
(Rom) Wie schon 2020 will Papst Franziskus auch in diesem Jahr die traditionelle Huldigung an die Gottesmutter auf dem Spanischen Platz nur inoffiziell in „privater“ Form vornehmen. Ebenso wird das Kirchenoberhaupt, wie im Vorjahr, die Christmette nicht um Mitternacht, sondern bereits um 19:30 Uhr zelebrieren. Corona läßt grüßen.
Im Vorjahr, inmitten der zweiten Corona-Saison, hatte der Heilige Stuhl zunächst bekanntgegeben, daß am Hochfest Mariä Empfängnis keine traditionelle Huldigung Mariens an der Mariensäule auf der römischen Piazza di Spagna stattfinden wird. Als Grund wurde genannt, eine Menschenansammlung und mögliche Ansteckungen mit SARS-CoV‑2 zu vermeiden. Dabei gilt die Ansteckungsgefahr im Freien, wie Experten betonen, die nicht der Regierungsblase angehören, als minimal. Doch das Corona-Narrativ hat offenbar omnipräsent zu sein und muß in allen Bereichen spürbar werden. Papst Franziskus trägt viel dazu bei.
Die „semi-klandestine“ Huldigung
Am 8. Dezember begab sich Franziskus dann aber überraschend doch in aller Frühe zur Mariensäule und nahm „semi-klandestin“, wie es der Vatikanist Marco Tosatti nannte, die Huldigung vor. Das Kirchenoberhaupt trat im Freien mit Gesichtsmaske auf, obwohl zu diesem Zeitpunkt nur einige Feuerwehrmänner vor Ort waren, die Vorbereitungen für die Marienhuldigung trafen. Die Polizisten, ein Photograph und ein Kamerateam waren mit dem Papst gekommen.
Franziskus ließ sich vorfahren, legte Blumen nieder, eilte, ohne ein Wort zu sagen und ohne ein Gebet zu sprechen, wieder davon. 2020 war erstmals kein Tota pulchra es Maria („Ganz schön bist Du, Maria“) zu hören, eines der ältesten Mariengebete der Christenheit, bei dem sich an diesem marianischen Hochfest der Papst und das Volk von Rom in der Ehrerbietung für die Gottesmutter vereinten.
Tosatti ließ die Begründung des Vatikans für diese Programmänderung nicht gelten:
„Wenn Bergoglio Menschenansammlungen als Risikofaktor für Corona-Ansteckungen fürchtet, warum hat er am 20. Oktober nicht auch die Teilnahme an dem internationalen interreligiösen Treffen der Gemeinschaft von Sant’Egidio abgelehnt, die auf dem Kapitol ‚im Geist von Assisi‘ Vertreter verschiedener Religionen und der Politik, darunter Italiens Staatspräsident, der Freimaurer Sergio Mattarella, versammelte?“
Die Veranstaltung auf dem Kapitol hatte nicht wenige Augenblicke gedauert, vielmehr wurden zahlreiche Reden gehalten. Hauptredner war Papst Franziskus. Santa Marta setzt Schwerpunkte.

Die Huldigung Mariens wird auch am kommenden 8. Dezember ähnlich wie im Vorjahr verlaufen und auch wieder wie im Vorjahr begründet. Das vatikanische Presseamt ließ wissen:
„Um Menschenansammlungen und die damit verbundene Ansteckungsgefahr durch Covid-19 zu vermeiden, wird Papst Franziskus die übliche öffentliche Huldigung der Unbefleckten Empfängnis Mariens am 8. Dezember als einen privaten Akt der Andacht vollziehen und die Gottesmutter bitten, die Römer, die Stadt, in der sie leben, und die Kranken, die in allen Teilen der Welt ihren mütterlichen Schutz brauchen, zu beschützen.“
Es ist erneut damit zu rechnen, daß der Zeitpunkt der „privaten“ Verehrung geheimgehalten wird.
Vorgezogene Christmette
Auch in diesem Jahr wird Papst Franziskus die Christmette bereits um 19:30 Uhr zelebrieren. Dies geschah schon im Vorjahr, um sich an die nächtliche Ausgangssperre anzupassen, die von der italienischen Regierung 2020 für die Weihnachtsfeiertage ab 22 Uhr verhängt worden war. Eine solche Ausgangssperre wurde von der Regierung für 2021 bisher nicht verhängt. Ganz Italien ist seit Juni „weiße“ Zone (Stufe 1), was der geringsten der vier Gefahrenstufen entspricht. Einzig die Region Friaul wurde mit heutigem Tag als „gelbe“ Zone (Stufe 2) eingestuft.
Weiß Santa Marta vielleicht schon mehr als das italienische Volk? Wird es erneut eine Ausgangssperre geben? Oder sogar wie im Vorjahr ein generelles Verbot, während der Festtage das eigene Gemeindegebiet zu verlassen? Die staatliche italienische Presseagentur ANSA berichtet unter Berufung auf vatikanische Quellen:

„Der für die Messe im Vatikan gewählte Zeitpunkt am Abend ermöglicht eine mäßige Präsenz bei der Feier, sodaß Ansammlungen vermieden werden können. Es sei daran erinnert, daß es für die Messen nicht notwendig ist, einen Grünen Paß zu haben, aber die Anti-Covid-Regeln zu respektieren, Gesichtsmasken zu tragen und Social Distancing einzuhalten sind.“
Die Corona-Regeln sind zum Selbstläufer geworden, in der Bundesrepublik Deutschland ohne Pandemie und im Vatikan sogar, ohne daß die italienische Regierung es verlangt.
Die Zelebration der Christmette (das „Engelamt“) bereits um 19:30 Uhr ist eine sehr „großzügige“ Interpretation, die für Liturgiker noch vor wenigen Jahrzehnten undenkbar gewesen wäre. Diese erste von drei heiligen Messen ist liturgisch mit der Matutin des Christtages verbunden. Eine Vorverlegung auf die Abendstunden des Vortages ist ein Widerspruch, weshalb sie ursprünglich ausschließlich erst um Mitternacht gefeiert wurde, dafür aber auch nicht geboten war. Am frühen Morgen folgt das „Hirtenamt“, das heute nur mehr im überlieferten Ritus gefeiert wird, und schließlich die Festmesse, die liturgisch relevanteste und älteste der drei, weshalb sie geboten ist. Allerdings weisen alle drei Meßformulare des Christtages ein sehr hohes Alter auf und sind bereits im späten 6. Jahrhundert, zur Zeit von Papst Gregor dem Großen, belegt.
Papst Franziskus signalisiert, auch hier in Übereinstimmung mit dem Vorgehen der meisten westlichen Regierungen, mit beiden Terminen, dem Hochfest Mariä Empfängnis und dem Hochfest der Geburt des Herrn, daß das Corona-Theater auch in der dritten Saison nicht enden wird und auch er seinen Beitrag dazu leistet.
Das Corona-Theater kann auch gar nicht enden, weil die Voraussetzungen der Corona-Politik von Anfang an falsch waren. Sie müssen geändert werden, wenn sich etwas ändern soll. Doch von dieser Erkenntnis ist man nicht nur im Palazzo Chigi, dem Amtssitz von Italiens Ministerpräsidenten Mario Draghi, weit entfernt, sondern auch in Santa Marta.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va/MiL (Screenshots)