Von Andreas Becker
Italien wird im zweiten Monat erstmals von einer Frau regiert. Was die medialen Meinungskontrolleure normalerweise zu Feuerwerken des Entzückens veranlassen würde, stößt im konkreten Fall auf kalte Distanz. Die Frau, Giorgia Meloni, steht einer Rechtskoalition vor, in der ihre Partei, deren Vorsitzende sie ist, nicht nur die stärkste, sondern auch rechteste Komponente darstellt. Dem versuchen die gescheiterten Linksdemokraten (PD) als größte Oppositionspartei mit einem Wechsel an der Parteispitze zu begegnen. Erstmals könnten auch sie eine Frau zur Parteivorsitzenden bekommen, was durchaus nachvollziehbar scheint, angesichts der rechten Konkurrenz und Melonis Erfolg.
Das neue Gesicht der italienischen Linken ist die bisher weitgehend unbekannte Elena Ethel Schlein, genannt Elly, die alles in ihrer Person zu vereinen scheint, was derzeit im westlichen linken Lager zählt: radikal links, Abtreibungsbefürworterin, Homo-Aktivistin, bisexuell (dzt. lesbisch), US-amerikanischer jüdischer Vater, antifaschistischer Großvater und globalistisch mit drei Staatsbürgerschaften. Es zeigt zugleich an, was sich in den vergangenen 30 Jahren alles geändert hat.
Drei Staatsbürgerschaften
Schlein gab in diesen Tagen bekannt, für den Parteivorsitz zu kandidieren, und macht seither viel von sich reden. Ein professioneller Medienapparat hat sich bereits in Bewegung gesetzt, um sie zur „Anti-Meloni“ zu stilisieren. Das funktioniert auf Knopfdruck, wobei Name und Gesicht der jeweils Bejubelten beliebig austauschbar scheinen. Ein Blick ins Internet zeigt, wie wundersam die PR-Maschine funktioniert, selbst auf deutsch läuft sie bereits, wie ein schon auffallend umfangreicher deutscher Wikipedia-Eintrag anzeigt. Dabei wird gerade erst der Boden für die eigentliche Kampagne bereitet. Offenbar ist der einstige Christdemokrat und nunmehrige Linksdemokrat Romano Prodi einer ihrer Paten und mobilisierte sein Netzwerk, das bis in die Volksrepublik China reicht, wo seine Vorträge an Universitäten sehr beliebt sind. Prodi entstammt einer linkskatholischen Dynastie der Romagna, die immer einen starken Hang zu einer großen Linkskoalition hatte. Er knüpfte 1995/96 das Bündnis zwischen den ehemaligen Kommunisten und dem linken Flügel der ehemaligen Christdemokraten, um eine neue große Linkspartei zu schaffen. Ein anderer Pate ist George Soros, dessen Ideen zu Migration und Globalisierung in direktem Gegensatz zu jenen Melonis stehen. Mit seiner Open Society Foundation mischt Soros seit Jahren in der italienischen Innenpolitik mit. 1993 mußte die Lira unter dem Druck spekulativer Angriffe durch Soros auf den Devisenmarkt aus dem Europäischen Währungssystem ausscheiden. Die Lira verlor ein Drittel ihres Wertes mit Oszillationen bis zu 70 Prozent. Heute ist er unter anderem durch die Partei Europa+ (Mehr Europa) von Emma Bonino präsent. Prodi war es, der 1995 dafür sorgte, daß Soros die Ehrendoktorwürde der Universität Bologna verliehen wurde. 1996 wurde Prodi italienischer Ministerpräsident, 1999 Vorsitzender der EU-Kommission. 2007 Vorsitzender der Linksdemokraten.
Die Parolen, mit denen Schlein wirbt und ihre Kandidatur beworben wird, klingen dabei weder originell noch neu. Vorerst sind es nur Floskeln, die der Motivation der eigenen Funktionäre dienen, die nach der Wahlniederlage in eine Depression gefallen sind.
Die Anführerin des progressiven Lagers präsentiert sich „weltoffen“, sprich schrankenlos, mit einem starken Duft von Ausland und Migrationshintergrund. All das verspricht Elly Schlein, ihr Name zeigt es bereits an.
Schlein wurde 1985 in Lugano geboren. Das ist zwar in der italienischen Schweiz, aber immerhin Ausland. Ihre Mutter ist Italienerin, ihr Vater aber, von dem sie den deutschen Familiennamen hat, ist US-Amerikaner. Das läßt transatlantische Herzen höherschlagen, besonders auf der politischen Linken, wo dieses Bekenntnis noch ziemlich jung ist, jedenfalls in Italien. Die Hauptströmung der Linksdemokraten (PD) stammt aus der einstigen starken Kommunistischen Partei Italiens (PCI), die stramm Moskau-orientiert war und bis zu ihrer Selbstauflösung 1991 keine abweichenden Meinungen duldete. Daß ihr aus New Jersey stammender Vater Professor der Politikwissenschaften an einer kleinen elitären Privatuniversität im Schweizer Tessin, dem Franklin College of Switzerland oder The American University in Lugano, war, hätte sich vor noch nicht allzu vielen Jahren im Lebenslauf einer Vorzeigelinken nicht so gut gemacht. Daß er zudem ein aschkenasischer Jude ist, wirkt schon fast klischeehaft. Elly Schlein verfügt gleich über drei Staatsbürgerschaften, die italienische, die schweizerische und die US-amerikanische.
Mit der Politik ist sie aufgewachsen wie mit dem täglichen Brot. Ihr Großvater mütterlicherseits war der Politiker und Antifaschist Agostino Viviani. Letzteres kommt im radikalen Linksspektrum einer Nobilitierung gleich.
Der antifaschistische Großvater
Agostino Viviani stammte aus einer katholischen Familie, war jedoch überzeugter Sozialist. Er wurde nie Mitglied einer faschistischen Organisation und war in seiner Heimatstadt Siena als Rechtsanwalt tätig. Als Mussolini 1943 gestürzt wurde, gab er sich zu erkennen, weshalb er bis Kriegsende in Florenz untertauchte, nachdem deutsche Truppen den Duce befreit und wieder an die Spitze eines neuen faschistischen Staates gesetzt hatten.
Nach dem Krieg war Viviani wieder als Rechtsanwalt tätig und gehörte zu den Gründern der linken Demokratischen Partei der Arbeit (PDL), die er in die Volksfront mit den von Stalin gesteuerten Kommunisten führen wollte. Die Partei fand jedoch keinen Anklang bei den Wählern und löste sich auf. Viviani schloß sich darauf der Sozialistischen Partei Italiens (PSI) an. An der Volksfront-Idee hielt er fest. In den 60er bis 80er Jahren verteidigte er vor Gericht Linksterroristen der Roten Brigaden, Bewaffneten Proletarier für den Kommunismus, Kommunisten für die proletarische Befreiung u. a. m.).
1972 wurde er für die Sozialisten in den italienischen Senat gewählt und Vorsitzender des Justizausschusses. Unter seinem Vorsitz wurde nach Einführung der Scheidung das Familienrecht umgearbeitet und die Abtreibung legalisiert. Als die Sozialistische Partei Ende 1979 unter ihrem neuen Vorsitzenden Bettino Craxi endgültig in das westliche Lager wechselte, wurde der linke Flügel entsorgt. Damit endete auch Vivianis politische Karriere. Er verließ 1980 die Partei und wurde Mitglied der Radikalen Partei. Zudem wird er Vorsitzender der Humanitären Gesellschaft, eines 1892 von dem jüdischen Mäzen und Freimaurer Prospero Moisé Loria gegründeten Hilfswerks, die sich in einem stark antiklerikalen, später zumindest laizistischen Kontext bewegte und gesellschaftlich in der Stadt Mailand nicht unbedeutend war. Ob der 2005 verstorbene Viviani auch Freimaurer war, ist nicht bekannt.
Wahlkampf für Barack Obama
Die 1985 in Lugano geborene Elly Schlein, Tochter von zwei Universitätsprofessoren, reiste 2008 in die USA, um den Präsidentschaftswahlkampf eines gewissen Barack Obama zu unterstützen. Innerhalb der italienischen Linksdemokraten, denen sie sich anschloß, positionierte sie sich mit der Gruppe OccupyPD am linken Rand mit dem Ziel, möglichst viele Parteiämter mit dezidierten Linken zu besetzen. 2014 wurde sie im Alter von 29 Jahren für die Linksdemokraten in das EU-Parlament entsandt, wo sie stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Frauenrechte und Mitglied der Homo-Lobby unter den Abgeordneten wurde und seither enge Kontakte mit der Homo-Lobby ILGA pflegt. Noch viel relevanter ist, daß sie in ihren Jahren in Brüssel und Straßburg in den Freundeskreis von George Soros aufgenommen wurde. Die „Freunde“ sind jene Politiker, die Soros für finanzierungswürdig hält. Mit großem Eifer vertritt Schlein seither das ganze Programm der politischen Agenda des Milliardärs.
Als 2015 Matteo Renzi Parteivorsitzender und Ministerpräsident wurde, der der linkskatholischen Strömung der Partei angehörte, sprach Schlein empört von einem „Rechtsruck“ und verließ die Linksdemokraten. 2020 wurde sie auf einer ökologisch-progressiven Liste der radikalen Linken in den Landtag der Emilia-Romagna gewählt und vom linksdemokratischen Landesregierungschef Stefano Bonaccini als seine Stellvertreterin in die Koalitionsregierung geholt.
Der „Freundeskreis“
Im vergangenen September wurde sie auf der Liste der Linksdemokraten in die italienische Abgeordnetenkammer gewählt. Da der PD-Vorsitzende Enrico Letta, ebenfalls ein ehemaliger Christdemokrat, noch am Wahlabend wegen der Niederlage gegen Meloni seinen Rücktritt erklärte, versucht nun der linke Flügel die Partei zu übernehmen. Die Mainstream-Medien kuscheln schon seit einiger Zeit mit Schlein.
Schon 2020 widmete ihr L’Espresso, das italienische Pendant zum Spiegel, eine Titelseite. Dabei wurde sie als „Feministin, Ökologistin, Progressistin, Regierungskritikerin“ gefeiert. Die führende linke Tageszeitung Spaniens El Paìs nannte sie darauf „den neuen Stern der italienischen Politik“. In etwa zur gleichen Zeit war sie Gast in einer linken Talk-Show im privaten Fernsehsender La7, wo sie sich zu einer liquiden sexuellen Identität bekannte: „Ich habe viele Männer und Frauen geliebt. Jetzt bin ich gerade glücklich mit einem Mädchen.“
Es ist unschwer zu erraten, daß die 37jährige kinderlose Schlein „stolze“ Homo- und Abtreibungsaktivistin ist. Ende Juni kommentierte sie empört das Jahrhunderturteil des Obersten Gerichtshofs der USA, mit dem das Abtreibungsurteil Roe gegen Wade von 1973 als verfassungswidrig gekippt wurde. Für Schlein ist die Rettung ungeborener Kinder jedoch keine überfällige Wiedergutmachung oder gar ein humanitärer Minimalkonsens, sondern ein „Rückschritt“ und „beängstigender Sprung in die Finsternis, in der das Recht der Frauen, über ihren eigenen Körper zu entscheiden, aufgehoben wird“. Schlein verteidigt den linken „Fortschritt“ in die Barbarei.
Es erübrigt sich fast, darauf hinzuweisen, daß Elly Schlein eine ebenso entschiedene Verfechterin eines uneingeschränkten „Migrationsrechts“ ist. Exponenten des linken Flügels zeigen sich in diesen Tagen gerne mit Schlein, so auch die woke linksradikale Feministin Laura Boldrini, die in den vergangenen Jahren bereits italienische Parlamentspräsidentin war, 2020 zur Unterstützung des rassistischen Antirassismus von Black Lives Matter im Parlamentssaal niederkniete, überall dabei ist, wo ein Homo-Rauch aufgeht oder für die Tötung ungeborener Kinder geworben wird. Boldrini veröffentlichte in diesen Tagen ein Foto, auf dem sie Schlein umarmt mit dem Satz: „Das ist die Partei, die wir wollen“.
Paten und Sponsoren
Mit Elly Schlein bewerben sich nun drei Kandidaten Anfang 2023 um den Parteivorsitz der Linksdemokraten. Neben der ehemaligen Ministerin Paola De Micheli bewirbt sich auch Stefano Bonaccini, der Regierungschef der Emilia-Romagna, also jener Mann, der Schleins Karriere maßgeblich gefördert hatte. Bonaccini werden die besseren Chancen eingeräumt, das Rennen ist jedoch offen. Schleins Kandidatur wird jedenfalls offenlegen, wie stark der linke Flügel der Partei ist, die Brüssel und die Washington als engste Verbündete in Italien betrachten. Ihr Erfolg ist jedoch nicht ausgeschlossen. Hinter ihr macht eine „Lobby“ mobil, wie die Tageszeitung Il Giornale schrieb. Neben ihren Paten Prodi und Soros wird ihre Kandidatur auch von den bisherigen Parteivorsitzenden Enrico Letta (Italiens Ministerpräsident 2013/14) und Nicola Zingaretti (seit 2013 Regierungschef von Latium, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Sozialistischen Internationale) unterstützt.
Es wird als Reverenz an Soros gedeutet, daß Schlein in ihrer ersten Rede als Kandidatin für den PD-Vorsitz die Betonung auf „grüne“ Energien und Migration legte.
Festzustehen scheint, daß die Linksdemokraten wieder einen Vorsitzenden erhalten werden, der der alten kommunistischen Strömung zuzurechnen ist. Für das Lebensrecht verheißt weder Schleins noch Bonaccinis Bewerbung Gutes. Die Regierung der Emilia-Romagna läßt die Abtreibungspille Ru-486 in den Beratungsstellen der Region zur Verfügung stellen.
Elly Schlein verkörpert die italienische Personifikation einer zunehmend regenbogenfarbigen, woken und realitätsfremden Linken, die in erbitterter Feindschaft zu den nicht verhandelbaren Werten steht.
Bild: Wikicommons/MiL
In diesem Artikel wird vielfach der Begriff radikal verwendet, aber alles, was von deren Propagandisten betrieben wird, ist extremistisch. Das beginnt bereits bei den Linken mit dem Agieren gegen Ehe, Familie und Privateigenntum, den für die Menschen grundlegenden Wünschen nach Erfüllung. Damit sind die Bestrebungen der Linken, weil menschenfeindlich, böse.
Hannah Arendt: „Das Böse ist immer extrem, niemals radikal.“
Zum Vergleich: Die Forderung nach Abschaffung der Todesstrafe ist ebenso radikal, wie die nach Wiedereinführung.