„Du sollst kein falsches Zeugnis geben gegen deinen Nächsten“ – Antwort auf die Anti-AfD-Erklärung der deutschen Bischöfe

Stellungnahme von Michael Frisch


Die deutschen Bischöfe befinden sich im Wahlkampfmodus. Doch für was und vor allem zu wessen Nutzen und Vorteil?
Die deutschen Bischöfe befinden sich im Wahlkampfmodus. Doch für was und vor allem zu wessen Nutzen und Vorteil?

Die deut­schen Bischö­fe betei­li­gen sich auf bei­spiel­lo­se Wei­se an der Hetz­kam­pa­gne gegen die AfD, deren offen­sicht­li­cher Zweck, mit Blick auf die bevor­ste­hen­den Wah­len, der Macht­er­halt der Alt­par­tei­en ist. Sind die Bischö­fe Befehls­emp­fän­ger der welt­li­chen Macht? War­um ernied­ri­gen sie sich zu wür­de­lo­sen Hand­lan­gern in einem durch­sich­ti­gen Spiel? Auf die Anti-AfD-Erklä­rung der deut­schen Bischö­fe vom 22. Febru­ar reagiert der AfD-Abge­ord­ne­te Micha­el Frisch.

„Du sollst kein falsches Zeugnis geben gegen deinen Nächsten“ (8. Gebot)

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Von Micha­el Frisch*

Die deut­schen Bischö­fe haben auf ihrer Früh­jahrs­voll­ver­samm­lung 2024 in Augs­burg ein­stim­mig eine Erklä­rung „Völ­ki­scher Natio­na­lis­mus und Chri­sten­tum sind unver­ein­bar“ beschlos­sen. Dar­in for­dern sie Chri­sten und „jene, die unse­ren Glau­ben nicht tei­len“ auf, sich gegen die AfD zu enga­gie­ren. Die Par­tei ver­tre­te rechts­extre­me Posi­tio­nen, die mit dem christ­li­chen Men­schen­bild unver­ein­bar sei­en. Sie kön­ne daher für Chri­sten kein Ort poli­ti­scher Betä­ti­gung sein und sei für sie auch nicht wähl­bar. Zudem ver­neint die Bischofs­kon­fe­renz „die Exi­stenz von Völ­kern, die angeb­lich in ihrem ‘Wesen‘ und in den kul­tu­rel­len Lebens­ge­stal­ten scharf von den ande­ren Völ­kern abge­grenzt wer­den kön­nen“. Eine sol­che „Kon­zen­tra­ti­on auf das kul­tu­rell homo­gen gedach­te eige­ne Volk“ ver­sto­ße gegen die katho­li­sche Sozi­al­leh­re und das Grundgesetz.

Als AfD-Abge­ord­ne­ter im rhein­land-pfäl­zi­schen Land­tag und zugleich gläu­bi­ger und prak­ti­zie­ren­der Katho­lik bin ich über die­se Stel­lung­nah­me mei­ner Bischö­fe ent­setzt und empört. Seit mei­ner Kind­heit bin ich der katho­li­schen Kir­che eng ver­bun­den. Jahr­zehn­te­lang habe ich ihr als Reli­gi­ons­leh­rer und in zahl­rei­chen Funk­tio­nen in mei­ner Pfarr­ge­mein­de gedient. Jetzt ste­he ich kurz davor, aus der deut­schen Kir­chen­steu­er­zah­ler­ver­ei­ni­gung aus­zu­tre­ten. Mein Glau­be an den drei­fal­ti­gen Gott und mei­ne Treue zu der von Jesus Chri­stus gestif­te­ten Kir­che blei­ben davon unbe­rührt. Durch Tau­fe und Glau­bens­be­kennt­nis bin und blei­be ich ihr zugehörig.

Was wer­fe ich den deut­schen Bischö­fen vor?

1. Sie haben zu kei­ner Zeit einen ech­ten Dia­log mit der AfD gesucht. Gesprä­che gab es kaum, auf Katho­li­ken­ta­gen wur­de die Par­tei zuneh­mend aus­ge­grenzt, mein noch im Novem­ber 2023 an den Bischof von Trier gerich­te­tes Gesprächs­an­ge­bot wur­de abge­lehnt. Anstatt den „ver­lo­re­nen Scha­fen“ nach­zu­ge­hen und den ver­tief­ten Aus­tausch mit den Brü­dern und Schwe­stern in Chri­stus zu suchen, ver­ur­teilt man sie von oben herab.

2. In ihrer Argu­men­ta­ti­on gegen die AfD stüt­zen sich die Bischö­fe weit­ge­hend auf die völ­lig unkri­ti­sche Über­nah­me der poli­ti­schen Nar­ra­ti­ve und Pro­pa­gan­da-Phra­sen von Grü­nen und ande­ren Lin­ken sowie auf höchst umstrit­te­ne Ein­schät­zun­gen der von den jewei­li­gen Regie­run­gen abhän­gi­gen Ver­fas­sungs­schutz­äm­ter. Ich sehe hier einen kla­ren Ver­stoß gegen das ach­te Gebot, das nicht nur ein fal­sches Zeug­nis ver­bie­tet, son­dern auch eine fun­dier­te und dif­fe­ren­zier­te Beur­tei­lung ande­rer Men­schen mit ihren Über­zeu­gun­gen und Hand­lun­gen ver­langt. Gera­de in der jetzt ver­öf­fent­lich­ten Erklä­rung kann davon nicht die Rede sein. Viel­mehr drängt sich der Ein­druck auf, dass sich die Bischö­fe nicht ernst­haft mit dem Pro­gramm der AfD beschäf­tigt haben.

3. Im Gegen­satz zu die­ser demon­stra­ti­ven Abgren­zung von der AfD steht die man­geln­de Distanz zu ande­ren Par­tei­en. Mit Grü­nen und son­sti­gen Lin­ken zu reden und sogar zu koope­rie­ren, haben die deut­schen Bischö­fe augen­schein­lich kein Pro­blem, obwohl die­se etwa in Fra­gen des Lebens­schut­zes, der Fami­li­en­po­li­tik oder der Gen­der­ideo­lo­gie aus katho­li­scher Sicht inak­zep­ta­ble Posi­tio­nen ver­tre­ten. Dass man im Nach­gang zur Voll­ver­samm­lung der AfD vor­ge­wor­fen hat, sie näh­me hier aus rein tak­ti­schen Grün­den eine kir­chen­na­he Hal­tung ein, ist ange­sichts der Fak­ten­la­ge eine infa­me Unter­stel­lung. Die Bischö­fe, die ein Vor­bild an Lau­ter­keit und Wahr­haf­tig­keit sein soll­ten, scheu­en sich hier nicht, ange­sichts feh­len­der Argu­men­te zur Ver­un­glimp­fung zu greifen.

4. Die Bischö­fe behaup­ten, die AfD ver­tre­te einen „völ­ki­schen Natio­na­lis­mus“, weil sie das „Zusam­men­le­ben von Men­schen unter­schied­li­cher eth­ni­scher Her­kunft, reli­giö­ser Zuge­hö­rig­keit und kul­tu­rel­ler Prä­gung […] prin­zi­pi­ell infra­ge“ stel­le, „wenn nicht gar“ ver­wer­fe. Hier wird ein Kampf­be­griff des lin­ken Lagers über­nom­men und eine Nähe zum Natio­nal­so­zia­lis­mus sug­ge­riert. Dabei ist die­se Behaup­tung grob fak­ten­wid­rig und als üble Dif­fa­mie­rung zurück­zu­wei­sen. Die AfD hat stets betont, dass der Volks­be­griff ver­schie­de­ne Aspek­te auf­weist, zu denen neben der Staats­an­ge­hö­rig­keit selbst­ver­ständ­lich auch (!) Her­kunft und Kul­tur zäh­len. Was soll dar­an ver­werf­lich sein? Eine sol­che Auf­fas­sung steht kei­nes­wegs im Wider­spruch zum christ­li­chen Men­schen­bild, son­dern fin­det sich eben­so in unse­rem Grund­ge­setz wie in der katho­li­schen Tra­di­ti­on. So heißt es etwa im Kate­chis­mus der katho­li­schen Kir­che (KKK 2239): „Die Hei­mat­lie­be und der Ein­satz für das Vater­land sind Dan­kes­pflich­ten und ent­spre­chen der Ord­nung der Lie­be.“ Papst Johan­nes Paul II. schrieb weni­ge Tage nach sei­ner Wahl 1978 in einem Brief an die Polen: „Die Lie­be zu unse­rem Land eint uns und muss uns über alle Dif­fe­ren­zen hin­weg ver­ei­nen. Sie hat nichts mit einem eng­stir­ni­gen Natio­na­lis­mus oder Chau­vi­nis­mus zu tun, son­dern ent­springt dem Gesetz des mensch­li­chen Her­zens. Sie ist ein Maß­stab für den Edel­mut des Men­schen: ein Maß­stab, der im Lau­fe unse­rer schwie­ri­gen Geschich­te vie­le Male auf die Pro­be gestellt wor­den ist.“ Selbst die ein­deu­tig eth­ni­sche Rede vom „Volk der Juden“ fin­det sich in kirch­li­chen Ver­laut­ba­run­gen und sogar in lit­ur­gi­schen Tex­ten. Mit Recht stellt die hei­li­ge Edith Stein, Jüdin, Ordens­frau und Phi­lo­so­phin von Rang, fest: „Jedes [Volk] ist etwas Eige­nes und Ein­zig­ar­ti­ges in der Welt.“ Wei­ter schreibt sie: „Die inne­re Ein­heit und Geschlos­sen­heit der Kul­tur ent­spricht der Ein­heit des Vol­kes.“ Dar­an knüpft die Alter­na­ti­ve für Deutsch­land an, wenn sie es als ihr erklär­tes Ziel beschreibt, Iden­ti­tät und Kul­tur des deut­schen Vol­kes mit­samt sei­ner christ­li­chen Tra­di­ti­on (!) zu bewah­ren. Gleich­zei­tig heißt es in der „Erklä­rung zum Staats­volk und der deut­schen Iden­ti­tät“, die von der AfD im Jahr 2021 beschlos­sen wur­de: „Als Rechts­staats­par­tei bekennt sich die AfD vor­be­halts­los zum deut­schen Staats­volk als der Sum­me aller Per­so­nen, die die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit besit­zen. Unab­hän­gig davon, wel­chen eth­nisch-kul­tu­rel­len Hin­ter­grund jemand hat, wie kurz oder lan­ge sei­ne Ein­bür­ge­rung oder die sei­ner Vor­fah­ren zurück­liegt, er ist vor dem Gesetz genau­so deutsch wie der Abkömm­ling einer seit Jahr­hun­der­ten in Deutsch­land leben­den Fami­lie, genießt die­sel­ben Rech­te und hat die­sel­ben Pflich­ten. Staats­bür­ger erster und zwei­ter Klas­se gibt es für uns nicht“ (https://​www​.afd​.de/​s​t​a​a​t​s​v​o​lk/). Offen­sicht­lich haben die deut­schen Bischö­fe nicht ein­mal die­ses für die Hal­tung der AfD zen­tra­le Doku­ment gelesen.

5. Die Behaup­tung der Bischö­fe, die von der AfD vor­ge­nom­me­ne „Kon­zen­tra­ti­on auf das kul­tu­rell homo­gen gedach­te eige­ne Volk“ gehe „not­wen­dig ein­her mit einer Ver­en­gung des Soli­da­ri­täts­prin­zips, das in der katho­li­schen Sozi­al­leh­re zen­tra­le Bedeu­tung hat“, ist in zwei­fa­cher Hin­sicht falsch. Zum einen spricht die AfD eben nicht von einem „kul­tu­rell homo­ge­nen Volk“, son­dern benennt das kul­tu­rel­le Erbe ledig­lich als einen wich­ti­gen Fak­tor, der Men­schen zu einem Volk ver­bin­det. Eine Selbst­ver­ständ­lich­keit, die in kaum einem ande­ren Land die­ser Erde und wohl auch von kei­ner ande­ren Bischofs­kon­fe­renz der katho­li­schen Welt­kir­che ernst­haft ange­zwei­felt wer­den dürf­te. Zum Zwei­ten kennt auch das Soli­da­ri­täts­prin­zip Gren­zen: Sie lie­gen nicht nur in der End­lich­keit der vor­han­de­nen Mit­tel, son­dern auch in der Pflicht des Ein­zel­nen, sei­ne Din­ge nach Kräf­ten selbst zu regeln und die Hil­fe ande­rer nur im Not­fall in Anspruch zu neh­men. Nicht zuletzt ist es völ­lig legi­tim, von einer abge­stuf­ten Soli­da­ri­tät zu spre­chen: Unse­re Sor­ge gilt zunächst und vor allem den Men­schen in der eige­nen Fami­lie und dem per­sön­li­chen Umfeld, dann unse­rem Land und erst dann der gan­zen Welt. Ich ken­ne nie­man­den in der Kir­che, die Amts­trä­ger ein­ge­schlos­sen, die die­se Din­ge nicht genau so prak­ti­zie­ren wür­den ‒ in ihrem per­sön­li­chen Leben und vor allem da, wo sie Ver­ant­wor­tung für ande­re tra­gen. Nichts Ande­res aber sagt auch die AfD, wenn sie dar­auf besteht, dass Poli­tik pri­mär für die eige­ne Bevöl­ke­rung ver­ant­wort­lich ist. Dabei schließt die Lie­be zum Eige­nen die Wert­schät­zung des Frem­den kei­nes­wegs aus, son­dern ist Aus­druck der engen Ver­bun­den­heit zu jenen Men­schen, die uns näher ste­hen als andere.

6. Es ist die Auf­ga­be der Bischö­fe, zusam­men­zu­hal­ten und nicht zu spal­ten. Gera­de in poli­ti­schen Fra­gen soll­ten sie daher außer­or­dent­lich zurück­hal­tend sein und dar­auf ach­ten, ihre Zustän­dig­kei­ten nicht zu über­schrei­ten. Natür­lich gibt es im christ­li­chen Glau­ben wur­zeln­de Grund­sät­ze, die Leit­li­ni­en für das poli­ti­sche Han­deln sind. Gleich­wohl war es in der katho­li­schen Tra­di­ti­on bis­her unstrit­tig, dass die kon­kre­te Umset­zung die­ser Grund­sät­ze dem Gewis­sen und der Eigen­ver­ant­wor­tung des mün­di­gen Chri­sten über­las­sen bleibt und daher zu unter­schied­li­chen poli­ti­schen Schluss­fol­ge­run­gen füh­ren kann. Selbst in den 1950er, 1960er und 1970er Jah­ren hat die Kir­che fol­ge­rich­tig nicht zur Wahl von CDU und CSU auf­ge­ru­fen, son­dern ledig­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, bei der Wahl­ent­schei­dung zen­tra­le christ­li­che Wer­te zu berück­sich­ti­gen. Auch an eine aus­drück­li­che War­nung vor lebens­feind­li­chen Grü­nen oder extre­mi­sti­schen Lin­ken kann ich mich nicht erinnern.

7. Die jet­zi­ge Erklä­rung der Bischofs­kon­fe­renz ist geeig­net, die Kir­che wei­ter zu poli­ti­sie­ren, dadurch das Kli­ma in den Diö­ze­sen und Pfarr­ge­mein­den zu ver­gif­ten und vie­le treue Katho­li­ken aus ihrer Kir­che her­aus­zu­drän­gen. Mit ihrem Ver­such poli­ti­scher Indok­tri­na­ti­on der Gläu­bi­gen ist die Erklä­rung ein Doku­ment der Ver­ant­wor­tungs­lo­sig­keit und mit dem Hir­ten­amt der Bischö­fe unver­ein­bar. Ja, sie ist ein kla­rer Fall von Pflicht­ver­let­zung und Amtsmissbrauch.

8. Ange­sichts der schwie­ri­gen Lage des christ­li­chen Glau­bens in unse­rem Land soll­ten die deut­schen Bischö­fe alle Kraft auf die drin­gend erfor­der­li­che Neue­van­ge­li­sie­rung legen, anstatt auch noch die letz­ten Gläu­bi­gen zu ver­trei­ben – in der Illu­si­on, man kön­ne durch eine Anbie­de­rung an den Zeit­geist und einen Schul­ter­schluss mit den Mäch­ti­gen den Fort­be­stand der katho­li­schen Kir­che in Deutsch­land sichern.

*Micha­el Frisch ist Land­tags­ab­ge­ord­ne­ter der AfD in Rhein­land-Pfalz. Er war bereits Vor­sit­zen­der der AfD-Land­tags­frak­ti­on und lang­jäh­ri­ger reli­gi­ons­po­li­ti­scher Spre­cher der­sel­ben. Von 2019 bis 2022 war er Lan­des­vor­sit­zen­der der AfD-Rhein­land-Pfalz. Er ist Vor­sit­zen­der der AfD-Frak­ti­on im Stadt­rat von Trier und Vor­sit­zen­der des AfD-Kreis­ver­ban­des Trier.

Bild: Katho​li​sches​.info

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