brin­gung der Kir­che aus­ge­drückt, inso­fern sie Leib Chri­sti ist48, die wir wei­ter­hin oder wie­der kla­rer vor Augen haben soll­ten. Wie im Kan­on­text des Ambro­si­us die For­mu­lie­rung quod est figu­ra cor­po­ris et san­gui­nis Domi­ni nostri Iesu Chri­sti dem Ein­set­zungs­be­richt unmit­tel­bar vor­aus­geht, so tritt gleich an die­sen anschlie­ßend in allen Ent­wick­lungs­stu­fen des Kan­on­tex­tes erst­mals ein neu­er Opfer­ter­mi­nus auf: die hostia.49 Der neu hin­zu­kom­men­de Ter­mi­nus hostia belegt, dass mit dem Ein­set­zungs­be­richt und dem Aus­spre­chen der Wor­te Chri­sti in ihm, die Vor­stel­lung einer signi­fi­kan­ten Ver­än­de­rung ver­bun­den ist, so dass als­bald danach eine neue Qua­li­tät als nun­mehr ein­ge­tre­ten ange­nom­men und geglaubt wird, die man bis zum oder vor dem Ein­set­zungs­be­richt als noch nicht bestehend ansieht.50

Widerspruch und Zustimmung zu Hunwicke und Kwasniewski

Die­se Ein­sicht ver­an­lasst uns nun, die Lehr­aus­sa­gen und die Cano­nes von Tri­ent zur Eucha­ri­stie als Opfer und Kom­mu­ni­on sowie zum Sakra­ment der Prie­ster­wei­he hin­zu­zu­zie­hen und so zu zei­gen, war­um und wor­in Hun­wicke zu wider­spre­chen ist: Nach der Leh­re des Kon­zils von Tri­ent über das Wei­he­sa­kra­ment wer­den Leib und Blut Chri­sti nicht bloß als Sakra­ment emp­fan­gen, son­dern bil­den zuerst und vor­her den eigent­li­chen Gegen­stand des Mess­op­fers und sei­ner obla­tio, denn das Prie­ster­tum des Neu­en Bun­des, wel­ches ein sicht­ba­res und äuße­res ist, über­trägt hin­sicht­lich der Eucha­ri­stie die drei­fa­che Voll­macht, den Leib und das Blut unse­res Herrn Jesus Chri­stus zu kon­se­krie­ren, dar­zu­brin­gen und zu spen­den, näm­lich die pote­stas con­se­cra­re cor­pus et san­gui­nem eius, die pote­stas offe­ren­di cor­pus et san­gui­nem eius und schließ­lich die pote­stas mini­stran­di cor­pus et san­gui­nem eius.51 Es ist hier also gera­de nicht (!) von einer Voll­macht die Rede, Brot und Wein, panem et vinum, dar­zu­brin­gen, und zwi­schen der Voll­macht zur Kon­se­kra­ti­on, die an erster Stel­le genannt wird, und der p. offe­ren­di als zwei­tem Glied wird deut­lich dif­fe­ren­ziert. Dass die p. mini­stran­di cor­pus et san­gui­nem eius die Kom­mu­ni­ons­pen­dung im Auge hat, ergibt sich aus der Aus­sa­ge­ab­sicht des Kon­zils von Tri­ent eben­so wie aus der Chro­no­lo­gie des lit­ur­gi­schen Gesche­hens im Ver­ständ­nis des Triden­ti­nums: Zuerst erfolgt die Kon­se­kra­ti­on des Lei­bes und Blu­tes Chri­sti, damit ver­bun­den, aber eben doch nicht völ­lig mit der Kon­se­kra­ti­on koin­zi­die­rend, son­dern dar­über hin­aus­rei­chend, sei­ne Dar­brin­gung. Im logisch letz­ten Schritt kön­nen der wah­re Leib und das Blut des Herrn nur als kon­se­krier­te und dar­ge­brach­te im hei­li­gen Sakra­ment als Kom­mu­ni­on gespen­det und emp­fan­gen wer­den. Im zuge­hö­ri­gen Canon wird der­je­ni­ge, der sagt, im Sakra­ment der Wei­he wer­de nicht die Voll­macht über­tra­gen, den wah­ren Leib und das Blut des Herrn, ver­um cor­pus et san­gui­nem Domi­ni, zu kon­se­krie­ren und dar­zu­brin­gen, dem Ana­the­ma unter­wor­fen.52 Damit will ich weder gegen Father Hun­wicke noch gegen Peter Kwas­niew­ski, inso­fern er ihm zustimmt, die Keu­le des Kir­chen­banns schwin­gen, denn wie sich gleich zei­gen wird, kann die Aus­sa­ge sowohl mit einem typo­lo­gi­schen Kanon­ver­ständ­nis, Stich­wort: figu­ra, als auch mit der triden­tisch-dog­ma­ti­schen Fixie­rung in Ein­klang gebracht werden.

Johann Nepu­muk Die­pol­der (1847–1915)53, ein Schü­ler Valen­tin Thal­ho­fers und 1872 für das Bis­tum Augs­burg zum Prie­ster geweiht, hat in sei­ner Würz­bur­ger Dis­ser­ta­ti­on von 1876, die ein Jahr spä­ter als Buch erschien und die er Thal­ho­fer, sei­nem Leh­rer an der Uni­ver­si­tät und Erzie­her im Her­zog­li­chen Geor­gia­num zu Mün­chen, gewid­met hat, gemeint, die Auf­fas­sung ver­tre­ten zu müs­sen, die p. offe­ren­di decke sich voll­kom­men mit der p. con­se­cran­di und gehe in ihr auf. Es lie­ge ledig­lich eine sprach­li­che Varia­ti­on im Aus­druck vor, der jedoch ein und die­sel­be Voll­macht bezeich­ne. Es hand­le sich dabei schlicht um das Stil­mit­tel des Pleo­nas­mus, das man im Grie­chi­schen und Latei­ni­schen ger­ne ver­wen­de, um einen Begriff oder eine Aus­sa­ge zu beto­nen, bezie­hungs­wei­se inhalt­lich zu schär­fen.54 „Dem unbe­fan­ge­nen Gei­stesau­ge des Theo­lo­gen [und latei­ni­schen Phi­lo­lo­gen, Anm. CVO]“55 hät­te sich indes viel­mehr zei­gen müs­sen, dass hier nicht ein­fach eine sprach­li­che Häu­fung im Aus­druck vor­liegt, son­dern ganz gezielt und bewusst eine Unter­schei­dung getrof­fen wird, denn andern­falls müss­te man ja behaup­ten, auch die p. mini­stran­di, die im triden­ti­ni­schen Lehr­de­kret auf­tritt, müs­se mit der p. con­se­cran­di et offe­ren­di gleich­ge­setzt wer­den. Im Fal­le der Kom­mu­ni­ons­pen­dung ist es jedoch völ­lig evi­dent, dass sie nicht in einem, gemein­sa­men Akt mit der Kon­se­kra­ti­on und Dar­brin­gung über­ein­stimmt oder zusam­men­trifft. In sei­ner gegen­tei­li­gen, auch noch ziem­lich über­heb­lich vor­ge­tra­ge­nen Posi­ti­on ver­rät sich Die­pol­der wohl in die­ser Hin­sicht als typisch neu­scho­la­sti­scher Reduk­tio­na­list und schien ent­we­der nicht zu wis­sen oder absicht­lich zu ver­schwei­gen, dass der von ihm grund­sätz­lich bewun­der­te Thal­ho­fer eine kla­re Aus­dif­fe­ren­zie­rung von p. con­se­cran­di und p. offe­ren­di annimmt.56

Da nach der Lehr­for­mu­lie­rung des Kon­zils von Tri­ent der wah­re Leib und das Blut des Herrn, nicht Brot und Wein dar­ge­bracht wer­den, ist eine eige­ne p. offe­ren­di im strik­ten Sin­ne nur unter der Annah­me eines klar zu bestim­men­den Kon­se­kra­ti­ons­mo­men­tes denk­mög­lich, mit dem und in wel­chem die Betä­ti­gung der p. offe­ren­di ein­set­zen mag, über den sie aber hin­aus­reicht und nament­lich wäh­rend der Kanon­ge­be­te des Unde et memo­res, des Supra quae, des Sup­pli­ces und des Nobis quo­que pec­ca­to­ri­bus andau­ert, um nach mei­nem Dafür­hal­ten spä­te­stens mit dem Ver­mi­schungs­ri­tus abge­schlos­sen zu wer­den, der vom Gebet Haec com­mix­tio beglei­tet wird.

Eine figu­ra­tiv-typo­lo­gi­sche Sicht auf den Leib Chri­sti unter Inte­gra­ti­on sei­ner ekkle­sia­len Dimen­si­on eröff­net eine Per­spek­ti­ve, die triden­ti­nisch aus­ge­sag­te p. offe­ren­di inner­halb des Kanons eben­falls schon ante con­se­cra­tio­nem wal­tend zu fin­den, in einem erwei­ter­ten und mehr unei­gent­li­chen Sin­ne sogar schon wäh­rend der Dar­brin­gung der berei­te­ten Hostie und des Kel­ches57, was die aus der Opfer­spra­che des Kanons ent­lehn­te Ter­mi­no­lo­gie der Gebe­te des römisch-triden­ti­ni­schen Offer­to­ri­ums mei­nes Erach­tens weit befrie­di­gen­der erklärt als das Stil­mit­tel einer auf die erfolg­te Kon­se­kra­ti­on vor­aus­grei­fen­den Pro­lep­sis der Aus­drucks­wei­se und in den Bezeich­nun­gen für die Gaben von Brot und Wein. Bei solch einer Zusam­men­schau von frü­hem, patri­sti­schem Ver­ständ­nis des Römi­schen Kanons mit der triden­ti­ni­schen Kanon­her­me­neu­tik und dog­ma­ti­schen Fest­le­gung kann die hier ein­ge­hend erör­ter­te, von Kwas­niew­ski – viel­leicht nicht ganz durch­dacht – unge­wöhn­lich unkri­tisch über­nom­me­ne, For­mu­lie­rung Hun­wickes als theo­lo­gisch kor­rekt inter­pre­tiert wer­den, wäh­rend sie andern­falls auf die mit dem Kir­chen­bann bedroh­te Aus­sa­ge hin­aus­zu­lau­fen schie­ne, das, was dar­ge­bracht wer­de, bestehe in nichts ande­rem, als dass uns Chri­stus zur Spei­se gereicht wer­de.58 Um die­sen The­men­kreis zum Abschluss zu brin­gen, muss noch erwähnt wer­den, dass in der deut­schen Über­set­zung die Wen­dung „true and pro­per sacri­fi­ce“59 zur Defi­ni­ti­on der Mes­se im hier ange­zeig­ten Buch nie kor­rekt über­setzt wird. Zuerst liest man im Deut­schen: „wah­res und ange­mes­se­nes Opfer“60, dann „ech­tes und ange­mes­se­nes Opfer“61. Mög­li­cher­wei­se kommt die Wen­dung noch öfters vor und wird noch auf wei­te­re Wei­sen falsch über­setzt, die­se bei­den Vor­kom­men mögen genü­gen. Der Über­set­zer ist sich wohl nicht im Kla­ren dar­über, dass dies eine vom Kon­zil von Tri­ent lehr­amt­lich gepräg­te For­mu­lie­rung ist. Viel­leicht liegt das dar­an, dass Kwas­niew­ski sie als fest­ste­hen­den Aus­druck ver­wen­det, ohne die­sen jedoch eigens als Kon­zils­aus­sa­ge zu kenn­zeich­nen, genau­er gesagt han­delt es sich um den latei­ni­schen Aus­druck ver­um ac pro­pri­um sacri­fi­ci­um im 1. Canon über das hei­li­ge Mess­op­fer.62 Die ein­zi­ge, übli­che, eta­blier­te und theo­lo­gisch kor­rek­te Art und Wei­se, das ins Deut­sche zu über­set­zen, lau­tet jeden­falls: wah­res und eigent­li­ches Opfer. In die­se Prä­gung sind ein­ge­flos­sen Aus­drücke ver­um et sin­gu­la­re sacri­fi­ci­um63 sowie die des sacri­fi­ci­um visi­bi­le64 im Hori­zont des Begrif­fes der reprae­sen­ta­tio.65

Der Mahlcharakter der Eucharistie im Canon Missae ist eschatologischer Ausblick

In der Dis­kus­si­on um die nach­kon­zi­lia­re Lit­ur­gie­re­form steht immer wie­der das Anlie­gen im Vor­der­grund, den Opfer­cha­rak­ter der hei­li­gen Mes­se zu bekräf­ti­gen. Anders gewen­det, wird die Haupt­schwä­che des neu­en Mess­ri­tus, wes­we­gen man ihn ablehnt oder am alten Ritus fest­hält, dar­in gese­hen oder unter­stellt, dass im neu­en Ritus die­ser Opfer­cha­rak­ter nicht oder zu schwach zum Aus­druck kom­me. Ins­be­son­de­re wohl durch die Zele­bra­ti­on ver­sus ad popu­lum wird in der äuße­ren Gestalt eine Abkehr vom Opfer­cha­rak­ter wahr­ge­nom­men, der Mahl­cha­rak­ter als ein­sei­tig her­aus­ge­stellt emp­fun­den. Das bringt den Vor­wurf einer pro­te­stan­ti­sier­ten Lit­ur­gie ein, und der Eucha­ri­stie einen Cha­rak­ter des Mah­les zuzu­er­ken­nen, wird umge­kehrt schon als pro­te­stan­tisch verdächtigt.

Und doch sagt Kwas­niew­ski ziem­lich zu Beginn sei­nes Buch völ­lig zutref­fend: „Die Lit­ur­gie hat ein grö­ße­res Ziel, als uns ein Mahl zu berei­ten, und selbst die Gegen­wart unse­res Herrn hat einen grö­ße­ren Umfang, ein grö­ße­res Ziel als die sakra­men­ta­le Kom­mu­ni­on. Die Mes­se ist der fei­er­li­che, öffent­li­che, offi­zi­el­le Akt der Anbe­tung, der Dank­sa­gung und des Bitt­ge­bets [im Eng­li­schen steht: ‚sup­pli­ca­ti­on‘, was im Deut­schen bes­ser ein­fach mit ‚der Bit­te‘ über­setzt und der wei­te­re Teil des Sat­zes in sei­ner Über­set­zung wie folgt kor­ri­giert wird: ‚wel­cher von Chri­stus, dem Hohen­prie­ster und, in Ver­ei­ni­gung mit Ihm, von des­sen gesam­tem Mysti­schen Leib dem Vater dar­ge­bracht wird‘, Anm. CVO]. Sie ist der wich­tig­ste Akt der Tugend der Got­tes­ver­eh­rung, durch den wir Gott ein Opfer des Lobes dar­brin­gen, das Sei­ner Herr­lich­keit wür­dig ist.[…] Sie ist das Hoch­zeits­mahl des Königs der Köni­ge, sie ist die Wie­der­her­stel­lung des gesam­ten geschaf­fe­nen Uni­ver­sums in sei­nem Alpha und Ome­ga.“66 In die­ser Wie­der­her­stel­lung ist der Aspekt der Süh­ne67 ein­ge­schlos­sen, den man in dem Zitat sonst ver­mis­sen wür­de, doch wich­tig ist vor allem, dass Kwas­niew­ski von der Mes­se als vom Hoch­zeits­mahl des Königs der Köni­ge spricht und so den Aspekt des Mah­les an der Eucha­ri­stie nicht ver­gisst oder ver­neint. Zunächst ist das biblisch fun­diert, beson­ders in Mt 22, 1–14 und in Offb 19,9. Wenn wir uns an Ambro­si­us von Mai­land noch ein­mal erin­nern und dar­an, wie im ambro­sia­ni­schen Kanon­zi­tat die typo­lo­gi­sche Exege­se der Kir­chen­vä­ter auf die Lit­ur­gie ange­wen­det wird, dann erfüllt sich in der Lit­ur­gie der Kir­che nicht nur der Opfer­kult des Tem­pels zu Jeru­sa­lem, son­dern die Eucha­ri­stie wird ihrer­seits zum Vor­aus­bild des escha­to­lo­gi­schen Mah­les in der Voll­endung des Himmels.

Bei sei­ner Deu­tung des Hanc igi­tur weist Kwas­niew­ski dar­auf hin, dass der Zele­brant dar­in als Archi­kli­nos erscheint, als der Freund des Bräu­ti­gams, damit beauf­tragt, die Ord­nung des Festes und die Bewir­tung zu orga­ni­sie­ren.68

Der Mahl­cha­rak­ter kommt im Römi­schen Kanon vor allem in der Nen­nung der Hei­li­gen in den bei­den Listen im Com­mu­ni­can­tes und, noch stär­ker, im Nobis quo­que pec­ca­to­ri­bus zum Tra­gen. Zwei­fels­oh­ne am mei­sten aber im Bild vom himm­li­schen Altar im Sup­pli­ces, in dem zugleich die gan­ze Theo­lo­gie des Hebrä­er­briefs69 mit ihrer Hohe­prie­ster-Chri­sto­lo­gie70 gebün­delt ist. An die­sem himm­li­schen Altar kommt die Vor­stel­lung der Tisch­ge­mein­schaft71 mit der des Rauch­op­fer­al­tars und des an die­sem dar­ge­brach­ten sacri­fi­ci­um lau­dis über­ein. „Die früh­christ­li­che Eucha­ri­stie ist […] eine kul­ti­sche Anti­zi­pa­ti­on des himm­li­schen Mah­les im Rei­che Got­tes. […] In der Eucha­ri­stie, in der die Gläu­bi­gen vom Altar ‚essen‘ ([Hebr] 13, 10), näm­lich Chri­sti Leib und Blut, in der sie also am ein­ma­li­gen Sühnop­fer Chri­sti par­ti­zi­pie­ren, fal­len Kreu­zes­al­tar und himm­li­scher Rauch­op­fer­al­tar zusam­men.“72 Nicht sach­ge­recht ist aller­dings die Dar­stel­lung Meß­ners, der „Emp­fang des Lei­bes und Blu­tes Chri­sti“ erfol­ge „am himm­li­schen Altar“73, wohin­ge­gen er ex hac alta­ris par­ti­ci­pa­tio­ne geschieht, also am Altar auf Erden.74 Von der Beja­hung einer escha­to­lo­gi­schen Per­spek­ti­ve des Mahl­cha­rak­ters der Eucha­ri­stie zu unter­schei­den ist eine Rede vom Opfer in Mahl­ge­stalt, die irre­füh­rend ist.75

Abschlie­ßend, weil auch inhalt­lich von Belang, noch eine Bemer­kung zur Über­set­zung eines Fach­be­griffs in dem wich­ti­gen ach­ten Kapi­tel über den Römi­schen Kanon. Der Begriff „Super­ses­sio­nis­mus“76 ist im Deut­schen nicht üblich, man spricht statt­des­sen von Sub­sti­tu­ti­ons­theo­rie oder Sub­sti­tu­ti­ons­theo­lo­gie. Wir konn­ten sehen, von welch zen­tra­ler Bedeu­tung der Hebrä­er­brief für den Canon Roma­nus ist. Dabei ist zu beden­ken, dass „der Hebrä­er­brief nur ein Volk Got­tes [kennt], es exi­stiert seit den Vätern Isra­els […]. Im Vor­der­grund steht die Unter­schei­dung Glau­ben­de – Nicht­glau­ben­de. Ent­schei­den­des Kri­te­ri­um für die Zuge­hö­rig­keit zum Volk Got­tes ist der Glau­be (Hebr 3, 7–4, 11; 11, 1–12, 3) Die neue Dia­the­ke […] bedeu­tet kei­ne heils­ge­schicht­li­che Auf­he­bung der alt­te­sta­ment­li­chen Bun­des­ge­schich­te, son­dern bezieht sich auf die levi­ti­sche Kult­ord­nung. Sie wur­de auf­grund ihrer Unfä­hig­keit, Sün­den zu besei­ti­gen, durch eine neue Ver­fü­gung ersetzt. […] Die Rede von der neu­en Dia­the­ke hat die Funk­ti­on, die Ein­set­zung Jesu als Hohe­prie­sters nach der Ord­nung Mel­chise­deks zu legi­ti­mie­ren, nicht das Juden­tum zu dele­gi­ti­mie­ren.“77 „Dies als ‚Super­ses­sio­nism‘ zu bezeich­nen, ist nicht gerecht­fer­tigt.“78 Gera­de der ein­zig­ar­ti­ge Platz, den die Gestalt des Mel­chise­dech als Hoher­prie­ster im Supra quae des über­lie­fer­ten römi­schen Eucha­ri­stie­ge­bets (und auch die­je­ni­ge unse­res Patri­ar­chen Abra­ham dort) ein­nimmt, soll­te tra­di­ti­ons­treu­en Katho­li­ken das immer im Glau­bens­be­wusst­sein und bei der theo­lo­gi­schen Durch­drin­gung vor Augen halten.

Schlussbemerkungen und Ausklang

Es ist bedau­er­lich, dass die deut­sche Aus­ga­be von The Once and Future Roman Rite kein gebun­de­nes Buch ist. Gegen­über dem Ori­gi­nal ist das For­mat ver­klei­nert, was in Druck­bild, Schrift­grö­ße und Les­bar­keit einen Nach­teil dar­stellt. Die schö­nen Illu­stra­tio­nen wer­den zwar, wie im eng­li­schen Buch, so auch in Der alte künf­ti­ge Römi­sche Ritus abge­bil­det, büßen aber ob der in der Grö­ße ver­rin­ger­ten Dar­stel­lung erheb­lich an Wir­kung ein. Ein Nach­teil ist es wei­ter­hin, dass die Über­set­zung der Kanon­zi­ta­te nicht auf das Volks­mis­sa­le in des­sen aktu­el­ler 4. Auf­la­ge von 2022, son­dern auf die alte soge­nann­te Ein­heits­über­set­zung von 1929 zurück­greift, die seit 1934 im alten Schott79steht, aber gera­de an ent­schei­den­den Stel­len sprach­lich (und theo­lo­gisch!) nicht immer zuver­läs­sig über­setzt.80

Exi­stie­ren deut­sche Aus­ga­ben eines Wer­kes, wird in Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus nor­ma­ler­wei­se nach die­sen zitiert. War­um das aus­ge­rech­net bei Bug­nini, A., Die Lit­ur­gie­re­form, ein Buch, das 1988 im Ver­lag Her­der erschie­nen ist, nicht geschieht, son­dern die eng­li­sche Aus­ga­be her­an­ge­zo­gen und anhand ihrer eine eige­ne, nicht unbe­dingt bes­se­re Über­set­zung erstellt wird, bleibt uner­find­lich.81 Ähn­lich wird der deut­sche Prie­ster, Theo­lo­ge und Autor Niko­laus Gihr (1839–1924) min­de­stens ein­mal fälsch­li­cher­wei­se unter der eng­li­schen Form sei­nes Vor­na­mens Nicho­las ange­führt.82 Lei­der fehlt ein Stich­wort­ver­zeich­nis, wie es sich in der eng­li­schen Aus­ga­be sehr wohl fin­det.83

Die­se Män­gel woll­te ich nicht ganz ver­schwei­gen, sie ändern aber nichts an der Ver­dienst­lich­keit der deut­schen Aus­ga­be. Alle, die das Buch lie­ber in ihrer deut­schen Mut­ter­spra­che statt im eng­li­schen Ori­gi­nal lesen, wer­den dafür sehr dank­bar und emp­fäng­lich sein.

Ganz ans Ende möch­te ich ein letz­tes Zitat Peter A. Kwas­niew­skis set­zen: „Es ist nicht die Auto­ri­tät eines Pap­stes, die die Lit­ur­gie zur Lit­ur­gie der Kir­che macht. […] Wir wis­sen, dass das stimmt, weil die Chri­sten ihre Lit­ur­gie seit über 1500 Jah­ren fei­er­ten, bevor ein Papst über­haupt jemals [bes­ser: ‚erst­mals‘, Anm. CVO] ein Mess­buch erlas­sen hat [rich­ti­ger: ‚hat­te‘, Anm. CVO].“84

Von die­sem Tra­di­ti­ons­be­wusst­sein über­zeugt Kwas­niew­ski sei­ne Leser mit Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus ganz bestimmt.

Biblio­gra­phi­sche Anga­ben und Bestell­mög­lich­keit hier:
Peter Kwas­niewk­si: Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus. Die Rück­kehr der tra­di­tio­nel­len latei­ni­schen Mes­se nach 70 Jah­ren des Exils. St. Ste­pha­ni-Ver­lag, Met­ten 2023, 396 Sei­ten, 29,99 €.
Das Buch ist ab 15. Janu­ar wie­der lie­fer­bar. Der Ver­lag nimmt Vor­be­stel­lun­gen ent­ge­gen. Ab dem 15. Janu­ar ist es dann wie auch ande­re Kwas­niew­ski-Bücher über unse­re Part­ner­buch­hand­lung erhält­lich.

Bild: peterk​was​niew​ski​.com/​st​-ste​pha​ni​-ver​lag​.de


1 Vgl. Kwas­niew­ski, P. A., Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus. Die Rück­kehr der tra­di­tio­nel­len Latei­ni­schen Mes­se nach 70 Jah­ren des Exils, Met­ten 2023, fort­an zitiert als Kwas­niew­ski, Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 18–25.

2 Ebd., S. 20.

3 Kwas­niew­ski, P. A., The Once and Future Roman Rite: retur­ning to the Tra­di­tio­nal Latin Lit­ur­gy after Seven­ty Years of Exi­le, Gasto­nia 2022, fort­an zitiert als Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite, S. xxi.

4 Vgl. Kwas­niew­ski, Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 31, Fn. 2

5 Ebd., S. 20, Fn. 3.

6 Ders., The Once and Future Roman Rite (wie Anm. 3), S. xxif, Fn. 3, hier: S. xxii.

7 Ders., Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 22f, kur­siv im Text.

8 Ebd., S. 79.

9 Vgl. Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite (wie Anm. 3), S. 105, Fn. 37.

10 Ders., Der alte und der künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 120, Fn. 37.

11 Ebd., S. 154.

12 Vgl. ebd., S. 322–359.

13 Ebd., S. 322.

14 Vgl. Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite (wie Anm. 3), S. 333f.

15 Vgl. ebd., S. 334.

16 Ders., Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 323.

17 Vgl. ebd., S. 159–162.

18 Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite (wie Anm. 3), S. 153.

19 Ebd., a. a. O.

20 Kwas­niew­ski, Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 161. In einem Kon­text wie hier ledig­lich von „Wei­he“ zu spre­chen, löst nor­ma­ler­wei­se bei kämp­fe­risch-tra­di­tio­nel­len Katho­li­ken blitz­ar­tig Kri­tik und Empö­rung und die Unter­stel­lung von Unglau­ben, Moder­nis­mus oder min­de­stens von abso­lut man­gel­haf­tem Kate­chis­mus­wis­sen aus. Es ist frag­lich, ob der Über­set­zer sich des­sen bei sei­ner Arbeit bewusst war und inwie­weit er dar­auf gefasst ist.

21 Ebd., a. a. O., Fn. 18, vgl. ders., The Once and Future Roman Rite (wie Anm. 3), S. 154, Fn. 18.

22 Vgl. Kwas­niew­ski, Der alte und der künf­ti­ge Römi­sche Ritus , S. 163.

23 Zum Bei­spiel auch eine frü­he­ste, hypo­the­ti­sche Form des ambro­sia­ni­schen Ritus in Mai­land, vgl. ebd., a. a. O., Fn. 21.

24 Vgl. ebd., S. 229, S. 241, und S. 243.

25 Vgl. ebd., S. 242.

26 Ebd., S. 221. Ein­mal steht sogar „Neo-Ana­pho­rae­en“, was ent­we­der die ori­gi­nell­ste Plu­ral­bil­dung ist, die in Betracht kommt, ver­mut­lich aber eher ein Feh­ler, der beim Kor­rek­tur­le­sen über­se­hen wur­de, vgl. ebd., S. 265.

27 Vgl. ebd., S. 242.

28 Ebd., S. 220f.

29 Ebd., S. 221.

30 Vgl. Meß­ner, R., Unter­schied­li­che Kon­zep­tio­nen des Meß­op­fers im Spie­gel von Bedeu­tung und Deu­tung der Inter­zes­sio­nen des römi­schen Canon mis­sae, in: Albert Gerhards/​Klemens Rich­ter (Hrsg.), Das Opfer. Bibli­scher Anspruch und lit­ur­gi­sche Gestalt [= QD 186], Frei­burg im Breis­gau, ²2001, S. 128–184, fort­an zitiert als Meß­ner, Kon­zep­tio­nen, hier: S. 168.

31 Ebd., a. a. O.

32 Vgl. Lang, U. M., The Roman Mass. From Ear­ly Chri­sti­an Ori­g­ins to Triden­ti­ne Reform, Cam­bridge 2022, fort­an zitiert als Lang, The Roman Mass, S. 110.

33 Ratz­in­ger, J., Theo­lo­gie der Lit­ur­gie. Die sakra­men­ta­le Begrün­dung christ­li­cher Exi­stenz [= Ger­hard Lud­wig Mül­ler (Hrsg.), GSJR, Bd. 11], Frei­burg im Breis­gau 42014, fort­an zitiert als Ratz­in­ger, Theo­lo­gie der Lit­ur­gie, S. 324.

34 Vgl. Lang, The Roman Mass (wie Anm. 32), S. 145–153, wo der ambro­sia­ni­sche und der gre­go­ria­ni­sche Text in zwei Spal­ten latei­nisch ein­an­der gegen­über­ge­stellt sind, wäh­rend der Tex­tus recep­tus des Mess­ka­nons nach der Edi­tio prin­ceps des triden­ti­ni­schen Mess­buchs unter Bei­be­hal­tung der ori­gi­na­len Ortho­gra­phie die­ser Aus­ga­be von 1570 ebd., S. 380–384 jeweils in der lin­ken Spal­te in latei­ni­scher Spra­che gebo­ten wird.

35 Zur Logos­ge­mäß­heit vgl. Ratz­in­ger, Theo­lo­gie der Lit­ur­gie (wie Anm. 33), S. 60f.

36Vgl. Lang, The Roman Mass (wie Anm. 32), ebd., S. 118.

37 Kwas­niew­ski, Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 229f.

38 Vgl. Meß­ner, Kon­zep­tio­nen (wie Anm. 30), S. 157f.

39 Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite (wie Anm. 3), S. 231.

40 Ders., Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 229, kur­siv im Text.

41 Ebd., S. 236, Fn. 36, auf alle Män­gel oder Unge­nau­ig­kei­ten in der Über­set­zung die­ser Fuß­no­te kann hier nicht ein­ge­gan­gen wer­den, zumin­dest müss­te über­all dort, wo sich der Über­set­zer für das deut­sche Wort „Objekt“ ent­schie­den hat, statt­des­sen „Trä­ger“ ste­hen. Ich habe mei­ne Zwei­fel, ob der Sach­ver­halt, den Kwas­niew­ski erklä­ren will, ins­ge­samt in der deut­schen Über­set­zung ver­ständ­lich genug zum Aus­druck kommt. Gemeint ist jeden­falls die Fest­stel­lung, dass die Akzi­den­ti­en nach der Wand­lung ohne jeg­li­chen sub­stan­ti­el­len Trä­ger fort­be­stehen oder rich­ti­ger: von Gott ohne einen sol­chen auf­recht­erhal­ten wer­den. Falsch wäre die Vor­stel­lung, die Sub­stan­zen von Leib und Blut Chri­sti wür­den jeweils zum Trä­ger der Akzi­den­ti­en von Brot und Wein.

42 Vgl. DH 151.

43 Vgl. Lang, The Roman Mass (wie Anm. 32), S. 128.

44 Vgl. ebd., S. 108 und S. 119.

45 Vgl. Thal­ho­fer, V., Hand­buch der katho­li­schen Lit­ur­gik, Bd. 2, Frei­burg im Breis­gau 11890, [rich­tig wäre: 11893, denn dann erst wur­de Bd. 2 post­hum von Andre­as Schmid her­aus­ge­ge­ben], fort­an zitiert als Thal­ho­fer, Lit­ur­gik,S. 237–239.

46 Ebd., S. 237, die zeit­ge­nös­si­sche Ortho­gra­phie ist beibehalten.

47 Vgl. Anm. 36 die­ser Besprechung.

48 Auf die Umkeh­rung in der Zuord­nung von Cor­pus Chri­sti ver­um und Cor­pus Chri­sti mysti­cum zu Kir­che und Eucha­ri­stie im Zuge des Mit­tel­al­ters, ver­gli­chen mit der Väter­theo­lo­gie, kann hier nicht ein­ge­gan­gen wer­den, dazu bleibt theo­lo­gie­ge­schicht­lich instruk­tiv: de Lubac, H., Cor­pus mysti­cum. Kir­che und Eucha­ri­stie im Mit­tel­al­ter. Über­tra­gen von Hans Urs von Bal­tha­sar, Ein­sie­deln 1995, vgl. dazu auch Ratz­in­ger, Theo­lo­gie der Lit­ur­gie (wie Anm. 33), S. 407, aller­dings zeigt sich bei Ratz­in­ger eben­falls eine Sicht­wei­se in der Rei­hen­fol­ge sacra­men­tum cor­po­ris Chri­sti – cor­pus Chri­sti – cari­tas. Dabei geht Ratz­in­ger nicht direkt von der Lit­ur­gie aus, der im Römi­schen Kanon die Rei­hung cor­pus Chri­sti – sacra­men­tum cor­po­ris Chri­sti – cari­tas ange­mes­se­ner wäre, son­dern greift auf sei­ne Auf­fas­sung des Opfer­ver­ständ­nis­ses des hei­li­gen Augu­sti­nus zurück, vgl. dazu Con­rad, S. L., Lit­ur­gie und Eucha­ri­stie bei Joseph Ratz­in­ger. Zur Gene­se sei­ner Theo­lo­gie wäh­rend der Stu­di­en- und Pro­fes­so­ren­zeit [= RaSt Bd. 16], Regens­burg 2023, S. 288.

49 Vgl. Olver, M. S. C., Hoc est sacri­fi­ci­um lau­dis. The Influence of Hebrews on the Ori­gin, Struc­tu­re and Theo­lo­gy of the Roman Canon Mis­sae, S. 372f. Mit die­ser Dis­ser­ta­ti­ons­schrift wur­de Olver 2018 an der Mar­quet­te Uni­ver­si­ty in den USA zum Dok­tor der Phi­lo­so­phie pro­mo­viert. 2024 soll sie end­lich als Buch unter dem Titel The Ori­gin of the Roman Canon Mis­sae im Ver­lag Bre­pols erschei­nen. Bis dahin steht die­se wich­ti­ge Arbeit eines Geist­li­chen der Epi­skopal­kir­che auf der Inter­net­prä­senz sei­ner Uni­ver­si­tät bereits kosten­frei zum Down­load zur Ver­fü­gung: „Hoc Est Sacri­fi­ci­um Lau­dis: The Influence of Hebrews on the Ori­gin, St“ by Matthew S. C. Olver (mar​quet​te​.edu), auf­ge­ru­fen am 21. 12. 2023.

50 Vgl. ders., a. a. O., S. 326 und Lang, The Roman Mass (wie Anm. 32), S. 147, lin­ke Spal­te (im Ergo memo­res), S. 147, rech­te Spal­te (im Unde et memo­res sumus) und S. 382, lin­ke Spal­te (im Unde et memo­res).

51 Vgl. DH 1764.

52 Vgl. DH 1771, dort erscheint die p. mini­stran­di des­we­gen nicht, weil die Eucha­ri­stie als Sakra­ment getrennt behan­delt wur­de, man kann aber die admi­ni­stra­tio sacra­men­torum in DH 1613 hin­zu­neh­men, um umfas­send zu ver­ste­hen, was mit der p. [ad-]mini­stran­di cor­pus et san­gui­nem Domi­ni gemeint sein muss. Admi­ni­stra­tio meint nach mei­ner siche­ren Über­zeu­gung in erster Linie die Kom­mu­ni­ons­pen­dung oder ‑aus­tei­lung, in einem wei­te­ren Sin­ne aber auch die Ver­wal­tung des Altar­sa­kra­men­tes ins­ge­samt und ganz allgemein.

53 Aus Ben­nin­gen, unweit von Mem­min­gen, gebür­tig, wan­der­te er nach eini­gen Kaplan­stel­len und einer Tätig­keit als Gym­na­si­al­leh­rer 1886 in die USA aus und leb­te dort unter dem Namen John Die­bold. Er war in viel­fach wech­seln­den Diö­ze­sen in den Bun­des­staa­ten Mil­wau­kee über Texas bis Michi­gan als Prie­ster inkar­di­niert und an zahl­rei­chen Orten mit häu­fig geän­der­ten, sehr ver­schie­de­nen Auf­ga­ben und Funk­tio­nen als Pfar­rer, Leh­rer für Alte Spra­chen oder als Kran­ken­haus­geist­li­cher ein­ge­setzt. 1915 ver­starb er in West Branch/​Michigan.

54 Vgl. Die­pol­der, J. N., Das Wesen des eucha­ri­sti­schen Opfers und die vor­züg­lich­sten katho­li­schen Theo­lo­gen der drei letz­ten Jahr­hun­der­te. Eine histo­risch-dog­ma­ti­sche Abhand­lung, Augs­burg 1877, S. 90f.

55 Ebd., S. 90.

56 Vgl. Thal­ho­fer, V., Die Opfer­leh­re des Hebrä­er­brie­fes und die katho­li­sche Leh­re vom hl. Meß­op­fer. Eine dog­ma­tisch-exege­ti­sche Abhand­lung als Pro­gramm zum Schlus­se des Stu­di­en­jah­res 1854/​55, Dil[l]ingen [a. d. Donau] 1855, S. 24, auch wenn er sich dort nicht sehr fest­legt, wann genau die p. offe­ren­di betä­tigt wird.

57 Vgl. Kwas­niew­ski, Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 66. Mit der Annah­me einer schon vor der Kon­se­kra­ti­on, erst recht vor dem Hoch­ge­bet, aus­ge­üb­ten p. offe­ren­di geht man frei­lich streng­ge­nom­men über das hin­aus, was Tri­ent ver­pflich­tend und ver­bind­lich lehrt und for­dert, erreicht aber das im Text­zeug­nis des Ambro­si­us um 390 mit figu­ra cor­po­ris et san­gui­nis Domi­ni nostri Iesu Chri­sti ekkle­sio­lo­gisch wahr­schein­lich Gemeinte.

58 Vgl. DH 1751.

59 Vgl. bei­spiels­wei­se Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite (wie Anm. 3), S. 181 und S. 247.

60 Ders., Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 184.

61 Ebd., S. 243.

62 Vgl. DH 1751.

63 Vgl. DH 1738.

64 Vgl. DH 1740.

65 Vgl. dazu sehr gut Rah­ner, K., Leib­lich­keit der Gna­de. Schrif­ten zur Sakra­men­ten­theo­lo­gie [= SWKR, Bd. 18, hrsg. von der Karl-Rah­ner-Stif­tung], Frei­burg im Breis­gau 2003, S.116f.

66 Kwas­niew­ski, Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 37f.

67 Stich­wort: sacri­fi­ci­um pro­pitia­to­ri­um, vgl. DH 1753.

68 Vgl. Kwas­niew­ski, Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 230, Fn. 25.

69 Vgl. Meß­ner, Kon­zep­tio­nen, (wie Anm. 30), S. 148–152.

70 Vgl. auch DH 1739.

71 Vgl. Meß­ner, Kon­zep­tio­nen (wie Anm. 30), S. 170.

72 Ebd., S. 142, vgl. auch a. a. O., S. 160. Des­halb spricht sich Thal­ho­fer mit bibli­schen Argu­men­ten aus AT und NT dafür aus, den Engel im Sup­pli­ces mit dem Erz­engel Micha­el zu iden­ti­fi­zie­ren, der des­halb bei der Inzens der Obla­ta auch wäh­rend des Offer­to­ri­ums ange­ru­fen wer­de, vgl. Thal­ho­fer, Lit­ur­gik (wie Anm. 45), S. 232.

73 Meß­ner, Kon­zep­tio­nen (wie Anm. 30), S. 143.

74 Zum neu­te­sta­ment­li­chen Opfer­mahl vgl. Thal­ho­fer, V., Das Opfer des alten und des neu­en Bun­des mit beson­de­rer Rück­sicht auf den Hebrä­er­brief und die katho­li­sche Meß­op­fer­leh­re exege­tisch-dog­ma­tisch gewür­di­get, Regens­burg 1870, S. 192–200.

75 Vgl. Ratz­in­ger, Theo­lo­gie der Lit­ur­gie (wie Anm. 33), S. 375.

76 Kwas­niew­ski, Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 239.

77 Kraus, W., Stu­di­en zum Hebrä­er­brief, Pader­born 2023, S. 57, vgl. ebd. fer­ner S. 116 und S. 244.

78 Ebd. S. 252.

79 Vgl. Kwas­niew­ski, Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 220, Fn. 3.

80 So heißt obla­tio­nem im Hanc obla­tio­nem (und auch sonst) gera­de nicht wört­lich Opfer­ga­be, son­dern Dar­brin­gung, vgl. ebd., S. 230.

81 Vgl. ebd., S. 104, Fn. 12 und pas­sim.

82 Vgl. ebd., S. 240, Fn. 46.

83 Vgl. Kwas­niew­ski, The Once and Future Roman Rite (wie Anm. 3), S. 413–435.

84 Kwas­niew­ski, Der alte und künf­ti­ge Römi­sche Ritus, S. 176, kur­siv im Text.

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!