„Das nächste Konklave wird chaotisch sein“

Das große Gloria.tv-Interview mit Henry Sire


Henry Sire, der Autor von "Der Diktator-Papst": "Papst Franziskus ist Ausdruck einer schlechten politischen Kultur".
Henry Sire, der Autor von "Der Diktator-Papst": "Papst Franziskus ist Ausdruck der schlechten politischen Kultur eines prinzipienlosen Egoismus".

„Das näch­ste Kon­kla­ve wird chao­tisch sein“, das sei sicher, sagt der bri­ti­sche Histo­ri­ker Hen­ry Sire, der mit sei­nem Buch „Der Dik­ta­tor-Papst“ über Papst Fran­zis­kus für inter­na­tio­na­les Auf­se­hen sorg­te. In einem Inter­view, das Glo​ria​.tv mit ihm führ­te, nahm er zur aktu­el­len Ent­wick­lung im Mal­te­ser­or­den und im Vati­kan Stel­lung. Wie von ihm gewohnt, nahm sich der nüch­ter­ne Bri­te dabei kein Blatt vor den Mund.

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Sire, der wegen sei­nes Ende 2017 unter dem Pseud­onym Mar­can­to­nio Colon­na vor­ge­leg­ten Buches aus dem Mal­te­ser­or­den aus­ge­schlos­sen wur­de, rech­net im näch­sten Kon­kla­ve mit Bestre­bun­gen, einen Papst „der Mit­te“ zu wäh­len. Damit wer­de man die Wogen glät­ten wol­len, die das der­zei­ti­ge Pon­ti­fi­kat so zahl­reich ver­ur­sacht. Auch eine „Spal­tung inner­halb des Kon­kla­ves“ schließt der in Spa­ni­en gebo­re­ne Bri­te mit fran­zö­si­schen Wur­zeln nicht aus.

Das näch­ste Kon­kla­ve wer­de jeden­falls unvor­her­seh­ba­rer sein denn je, weil Fran­zis­kus vie­le unbe­kann­te Kar­di­nä­le aus fer­nen Län­dern ernannt habe und ver­hin­de­re, daß sich die­se unter­ein­an­der kennenlernen.

Mit der Wahl eines Pap­stes „der Mit­te“ wer­de aller­dings die Ver­wir­rung, „die durch die Zwei­deu­tig­kei­ten von Fran­zis­kus ent­stan­den ist, noch grö­ßer wer­den“, denn ein Kom­pro­miß­kan­di­dat wer­de „kei­ne kla­re Linie vor­ge­ben“. Aller­dings, so Sire, könn­te die Zukunft „noch viel über­ra­schen­der“ sein und mit der Gna­de Got­tes „sogar ein guter Papst“ gewählt werden.

Er ken­ne aller­dings im Moment kei­nen Kar­di­nal, der die Fähig­keit habe, die Kir­che „wie­der­her­zu­stel­len und auf den Weg ech­ter Refor­men zu füh­ren“. Das sei näm­lich „das Gegen­teil der image­ori­en­tier­ten Gesten“, mit denen Papst Fran­zis­kus die welt­li­chen Medi­en „ver­blüfft hat“. Die Gesten von Fran­zis­kus sei­en im übri­gen „völ­lig unzu­ver­läs­sig“. Fran­zis­kus sei in der Lage, sie schlag­ar­tig rück­gän­gig zu machen.

Sire hät­te vor fünf Jah­ren noch auf Kar­di­nal Robert Sarah getippt. Die­ser sei inzwi­schen schon 76 Jah­re alt: „Ich weiß nicht, ob er noch die Kraft hat, das Not­wen­di­ge zu tun“.

Franziskus ist „so unpopulär“, daß viele Bischöfe Traditionis custodes ignorieren

Das Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des sei tref­fend mit „Ker­ker­mei­ster der Tra­di­ti­on“ zu über­set­zen. Es sei der „letz­te Ver­such“ der Kon­zils­ge­ne­ra­ti­on, die Wie­der­be­le­bung der Tra­di­ti­on, die unter jün­ge­ren Katho­li­ken im Gan­ge ist, zu blockie­ren. Die mei­sten Bischö­fe wür­den sich jedoch wei­gern, so Sire, die Repres­si­on durch­zu­set­zen. Papst Fran­zis­kus sei „so unpo­pu­lär“, daß vie­le Bischö­fe es vor­zie­hen, selbst sol­che, die per­sön­lich kei­ne beson­de­ren Sym­pa­thien für den über­lie­fer­ten Ritus hegen, sei­ne Anwei­sung zu ignorieren.

Sicher sei, das kön­ne man schon jetzt sagen, daß auch die näch­ste Gene­ra­ti­on von Katho­li­ken die geist­li­chen Reich­tü­mer der Kir­che, dar­un­ter den über­lie­fer­ten Ritus, wie­der­ent­decken und die Neue­run­gen des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils in Fra­ge stel­len wer­de. Die­se Neue­run­gen wer­den für die­se näch­ste Gene­ra­ti­on ein­fach „eine Poli­tik von gestern sein, die sich ihnen nicht erschließt“.

Papst Fran­zis­kus ist inzwi­schen „so unpo­pu­lär“, daß selbst Bischö­fe, die kei­ne Sym­pa­thie für den über­lie­fer­ten Ritus haben, sei­ne Anwei­sung ignorieren

Franziskus, der Papst der Mafia von Sankt Gallen

Nach acht Jah­ren des Pon­ti­fi­kats von Fran­zis­kus kön­ne eines „klar“ gesagt wer­den, so Sire: 

„Fran­zis­kus ist der Papst der Mafia von Sankt Gal­len und der welt­li­chen Medi­en, deren Zustim­mung sein ein­zi­ges Ziel ist.“

Auch mit Tra­di­tio­nis cus­to­des sei Fran­zis­kus „ein­fach dem St. Gal­ler Pro­gramm gefolgt“ und ver­su­che die Tra­di­ti­on auszulöschen.

Der amtie­ren­de Papst ver­fol­ge kei­ne ande­re Poli­tik, „als den Bei­fall der zeit­ge­nös­si­schen Eli­ten, indem er jeder ihrer Marot­ten folgt“. Die Band­brei­te rei­che von der Kli­ma­hy­ste­rie über die För­de­rung der unkon­trol­lier­ten Ein­wan­de­rung bis zu einem Pseu­domar­xis­mus, der in Wirk­lich­keit im Dienst eines bestimm­ten Kapi­ta­lis­mus ste­he. Dies­be­züg­lich sei sich Fran­zis­kus treu geblie­ben, denn so habe er sich auch als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires ver­hal­ten. Er ver­bün­de­te sich dort mit den Gewerk­schaf­ten als poli­ti­scher Grö­ße, „aber für die Armen in Argen­ti­ni­en hat er nichts getan“. Er drücke sprach­lich „bestimm­te Knöp­fe“ und die Medi­en fol­gen ihm „skla­visch“ und stel­len ihn als „Vor­kämp­fer für die Armen“ dar, „für die er in der Pra­xis nichts tut“.

Ins­ge­samt sei „Berg­o­gli­os Kar­rie­re“ nach wie vor „ein gro­ßes Geheim­nis“. Er habe es geschafft, von der rech­ten Hand des „reak­tio­nä­ren“ Kar­di­nals Quar­ra­ci­no von Bue­nos Aires „zum Lieb­ling der Mafia von Sankt Gal­len“ zu werden.

„Die ein­zi­ge Erklä­rung, die ich sehen kann, ist, daß in den letz­ten Jah­ren von Papst Johan­nes Paul II. erwar­tet wur­de, daß ein libe­ra­le­rer Papst sein Nach­fol­ger wer­den wür­de, und Berg­o­glio woll­te auf der Gewin­ner­sei­te stehen.“

Berg­o­glio sei näm­lich ein „typi­scher Pero­nist“. Er habe „kei­ne wirk­li­chen Prinzipien“. 

Sein ganzes Leben lang war Bergoglios Ja ein Nein, und sein Nein ein Ja. 

Wenn man Fran­zis­kus mit jemand ver­glei­chen woll­te, dann mit Juan Perón. Der Oppor­tu­nis­mus sei bei ihm „Teil einer aus­ge­klü­gel­ten Kul­tur“, in der er auf­ge­wach­sen ist, und der Grund­la­ge für eine „geris­se­ne und mani­pu­la­ti­ve Kar­rie­re“ war. Dar­in könn­ten ihm die mei­sten Bischö­fe nicht das Was­ser rei­chen, so Sire. Papst Fran­zis­kus sei Aus­druck einer „sehr schlech­ten poli­ti­schen Kul­tur“, und das sei „sicher­lich eine Kata­stro­phe für die Kir­che“. Er sei ein „klas­si­sches Pro­dukt“ der argen­ti­ni­schen Gesell­schaft, und das bedeu­te, daß er Aus­druck einer „Kul­tur des prin­zi­pi­en­lo­sen Ego­is­mus“ sei.

Als hal­ber Spa­ni­er, so Sire, habe er Zugang zur his­pa­ni­schen Kul­tur. Das habe ihm per­sön­lich dabei gehol­fen, den kul­tu­rel­len Hin­ter­grund von Papst Fran­zis­kus, der Deut­schen und Bri­ten unver­ständ­lich sei, aus­zu­leuch­ten. Sei­ne Aus­bil­dung bei den Jesui­ten sei hin­ge­gen nur inso­fern hilf­reich gewe­sen, „den Zusam­men­bruch und die Kor­rum­pie­rung der Gesell­schaft Jesu seit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil mit­er­lebt“ zu haben. „Und Berg­o­glio ist ein klas­si­scher Fall“ für die­se Entwicklung.

Ein Wesens­merk­mal die­ser poli­ti­schen Kul­tur sei­en bei Fran­zis­kus sei­ne „dik­ta­to­ri­schen Maß­nah­men, ganz klar“. Ein ande­res ein „groß­mäu­li­ger Popu­lis­mus“, der es mög­lich sein las­se, zu behaup­ten, das Volk zu unter­stüt­zen, in Wirk­lich­keit aber nichts für das Volk zu tun. Ein geerb­ter Anti­ame­ri­ka­nis­mus sei zudem für ihn die Moti­va­ti­on, einen „kata­stro­pha­len Aus­ver­kauf an die kom­mu­ni­sti­sche chi­ne­si­sche Regie­rung“ zu betrei­ben. Wider­sprüch­li­che Signa­le, die er an die ver­schie­de­nen Par­tei­un­gen aus­sen­de, z. B. einer­seits Abtrei­bung als „Auf­trags­mord“ zu bezeich­nen, aber zugleich die Abtrei­bungs­lob­by­istin Emma Boni­no als „ganz Gro­ße“ zu rüh­men, sei­en Teil des für Fran­zis­kus typi­schen Pero­nis­mus. In Argen­ti­ni­en sei das ganz nor­mal, im Rest der Welt aller­dings nicht.

„Sein gan­zes Leben lang war Berg­o­gli­os Ja ein Nein, und sein Nein ein Ja.“

Fran­zis­kus sei auf­grund die­ser Prä­gung gegen „gute Men­schen voreingenommen“.

„Wäh­rend sei­ner gan­zen Kar­rie­re hat er sich mit den Kom­pro­mit­tier­ten und mora­lisch Schwa­chen umge­ben, weil er sie kon­trol­lie­ren kann.“

Den­noch sei Fran­zis­kus imstan­de, das Übel der Dop­pel­zün­gig­keit öffent­lich anzuprangern.

„Wie vie­le Men­schen hat auch Fran­zis­kus die Gabe, die Laster zu ver­ur­tei­len, die ihm selbst eigen sind. Es scheint eine beson­de­re Art der Selbst­er­kennt­nis zu sein, bei der das Sub­jekt instink­tiv das Laster erkennt, aber nicht den­je­ni­gen sieht, der sich des­sen schul­dig gemacht hat. Das hilft uns zu ver­ste­hen, wie Pater Kol­ven­bach, der Gene­ral der Jesui­ten, der sich auf die Berich­te jener stütz­te, die Berg­o­glio kann­ten, ihn 1991 der Dop­pel­zün­gig­keit und des Man­gels an psy­cho­lo­gi­schem Gleich­ge­wicht beschuldigte.“

Papst Fran­zis­kus und das ver­steck­te Kreuz

Der größte Schaden, den Franziskus anrichtet

Den „größ­ten Scha­den“, so Sire, rich­te Fran­zis­kus durch die Ernen­nung einer „Flut von schlech­ten Bischö­fen und Kar­di­nä­len“ an. Das wer­de „wahr­schein­lich zu einem wei­te­ren schlech­ten Pon­ti­fi­kat füh­ren“. Selbst wenn „wir davon ver­schont blei­ben“ soll­ten, wer­den die Ernen­nun­gen durch Fran­zis­kus „ein ent­setz­li­ches Ver­mächt­nis“ blei­ben und die Kir­che für vie­le Jah­re „bela­sten“.

Hät­te Bene­dikt XVI. sei­nen Amts­ver­zicht nur um „sechs oder zwölf Mona­te hin­aus­ge­zö­gert“, wären zum Zeit­punkt des Kon­kla­ves „meh­re­re Haupt­ak­teu­re, ein­schließ­lich Berg­o­glio“, bereits im Ruhe­stand gewe­sen. Bene­dikt XVI. habe „auch in die­sem Punkt ein schlech­tes poli­ti­sches Kal­kül gezeigt“. Das Ergeb­nis sei eine „grie­chi­sche Tra­gö­die: die Wahl des denk­bar schlech­te­sten Pap­stes“, und das gera­de in dem Moment, als die Kir­che „auf dem Weg der Bes­se­rung schien“. Die Wahl von Fran­zis­kus sei „die schlimm­ste Erfül­lung des Scha­dens, den das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil ange­rich­tet hat“.

Es sei „sicher­lich wahr, daß weder Johan­nes Paul II. noch Bene­dikt viel getan haben, um Moder­ni­sten vom Kar­di­nals­kol­le­gi­um fern­zu­hal­ten“. Auf­grund des Niveaus der moder­nen Kir­chen­hier­ar­chie sei daher die Wahr­schein­lich­keit, daß ein „schlech­ter Papst gewählt wird, real“ gewe­sen. Das Schlim­me sei, daß die Kir­che 2013 „auf dem Weg zu einer Wie­der­her­stel­lung von Recht­gläu­big­keit und Tra­di­ti­on zu sein schien“. Ohne die Unter­stüt­zung der Mafia von Sankt Gal­len, ist sich Sire sicher, wäre daher die Wahl Berg­o­gli­os undenk­bar gewe­sen. Bene­dikt XVI. habe von sei­nem Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Tar­cis­io Ber­to­ne erwar­tet, daß die­ser schon für die Wahl von Kar­di­nal Ange­lo Sco­la, dem dama­li­gen Erz­bi­schof von Mai­land, sor­gen wer­de. In Wirk­lich­keit sei Ber­to­ne per­sön­lich gegen Sco­la gewe­sen und „ließ Bene­dikt XVI. im Stich“. Damit geriet das Kon­kla­ve aus den Fugen und es stan­den „Tür und Tor offen für die Intri­gen der St. Galler“.

Bene­dikt XVI. habe bewußt eine „unpar­tei­ische Poli­tik“ ver­folgt, wie er sie nen­nen wür­de, so Sire. Das Ergeb­nis sei aber gewe­sen, „daß vie­le der schlimm­sten Ver­tre­ter der moder­nen Kir­che an die Spit­ze gelangten“.

„Aber ins­be­son­de­re, daß sei­ne Wahl für sei­ne Nach­fol­ge auf Kar­di­nal Sco­la fiel, zeigt sein schlech­tes Urteils­ver­mö­gen über Men­schen. Sco­la schien ein soli­der Kon­ser­va­ti­ver zu sein, doch in Wirk­lich­keit war er ein Kar­rie­rist, wie sein spä­te­res Ver­hal­ten zeig­te. Und Ber­to­ne und die ita­lie­ni­schen Kar­di­nä­le haben ihn genau aus die­sem Grund abgelehnt.“

Großmeister Festing konnte „mit den Manövern des Vatikan nicht umgehen“

Der am 12. Novem­ber ver­stor­be­ne ehe­ma­li­ge Groß­mei­ster des Mal­te­ser­or­dens, Fra Matthew Fest­ing, war ein ent­fern­ter Ver­wand­ter von Hen­ry Sire. Ken­nen­ge­lernt haben sich die bei­den aber erst 1999, als Fest­ing Groß­pri­or von Eng­land wur­de. Sire beschreibt ihn als „sym­pa­thi­schen Mann, den jeder moch­te, und er war natür­lich ein gläu­bi­ger, tra­di­tio­nel­ler Katholik“.

Fra Fest­ing wur­de 2008 zum Groß­mei­ster gewählt, so Sire, weil er allen Kan­di­da­ten „haus­hoch über­le­gen“ war. Sein Ein­satz für die kari­ta­ti­ven Wer­ke des Ordens war „her­aus­ra­gend“. Unter erheb­li­chen per­sön­li­chen Gefah­ren, „manch­mal unter direk­tem Beschuß, brach­te er den lei­den­den Men­schen in Bos­ni­en wäh­rend des dor­ti­gen Krie­ges Hilfe“.

Sein Haupt­ziel als Groß­mei­ster sei es gewe­sen, „den reli­giö­sen Cha­rak­ter des Ordens zu stär­ken und dem Säku­la­ri­sie­rungs­be­stre­ben zu wider­ste­hen, das vor allem von den Deut­schen vor­an­ge­trie­ben wur­de, die gegen die Idee der Pro­feß­rit­ter als füh­ren­der Klas­se im Orden waren und sind“.

„Fra Matthew war auf­grund sei­ner Erfah­rung und sei­nes Tem­pe­ra­ments nicht in der Lage, mit der Poli­tik einer Orga­ni­sa­ti­on wie des Mal­te­ser­or­dens umzu­ge­hen. Noch weni­ger war er in der Lage, mit den Manö­vern des Vati­kans umzu­ge­hen, ins­be­son­de­re unter einem ver­schla­ge­nen und macht­gie­ri­gen Papst wie Franziskus.“

Mit der Ent­las­sung von Fest­ing als Groß­mei­ster, die im Janu­ar 2017 erfolg­te, habe Papst Fran­zis­kus, so Sire, „in erster Linie dar­auf abge­zielt, Kar­di­nal Bur­ke zu tref­fen“. Fest­ing sei wohl bis zu sei­nem Tod der Mei­nung gewe­sen, daß „die Speer­spit­ze des Angriffs von Frei­herr von Boe­se­la­ger und den deut­schen Rit­tern aus­ging und nicht vom Papst“. Damit habe er „nicht wirk­lich“ recht gehabt. Als guter und gläu­bi­ger Katho­lik habe Fest­ing sich ein­fach gescheut, „den Papst als Feind zu betrach­ten, auch wenn er sich der frag­wür­di­gen Aspek­te von des­sen Cha­rak­ter bewußt war“.

Fest­ings Fein­de im Mal­te­ser­or­den sei­en natür­lich erfreut gewe­sen über sei­nen Sturz. 

„Für die Tra­di­tio­na­li­sten im Orden war sein Sturz, eben­so wie der von Kar­di­nal Bur­ke, eine Katastrophe.“

Sie hät­ten den­noch wei­ter­hin „einen har­ten Kampf gegen das deut­sche Pro­gramm geführt“. In den ver­gan­ge­nen Mona­ten, so der Ein­druck, habe sich die­ser Kampf aller­dings erle­digt, weil „die Deut­schen sich durch ihren eige­nen Herr­schafts­drang selbst besiegt haben“.

Das Amt des Kar­di­nal­pa­trons des Mal­te­ser­or­dens war in der Ver­gan­gen­heit ein „Ruhe­stands­po­sten“, so der Histo­ri­ker. Papst Fran­zis­kus habe mit der Ernen­nung von Bur­ke zum Kar­di­nal­pa­tron signa­li­siert, ihn auf das Abstell­gleis gesetzt zu haben. Der Kar­di­nal „begann aber bald, das Amt zu nut­zen, um weit­rei­chen­den Ein­fluß zu erlan­gen, was durch die welt­wei­ten Mit­glie­der des Ordens ermög­licht wur­de“. Man dür­fe nicht ver­ges­sen, so Sire, daß Bur­ke im Sep­tem­ber bzw. Novem­ber 2016 mit drei ande­ren Kar­di­nä­len die Dubia zu Amo­ris lae­ti­tia vor­ge­legt hat­te, was Papst Fran­zis­kus und des­sen Par­tei­gän­ger „ver­är­ger­te“. Der Kon­flikt im Mal­te­ser­or­den folg­te unmit­tel­bar dar­auf im Dezember.

„In Wirk­lich­keit war die fak­ti­sche Abset­zung von Kar­di­nal Bur­ke als Patro­nus die Ant­wort von Fran­zis­kus auf die Dubia, eine typisch poli­ti­sche und hin­ter­häl­ti­ge Geste.“

Der Papst mit Groß­mei­ster Matthew Fest­ing, den er 2017 zum Rück­tritt zwang: Fran­zis­kus ist sich sei­ner Macht bewußt und spielt sie auch aus.

Boeselager ist nun selbst „völlig ins Abseits geraten“

Das Sagen im Mal­te­ser­or­den habe heu­te Kar­di­nal Sil­va­no Toma­si, den Fran­zis­kus als sei­nen Son­der­be­auf­trag­ten ernann­te. Er sei „der Dik­ta­tor des Ordens“. Toma­si wer­de das Gene­ral­ka­pi­tel des Ordens, auf dem im kom­men­den März der 81. Groß­mei­ster gewählt wer­den soll, ganz nach den Vor­stel­lun­gen von Fran­zis­kus leiten.

„Noch vor eini­gen Mona­ten hät­te ich geant­wor­tet, daß der Mann, der das Sagen hat, Frei­herr von Boe­se­la­ger ist, aber der hat sich die Feind­schaft von Kar­di­nal Toma­si zuge­zo­gen und ist nun völ­lig ins Abseits gera­ten. Er hat es sich selbst zuzu­schrei­ben, daß er den Orden unter die Fuch­tel des Vati­kans gestellt hat, als er die Abset­zung von Fra Matthew veranlaßte.“

Der amtie­ren­de Groß­mei­ster-Statt­hal­ter Fra Mar­co Luz­za­go sei „eine blo­ße Mario­net­te, genau wie sein Vor­gän­ger Fra Gia­co­mo dal­la Tor­re“. Bei­de sei­en von Boe­se­la­ger „als Mario­net­ten ein­ge­setzt“ worden.

Der am 1. Novem­ber 2020 von Fran­zis­kus ernannt Kar­di­nal Toma­si sei bald zur Ansicht gelangt, daß Boe­se­la­ger „zuviel Macht ange­häuft“ habe. Zudem habe es bereits mit Toma­sis Vor­gän­ger, Kar­di­nal Becciu, Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten wegen der von Boe­se­la­ger betrie­be­nen Ent­mach­tung der Pro­feß­rit­ter gegeben.

Der „wah­re Grund“ für die Wie­der­ein­set­zung Boe­se­la­gers als Groß­kanz­ler (Regie­rungs­chef) des Ordens, nach­dem ihn Groß­mei­ster Fest­ing ent­las­sen hat­te, durch den Vati­kan sei der Fonds Jehan du Tour gewe­sen. Die Ernen­nung von Toma­si sei eben­so „unge­eig­net“ wie „prak­tisch alle Ernen­nun­gen von Fran­zis­kus“, doch scheint der Kar­di­nal zumin­dest den reli­giö­sen Cha­rak­ter des Mal­te­ser­or­dens bewah­ren zu wol­len, so Sire.

Als Fol­ge von Boe­se­la­gers „Staats­streich“ habe der Mal­te­ser­or­den sei­ne Sou­ve­rä­ni­tät „voll­stän­dig ver­lo­ren“. Der Orden, obwohl ein Völ­ker­rechts­sub­jekt, wer­de nun von Kar­di­nal Toma­si im Auf­trag von Papst Fran­zis­kus regiert. Boe­se­la­ger habe damit Kräf­te zu Hil­fe geru­fen, um Groß­mei­ster Fest­ing zu stür­zen und sei­ne Macht­po­si­ti­on im Orden zurück­zu­ge­win­nen, die ihn ihrer­seits nun ent­mach­ten. Boe­se­la­ger sei schon 2017 nicht der Mann des Pap­stes gewe­sen. Fran­zis­kus habe ihn nur unter­stützt, weil Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Paro­lin es so woll­te. Aber auch Paro­lin, der wegen der Boe­se­la­ger-Affä­re erheb­lich in die Kri­tik gera­ten ist, habe eine Gren­ze, „wie­viel er bereit ist, für Boe­se­la­ger zu tun“.

Habe beim Schreiben des Buches „das ganze Ausmaß der Korruption noch nicht gekannt“ 

Sire selbst wur­de wegen sei­nes Papst-kri­ti­schen Buches aus dem Mal­te­ser­or­den aus­ge­schlos­sen.

„Boe­se­la­gers Posi­ti­on als Chef des Ordens hing von sei­nem Sta­tus als Kon­troll­organ des Vati­kans ab. Er konn­te nicht zulas­sen, daß ein sol­cher Kri­ti­ker Mit­glied bleibt.“ 

Zunächst habe man ihn auf dem Rechts­weg aus­schlie­ßen wol­len. Da das aber zu lan­ge gedau­ert hät­te und der Aus­gang unge­wiß gewe­sen sei, ord­ne­te der Vati­kan an, das Ver­fah­ren abzu­bre­chen. So wur­de er, der meh­re­re Jah­re als Ordens­hi­sto­ri­ker am Groß­mei­ster­sitz in Rom tätig war, ein­fach per Dekret aus­ge­schlos­sen, des­sen Zustan­de­kom­men zwei­fel­haft ist.

„Tat­säch­lich weiß ich, daß das Dekret dem Sou­ve­rä­nen Rat nie zur Abstim­mung vor­ge­legt wurde.“ 

Der Rat sei viel­mehr „vor voll­ende­te Tat­sa­chen gestellt“ wor­den. Er, Sire, habe sich der „Maje­stäts­be­lei­di­gung“ schul­dig gemacht „wie so vie­le, weit bedeu­ten­de­re Opfer der Dik­ta­tur von Fran­zis­kus“. Das wer­de in die­sem Pon­ti­fi­kat nicht geduldet.

Sein Buch „Der Dik­ta­tor-Papst“ wür­de Sire wie­der so schrei­ben, aller­dings habe er „den Morast der Kor­rup­ti­on unter­schätzt“, dem Berg­o­glio ange­hör­te, als er in Argen­ti­ni­en Kar­rie­re mach­te, „zum Bei­spiel als Beschüt­zer von kle­ri­ka­len Sexualstraftätern“.

„Ich bedau­re sehr, daß ich nicht über umfas­sen­de­re Fak­ten ver­füg­te, um ein wahr­heits­ge­treu­es Bild des Man­nes zu zeich­nen, den die Kar­di­nä­le 2013 zum Papst gewählt haben.“

Beim Schrei­ben des Buches sei er sich „der Kul­tur der mora­li­schen und finan­zi­el­len Kor­rup­ti­on“ in der Erz­diö­ze­se Bue­nos Aires, „nicht in vol­lem Umfang bewußt“ gewe­sen. Fran­zis­kus habe die­se nicht geschaf­fen, aber auch nichts dage­gen unter­nom­men, son­dern sie sich zu eigen gemacht.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shots)

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