Die wundersame Himmelfahrt des Dr. Martin Luther – eine Kontroverspredigt

Ein notwendiger Schritt auf dem Weg zur Wiedervereinigung der Christen


Die Umschlagseite des Buches ziert ein Ausschnitt aus dem 2017 entstandenen Ölgemälde "Die Verteidigung des Glaubens gegen Islam und Häresie durch den hl. Pius V. und den hl. Karl Borromäus" des 1983 geborenen apulischen Künstlers Giovanni Gasparro.
Die Umschlagseite des Buches ziert ein Ausschnitt aus dem 2017 entstandenen Ölgemälde "Die Verteidigung des Glaubens gegen Islam und Häresie durch den hl. Pius V. und den hl. Karl Borromäus" des 1983 geborenen apulischen Künstlers Giovanni Gasparro.

Bespre­chung von Wolf­ram Schrems*

Anzei­ge

Eine rezen­te Neu­erschei­nung ist der Anlaß, sich wie­der­um mit Mar­tin Luther zu beschäf­ti­gen. Das ist kei­ne erfreu­li­che Auf­ga­be. Wir hof­fen jedoch, daß es „den See­len hilft“.

Zur Erin­ne­rung: Auf die­ser Sei­te stell­ten wir bereits ent­my­tho­lo­gi­sie­ren­de Lite­ra­tur zu Mar­tin Luther, Paul Hackers Klas­si­ker Das Ich im Glau­ben bei Mar­tin Luther, Theo­bald Beers wis­sen­schaft­li­ches Stan­dard­werk Der fröh­li­che Wech­sel und Streit, Franz Kron­becks prä­gnan­ten Trak­tat Mar­tin Luthers Kampf mit Gott und König Hein­richs Ver­tei­di­gung der sie­ben Sakra­men­te vor.

Die Wirk­lich­keit der Luther­schen Irrun­gen ist aber noch kras­ser und blas­phe­mi­scher, als es in den genann­ten Wer­ken zum Aus­druck kommt. Der Reno­va­men-Ver­lag brach­te im ver­gan­ge­nen Jahr ver­dienst­vol­ler­wei­se eine im Jahr 1746 zum 200. Todes­tag Luthers gehal­te­ne Pre­digt des Jesui­ten Franz Xaver Pfyffer her­aus. Die­se Pre­digt ergänzt unse­re Luther-Kennt­nis­se auf schmerz­haf­te Weise.

Deutliche Worte eines Jesuiten im Dienst der Wahrheit

Pfyffers Pre­digt bringt Luther-Zita­te, die außer­halb eines win­zi­gen Spe­zia­li­sten­krei­ses kaum jemand ken­nen wird. Sie sind sehr schlimm. Es ist höch­ste Zeit, die­se Din­ge ins Bewußt­sein aller Chri­sten zu bringen. –

Der Ver­fas­ser der vor­lie­gen­den Pre­digt, Pater Franz Xaver Pfyffer, wur­de 1680 in Luzern gebo­ren, trat 1696 in Rom in die Gesell­schaft Jesu ein und wur­de Hof­pre­di­ger in Hei­del­berg, danach 40 Jah­re weit­hin gerühm­ter Dom­pre­di­ger zu Augs­burg. Als wah­rem Ordens­mann stieg ihm der Ruhm aber nicht zu Kopf, er akzep­tier­te auch kei­ne Ehrun­gen. Er starb 1750.

Im Jahr 1871 gab der würt­tem­ber­gi­sche Prie­ster und Kir­chen­hi­sto­ri­ker Johann Nepo­muk Bri­schar (1819–1897) das Sam­mel­werk Die katho­li­schen Kan­zel­red­ner Deutsch­lands her­aus, in das auch die Pre­digt Pater Pfyffers auf­ge­nom­men wur­de. Die­ses Werk dien­te dem Ver­lag als Vor­la­ge für die gegen­ständ­li­che Ausgabe.

Die Nachfragen im Himmel

Da die Luthe­ra­ner ihr namen­ge­ben­des Vor­bild in den Him­mel auf­ge­fah­ren wäh­nen, macht sich der Jesu­it in sei­ner Pre­digt auf eine Erkun­dungs­rei­se in den Him­mel und fragt im ersten Teil bei den Patri­ar­chen, Pro­phe­ten, Apo­steln, Mär­ty­rern, Jung­frau­en und Beken­nern nach, ob Luther dort zu fin­den sei.

Ver­tre­ter die­ser Grup­pen von Hei­li­gen ver­nei­nen das empört, da sie Luthers Wider­spruch zu ihrer Ver­kün­di­gung nach­wei­sen kön­nen. Pfyffer läßt den Apo­stel Petrus etwa fol­gen­des sagen:

„Den Brief des hl. Jako­bus hat Luther nicht nur ver­wor­fen, son­dern als ‚Strohe­pi­stel‘ bezeich­net, und zwar aus­schließ­lich aus dem Grun­de, daß dort Luthers völ­lig fal­scher Leh­re, der Glau­be ohne Wer­ke sei hin­rei­chend zur Selig­keit, klar und deut­lich wider­spro­chen wird. Für Luther hat­ten die Fabeln des Äsop und des Eulen­spie­gel einen höhe­ren Wert als die­ses Send­schrei­ben des hl. Jako­bus. Und um von ande­rem zu schwei­gen, war es eben­falls Luther, der uns Apo­stel als Sün­der, ja als gro­ße und gro­be Übel­tä­ter bezeich­net hat. Und ein sol­cher Mann soll hier bei uns Apo­steln sein?“ (34)

Der Pre­di­ger äußert die Ver­mu­tung, daß ihn die Luthe­ra­ner „von den Hei­li­gen direkt zu Jesus Chri­stus [ver­wei­sen wür­den], denn schließ­lich habe Luther nicht auf die Für­spra­che der Hei­li­gen, son­dern ein­zig auf Chri­stus als sei­nen Erlö­ser sei­ne gan­ze Hoff­nung gesetzt“ (41). Aber der Pre­di­ger wagt es nicht, dem Herrn selbst die Fra­ge vor­zu­le­gen, ob Luther bei Ihm sei. Der Herr wür­de näm­lich mit Stren­ge antworten:

„Meinst du, ich hät­te so jeman­den in mein himm­li­sches Reich auf­ge­nom­men? Die­ser Mann hat gelehrt, mei­ne gött­li­chen Gebo­te zu hal­ten sei unmög­lich. Damit hat er aus mir einen grau­sa­men Tyran­nen machen wol­len. Schließ­lich befiehlt nur ein Tyrann etwas, was nie­mand befol­gen kann, und bestraft dann noch die­je­ni­gen, die es nicht befolgt haben. Luther hat mich als einen unge­rech­ten Gott geschil­dert, der zwar das Böse bestraft, aber das Gute, das man in sei­nem Dienst getan hat, nicht belohnt. Damit hat er mich der Lüge bezich­tigt, denn ich habe, und zwar oft, mei­nen himm­li­schen Lohn den­je­ni­gen ver­hei­ßen, die sich durch gute Wer­ke als Chri­sten bewäh­ren. Luther hat mich sogar den Ver­ur­sa­cher der Sün­den – damit einen ‚gott­lo­sen Gott‘ – genannt, indem er sag­te: ‚Die bösen Wer­ke der Sün­der wirkt Gott.‘“ (41)

Im zwei­ten Teil sucht der Pre­di­ger Luther dann in der „Scheo­lah“, der Luther­schen Ver­si­on der alt­te­sta­ment­li­chen „Scheol“, die aber eine „phan­ta­sti­sche Mei­nung“ (52) sei.

Er sucht ihn auch in einem Him­mel, den Luther selbst kon­zi­piert habe und der in bizar­rer Wei­se dem kora­ni­schen ähnelt (damit natür­lich 1 Kor 2,9 widersprechend).

Eine drit­te Mög­lich­keit gebe es aber noch:

„Es ist noch ein Him­mel übrig, in dem Luther gesucht und hof­fent­lich auch gefun­den wer­den kann. Ein Schü­ler Luthers wird ihn mir zei­gen, näm­lich ein gewis­ser Brenz, der zuvor Chor­herr in Wit­ten­berg gewe­sen war, nach­her aber ein glü­hen­der Ver­eh­rer Luthers wur­de. Brenz hat die soge­nann­te Ubi­qui­täts­leh­re sei­nes Mei­sters tief ver­in­ner­licht. Die­ser Leh­re zufol­ge ist Chri­stus nicht etwa nur sei­ner gött­li­chen, son­dern auch sei­ner mensch­li­chen Natur nach all­ge­gen­wär­tig. Also kön­ne man auch sagen: Der Him­mel ist über­all, denn wo der Gott­mensch ist, da ist auch der Him­mel. – Nun stellt sich die Fra­ge: Wenn der Him­mel über­all ist, ist dann auch die Höl­le ein Teil des Him­mels?“ (53)

Pater Pfyffer schluß­fol­gert daher:

„Der unter­ste Teil die­ses ubi­quisti­schen Him­mels ist für die­je­ni­gen bestimmt, wel­che Glau­ben allein – ohne Wer­ke – haben. So lehr­te es ja der hl. Jako­bus: ‚Auch die bösen Gei­ster glau­ben und zit­tern‘ (Jak 2,19)“ (55).

Pfyffer geht zum Schluß auf die Ableh­nung des rich­ti­gen Han­delns durch Luther (gegen Mt 7,21), sei­ne Obses­si­on mit dem Teu­fel, auf sei­ne Selbst­wi­der­sprü­che und Lügen ein und zieht dar­aus die Kon­klu­si­on, wo man Luther nun suchen sol­le (59).

Resümee

Pfyffers Pre­digt führt uns einen in die­ser Qua­li­tät weit­ge­hend unbe­kann­ten Luther vor Augen. Er ist dunk­ler und ver­wor­re­ner, als er nor­ma­ler­wei­se im Bewußt­sein unse­rer Zeit ist.

Hw. Pao­lo D’Angona schreibt in der Ein­lei­tung, daß für die vor­lie­gen­de Aus­ga­be der Pre­digt, die gekürzt und dem gegen­wär­ti­gen Sprach­ge­brauch ange­paßt wur­de, auf Quel­len­an­ga­ben zu den Zita­ten ver­zich­tet wur­de. Sie sei­en bei Bri­schar zu veri­fi­zie­ren. Nun, ins­ge­heim hofft man, die Zita­te wären falsch. –

Der Ver­lag hat­te mit der Aus­wahl des Umschlag­bil­des eine glück­li­che Hand. Es ist ein Aus­schnitt aus dem Gemäl­de Die Ver­tei­di­gung des Glau­bens gegen Islam und Häre­sie durch den hl. Pius V. und den hl. Karl Bor­ro­mä­us des zeit­ge­nös­si­schen Künst­lers Gio­van­ni Gaspar­ro. Kla­rer­wei­se ist auf dem Bild kei­ne „Him­mel­fahrt“ dargestellt. –

Die Jah­res­zahl 1517 für das Todes­jahr Luthers im Pre­digt­text ist offen­kun­dig falsch (24). Es wur­de irr­tüm­lich „Melan­ch­ton“ geschrie­ben, wo es „Melan­chthon“ hei­ßen muß. Auch „Scheo­lo­ah“ (49) stimmt nicht. –

In Zei­ten all­ge­mei­ner kon­fes­si­ons­über­schrei­ten­der Chri­sten­ver­fol­gung, eines kata­stro­pha­len Zustan­des von Papst­tum, Hier­ar­chie und Kir­chen­volk und guten Wil­lens vie­ler nicht-katho­li­scher Chri­sten wird sich man­cher Leser fra­gen, was aus­ge­rech­net jetzt eine Kon­tro­ver­se gegen Mar­tin Luther brin­gen soll. Dar­auf wird man ant­wor­ten müs­sen: Die Wahr­heit muß ans Licht. Nur sie macht frei. Im Gegen­satz zum Unflat der Pole­mik Luthers und sei­ner Nach­fol­ger gegen Kir­che und Katho­li­ken ist vor­lie­gen­de Pre­digt sach­ge­mäß und nüchtern.

Wir wer­den also allen pro­te­stan­ti­schen und evan­ge­li­ka­len Chri­sten guten Wil­lens sagen müssen:

Luther war ein reli­giö­ser und poli­ti­scher Durch­ein­an­der­wer­fer und rich­te­te enor­men geist­li­chen und zeit­li­chen Scha­den an. Luther nahm Ver­satz­stücke des über­lie­fer­ten Glau­bens und erfand ein neu­es System. Es ist das sata­ni­sti­sche Prin­zip des Sol­ve et coagu­la, Löse auf und set­ze neu zusam­men, das hier wirk­sam wird. Luthers Theo­lo­gie hat mit der Hl. Schrift nur das zu tun, daß er sie nach Gut­dün­ken aner­kann­te oder auch nicht, und das, was er aner­kann­te, gewalt­sam inter­pre­tier­te bzw. umin­ter­pre­tier­te. Er allein ist der Pro­phet, Inter­pret und Papst in sei­nem System. Geg­ner und Kon­kur­ren­ten wer­den rück­sichts­los bekämpft, Revo­lu­tio­nen ent­facht. Reli­gi­on und Poli­tik wer­den in pro­te­stan­ti­schen Herr­schafts­ge­bie­ten mit­ein­an­der ver­schmol­zen. Wohin das geführt hat, sah man dann bald im Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg. Der Baum brach­te sei­ne Früch­te. Das muß klar benannt und gebannt wer­den. Man kann doch nicht auf einer sol­chen Lüge sei­nen Glau­ben aufbauen! –

Das müs­sen sich auch die Kir­chen­füh­rer und Theo­lo­gen hin­ter die Ohren schrei­ben, die Mar­tin Luther absur­der­wei­se zu einem Vor­bild oder Glau­bens­zeu­gen erhe­ben oder ihn „reha­bi­li­tie­ren“ wol­len. –

Soll­ten Kir­che und pro­te­stan­ti­sche Amts­trä­ger die Luther­schen Irr­tü­mer tat­säch­lich benen­nen und exor­zie­ren kön­nen, wäre das ein erster Schritt zur Erneue­rung der Kir­che und der Wie­der­ver­ei­ni­gung der Chri­sten (die, wor­auf Hw. D’Angona in der Ein­lei­tung hin­weist, auch nach Unita­tis red­in­te­gra­tio des II. Vati­can­ums, Nr. 3 und 4, nur eine „Bekeh­rung“ sein kann). Das wür­de sich segens­reich aus­wir­ken, „den See­len hel­fen“ und bis in Welt­po­li­tik, Kul­tur und Wohl­fahrt sei­ne Früch­te bringen.

Möge die vor­lie­gen­de Schrift die­ses Ziel befördern.

Franz Xaver Pfyffer, Die wun­der­sa­me Him­mel­fahrt des Dr. Mar­tin Luther, Reno­va­men-Ver­lag, Bad Schmie­de­berg 2022, 79 S. (mit einer Ein­lei­tung von Hw. Pao­lo D’Angona, Anhang Über den Beginn der Irr­leh­ren Luthers von Alphons Maria von Liguori)

*Wolf­ram Schrems, Mag. theol., Mag. phil., Kate­chist, Pro Lifer, rei­che Erfah­rung im katho­lisch-pro­te­stan­ti­schen Gespräch

Bild: gio​van​ni​ga​spar​ro​.com (Screen­shot)

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