Giuseppe Cambareri (1901–1972), Rosenkreuzer, Freimaurer, Spion und Magier (Teil 3)

Zwischen Gnosis, Faschismus, Alliierten, Europäismus und der Utopie


Alter Rosenkreuzer-Orden, dem Cambareri angehörte
Alter Rosenkreuzer-Orden, dem Cambareri angehörte

Von Pater Pao­lo M. Siano*

Anzei­ge

Fort­set­zung von Teil 1.
Fort­set­zung von Teil 2.

In den bis­he­ri­gen Tei­len habe ich die wesent­li­chen Etap­pen im Leben von Giu­sep­pe Cam­bare­ri nach­ge­zeich­net: Er war Rosen­kreu­zer, Frei­mau­rer, Magi­er, ope­ra­ti­ver Geheim­agent zuerst in Mili­tär­krei­sen des Faschis­mus, deren Lei­den­schaft der Eso­te­rik galt, dann für die Alli­ier­ten, För­de­rer der euro­päi­schen Eini­gung und des Glo­ba­lis­mus – und schließ­lich wid­me­te er sich ganz sei­ner gno­sti­schen Uto­pie der Uni­ver­sel­len Wei­ßen Bru­der­schaft des Erz­engels Micha­el, in der sein auto­ri­tä­rer Ton mehr dem eines (faschi­sti­schen) Regimes als einer (euro­päi­schen oder anglo-ame­ri­ka­ni­schen) Demo­kra­tie ähnelte.

Nun unter­su­che ich eini­ge von Cam­bare­ris Schrif­ten, aus denen sein eso­te­ri­sches Den­ken, sei­ne gno­sti­sche und rosen­kreu­ze­ri­sche For­mung deut­lich her­vor­ge­hen, die im wesent­li­chen mit der initia­ti­schen Kul­tur eso­te­ri­scher Krei­se der Frei­mau­re­rei übereinstimmen.

7. Einheit der Welt durch eine Weltwirtschaftsregierung (1944)

Giu­sep­pe Cam­bare­ri rechts in Hui­ri­co­cha, Brasilien

1944 ver­öf­fent­lich­te der Ver­lag Mithras in Rom das Buch von Giu­sep­pe Cam­bare­ri „L’Unità del Mon­do attra­ver­so le Federa­zio­ni Con­ti­nen­ta­li e il Gover­no Eco­no­mico Mon­dia­le“ („Die Ein­heit der Welt durch Kon­ti­nen­tal­fö­de­ra­tio­nen und eine Welt­wirt­schafts­re­gie­rung“, 235 Sei­ten mit Tabel­len zur Ver­an­schau­li­chung). Der Name des Ver­lags, Mithras, läßt das eso­te­ri­sche Den­ken des Autors erah­nen. Auf dem Fron­ti­spiz ist Mithras dar­ge­stellt, der Gott der Son­ne und des Lichts, ein indo-per­si­scher Myste­ri­en­gott, der auch im kai­ser­li­chen Rom ver­ehrt wur­de und mit einem Dolch den hei­li­gen Stier tötet.

Im Buch Cam­bare­ris fin­den wir Zita­te aus Dan­te Ali­ghie­r­is „Gött­li­cher Komö­die“, Zita­te aus dem Evan­ge­li­um (vgl. S. 29, 184), Lob für Jesus, das Chri­sten­tum, das Vater­un­ser (vgl. S. 90), den hl. Franz von Assi­si, die mis­sio­na­ri­sche „schutz­lo­se Ordens­frau der Näch­sten­lie­be“ (vgl. S. 15, 30), eine Glau­bens­er­klä­rung an Gott, den Vater und Schöp­fer der Welt und der Mensch­heit (vgl. S. 30, 42, 77, 182). Trotz die­ser the­isti­schen, christ­li­chen und katho­li­schen Refe­ren­zen nimmt man im Buch eine eso­te­ri­sche Men­ta­li­tät war, die der Autor sich in der Schu­le der Rosen­kreu­zer und der Frei­mau­re­rei erwor­ben hat.

7.1 Ewigkeit und Einheit der Welt

Cam­bare­ri spricht von:

  • „Erde“, „Unend­lich­keit der Schöp­fung“, „Gesetz, das alle Syste­me auf­recht­erhält“, „Atom“… „ihr seid die ewi­gen Sym­bo­le der Kon­ti­nui­tät und Ein­heit des Gan­zen“ (S. 7).
Die Ein­heit der Welt, Cam­bare­ris Buch (1944)
  • „Ewi­ges Flie­ßen des Rau­mes, in die­ser har­mo­ni­schen und end­lo­sen Kon­ti­nui­tät des krea­ti­ven Han­delns […] ewig, sich von Son­nen- und Ster­nen­sy­ste­men, von Wel­ten und Mon­den zu erneu­ern […] das wei­se Reich des Geset­zes, das ewig und all­wis­send ist, alles erschaf­fen hat […]“ (S. 7).
  • „Ewig­keit der Ursprün­ge und Wie­der­ge­win­nung“ (S. 8), „ande­re und ein­zig­ar­ti­ge Sub­stanz“ (S. 8), „ewi­ges Phä­no­men der Ver­än­de­rung“ (S. 8), „eher­nes Gesetz“ (S. 8) der „Ein­heit“ (S. 9)
  • „Vom End­li­chen zum Unend­li­chen, vom Mikro­kos­mos zum Makro­kos­mos, ein­zig­ar­tig ist das Wort und das Gesetz; unzer­trenn­ba­re Ein­heit, unbe­sieg­ba­re Ein­heit“ (S. 9), Ein­heit der Welt, also auch unter den Natio­nen, im Ein­klang mit „dem krea­ti­ven Fiat“ (vgl. S. 10).
  • Grund­la­ge der gan­zen Schöp­fung ist „die Ein­heit“, „unüber­wind­ba­res Gesetz“, „schöp­fe­ri­scher Wil­len der höch­sten Intel­li­genz“ (S. 25); „nichts wird in der unend­li­chen krea­ti­ven Bewe­gung zer­stört“; Wel­ten wer­den zer­stört und rege­ne­rie­ren sich, „der Kos­mos erneu­ert sich im stän­di­gen Aus­tausch, in stän­di­ger expan­si­ver und rekon­struk­ti­ver Ver­nunft“ (vgl. S. 25).
  • Es gibt eine kon­ti­nu­ier­li­che Ana­lo­gie zwi­schen Kos­mos-Mensch-Fami­li­en-Nati­on-Kon­ti­nent; „ein ein­zi­ger Wil­le […] der glei­che ener­ge­ti­sche und ein­heit­li­che Impuls“ (vgl. S. 26); „Ver­än­de­rung und Still­stand […] Anzie­hung und Absto­ßung sind nur der phä­no­me­ni­sche Aus­druck ihrer Unver­än­der­lich­keit“ (S. 26); all dies ist „ewi­ge Essenz“ (S. 26), ist „ewi­ger und unaus­lösch­li­cher Appell an den Rück­fluß in sie, des­sen, was sie selbst aus­strahlt“ (S. 26).
  • „Das Gesetz selbst, das alles regelt und das in stän­di­ger Mani­fe­sta­ti­on von Bewe­gung, Trans­for­ma­ti­on, Expan­si­on offen­bart wird“ (S. 41).
  • Im Schoß der Erde gibt es „myste­riö­se Alche­mi­en“ (S. 41), „alles Unend­li­che ist in Bewe­gung, denn ohne Bewe­gung gibt es kein Gleich­ge­wicht und es gäbe kein Leben“ (S. 41).

7.2 Gleichheit, Bruderschaft, Krieg & Utopie gegen alle Barrieren…

Cam­bare­ri spricht von Gleich­heit, Brü­der­lich­keit und Zivi­li­sa­ti­on gegen „Obsku­ran­tis­mus“ (vgl. S. 15). Er hält Krieg für „ein not­wen­di­ges Übel“ (S. 17, kur­siv im Original).

Cam­bare­ri pran­gert sozia­le Übel, sozia­le Unge­rech­tig­kei­ten und Dik­ta­tu­ren an (vgl. S. 18–21, 65), hofft auf eine „Herr­schaft der Gerech­tig­keit, der Frei­heit, der Brü­der­lich­keit“ (S. 22), hofft auf eine neue Mensch­heit, eine neue Zivi­li­sa­ti­on, die aus Latein­ame­ri­ka kommt (vgl. S. 24).

Die Ein­heit der Natio­nen bedeu­tet die Abschaf­fung der Zoll­schran­ken, der Rei­se­päs­se (vgl. S. 31) des „Poli­zei­re­gimes“ und der Armee (vgl. S. 32); den Schutz der Glau­bens­frei­heit, des Kul­tes, der Regie­rung, des Den­kens (vgl. S. 38f).

Cam­bare­ri pran­gert die Dik­ta­tur des Faschis­mus und Natio­nal­so­zia­lis­mus an (vgl. S. 58) und den Staats­ka­pi­ta­lis­mus (vgl. S. 98); er ver­tei­digt die „christ­li­chen Idea­le der Frei­heit, Gleich­heit, Brü­der­lich­keit“ (S. 58). Man muß „die neue Mensch­heit, die Men­schen des Neu­en Zeit­al­ters, wie­der auf­bau­en“ (S. 58).

„Soli­des und rea­les Wirt­schafts­wohl; Genuß natür­li­cher Güter in genau dem Maße, wie es vom Ober­sten Gesetz gewährt ist; […]“ (S. 59).

Cam­bare­ris gra­phi­sche Dar­stel­lung einer Welt­wirt­schafts­re­gie­rung in sei­nem 1944 ver­öf­fent­lich­ten Buch

7.3 Illuminaten (wie Garibaldi) gegen Dogmen und Klerikalismus

Cam­bare­ri lobt Giu­sep­pe Gari­bal­di (1807–1882, Patri­ot, Frei­mau­rer, Anti­kle­ri­ka­ler) als „den Rit­ter der Mensch­heit“ (S. 62)… Cam­bare­ri offen­bart sei­nen Anti­kle­ri­ka­lis­mus gegen „Dog­men“ und „kirch­li­che Inter­es­sen“ (vgl. S. 124). Er bekräf­tigt, daß es not­wen­dig ist, Zoll‑, Ras­se- und Reli­gi­ons­schran­ken nie­der­zu­rei­ßen (vgl. S. 165).

7.4 Die Rettung der Menschheit: die Weltwirtschaftsregierung

Cam­bare­ri for­dert „eine Welt­wirt­schafts­re­gie­rung“ (S. 169) weil dies der „Ein­heit des Gan­zen“, dem „Gro­ßen Gesetz“ ent­spricht (vgl. S. 170). Cam­bare­ri lobt die „Lie­be der Hei­li­gen und der Erleuch­te­ten“ (S. 181f) Ja, „von den Illu­mi­na­ten“ (p. 182)! Dann erklärt er: „Ver­ges­sen wir nicht, daß alle Men­schen der Erde gleich Kin­der eines ein­zi­gen himm­li­schen Vaters sind und daß die Mensch­heit ein untrenn­ba­res Gan­zes dar­stellt, wes­halb das zu lösen­de Pro­blem eines, total und unteil­bar ist, das der Welt in ihrer Ganz­heit und nicht das der ver­schie­de­nen Natio­nen. Nur so wird das Pro­blem des Frie­dens, der Sicher­heit, der Frei­heit und der Zivi­li­sa­ti­on gelöst“ (S. 182).

Der Hin­weis auf die Vater­schaft Got­tes (aber auf einen Gott, den jeder nach sei­nem eige­nen Glau­ben inter­pre­tiert) und zur Mensch­li­chen Bru­der­schaft ist auch typisch für das anglo-ame­ri­ka­ni­sche Frei­mau­rer­mi­lieu, vgl. J. D. Car­ter 33° – B. Clar­ke 33°: „Do we want plan­ned medio­cri­ty or plan­ned excel­lence for our Coun­try?“ („Wol­len wir geplan­tes Mit­tel­maß oder geplan­te Spit­zen­lei­stung für unser Land?“, in The New Age, Offi­zi­el­les Organ des Ober­sten Rates des Alten und Ange­nom­me­nen Schot­ti­schen Ritus der Frei­mau­re­rei der Süd­li­chen Juris­dik­ti­on, Washing­ton D. C., USA, Nr. 1, Janu­ar 1971, S. 23–25)

In dem Buch „L’Unità del Mon­do“ („Die Ein­heit der Welt“) hofft Cam­bare­ri auf: „die sofor­ti­ge Kon­sti­tu­ie­rung einer Welt­wirt­schafts­re­gie­rung, die allein, über die Wech­sel­fäl­le und inne­ren Gegen­sät­ze der Staa­ten hin­aus, die­ses Werk der Erlö­sung, der Blut­auf­fri­schung, der Rege­ne­ra­ti­on der Mensch­heit umset­zen kann, ohne die es nutz­los ist, von einer Zukunft der Gleich­heit und der Brü­der­lich­keit zu spre­chen“ (Cam­bare­ri, op. cit. S. 185).

Die Welt­wirt­schafts­re­gie­rung ist not­wen­dig, damit die Mensch­heit aus der„Abhängigkeit“ her­aus­kommt, in die sie „der blin­de Impe­ria­lis­mus der Dik­ta­to­ren und der Ego­is­mus der rei­chen Völ­ker“ gewor­fen hat (vgl. 185).

Cam­bare­ri hat kein Ver­trau­en in die Atlan­tik-Char­ta (vgl. 188; diplo­ma­ti­scher Akt zwi­schen den USA und Eng­land 1941. Man beach­te, daß Cam­bare­ri 1941 noch im Dienst des Faschis­mus stand, dann nach dem 8. Sep­tem­ber 1943 zu den Alli­ier­ten überging…

Cam­bare­ri bekräf­tigt, daß die Welt­wirt­schafts­re­gie­rung („G.E.M.“) „den Wie­der­auf­bau der Welt und das wirt­schaft­li­che und sozia­le Heil der Mensch­heit“ ermög­li­che (S. 189). Die G.E.M. wer­de „brü­der­li­che Soli­da­ri­tät“, ein „per­fek­tes Regime der Gerech­tig­keit und des Gleich­ge­wichts“ sowie „Wohl­stand“ und „Frei­heit“ sichern (vgl. S. 213).

„So wird wirk­lich Frei­heit, Gleich­heit und Brü­der­lich­keit, ver­schmol­zen in der unzer­brech­li­chen Ein­heit aller Din­ge, in der Welt umge­setzt, und das Mot­to einer für alle und alle für einen, wird das der neu­en Mensch­heit sein“ (S. 213).

7.5 Alles in Einheit: Gott, Bewegung, Gesetz, Welt…

Schau­en wir uns das letz­te Kapi­tel an: „Das Gesetz der Zukunft: die Ein­heit der Welt“ (S. 215–223).

Ein­zig ist der Schöp­fer, ein­zig die Krea­tur, ein­zig die Bewe­gung, ein­zig das Leben leben, ein­zig das uni­ver­sel­le Gesetz der Ein­heit (vgl. S. 215), des­halb müs­sen Natio­nen und Kon­ti­nen­te in Ein­heit zusam­men­ge­führt wer­den (vgl. . 216)… Statt­des­sen führt das Gegen­teil von Ein­heit, die Tren­nung, zum Tod (vgl. S. 216).

„Das Gesetz ist unbe­sieg­bar“, es will „Lie­be, Leben, Zusam­men­halt“, es ist „Ein­heit“ (vgl. S. 221).

Cam­bare­ri wei­ter: „Im Wesen Got­tes, das in euch ist und das Licht, Har­mo­nie, Leben ist, hof­fen wir, daß ihr in die­sen die Wor­te der Wahr­heit erken­nen wer­det. Ein­heit, Lie­be, Har­mo­nie, das sind die Wor­te Got­tes, das sind die Wor­te des Lebens und des Geset­zes. […] Die Rekon­struk­ti­on der Mensch­heit erwar­tet uns, die Erneue­rung der neu­en Zivi­li­sa­ti­on, der Beginn der neu­en Ära“ (S. 221).

Cam­bare­ri sagt: „Wir alle haben uns geirrt, man­che aus Stolz, man­che aus Selbst­sucht, man­che aus Geiz, ande­re aus Macht­stre­ben, alle haben wir Feh­ler gemacht“ (S. 221). Aber jetzt müs­sen wir auf „die her­ri­sche Stim­me des Lebens­ge­set­zes hören, die uns mit unwi­der­steh­li­chem Impuls zur Ver­ei­ni­gung aller Men­schen in einer uni­ver­sa­len Bru­der­schaft drängt“ (S. 221).

Giu­sep­pe Cam­bare­ri (Mit­te) in Bra­si­li­en, als er dort im Kreis der Rosen­kreu­zer den Tem­pel der Uni­ver­sel­len Wei­ßen Bru­der­schaft errichtete

„Ein unzer­stör­ba­res Ober­stes Gesetz führt alle Staa­ten zur Welt­ein­heit; denn eine gött­li­che und unüber­wind­li­che Kraft, gegen die Wider­stand irr­sin­nig und sich ihr in den Weg zu stel­len fatal wäre, wird alle gro­ßen und klei­nen Län­der ein­bin­den; denn aus die­ser Ein­heit, wie wir auf­ge­zeigt haben, wird nichts ande­res ent­ste­hen als Wohl­erge­hen, Har­mo­nie, Frie­den, eine höhe­re Ebe­ne des Lebens und eine höhe­re Zivi­li­sa­ti­on. War­um soll­te sich also jemand wider­set­zen?“ (S. 222).

Cam­bare­ri will glau­ben machen, daß „die­ses ein­heit­li­che Kon­zept, das die Staa­ten der Erde in einer ein­zi­gen Welt­wirt­schafts­re­gie­rung bin­det“ (S. 222), nichts von der poli­ti­schen Frei­heit der ein­zel­nen Staa­ten weg­neh­me (vgl. S. 222)… Er wie­der­holt, daß „Welt­wirt­schafts­re­gie­rung“, „Welt­ein­heit“ „das zukünf­ti­ge Gesetz von mor­gen“ sei (vgl. S. 222); „nie­mand kann den Weg der Evo­lu­ti­on stop­pen, weil das Licht immer über die Fin­ster­nis siegt“ (S. 222).

„Alles lädt uns zur Ein­heit, Gott und Natur, Him­mel und Erde, Geist und Kör­per. Ein­heit ist Gott, Ein­heit ist das Gan­ze, Ein­heit ist Har­mo­nie, Frie­den, Wohl­be­fin­den, Lie­be. Sei­en wir dabei, nie­mand feh­le bei die­ser Erneue­rung des Lie­bes­fe­stes. Unter der Ägi­de der Welt­wirt­schafts­re­gie­rung, in der Uni­on aller Staa­ten in einer ein­zi­gen Welt­fö­de­ra­ti­on, über den poli­ti­schen Regi­men, die jeder sich selbst geben will, wer­den alle Zoll­schran­ken zer­schla­gen, öff­nen sich jedem Volk die gemein­sa­men Res­sour­cen des Bodens und wird den Migra­ti­ons­strö­men neu­er Eifer gege­ben, in einem neu­en Kon­zept des Gleich­ge­wichts, der Gerech­tig­keit, hin zu einem gemein­sa­men Ziel der Har­mo­nie und der Brü­der­lich­keit, mit einem neu­en Maß­stab von Macht und Pro­duk­ti­on, der der Mensch­heit sein könig­li­ches Licht – den Wert des Mensch­seins – zurück­ge­ben wird. Die Men­schen wer­den mit ruhi­gem und ver­trau­ens­vol­lem Her­zen einer Zukunft ent­ge­gen­ge­hen, auf dem neu­en Weg, der sie erwar­tet unter dem strah­len­den Stern der Quel­le der neu­en Zeit“ (S. 223).

Cam­bare­ri beschließt sei­ne gno­sti­sche und glo­ba­li­sti­sche Uto­pie poe­tisch mit einem Zitat von Dan­te, indem er die Hoff­nung äußert, daß die Lie­be die Men­schen erleuch­ten möge:

„Möge die Lie­be, die die Son­ne und die ande­ren Ster­ne bewegt, sie erleuch­ten, sie stär­ken, sie lei­ten, und möge die Lie­be, die die hohen Ster­ne am Him­mel umschmei­chelt, die Blu­men an den Sten­geln zum Blü­hen bringt und in den Stim­men der rei­nen Her­zen singt, in ihrem Geist, in ihren Häu­sern, in ihren Fami­li­en sein, möge sie, seg­nen­de Füh­re­rin, auf die gan­ze Mensch­heit her­ab­kom­men. Für alle Men­schen guten Wil­lens möge Lie­be, Frie­den und Har­mo­nie herr­schen, möge das geseg­ne­te Ziel der Welt­ein­heit in den Her­zen aller leuch­ten“ (S. 223).

Am Ende die­ses Buches von Cam­bare­ri fragt man sich:

Wer ent­schei­det und wer lei­tet die Ein­heit der Welt und die Welt­wirt­schafts­re­gie­rung? Ein Kol­le­gi­um von Ein­ge­weih­ten, wie Cam­bare­ri?
Wie läßt sich die ech­te Frei­heit und Demo­kra­tie der ein­zel­nen Staa­ten mit dem von Giu­sep­pe Cam­bare­ri, Rosen­kreu­zer und Frei­mau­rer, vor­ge­schla­ge­nen glo­ba­li­sti­schen Unita­ris­mus ver­ein­ba­ren?
Ist für Ein­ge­weih­te wie Cam­bare­ri Gott ein Gesetz?

7.6 Gemeinsame Elemente zwischen dem Text von Cambareri und der Freimaurerei (AASR)

Cam­bare­ris (vor­geb­lich christ­li­che) Bezug­nah­me auf die Höch­ste Intel­li­genz, den Schöp­fer­gott und Vater und die Uni­ver­sel­le Men­schen­bru­der­schaft kann sehr gut mit dem eso­te­ri­schen und gno­sti­schen Gedan­ken­gut in Ein­klang gebracht wer­den. Exo­te­risch (oder äußer­lich) bekennt man sich zu einer Leh­re, die der des christ­li­chen und katho­li­schen „gemei­nen“ (Vol­kes) ähn­lich oder gleich ist, aber eso­te­risch (inner­lich, oder unter Ein­ge­weih­ten) wird die­sel­be Leh­re anders ver­stan­den. Das ist die Dua­li­tät Exoterik/​Esoterik, die typisch für die Gno­sis ist, also auch für das Rosen­kreu­zer­tum und die Freimaurerei.

7.6.1 Unendlichkeit der Welt, Notwendigkeit der Gegensätze

Am 21. Janu­ar 2017 fand in Rom die Kon­fe­renz „Vita olt­re la mor­te“ („Leben nach dem Tod“ statt, die von der Frei­mau­re­rei des Alten und Ange­nom­me­nen Schot­ti­schen Ritus – Palaz­zo Giu­sti­nia­ni (AASR) orga­ni­siert wur­de. Der Giu­sti­nia­ni-AASR ist den Frei­mau­rer­mei­stern des Groß­ori­ents von Ita­li­en (GOI) vorbehalten.

Bar­ac­co Gabrie­li als Groß­kom­tur des AASR im Groß­ori­ent von Italien

Zu den Red­nern gehör­ten Cor­ra­do Bal­ac­co Gabrie­li 33° (gewe­se­ner Sou­ve­rä­ner Groß­kom­tur des AASR), Leo Taro­ni 33° (Sou­ve­rä­ner Groß­kom­tur), Don Lui­gi Ber­za­no (Uni­ver­si­tät Turin), Ste­fa­no Bisi (Groß­mei­ster des Groß­ori­ents von Ita­li­en), Rober­to Gia­cob­bo (Jour­na­list, stell­ver­tre­ten­der Inten­dant Rai 2), Ginella Tab­ac­co (Schrift­stel­le­rin und Hellseherin).

Das voll­stän­di­ge Video der Kon­fe­renz ist auf Radio Radi­cale in zwei Tei­le auf­ge­teilt zu sehen. In der Ein­lei­tung erklärt Prof. Cor­ra­do Bal­ac­co Gabrie­li 33°, daß der Alte und Ange­nom­me­ne Schot­ti­sche Ritus „sicher­lich die Speer­spit­ze und die Uni­ver­si­tät der Insti­tu­ti­on“ dar­stellt (Datei 1/​2, Min. 4:30–4:37), d. h. der Freimaurerei.

Am Ende der Rede der Hell­se­he­rin Ginella Tab­ac­co sagt eine Frau aus dem Publi­kum (Akte 2/​2, Min. 54:26), die anschei­nend Hell­se­he­rin ist oder jeden­falls para­nor­ma­le Erfah­run­gen hat, zu Tab­ac­co: „Natür­lich hat [das Böse] einen Sinn, denn in dem Moment, in dem das Böse exi­stiert, weiß ich, daß auch das Gute exi­stiert. Wenn es das Böse nicht gäbe, wüß­te ich nicht, was das Gute ist“ (58:26–58:29). Tab­ac­co ant­wor­tet: „Zwei­fel­los“ (Min. 58:29).

(Hier haben wir die eso­te­ri­sche Theo­rie von der Not­wen­dig­keit der Gegen­sät­ze, von Gut und Böse, der Not­wen­dig­keit des Bösen, um das Gute zu erkennen…)

Tab­ac­co glaubt an die Reinkar­na­ti­on (1:01:25ff), fragt dann, ob sie die rich­ti­gen Din­ge gesagt habe, und Bal­ac­co Gabrie­li 33° ant­wor­tet „Ja“ (1:01:27). Zum Schluß erklärt Bal­ac­co Gabrie­li 33°, daß wir aus Ener­gie bestehen und daß ein Teil von uns unteil­ba­re und ewi­ge Ener­gie ist (Min. 1:02:00–1:02:53). Bal­ac­co Gabrie­li erklärt:

„Das Uni­ver­sum, das in sei­nem Ursprung und sei­ner wesent­li­chen Grund­la­ge aus rei­ner Ener­gie besteht, ist ewig, hat nie begon­nen und wird nie enden“ (1:03:00–1:03:12), „wir sind ewig und wer­den es für alle Zeit sein, die wir vor uns haben, und das ist die Ewig­keit von uns allen“ (Min. 1:03:59–1:04:15).

7.6.2 Eine Weltregierung…

Vom 23. bis 27. Mai 2001 fand in Istan­bul die 44. Euro­päi­sche Kon­fe­renz der Sou­ve­rä­nen Groß­kom­tu­re (SS​.GG​.CC.) der Ober­sten Räte des AASR unter dem The­ma „Die Mis­si­on des AASR im dyna­mi­schen Kon­text der Zukunft“ statt. Der dama­li­ge SGC des Ober­sten Rates des AASR für Ita­li­en, Cor­ra­do Bal­ac­co Gabrie­li 33° (1938–2017), sagte:

„Die Bevöl­ke­rung wächst stän­dig. In fünf­zig Jah­ren wird es, wenn nichts unter­nom­men wird, 15 Mil­li­ar­den Men­schen auf der Erde geben. Es wird kei­nen Platz mehr für alle geben, kei­ne Ener­gie­res­sour­cen, kei­ne aus­rei­chen­de Nah­rung und kein Was­ser“ [C. Bal­ac­co Gabrie­li 33°: Die Auf­ga­be des AASR im dyna­mi­schen Kon­text der Zukunft. 44. Euro­päi­sche Kon­fe­renz der Sou­ve­rä­nen Groß­kom­tu­re, in: Logos, Nr. 2, 2001, Regio­nal­in­spek­ti­on Lati­um AASR, Rom, S. 34 (33f)].

Sit­zungs­saal des Ober­sten Rats (des 33. Gra­des) des Alten und Ange­nom­me­nen Schot­ti­schen Ritus im Groß­ori­ent von Ita­li­en. Bevöl­ke­rungs­kon­trol­le um jeden Preis durch die „Aus­er­wähl­ten“.

Bal­ac­co Gabrie­li 33°, SGC 2001–2009, weiter:

„Auch bei die­sem gro­ßen The­ma, das uns alle betrifft, muß der AASR sei­ne Stim­me erhe­ben und ein­grei­fen. Die tra­di­tio­nel­len Reli­gio­nen sind alle, ohne Aus­nah­me, gegen eine ech­te Gebur­ten­kon­trol­le, aus Glau­bens­grün­den und aus Respekt vor den dog­ma­ti­schen Prin­zi­pi­en, die sie alle durch­drin­gen. Die Frei­mau­rer im all­ge­mei­nen und die schot­ti­schen Frei­mau­rer im beson­de­ren sind Prie­ster der Ver­nunft und der uni­ver­sel­len Lie­be, der Frei­heit und der Brü­der­lich­keit und kön­nen auch in die­sem Fall Staa­ten und Gesell­schaf­ten prak­ti­ka­ble Lösun­gen anbie­ten, um die­ses schreck­li­che Pro­blem anzu­ge­hen und inner­halb eines ver­nünf­ti­gen Zeit­rah­mens zu lösen und die­sen beäng­sti­gen­den Abgrund zu ver­mei­den, auf den die Mensch­heit unbe­wußt zuzu­steu­ern scheint. Es ist not­wen­dig, mit äußer­ster Ent­schlos­sen­heit alle Ver­hü­tungs­mit­tel zu ver­brei­ten, die uns Wis­sen­schaft und Medi­zin heu­te zur Ver­fü­gung stel­len. Es ist not­wen­dig, Infor­ma­ti­ons­kam­pa­gnen in den Ent­wick­lungs­län­dern Afri­kas, Asi­ens und Süd­ame­ri­kas zu finan­zie­ren. Es ist not­wen­dig, daß der AASR auf euro­päi­scher und welt­wei­ter Ebe­ne an die­ser Wis­sens- und Ver­brei­tungs­ar­beit mit­ar­bei­tet. Der AASR hat gro­ße Auf­ga­ben und eine enor­me Ver­ant­wor­tung vor sich. Die Zukunft der Mensch­heit, ihr Wohl­erge­hen, ihre Inte­gra­ti­on, ihr Wachs­tum lie­gen auch in unse­ren Hän­den“ (S. 34).

Am 21. Sep­tem­ber 2001 fand in der Aula Magna der Uni­ver­si­tät „La Sapi­en­za“ in Rom eine Kon­fe­renz zum The­ma „Über­be­völ­ke­rung – Glo­ba­li­sie­rung – Inte­gra­ti­on“ statt, die vom Ober­sten Rat des AASR-Palaz­zo Giu­sti­nia­ni orga­ni­siert wur­de. Cor­ra­do Bal­ac­co Gabrie­li 33° lei­te­te die Ver­an­stal­tung ein; Prof. Giu­sep­pe D’A­s­cen­zo (Rek­tor der Sapi­en­za) und Gustavo Raf­fi (Groß­mei­ster des Groß­ori­ents von Ita­li­en) begrüß­ten die Red­ner der Kon­fe­renz und das Publi­kum, das die Uni­ver­si­täts­au­la füll­te (vgl. Incon­tro cul­tu­ra­le tra uni­ver­si­tà e RSAA, in Logos: Nr. 2 – 2001, Regio­na­les AASR-Inspek­to­rat Lati­um, Rom, S. 35f). Am Ende der Ver­an­stal­tung sag­te Bal­ac­co Gabrie­li 33°: 

„Es ist unab­ding­bar, daß inner­halb eines ver­nünf­ti­gen Zeit­rah­mens eine Welt­re­gie­rung gebil­det wird, die über wirk­sa­me Eingriffs‑, Len­kungs- und Kon­troll­be­fug­nis­se gegen­über der demo­gra­fi­schen und sozio­öko­no­mi­schen Poli­tik der Natio­nal­staa­ten ver­fügt. Ich glau­be, daß ein Teil die­ser Auf­ga­be auch von der inter­na­tio­na­len Frei­mau­re­rei wahr­ge­nom­men wer­den muß. Mei­ner Mei­nung nach fin­den sich in unse­rer Insti­tu­ti­on vie­le der besten Köp­fe und der gesün­de­sten Gewis­sen, die die Mensch­heit besitzt. […] Eine Insti­tu­ti­on wie die unse­re, die in ihrem Schoß Män­ner von Kul­tur, Spi­ri­tua­li­tät und über­le­ge­ner Ehr­lich­keit ver­sam­melt, mag viel­leicht eini­ge Leu­te erschrecken, aber ich glau­be, daß sich unse­re Insti­tu­ti­on heu­te als ein wesent­li­cher Bezugs­punkt für alle Men­schen guten Wil­lens anbie­ten muß, die an die Zukunft der Mensch­heit glau­ben. Wir sind davon über­zeugt, daß die Frei­mau­re­rei und der AASR auch die­se Auf­ga­be über­neh­men kön­nen und müs­sen. Denn so ist es auf sub­ti­le Wei­se immer gewe­sen und so wird es immer sein. Zum Woh­le der Mensch­heit und zum Ruh­me von GADU“ [Gro­ßer Bau­mei­ster des Uni­ver­sums] (S. 36).

* * *

Schon allein aus den obi­gen Anga­ben geht her­vor, daß sowohl der Fall Cam­bare­ri als auch die eso­te­risch-gno­sti­sche Iden­ti­tät und die Ope­ra­tio­nen der Frei­mau­re­rei, ins­be­son­de­re des Alten und Ange­nom­me­nen Schot­ti­schen Ritus, ein­deu­tig die Falsch­heit der fol­gen­den Theo­rie zei­gen (die sich in jüng­ster Zeit sogar im katho­li­schen Lager ver­brei­tet hat): nach 1945 habe die Frei­mau­re­rei ihre Funk­ti­on erschöpft, sie sei für das Werk der Revo­lu­ti­on nutz­los gewor­den, da sie ihre Zie­le erreicht habe und durch ande­re „Agen­tu­ren“ ersetzt wor­den sei… Aber das ist eine Theo­rie, die nicht der Rea­li­tät entspricht.

(Fort­set­zung folgt.)

*Pater Pao­lo Maria Sia­no gehört dem Orden der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta (FFI) an; der pro­mo­vier­te Kir­chen­hi­sto­ri­ker gilt als einer der besten katho­li­schen Ken­ner der Frei­mau­re­rei, der er meh­re­re Stan­dard­wer­ke und zahl­rei­che Auf­sät­ze gewid­met hat. In sei­ner jüng­sten Ver­öf­fent­li­chung geht es ihm dar­um, den Nach­weis zu erbrin­gen, daß die Frei­mau­re­rei von Anfang an eso­te­ri­sche und gno­sti­sche Ele­men­te ent­hielt, die bis heu­te ihre Unver­ein­bar­keit mit der kirch­li­chen Glau­bens­leh­re begründen.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: FRA/GOI/ritoscozzese.it (Screen­shots)

Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!