Acht Fragen an Benedikt XVI.

Das umstrittene "Interview" des Corriere della Sera


Papst und Papst: Zwei Päpste? Nur der Papst ist so gekleidet. Im Hintergrund Msgr. Gänswein, der persönliche Sekretär von Benedikt XVI.
Papst und Papst: Zwei Päpste? Nur der Papst ist so gekleidet. Im Hintergrund Msgr. Gänswein, der persönliche Sekretär von Benedikt XVI.

Die teils unglaub­li­chen Aus­sa­gen von Bene­dikt XVI., die am Mon­tag vom Cor­rie­re del­la Sera ver­öf­fent­licht wur­den, sor­gen wei­ter­hin für Auf­re­gung und Dis­kus­sio­nen. Auch die Zwei­fel an ihrer Echt­heit hal­ten an. Der Vati­ka­nist Mar­co Tosat­ti for­mu­lier­te acht Fra­gen an Benedikt.

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Der Besuch von Chef­re­dak­teur Lucia­no Fon­ta­na und des bekann­ten Redak­teurs Mas­si­mo Fran­co ist beim Ein­gangs­dienst des Vati­kan­staa­tes regi­striert. Er hat statt­ge­fun­den. Eini­ge Aus­drücke, die dem vor­ma­li­gen Papst zuge­schrie­ben wer­den, wol­len aber so gar nicht zu Bene­dikt XVI. pas­sen. Fran­co, der Autor des Cor­rie­re-Arti­kels, schrieb, dies viel­leicht vor­aus­ah­nend, daß Kuri­en­erz­bi­schof Georg Gäns­wein, der per­sön­li­che Sekre­tär von Bene­dikt XVI., manch­mal „über­setzt“ habe, wenn die Stim­me Bene­dikts zu lei­se wur­de, was auch wört­lich zu ver­ste­hen sein kann, soll­te sich Bene­dikt sei­ner deut­schen Mut­ter­spra­che bedient haben. Da Msgr. Gäns­wein die Aus­sa­gen nicht demen­tier­te, muß deren Echt­heit ange­nom­men wer­den. Bereits in den ver­gan­ge­nen Jah­ren kam von Bene­dikt XVI. weder ein Zwei­fel an sei­nem Rück­tritt noch an des­sen Frei­wil­lig­keit. Eben­so wenig gab es bis­her ein kri­ti­sches Wort zur Amts­füh­rung von Franziskus.

Frag­lich bleibt, war­um die Jour­na­li­sten von Bene­dikt XVI. emp­fan­gen wur­den. Was sie hören woll­ten, kann man im Cor­rie­re-Arti­kel nach­le­sen. Das muß­te auch Bene­dikt im vor­aus klar sein. Frag­lich bleibt zudem, war­um sein per­sön­li­cher Sekre­tär sol­che Begeg­nun­gen nicht fern­hält. Die mög­li­chen Grün­de müs­sen aber jen­seits die­ser Fest­stel­lung Spe­ku­la­ti­on bleiben.

Der Vati­ka­nist Mar­co Tosat­ti, der in einer ersten Reak­ti­on das Mär­chen „Der selt­sa­me Fall von Sepp Razz­inghis Ver­mächt­nis“ ver­öf­fent­lich­te“, for­mu­lier­te nun acht Fra­gen an Bene­dikt XVI.

Brief an Benedikt XVI. zu seinem „Scoop“-Interview mit dem Corriere della Sera

Von Mar­co Tosatti

  1. Ver­zei­hung, hoch­ver­ehr­ter Bene­dikt, hat­ten Sie nicht gesagt, sich in Gebet und Stil­le zurück­zie­hen zu wol­len? Haben nun auch Sie sich das klei­ne Laster ange­wöhnt, „Inter­views“ zu geben?
  2. Ver­zei­hen Sie, um ein altes Sprich­wort zu para­phra­sie­ren, stimmt es: Excu­sa­tio ite­ra­ta … accu­sa­tio mani­fe­sta [Wer sich wie­der­holt ent­schul­digt, klagt sich selbst an]?
  3. Ver­zei­hung, ver­wen­det jetzt der fei­ne und höf­li­che Pre­di­ger Wör­ter wie „Fana­ti­ker“ und „wütend“, die an den Berg­o­glio-Stil erin­nern („Eini­ge mei­ner ‚fana­ti­schen‘ Freun­de sind immer noch wütend…“)?
  4. Ver­zei­hung, kom­men­tiert der vor­neh­me unver­geß­li­che „Theo­lo­ge“ plötz­lich die Nie­de­run­gen der Poli­tik im Talk-Show-Stil (Draghi „ist ein auch in Deutsch­land sehr geschätz­ter Mann“; „Hof­fen wir, daß er es schafft, die Kri­se zu lösen.“)? Heißt die Vor­se­hung nun „Draghi“?
  5. Ver­zei­hung, nimmt der unbeug­sa­me Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on nun Unter­schei­dun­gen vor wie ein „klu­ger“ Jesu­it (Biden „ist katho­lisch und prak­ti­zie­rend; und per­sön­lich ist er gegen die Abtrei­bung. Aber als Prä­si­dent neigt er dazu, sich in Kon­ti­nui­tät mit der Linie der Demo­kra­ti­schen Par­tei zu zei­gen… Und bezüg­lich der Gen­der-Poli­tik haben wir noch nicht genau ver­stan­den, was sei­ne Posi­ti­on ist“)?
  6. Ver­zei­hung, war­um hat Sie Ihr Ein­flü­ste­rer nicht dar­an „erin­nert“, daß der katho­li­sche König Bal­du­in am 4. April 1990 das Abtrei­bungs­ge­setz nicht unter­zeich­net hat, son­dern abdankte?
  7. Ver­zei­hung, sind auch Sie, indem Sie zwi­schen der „Per­son“ Biden und dem „Prä­si­den­ten“ Biden unter­schei­den, zum Jesui­tis­mus kon­ver­tiert, indem Sie die „ganz­heit­li­che“ Sicht der Per­son bei­sei­te lassen.
  8. Ver­zei­hung, wur­de Ihnen zu Biden, den sie für „nicht ent­zif­fer­bar“ hal­ten, von den Lakai­en von San­ta Mar­ta noch nicht die Nach­richt wei­ter­ge­reicht, daß der Katho­lik Biden allen Staa­ten der Welt, die „Rech­te der LGBT­QI-Leu­te ein­schrän­ken“, gedroht hat?

Nach­trag : Zu die­sem The­ma (LGBTQI) wie zur Abtrei­bung läßt sich sagen, daß es unter den aller­er­sten von Joe Biden getrof­fe­nen Maß­nah­men eini­ge gibt, die genau in die­se Rich­tung gehen. Für Zwei­fel scheint es daher kei­nen Spiel­raum mehr zu geben.


Man möch­te noch hin­zu­fü­gen, daß es kei­nen Grund für fal­sche Höf­lich­kei­ten gibt, auch nicht gegen­über einem Chef­re­dak­teur des Cor­rie­re del­la Sera. Bene­dikt XVI. gab im Amt auch kei­nem Cor­rie­re-Chef­re­dak­teur ein Inter­view. War­um dann acht Jah­re nach sei­nem Amts­ver­zicht? Ein Jour­na­list wird zum Papst, ob gewe­sen oder amtie­rend, dann vor­ge­las­sen, wenn die­ser der Welt etwas sagen will. Was Fran­zis­kus der Welt sagen will, weiß man lei­dig durch Euge­nio Scal­fa­ri. Was aber woll­te Bene­dikt im Alter von 93 Jah­ren über den Cor­rie­re del­la Sera mit sei­nen Aus­sa­gen im San­ta-Mar­ta-Stil mitteilen? 

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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2 Kommentare

  1. Es tut mir weh, das zu schrei­ben, aber ich kann mir das nur mit einer Schwä­che Bene­dikts erklä­ren: einer gewis­sen Eitel­keit. Ich wür­de das lie­ber nicht schrei­ben müs­sen, aber so sehe ich es.

    Was ist das mit den wei­ssen Klei­dern und dem Bei­be­hal­ten des Papst­na­mens? Das Amt nicht mehr aus­üben, aber auf die Wür­de nicht ver­zich­ten wol­len. Seit acht Jah­ren lässt sich eine Kon­stan­te fest­stel­len, die stän­di­gen Ver­su­che von Bene­dikt, sei­nen Rück­tritt zu recht­fer­ti­gen. Gibt es nicht Wich­ti­ge­res? Auch das, es schmerzt wie­der, mich schmerzt es, das hier zu schrei­ben, klingt nach Eitel­keit (Vani­tas). Jeder hat sei­ne Schwä­chen, auch Benedikt.
    Er hät­te die acht Jah­re so wun­der­bar nüt­zen kön­nen, wie für das Buch zur Ver­tei­di­gung des Zöli­bats. Das Buch ist Kar­di­nal Sarah zu ver­dan­ken, aber Bene­dikt hat zumin­dest, Gott sei Dank, mitgemacht.

  2. Was die­se Kir­che des neu­en Advents (Zitat Papst Johan­nes Paul II. in Redemptor Homi­nis) ver­bro­chen hat, sehen wir an ihren Früchten.
    Bestimmt han­delt es sich bei dem Inter­view um ein Fake.
    Iro­nie des Schick­sals, denn Kar­di­nal Ratz­in­ger war mit­ver­ant­wort­lich für die Ver­wir­rung und Ver­dre­hung des 3. Geheim­nis­ses von Fati­ma (u.a. auch das sog. Inter­view mit der fal­schen Lucia).
    Aber eigent­lich ist das alles völ­lig egal, denn man kann die Kata­stro­phe nicht unge­sche­hen machen.
    Da Papst Bene­dikt noch lebt, kann es sein, dass Gott mit ihm noch etwas vorhat.
    Beten wir für ihn.

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