Papst Franziskus und die Treue zur Tradition


Am 29. April traf sich Papst Franziskus in Budapest mit seinen dortigen Mitbrüdern im Jesuitenorden und nützte eine Frage, in der gar nicht danach gefragt wurde, um den überlieferten Ritus und die diesem verpflichteten Gläubigen anzugreifen.
Am 29. April traf sich Papst Franziskus in Budapest mit seinen dortigen Mitbrüdern im Jesuitenorden und nützte eine Frage, in der gar nicht danach gefragt wurde, um den überlieferten Ritus und die diesem verpflichteten Gläubigen anzugreifen.

Eine Ana­ly­se von Ivan Poljaković*

Anzei­ge

Papst Fran­zis­kus hat wie­der­holt sei­ne Abnei­gung gegen­über Katho­li­ken zum Aus­druck gebracht, die am Ritus der Alten Lit­ur­gie (TLM – Tra­di­tio­nel­le latei­ni­sche Mes­se) fest­hal­ten. Die häu­fig­sten Wor­te, die Papst Fran­zis­kus ver­wen­det, wenn er sol­che Katho­li­ken beschreibt, sind „Starr­heit“, „Unsi­cher­heit“, und er spiel­te auch indi­rekt auf eine Art „Gei­stes­krank­heit“ an.

Als er näm­lich in einem sei­ner Inter­views auf die Lit­ur­gie ange­spro­chen wur­de, sag­te Papst Fran­zis­kus, dass die nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil ent­stan­de­ne refor­mier­te Lit­ur­gie bestehen blei­ben wer­de und dass es falsch sei, von der „Reform der Reform“ zu spre­chen. Dann füg­te er gegen­über sei­nem Gesprächs­part­ner, Pater Anto­nio Spa­da­ro SJ, hin­zu, dass er über­rascht sei, dass eini­ge jun­ge Men­schen die alte Mes­se bevor­zu­gen, obwohl sie nicht damit auf­ge­wach­sen sind, und der Papst frag­te sich: „War­um die­se Starr­heit? Grab, grab, die­se Starr­heit ver­birgt immer etwas, Unsi­cher­heit oder sogar etwas ande­res. Starr­heit ist defen­siv. Wah­re Lie­be ist nicht starr.“1

Es gibt noch vie­le wei­te­re sol­cher und ähn­li­cher Äuße­run­gen von Papst Fran­zis­kus über Katho­li­ken, die der Tra­di­ti­on erge­ben sind, aber sei­ne jüng­ste Bemer­kung kann man sicher­lich als Exzess bezeich­nen. Die­se geschah in Buda­pest bei einem Gespräch mit sei­nen Jesui­ten­brü­dern am 29. April 2023. Wie es bei Rei­sen um die Welt üblich ist, trifft sich der Papst mit der Gesell­schaft Jesu im jewei­li­gen Land. Auf die­se Wei­se traf er sich auch die­ses Mal mit den Jesui­ten in Ungarn. Er beant­wor­te­te Fra­gen zum Zugang zu jun­gen Men­schen, zur Aus­bil­dung der Jesui­ten, zu Miss­brauch in der Kir­che und einem argen­ti­ni­schen Jesui­ten, der 1976 ver­ur­teilt wur­de. Eine Fra­ge, die nichts mit der Lit­ur­gie zu tun hat­te, wur­de vom Papst genutzt, um erneut die latei­ni­sche Mes­se und die am alten Ritus fest­hal­ten­den Katho­li­ken anzu­grei­fen. Hier die Fra­ge und die gesam­te Ant­wort, die einer detail­lier­te­ren Ana­ly­se bedarf.

Fra­ge: Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil spricht über die Bezie­hung zwi­schen der Kir­che und der moder­nen Welt. Wie kön­nen wir die Kir­che und die Rea­li­tät, die bereits jen­seits der Moder­ne liegt, in Ein­klang brin­gen? Wie kön­nen wir die Stim­me Got­tes fin­den, indem wir unse­re Zeit lieben?

Papst Fran­zis­kus: Ich weiß nicht, wie ich die­se Fra­ge theo­re­tisch beant­wor­ten soll, aber ich weiß, daß das Kon­zil immer noch in Anwen­dung begrif­fen ist. Es dau­ert, sagt man, ein Jahr­hun­dert, bis ein Kon­zil assi­mi­liert ist. Und ich weiß, daß der Wider­stand schreck­lich ist. Es gibt einen unglaub­li­chen Restau­ra­tio­nis­mus. Ich nen­ne das „Indiet­ris­mus“, wie es im Hebrä­er­brief 10,39 heißt: „Wir aber gehö­ren nicht zu denen, die umkeh­ren“. Der Strom der Geschich­te und der Gna­de fließt von unten nach oben wie der Saft eines Bau­mes, der Früch­te trägt. Aber ohne die­sen Fluß bleibt man eine Mumie. Rück­wärts­ge­hen bewahrt nicht das Leben, nie­mals. Man muß sich ver­än­dern, wie der hei­li­ge Vin­zenz von Lérins in Com­mo­ni­to­ri­um pri­mum schreibt, wenn er fest­stellt, daß sogar das Dog­ma der christ­li­chen Reli­gi­on fort­schrei­tet, sich mit den Jah­ren festigt, sich mit der Zeit ent­wickelt, sich mit dem Alter ver­tieft. Aber dies ist eine Ver­än­de­rung von unten nach oben. Die Gefahr ist heu­te der Indiet­ris­mus, die Reak­ti­on gegen das Moder­ne. Es ist eine nost­al­gi­sche Krank­heit. Des­halb habe ich beschlos­sen, daß es jetzt obli­ga­to­risch ist für alle neu geweih­ten Prie­ster, die Erlaub­nis zu erhal­ten, nach dem Römi­schen Meß­buch von 1962 zu zele­brie­ren. Nach allen not­wen­di­gen Bera­tun­gen habe ich mich dazu ent­schlos­sen, weil ich gese­hen habe, daß die­se pasto­ra­le Maß­nah­me, die Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. gut gemacht haben, ideo­lo­gisch miß­braucht wur­de, um einen Rück­schritt zu machen. Es war not­wen­dig, die­se Rück­wärts­ge­wandt­heit zu been­den, die nicht in der pasto­ra­len Visi­on mei­ner Vor­gän­ger lag.2

In die­ser Rede kann man die tie­fe Abnei­gung des Pap­stes gegen­über der tra­di­tio­nel­len latei­ni­schen Mes­se spü­ren, und die Argu­men­te, die er vor­bringt, wür­den einer nüch­ter­nen und objek­ti­ven Prü­fung nicht stand­hal­ten. Um es noch ein­mal zu wie­der­ho­len: Bei der Fra­ge ging es über­haupt nicht um die Lit­ur­gie, son­dern der Papst nutz­te die blo­ße Erwäh­nung des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils, um über etwas zu spre­chen, das über­haupt nichts mit der Fra­ge zu tun hat­te. Im ersten Satz sagt der Papst, dass „das Kon­zil wei­ter­hin ange­wen­det wird“. Wenn man den Kon­text betrach­tet, ist klar, dass der Papst dar­über spricht, wie das Kon­zil in Bezug auf die Lit­ur­gie ange­wen­det wird. Dies ist jedoch nicht kor­rekt. Die Novus-Ordo-Lit­ur­gie wider­spricht dem Doku­ment des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils Sacro­sanc­tum Con­ci­li­um zur Reform der Lit­ur­gie, in dem es aus­drück­lich heißt, dass „die latei­ni­sche Spra­che in den latei­ni­schen Riten erhal­ten blei­ben muss“ (36,1), dass die Kir­che den gre­go­ria­ni­schen Cho­ral für beson­ders geeig­net hält für den Römi­schen Ritus (116), dass die Orgel einen beson­de­ren Platz in der Lit­ur­gie ein­nimmt, weil sie ein tra­di­tio­nel­les Instru­ment ist, das zum Adel des Ritus bei­trägt (120) usw.3 Der Papst sagt wei­ter, dass „der Wider­stand gegen sei­ne Dekre­te [des II. Vati­ka­ni­schen Kon­zils] ent­setz­lich sei“. Auch das stimmt nicht, denn in die­sem Fall unter­stüt­zen ortho­do­xe Katho­li­ken, wenn es um die Hei­li­ge Mes­se geht, das Dekret über die Lit­ur­gie unein­ge­schränkt; was eini­ge nicht unter­stüt­zen, sind die moder­ni­sti­schen Inno­va­tio­nen, die im Wider­spruch zum Dekret des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils ste­hen. Die­je­ni­gen, die an der alten Mes­se und dem Dekret des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils Sacro­sanc­tum Con­ci­li­um fest­hal­ten, wirft der Papst „unglaub­li­chen Restau­ra­tio­nis­mus“ oder, wie er es nennt, „Rück­stän­dig­keit“ vor. Nun, wir hören jeden Tag von Gen­de­ri­sten, dass wir rück­stän­dig sei­en, weil wir die Tra­di­ti­on lie­ben, und jetzt sagt uns der Papst das­sel­be. Dann, nicht zum ersten Mal, reißt der Papst Bibel­zi­ta­te aus dem Zusam­men­hang und inter­pre­tiert sie falsch.4 Das oben erwähn­te Zitat aus dem Hebrä­er­brief lau­tet eigentlich:

„Doch wir gehö­ren nicht zu denen, die sich abwen­den und sich damit selbst ins Ver­der­ben stür­zen. Nein, wir gehö­ren zu denen, die am Glau­ben fest­hal­ten und dadurch ihr Leben ret­ten“ (Hebr 10:39)

Wenn wir den Kon­text betrach­ten, wer­den wir sehen, dass der hei­li­ge Pau­lus in Vers 38, unmit­tel­bar vor dem oben Gesag­ten, das Wort Got­tes zitiert:

„Wer sich aber von mir abwen­det, zu dem wer­de auch ich nicht halten.“

Und wenn wir danach Zei­le 39 lesen, ist die Bedeu­tung für uns glas­klar. Der hei­li­ge Pau­lus tadelt nicht die­je­ni­gen, die „umkeh­ren“ – son­dern lobt die­je­ni­gen, die „nicht vom Glau­ben abfal­len“, weil sie stand­haft im Glau­ben sind, d. h. sie hal­ten an der Tra­di­ti­on fest.

Ganz im Gegen­satz zu dem, was Papst Fran­zis­kus inter­pre­tier­te, sag­te der hl. Pau­lus, dass wir an der Tra­di­ti­on fest­hal­ten müs­sen, was er auch im zwei­ten Brief an die Thes­sa­lo­ni­cher erwähnt:

„Bleibt also stand­haft, lie­be Brü­der und Schwe­stern. Hal­tet euch an die Über­lie­fe­run­gen, die wir euch münd­lich oder schrift­lich gelehrt haben“ (2 Thess 2:15).

Wenn St. Pau­lus sagt, dass wir an der Tra­di­ti­on fest­hal­ten, ist er auch ein Rückschrittler?

Das hei­li­ge Mess­op­fer im über­lie­fer­ten latei­ni­schen Ritus

Der Papst weist wei­ter dar­auf hin, dass die­je­ni­gen, die an der alten Mes­se fest­hal­ten, wie Mumi­en sei­en, denn ohne den not­wen­di­gen „Gemü­se­saft“, der vor­an­schrei­tet, sei­en sie tot. Bedeu­tet das, dass alle Hei­li­gen und unse­re Vor­fah­ren wäh­rend fast zwei Jahr­tau­sen­den, die der latei­ni­schen Mes­se gewid­met waren, Mumi­en waren?! Dar­über hin­aus stellt der Papst fest, dass ein Rück­schritt nie­mals das Leben ret­ten kann, und er nimmt den hl. Vin­zenz von Lérins und stellt natür­lich alles noch ein­mal auf den Kopf. Zwar kann sich ein Dog­ma ent­wickeln, aber nur im Sin­ne eines immer bes­se­ren Ver­ständ­nis­ses des grund­sätz­li­chen Aus­gangs­punk­tes, aber nie­mals so, dass es in sein Gegen­teil hin­ein­wächst. Das vati­ka­ni­sche Doku­ment „Inter­pre­ta­ti­on des Dog­mas“ bestä­tigt die­se Regel: „Selbst im Neu­en Testa­ment gibt es Hin­wei­se dar­auf, dass es Stu­fen gab, um zur Wahr­heit zu gelan­gen: Die­se Aus­drucks­for­men der Wahr­heit ver­stär­ken sich gegen­sei­tig, gehen von Tie­fe zu Tie­fe, wider­spre­chen sich jedoch nie“.5 Im sel­ben Doku­ment heißt es ausdrücklich:

„Eine Ent­wick­lung [des Dog­mas] wird zu einer Ver­fäl­schung, wenn sie der ursprüng­li­chen Leh­re oder frü­he­ren Ent­wick­lung wider­spricht. Wah­re Ent­wick­lung bewahrt und schützt die Ent­wick­lung und For­mu­lie­run­gen, die zuvor exi­stier­ten“.6

Das ist sehr wich­tig zu ver­ste­hen, denn wenn Moder­ni­sten über die Ent­wick­lung eines Dog­mas spre­chen, spre­chen sie über die Ent­wick­lung eines Dog­mas im pro­te­stan­ti­schen Sin­ne, wo es zu einem spä­te­ren Zeit­punkt in sein Gegen­teil umschla­gen kann, bei­spiels­wei­se ist Emp­fäng­nis­ver­hü­tung heu­te eine Sün­de, mor­gen nicht, heu­te ist die Ehe unlös­bar, mor­gen ist sie lös­bar, heu­te ist Sodo­mie eine Sün­de, mor­gen ist sie eine Tugend, heu­te ist die Todes­stra­fe zuläs­sig, mor­gen ist sie es nicht mehr usw. Und jetzt kom­men wir zum hl. Vin­zenz von Lérins, der eigent­lich das Gegen­teil von dem sagt, wofür der Papst ihn „benutzt“. Der hei­li­ge Kir­chen­va­ter Vin­zenz sagt in sei­nem Doku­ment Com­mo­ni­to­ri­um Folgendes:

„In der katho­li­schen Kir­che selbst soll­ten wir mit aller Kraft dar­auf ach­ten, den Glau­ben zu bewah­ren, an den über­all, immer und von allen geglaubt wur­de. Weil es wahr­haf­tig und im streng­sten Sin­ne katho­lisch ist… Wir wer­den die­se Regel respek­tie­ren, wenn wir der Uni­ver­sa­li­tät, dem Alter­tum, der Über­ein­stim­mung fol­gen… Wir wer­den der Uni­ver­sa­li­tät fol­gen, wenn wir den einen Glau­ben als wahr beken­nen, der von der gan­zen Kir­che in der gan­zen Welt bekannt wird; dem Alter­tum, wenn wir nicht von jenen Inter­pre­ta­tio­nen abwei­chen, an denen unse­re hei­li­gen Vor­fah­ren und Väter offen­sicht­lich fest­hiel­ten; der Über­ein­stim­mung in ähn­li­cher Wei­se, wenn wir uns in dem Alter­tum selbst an die ver­ein­bar­ten Defi­ni­tio­nen und Bestim­mun­gen aller oder zumin­dest fast aller Prie­ster und Kir­chen­leh­rer hal­ten“ (II.6). Was wird dann ein christ­li­cher Katho­lik tun, wenn sich ein klei­ner Teil der Kir­che von der Gemein­schaft des uni­ver­sel­len Glau­bens getrennt hat? – Was, sich sicher­lich eher auf die Gesund­heit des gesam­ten Kör­pers als auf die Unge­sund­heit eines schäd­li­chen und fau­len Glie­des fest­zu­hal­ten (III.1). Was wäre, wenn eine neue Ansteckung nicht nur einen unbe­deu­ten­den Teil, son­dern die gesam­te Kir­che infi­zie­ren wür­de? – Dann wird es ihm dar­um gehen, am Alter­tum fest­zu­hal­ten, das sich heut­zu­ta­ge durch kei­ne Täu­schung der Inno­va­ti­on ver­füh­ren lässt“ (III.2).

Wenn wir uns anse­hen, was der hl. Vin­zenz wirk­lich sagt, ist er dann dem Papst Fran­zis­kus nach ein ech­ter „Rück­schritt­ler“?

Dar­über hin­aus sagt Papst Fran­zis­kus, dass die größ­te Gefahr heu­te die „Rück­stän­dig­keit“ sei, also die „Reak­ti­on gegen den Moder­nis­mus“, es hand­le sich sei­ner Mei­nung nach um eine „nost­al­gi­sche Krank­heit“. Eine Per­son, die den Kon­text nicht kennt, wür­de den­ken, dass dies die Wor­te von Joe Biden oder Klaus Schwab waren. Der Kampf gegen den Moder­nis­mus ist eine Krank­heit?! Ich weiß nicht, ob das über­haupt eines Kom­men­tars bedarf. Nun ja, alle Hei­li­gen der Kir­che gaben ihr Leben für den Glau­ben, gera­de weil sie den Mut hat­ten, sich dem Moder­nis­mus ihrer Zeit zu wider­set­zen. Waren sie des­we­gen krank?! Und der hl. Pau­lus sagt:

„Passt auf, dass ihr nicht auf Welt­an­schau­un­gen und Hirn­ge­spin­ste her­ein­fallt. All das haben sich Men­schen aus­ge­dacht; aber hin­ter ihren Gedan­ken ste­hen dunk­le Mäch­te und nicht Chri­stus“ (Kol 2:8).

Und am Ende fügt der Papst hin­zu, dass er neu­en Prie­stern des­halb ver­bo­ten habe, ohne Son­der­ge­neh­mi­gung (die nur vom Vati­kan erteilt wer­den kön­ne) die Mes­se nach dem alten Ritus zu zele­brie­ren. Und zum „glän­zen­den“ Ende noch eine Unter­stel­lung gegen­über sei­nen Vor­gän­gern. Der Papst behaup­tet näm­lich, dass sei­ne Vor­gän­ger die latei­ni­sche Mes­se aus pasto­ra­len Grün­den erlaubt hät­ten, sie aber „ideo­lo­gisch“ miss­braucht wor­den sei, um „rück­wärts zu gehen“. So hat er nun die­ser „Rück­stän­dig­keit“ Ein­halt gebo­ten, die „nicht in der pasto­ra­len Visi­on“ sei­ner Vor­gän­ger ent­hal­ten war.

Papst Bene­dikt XVI. beton­te jedoch oft, dass das, was frü­he­ren Gene­ra­tio­nen hei­lig war, nicht plötz­lich zu etwas Schlech­tem wer­den kön­ne. Des­halb ver­such­te er, „die alter­tüm­li­che Form vor allem zugäng­li­cher zu machen, um die tie­fe und unge­bro­che­ne Ver­bin­dung zu bewah­ren, die in der Geschich­te der Kir­che besteht. Wir kön­nen nicht sagen: Frü­her war es schlecht, aber jetzt ist es gut. Tat­säch­lich kann in einer Gemein­schaft, in der das Gebet und die Eucha­ri­stie an erster Stel­le ste­hen, das, was als das Aller­hei­lig­ste galt, nicht als völ­lig falsch ange­se­hen wer­den. Es ging um die Ver­söh­nung mit der Ver­gan­gen­heit, um die inne­re Kon­ti­nui­tät des Glau­bens und Gebets in der Kir­che“.7 Dar­über hin­aus sag­te sein per­sön­li­cher Sekre­tär, Erz­bi­schof Georg Gäns­wein, in einem Inter­view mit der Tages­post aus, dass das Motu­pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des von Papst Fran­zis­kus, das die latei­ni­sche Mes­se stark ein­schränkt, Papst Bene­dikt XVI. das Herz gebro­chen habe.8 In sei­nem Motu­pro­prio Sum­morum pon­ti­fi­cum erklär­te Papst Bene­dikt XVI. dass das, was immer hei­lig war, nicht abge­schafft wer­den kann: „Des­halb ist es zuläs­sig, das Mess­op­fer gemäß der typi­schen Aus­ga­be des Römi­schen Mess­buchs zu fei­ern, die vom seli­gen Johan­nes XXIII. in 1962 ver­öf­fent­licht wur­de und nie abge­schafft wur­de, als außer­ge­wöhn­li­che Form der kirch­li­chen Lit­ur­gie“.9

Abschlie­ßend kön­nen wir nur mit Bedau­ern fest­stel­len, dass wir zum ersten Mal in der Geschich­te der Kir­che einen Papst haben, der sich offen auf die gefähr­li­chen Gewäs­ser der Her­me­neu­tik des Bruchs begibt und dabei einer­seits ver­sucht, alle mög­li­chen ket­ze­ri­schen Sek­ten zu umar­men und zu sam­meln und ihnen zu schmei­cheln, aber gleich­zei­tig die treue­sten Söh­ne der Kir­che ablehnt und einen ideo­lo­gi­schen Krieg beginnt, der leicht in einem Schis­ma enden kann.

*Ivan Pol­ja­ko­vić, gebo­ren 1956 in Subo­ti­ca, stu­dier­te Angli­stik und Ger­ma­ni­stik an den Uni­ver­si­tä­ten Inns­bruck, Cam­bridge, Zagreb, Rostock und Auck­land, wo er meh­re­re Jah­re leb­te und an einer katho­li­schen Schu­le unter­rich­te­te, ist aus­ge­bil­de­ter Reli­gi­ons­leh­rer und war bis 2021 Assi­stenz­pro­fes­sor und Lei­ter des Fremd­spra­chen­zen­trums an der Uni­ver­si­tät Zadar.

Bild: La Civil­tà Cattolica/​MiL (Screen­shot)


1 https://​www​.catho​lic​world​re​port​.com/​2​0​1​6​/​1​1​/​1​4​/​d​i​g​g​i​n​g​-​i​n​t​o​-​p​o​p​e​-​f​r​a​n​c​i​s​-​r​e​m​a​r​k​s​-​a​b​o​u​t​-​t​h​e​-​o​l​d​-​l​a​t​i​n​-​m​a​s​s​-​r​i​g​i​d​i​t​y​-​a​n​d​-​i​n​s​e​c​u​r​i​ty/ (14.5.2023)

2 https://​www​.laci​vilta​cat​to​li​ca​.com/​t​h​i​s​-​i​s​-​g​o​d​s​-​s​t​y​l​e​-​p​o​p​e​-​f​r​a​n​c​i​s​-​c​o​n​v​e​r​s​a​t​i​o​n​-​w​i​t​h​-​h​u​n​g​a​r​i​a​n​-​j​e​s​u​i​ts/ (14.5.2023)

3 https://​www​.vati​can​.va/​a​r​c​h​i​v​e​/​h​i​s​t​_​c​o​u​n​c​i​l​s​/​i​i​_​v​a​t​i​c​a​n​_​c​o​u​n​c​i​l​/​d​o​c​u​m​e​n​t​s​/​v​a​t​-​i​i​_​c​o​n​s​t​_​1​9​6​3​1​2​0​4​_​s​a​c​r​o​s​a​n​c​t​u​m​-​c​o​n​c​i​l​i​u​m​_​e​n​.​h​tml 36.1 (14.5.2023)

4 Zum Bei­spiel: Fra­tel­li tut­ti (Mt 23:8), Desi­de­rio desi­dera­vi (Offb 19:9).

5 https://​www​.vati​can​.va/​r​o​m​a​n​_​c​u​r​i​a​/​c​o​n​g​r​e​g​a​t​i​o​n​s​/​c​f​a​i​t​h​/​c​t​i​_​d​o​c​u​m​e​n​t​s​/​r​c​_​c​t​i​_​1​9​8​9​_​i​n​t​e​r​p​r​e​t​a​z​i​o​n​e​-​d​o​g​m​i​_​e​n​.​h​tml I. 3. (14.5.2023)

6 Ibid, III.5.6

7 Bene­dikt XVI.: Licht der Welt. Der Papst, die Kir­che und die Zei­chen der Zeit. Ein Gespräch mit Peter See­wald. Her­der, 2010.

8 https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​s​N​q​a​X​K​2​A​2Nk (14.5.2023)

9 https://​www​.vati​can​.va/​c​o​n​t​e​n​t​/​b​e​n​e​d​i​c​t​-​x​v​i​/​e​n​/​m​o​t​u​_​p​r​o​p​r​i​o​/​d​o​c​u​m​e​n​t​s​/​h​f​_​b​e​n​-​x​v​i​_​m​o​t​u​-​p​r​o​p​r​i​o​_​2​0​0​7​0​7​0​7​_​s​u​m​m​o​r​u​m​-​p​o​n​t​i​f​i​c​u​m​.​h​tml (14.5.2023)

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